Rezension: Dead Island 2 (Xbox Series X)

Überlebende versuchen in Dead Island 2 aus dem zombieversuchten Los Angeles zu entkommen und schnetzeln sich durch die Untoten-Horden.

Was lange währt wird endlich gut. Ein Sprichwort, das auf Videospiele, die in der sogenannten Entwicklungshölle stecken nur selten anzuwenden ist. Im Fall von Dead Island 2 passt es aber perfekt. Ursprünglich bereits 2014 angekündigt und nach zwei Studiowechseln, ist das First-Person-Zombie-Hack-&-Slash-Spiel am 21. April 2023 endlich für PlayStation- und Xbox-Konsolen sowie den PC erschienen. Seit 2019 haben die britischen Dambuster Studios an Dead Island 2 gearbeitet. Wie viel außer dem Schauplatz Los Angeles noch vom ursprünglichen Spiel übrig ist, lässt sich nicht mehr sagen. Sicher ist aber: Dead Island 2 ist nicht nur gut, sondern sehr gut und überaus spaßig. Gerade aufgrund der langen Entwicklungszeit etwas, woran nicht mehr jeder geglaubt hat. Doch die Dambuster Studios beweisen mit dem Zombie-Schnetzler, wozu das Genre und die Marke in der Lage sind.

Infizierte Stadt der Engel

Hollywood, Beverly Hills, Bel Air und viele Orte mehr, Los Angeles ist weltbekannt und eine Stadt von Stars und Glamour. Gut, Los Angeles ist keine Insel, weshalb der Titel Dead Island 2 nicht ganz passt, aber das stört nicht. Dafür ist der Schauplatz einfach zu gut umgesetzt. Im Gegensatz zu vergleichbaren Spielen verzichten die Dambuster Studios auf eine düstere Umgebung. Los Angeles ist strahlend, tagsüber in Sonnenlicht gehaucht und präsentiert uns den Reichtum der Wohlhabenden. Bereits im ersten Gebiet erkunden wir schicke Villen, später dürfen wir den Strand von Zombies befreien oder schicke Hotels erkunden. Gleichzeitig sind die Spuren der Zombie-Apokalypse und Erdbeben deutlich zu erkennen. Überall stehen Fahrzeuge, Straßen und Gebäude sind beschädigt oder die blutigen Überreste von Menschen und Untoten pflastern die Umgebung. Das sieht nicht nur fantastisch aus, sondern lässt uns den Schauplatz genießen und uns ins untergegangene Los Angeles eintauchen.

Zu berücksichtigen ist aber: Los Angeles ist keine Open World. Stattdessen setzt Dead Island 2 auf zehn mehr oder weniger weitläufige Gebiete. Oft handelt es sich dabei auch nur um schlauchige Level, da uns Hindernisse bestimmte Wege versperren. Was vielleicht negativ klingt, ist eine der großen Stärken von Dead Island 2. Es ist nachvollziehbar, weshalb wir an manchen Orten nicht weiterkommen und die Levelgestaltung ist einfach ausgezeichnet. Überall gibt es etwas zu entdecken, wir fühlen uns nie von der Welt erschlagen und selbst weitläufige Gebiete erkunden wir mit Freude komplett. Außerdem verzichtet Dead Island 2 häufiger auf Markierungen. Sicher, Questmarker gibt es und auch besondere Orte werden auf der Karte hervorgehoben. Dennoch hält sich das in Grenzen. Wenn wir etwa für eine Quest etwas bestimmtes suchen müssen, bekommen wir das Objekt nicht einfach markiert. Stattdessen müssen wir Hinweise finden und mit Hilfe von diesen den nächsten Schritt nachvollziehen und überlegen, wohin es als nächstes geht. Gerade die Suchmeldung-Nebenaufgaben bilden hier eine willkommene Abwechslung.

Kampf eines Schlächters

Doch so toll der Schauplatz ist, Dead Island 2 lebt natürlich auch vom Gameplay – und das fühlt sich wirklich gut an. Aus der First-Person-Perspektive bestreiten wir unseren Überlebenskampf in Los Angeles als einer von sechs Charakteren und wahlweise im Koop-Modus zu zweit oder dritt. Nach dem Intro entscheiden wir uns für eine der Figuren, die sich in ihren Statuswerten und Fähigkeiten unterscheiden. Gerade zu Beginn kann die Wahl durchaus Auswirkungen auf unseren Spielstil haben. Da wir mit Levelaufstiegen neue Fähigkeiten freischalten, können wir unseren Schlächter immer mehr unseren Vorlieben anpassen. Doch obwohl sich die Charaktere dadurch ein wenig ähnlich spielen, bleiben die Unterschiede stets gewahrt, so dass es durchaus relevant ist, für wen wir uns entscheiden, ohne dass wir uns zu sehr Gedanken darüber machen sollten. Zudem hat jeder Charakter eine etwas andere Persönlichkeit, die in Gesprächen mit anderen Überlebenden sowie den regelmäßigen Kommentaren zum Geschehen toll und witzig vermittelt wird.

Egal für welchen Schlächter wir uns entscheiden, das grundlegende Gameplay bleibt natürlich identisch. Mit allerlei Nahkampfwaffen wie Äxten, Brecheisen, Macheten, Streitkolben oder Katanas schnetzeln wir uns durch Zombiehorden. Jede Waffe fühlt sich anders an, erfordert ein etwas anderes Vorgehen und kann Vor- und Nachteile für uns bringen. Besonders wenn wir die Waffen modifizieren und somit verstärken. Andere Schadensarten, wie Feuer, Elektro oder Blutung, können maßgebliche Auswirkungen haben. Allerdings haben einige Zombies auch Resistenzen gegen bestimmte Schadensarten, weshalb wir im Kampf aktiv die Waffe wechseln müssen. Hier fällt jedoch auf, dass es etwas unlogisch ist, dass eine mit Feuer verstärkte Axt überhaupt keinen Schaden mehr verursacht, nur weil der Gegner Feuer immun ist. Besser wäre es, wenn nur der Bonusschaden wegfallen würde. Auch die Auswirkungen unseres Levels, der Waffenlevel und der Gegnerlevel haben teils merklichen Einfluss, was von uns verlangt, regelmäßig unsere Ausrüstung aufzuwerten. Dadurch wird das spaßige Zombieschnetzeln, das die definitiv größte Stärke von Dead Island 2 ist leider zu oft gestört. Allerdings ist das Meckern auf einem sehr hohen Niveau, da der Spielspaß nie ausbleibt.

Blutiges Zombieschlachten

Dead Island 2 schafft es die ganze Zeit uns bei Laune zu halten und das obwohl wir meistens einfach nur Zombies töten. Gründe gibt es dafür einige. Neben den gut geschriebenen Charakteren mit viel Persönlichkeit, was auch für die teils herrlich skurrilen Nebenfiguren gilt, ist das auch der stetigen Abwechslung zu verdanken. Neue Waffen, darunter später auch Schusswaffen wie Pistole, Schrotflinte oder Gewehre, neue Zombies, neue Gebiete, neue Nebenquests und die zwar seichte, aber unterhaltsame Geschichte garantieren hier genau das richtige Maß an stetiger Veränderung. Dabei erzählt Dead Island 2 in erster Linie den Versuch aus Los Angeles zu entkommen und dabei den Überlebenden zu helfen. Wirklich neue Wege mag das Spiel nicht gehen, doch die Handlung ist kurzweilig, die Dialoge oft witzig und zu keiner Zeit nimmt sich Dead Island 2 selbst komplett ernst. Oft gibt es Anspielungen auf das Horror- und Zombie-Genre, immer wieder werden Witze auf Kosten des Spiels selbst eingebaut. Gerade dadurch schafft es Dead Island 2 eine stets unterhaltsame Zombieschnetzelei zu bieten – die wirklich, also wirklich, brutal ist.

Dead Island 2 ist zurecht erst ab achtzehn Jahren freigegeben. Noch nie zuvor haben wir in einem Videospiel so gut umgesetzte Zombies gesehen. Das gilt sowohl für das Verhalten als auch – und besonders – die Gestaltung. Schön eklig, teils verfault, Gedärme heraushängend, aufgedunsen und vieles mehr. Zudem können wir die Untoten regelrecht in ihre Einzelteile zerschlagen. Mit der Axt den Kopf abtrennen? Kein Problem. Schwertschwingend einen Zombie in zwei Teile schlagen? Ist möglich. Gezielt Beine und Arme abtrennen? Dürfen wir. Und Dead Island 2 belohnt uns sogar für die Verstümmelung der Gegner. Bestimmte Teile für die Anfertigung von Waffenmods erhalten wir nur, wenn wir die Zombies entsprechend bearbeiten. Gleichzeitig sind Gewaltgrad und Blut kein Selbstzweck, sondern passen einfach zum Spiel, Genre und der Ausrichtung des Ganzen. In der deutschen Version gibt es allerdings eine Änderung: Bereits besiegte Feinde, dürfen wir nicht weiter zerlegen. Damit hatten wir kein Problem und auf das Spiel hat das sowieso keinen Einfluss.

Sauber umgesetzt

Bleibt noch zu erwähnen, dass Dead Island 2 auch technisch zur Zeit ein Sonderfall ist. Im Gegensatz zu so manch anderem Triple-A-Titel der letzten Monate, läuft der Zombie-Schnetzler absolut fehlerfrei. Im Test sind uns weder Bugs noch sonstige Fehler aufgefallen. Auch die Framerate ist stabil, Ruckler gibt es nicht und zugleich sieht Dead Island 2 wirklich schön aus und holt alles aus der Unreal Engine 4 raus. Ein großes Lob an die Dambuster Studios dafür. Untermalt wird das Geschehen von einer stimmungsvollen Sound- und Musikkulisse, die uns immer wieder die Atmosphäre des Spiels genießen lässt. Zombies, die sich uns nähern, hören wir und manchmal schauen wir uns suchend um, weil wir beispielsweise in den Tiefen der Kanalisation, das neben uns ist, etwas wahrnehmen. Großartig! Die sehr gute englische Synchronisation und die genauso gelungenen deutschen Texte runden Dead Island 2 ab und unterstreichen den hohen Spielspaß.

Fazit

Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich Zweifel bezüglich Dead Island 2 hatte. Die lange Entwicklungszeit, mehrere Studiowechsel und Verschiebungen sowie der möglicherweise zu starke Fokus auf den Gewaltgrad haben meine Skepsis geweckt. Das war allerdings absolut unberechtigt. Davon hat mich Dead Island 2 sehr schnell überzeugt. Schon der Spieleinstieg zeigt, wie viel Potenzial in dem First-Person-Zombie-Hack-&-Slash-Spiel steckt. Potenzial, das fast vollständig genutzt wird. Abgesehen von kleinen Macken, die den Spielspaß zu keiner Zeit trüben, ist Dead Island 2 einfach ein großartiger Genre-Vertreter. Es ist wirklich spaßig, sich den Zombies in Los Angeles entgegenzustellen, die kurzweilige Geschichte zu erleben, die überraschend gut geschriebenen Figuren kennenzulernen und das unterhaltsame Gameplay zu genießen. Damit ist Dead Island 2 eine der bisher größten Überraschungen des Jahres. Wer Zombies und Genre mag, sollte sich Dead Island 2 nicht entgehen lassen.

Kurzfazit: Spaßiges First-Person-Zombie-Hack-&-Slash-Spiel, das spielerisch, technisch und inhaltlich großartige Genre-Unterhaltung bietet.

Vielen Dank an Deep Silver für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dead Island 2!

Details
Titel: Dead Island 2
Genre: Horror, Hack & Slash, Shooter, Action-Rollenspiel
Publisher: Deep Silver
Entwickler: Dambuster Studios
Spieler: 1-3
Syteme: Xbox Series X|S (getestet), Xbox One, PlayStation 5, PlayStation 4, PC
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 21. April 2023

© 2023 PLAION GmbH and published by Deep Silver. Developed by Deep Silver Dambuster Studios.