Rezension: Master Detective Archives: Rain Code (Switch)

Juniordetektiv Yuma Kokohead versucht in Master Detective Archives: Rain Code, die Geheimnisse im gefährlichen Kanai-Bezirk zu lüften.

Too Kyo Games und Spike Chunsoft schicken uns als Yuma Kokohead in ein Mystery-Adventure voller exzentrischer Charaktere und großer Geheimnisse. Hinter dem Switch-exklusiven Spiel stehen zahlreiche Danganronpa-Veteranen, darunter Lead Designer Kazutaka Kodaka, Charakterdesigner Rui Komatsuzaki und Komponist Masafumi Takada. Entsprechend erinnert Master Detective Archive: Rain Code sowohl beim optischen Stil als auch in der Gestaltung des Adventures an die beliebte und erfolgreiche Danganronpa-Reihe. Deren Qualität erreicht das Mystery-Adventure allerdings trotz spannender Geschichte, toller Charaktere und gelungener Gameplay-Ansätze nicht.

Stadt der Geheimnisse

Master Detective Archives: Rain Code ist im von der Außenwelt abgeschotteten Kanai-Bezirk angesiedelt. Diese von Dauerregen heimgesuchte Stadt, wird von der zwielichtigen und mächtigen Amaterasu Corporation und deren Sicherheitskräften, den Friedenswächtern, kontrolliert. Detektive sind hier genauso unerwünscht wie alles andere, das dem Konzern und den Friedenswächtern nicht gefällt. Als Mitglied der World Detective Organization, wird Yuma Kokohead in den Kanai-Bezirk geschickt, um dort einen besonderen Auftrag zu erfüllen. Allerdings leidet Yuma an Amnesie und zu Beginn von Master Detective Archives: Rain Code, wissen Yuma und somit wir kaum etwas über ihn, die Welt in der wir uns befinden oder ob wir überhaupt wirklich Detektiv sind. Sicher ist jedoch relativ bald, dass wir von der Todesgöttin Shinigami heimgesucht werden. Diese erscheint uns als niedlicher Geist und ist geradezu besessen von Geheimnissen und dem Tod. Bereits hier zeigt sich, wie skurril, exzentrisch und witzig die Charaktere des Mystery-Adventures zum Großteil sind.

Geschichte und Figuren stellen die größte Stärke von Master Detective Archives: Rain Code dar. Die spannende Handlung des Mystery-Adventures hat uns immer wieder aufs Neue gefesselt und motiviert weiterzuspielen. Dazu tragen die großartig geschriebenen, individuellen Charaktere viel bei. Selbst kleinere Klischees und minimal störende Stereotypen, die vor allem bei den Antagonisten auftreten, fallen nicht negativ auf, sondern fügen sich in das meist hervorragende Gesamtbild eines Charakters ein. Gerade weil wir die Figuren noch besser kennenlernen wollen, sind wir auch motiviert, den Kanai-Bezirk nach den Shinigami-Statuen zu durchsuchen. Diese Sammelgegenstände gewähren uns kurze Detektiv-Getratsche-Dialoge zwischen Yuma und den Meisterdetektiven. Mehr als eine kleine Ergänzung sind diese jedoch nicht.

Leider zeigt Master Detective Archives: Rain Code gerade bei der Erzählweise und dem Gameplay einige deutliche Schwächen. So werden Kleinigkeiten viel zu oft aufgebauscht und in die Länge gezogen, was dazu führt, dass die Geschichte an Tempo verliert und wir uns in Geduld üben müssen, bis wir wieder spannende Fälle erleben. Zwar gehören auch die ausartenden Abschnitte zur Handlung, dennoch wäre hier eine Konzentration auf wirklich Wichtiges besser gewesen. Zumal die in Kapiteln erzählte Geschichte inklusive der zu lösenden Fälle wirklich spannend sind. Deshalb verzeihen wir dem Mystery-Adventure die Längen auch immer wieder, sobald wir uns in spannende Ermittlungen stürzen dürfen. Dafür erkunden wir den meist frei begehbaren, aus zusammenhängenden Gebieten bestehenden Kanai-Bezirk, untersuchen Tatorte, sammeln Beweise und befragen Zeugen. Die anderen Meisterdetektive unterstützen uns dabei auch mit ihren besonderen Fähigkeiten, die uns neue Blickwinkel gewähren. Hier zeigt sich, wie gut Master Detective Archive: Rain Code sein kann.

Langwierige Labyrinthe

Haben wir ausreichend Hinweise zu einem Fall gesammelt, verschlägt es uns dank Todesgöttin Shinigami in das Geheime Labyrinth. Dabei handelt es sich um die Materialisierung der zu lüftenden Geheimnisse. Hier sollten jedoch keine richtigen Dungeons mit zahlreichen Rätseln und Herausforderungen erwartet werden. Stattdessen sind die Geheimen Labyrinthe linear und wir müssen an bestimmten Stellen verschiedene Aufgaben erfüllen. Vor allem stellen wir uns den mysteriösen Phantomen im Todesspiel der Beweisführung. Statt eines klassischen Kampfes, werfen uns die Phantome Aussagen entgegen, um uns davon abzubringen, nach der Wahrheit zu suchen. Wir müssen diesen kurzen Sätzen ausweichen und Widersprüche mit Beweisen offenlegen. Selbst herausfinden müssen wir diese aber nicht, da Aussagen, die wir mit einem sogenannten Lösungsschlüssel, die die gesammelten Beweise darstellen, zerschlagen können, hervorgehoben werden. Für uns bedeutet das also lediglich auszuweichen, störenden Lärm zu zerschlagen und zu warten, bis wir einen Gegenbeweis anbringen können. Schaffen wir das nicht, kostet uns das genauso wie bei einem Treffer durch eine Aussage, etwas Ausdauer und wir wiederholen den kurzen Ablauf direkt wieder.

Diese Auseinandersetzungen mit den mysteriösen Phantomen fallen meist recht kurz aus, treten dafür recht häufig auf. Hier wären uns längere und dafür weniger Todesspiele wesentlich lieber gewesen. Zumal das dem Spielfluss geholfen hätte. Denn die Geheimen Labyrinthe leiden enorm an der Streckung und fallen viel zu lang aus. Da die Aufgaben zudem nicht sonderlich viel Abwechslung bieten, kann hier schnell Langeweile aufkommen. Daran ändern auch die gelegentlichen Fragen zum Fall, mit denen wir entscheiden, welchem Weg wir im Labyrinth folgen, wenig. Ähnliches gilt für die Shinigami-Minispiele, die wir regelmäßig absolvieren müssen. Diese sind zwar durchaus kurzweilig, wiederholen sich aber zu oft. Dafür können die Rekonstruktionen von Tatorten und damit erneute Ermittlungen genau die richtige Auflockerung in die Geheimen Labyrinthe bringen. Das ändert jedoch nichts daran, dass sich die Labyrinthe ziehen und der Spielfluss spürbar unter ihnen leidet. Besonders wenn wir bereits früh wissen, worauf der Fall hinausläuft, können die erzwungenen Wendungen und vermeintlichen Geheimnisse nur wenig motivieren. Grundsätzlich misslungen sind die Geheimen Labyrinthe nicht. Vielmehr handelt es sich um eine interessante Spielmechanik, die unter zu viel Leerlauf und Streckung leidet.

Lernender Detektiv

Daran ändern auch unsere Fähigkeiten, die wir im Laufe des Abenteuers in einem rudimentären Fähigkeitenbaum freischalten, wenig. Yuma sammelt für fast alles, was er macht Detektiv-Punkte, die als Erfahrungspunkte dienen. Entsprechend steigen wir im Detektiv-Rang, also unserem Level, auf und erhalten Fähigkeitenpunkte und Kapazität. Erstere benötigen wir für das erwähnte Freischalten von Fähigkeiten. Kapazität wiederum begrenzt die Anzahl an gleichzeitig ausgerüsteten Fähigkeiten. Da jede Fähigkeit eine bestimmte Höhe an Speicherkosten verbraucht, müssen wir uns gut überlegen, was wir nutzen wollen. Die Auswirkungen sind jedoch ausschließlich auf die Geheimen Labyrinthe bezogen. So können wir etwa unsere Ausdauer erhöhen, Minispiele vereinfachen oder erhalten hilfreiche Erleichterungen beim Todesspiel der Beweisführung.

Abseits der Hauptfälle dürfen wir uns bei der Erkundung des Kanai-Bezirks noch Anfragen genannten Nebenaufgaben widmen. Dabei handelt es sich meist um eher simple Aufträge, die aber mit kurzweiligen Geschichten und mehr Details über das Leben in der verregneten Stadt, punkten können. Zu beachten ist, dass die Nebenquests an die Kapitel gebunden sind. Schließen wir einen Hauptfall ab und haben zuvor nicht alle Nebenaufgaben erfüllt, verfallen diese und wir müssen ein Kapitel erneut spielen, um noch nicht erledigte Anfragen zu erfüllen.

Stimmungsvoll, trotz Macken

Optisch setzt Master Detective Archives: Rain Code auf einen gelungenen Anime-Stil und das gewohnt gute Charakterdesign von Rui Komatsuzaki. Stimmungsvolle Umgebungen und eine passende Farbgebung unterstützen hervorragend die Atmosphäre des Mystery-Adventures. Skurrile Szenerien, besonders in den Geheimen Labyrinthen, wissen genauso zu gefallen wie die schick gezeichneten Charakterbilder bei Dialogen. Allerdings wirkt die Grafik meistens ein wenig verwaschen. Das dürfte der eher geringen Auflösung geschuldet sein und fällt besonders im Handheld-Modus auf. Dafür läuft das Spiel flüssig und ohne Ruckler oder dergleichen. Lediglich die relativ häufigen und etwas zu langen Ladezeiten fallen manchmal störend auf. Untermalt wird das Mystery-Adventure von einem stets passenden, stimmungsvollen Soundtrack. Die sehr guten deutschen Texte werden wahlweise von englischer oder japanischer Sprachausgabe begleitet. Beide Synchronisationen sind gelungen und hauchen den Charakteren wunderbar Leben ein.

Fazit

Auf Master Detective Archives: Rain Code habe ich mich seit der Ankündigung gefreut. Das liegt weniger an den beteiligten Danganronpa-Entwicklern sondern weitaus mehr an dem interessanten Szenario, der vielversprechenden Geschichte und dem spannend wirkenden Gameplay. Leider hat mich das Mystery-Adventure nicht in allen Bereichen überzeugen können. Während Geschichte und Charaktere herausragend sind, zeigen sich beim Gameplay und dem Erzähltempo unnötige Längen. Besonders die sich in die Länge ziehenden Geheimen Labyrinthe und die manchmal zu sehr ausartenden Kleinigkeiten in der Geschichte, fallen negativ auf. Dafür entschädigen die spannenden, wenn auch simplen Ermittlungen, die packenden Fälle sowie die toll geschriebenen, exzentrischen Charaktere. Gänzlich können die Schwächen zwar nicht ausgeglichen werden, trotzdem habe ich meinen Spaß mit Master Detective Archives: Rain Code. Etwas Geduld und Bereitschaft, langweilige Abschnitte durchzustehen, ist aber erforderlich, um auf Dauer motiviert zu bleiben.

Kurzfazit: Atmosphärisches Mystery-Adventure, dessen spannende Noire-Detektiv-Geschichte mit gut geschriebenen, eigenwilligen Charakteren sowie motivierenden Ermittlungen punktet, aber unter deutlichen Gameplay- und Erzähltempo-Schwächen leidet.

Vielen Dank an Nintendo & Spike Chunsoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Master Detective Archives: Rain Code!

Details
Titel: Master Detective Archives: Rain Code
Genre: Mystery-Adventure
Publisher: Spike Chunsoft
Entwickler: Too Kyo Games, Spike Chunsoft
Spieler: 1
Syteme: Switch (getestet)
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 30. Juni 2023