Rezension: Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin (Xbox Series X)

Als Krieger des Lichts stellen wir uns in Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin der weltbedrohenden Gefahr Chaos entgegen.

In Zeiten der Finsternis, wenn Chaos die Welt in Finsternis hüllt und alle Hoffnung verloren scheint, erscheinen vier Krieger mit einem Kristall. Sie sind die Krieger des Lichts und werden Chaos besiegen. Kommt euch diese kurze Handlungsprämisse bekannt vor? Kein Wunder, Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin versteht sich als eine Art Prequel und Remake des ersten Final-Fantasy-Spiels von 1987. Dabei bleibt das Action-Rollenspiel dem Ursprung in vielen Punkten treu, weicht aber auch angenehm weit ab, um eine neue Erfahrung zu bieten und der im Serienursprung eher dürftige Geschichte mehr Substanz zu verleihen. Zwar fühlt sich Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin lange Zeit etwas seicht an, doch auch das erinnert an das Original. Erst später im Spiel, nimmt die Handlung einige Wendungen und zieht spürbar an. Spätestens hier versteht es das Action-Rollenspiel zu überraschen und motivieren und zeigt unerwartete Storyqualität.

Sympathisch, aber blass

Eine weitere Änderung im Vergleich zur Vorlage sind die ausgearbeiteten Charaktere. Statt einer mit eingeschränkten Möglichkeiten selbst zusammengestellten Heldentruppe, erleben wir Stranger of Paradise mit fünf vorgefertigten Charakteren. Jack und die anderen sind durchaus sympathisch und erfüllen ihren Zweck, sind aber bei ihrer Persönlichkeit genauso stereotypisch wie beim Charakterdesign. Wirkliche Brillanz zeigt sich hier nicht, stattdessen erfüllen unsere Helden einfach ihren Zweck als Hauptfiguren. Da sie grundsätzlich sympathisch sind, funktioniert das aber recht ordentlich und es ist kaum negativ aufgefallen, dass sie insgesamt blass bleiben.

Zu verdanken ist das der, wie bereits erwähnt, lange Zeit ebenfalls seichten Geschichte. Die Haupt- und Nebenfiguren fügen sich hier recht gut ein und verstehen es, die klassische Fantasy-Handlung zu tragen. Dass dabei die Zwischensequenzen oft langweilig ausfallen, hilft der Erzählung zwar ebenfalls nicht, wirkt sich aber immerhin nur teilweise negativ aus. Letztlich ist es eine Frage der eigenen Ansprüche, ob Stranger of Paradise bei Story und Charakteren enttäuscht, nervt oder als trashige Durchschnittskost unterhält. Persönlich hatte ich tatsächlich meinen Spaß mit den sehr stereotypischen Ansätzen – auch weil diese heutzutage in dieser Form kaum mehr zu finden sind. Schon gar nicht in einem Spiel, das beim Gameplay trotz einiger Fehler, dennoch Spaß macht.

Action, aber kein Souls

Hinter Stranger of Paradise stehen neben Square Enix und Koei Tecmo die Nioh-Entwickler von Team Ninja. Entsprechend ist anzunehmen, dass Erfahrung im Bereich der Souls-likes vorhanden ist. Dennoch fällt schnell auf, dass das Action-Rollenspiel zwar Elemente des Sub-Genres nutzt, aber nur bedingt ein wirklicher Vertreter von diesem ist. Angefangen bei vier Schwierigkeitsgraden, die sehr zu begrüßen sind und die Einsteigerfreundlichkeit unterstützen, über ein sehr schlauchiges, wenig verschachteltes Leveldesign bis hin zu viel zu viel Loot, untergraben einige Gameplay-Elemente den Souls-Aspekt. Auch hier gilt: Ob das stört, hängt von den persönlichen Ansprüchen ab. Wer sich aber auf Stranger of Paradise einlässt wird abseits der eindeutigen Schwächen einige reizvolle Stärken entdecken.

Sicher, die Level sind sehr linear, bieten keine notwendigen Abkürzungen und höchstens mal Abzweigungen für versteckte Truhen, doch auch wenn hier eine der Stärken anderer Souls-Spiele verloren geht, spielt sich Stranger of Paradise überaus kurzweilig. Zwar gilt es meist nur von A nach B rennen und auf dem Weg Gegner zu besiegen, aber gerade das Kampfsystem ist eine der größten Stärken des Action-Rollenspiels. Leichte Angriffe werden mit Kombo-Fertigkeiten ergänzt, wodurch wir schnell ansehnliche Kämpfe abliefern. Allerdings hängt es von unseren MP ab, ob wir überhaupt Fertigkeiten einsetzen können. Mittels Spezialaktionen und Finsher-Attacken, sobald die Willensleiste eines Gegners gesenkt ist, füllen wir diese langsam auf und erhöhen auch unsere maximalen MP. Dabei achten wir natürlich darauf, dass unser eigener Wille nicht auf null sinkt und nutzen diesen gleichzeitig für besondere Kommando-Fertigkeiten. Haben wir das System erst einmal verinnerlicht, stellen sich die Kämpfe in Stranger of Paradise als überaus raffiniert designt heraus und gehören mit zum Besten, was wir in den letzten Jahren erlebt haben.

Job-Wechsel leicht gemacht

Unterstützt wird das von den unterschiedlichen Jobs, die unser Hauptcharakter Jack nutzen kann. Während unsere Begleiter in ihren Jobs die klassischen Klassen wie Schwertkämpfer oder Magier, aber auch ausgefalleneren Optinen wie Gladiator oder Ronin entsprechen, festgelegt sind, wechseln wir im Menü komplett frei. Zwei Jobs dürfen wir gleichzeitig festlegen und mit jeweils individueller Ausrüstung ausstatten. Per Buttondruck wechseln wir jederzeit zwischen den beiden ausgewählten Jobs und können so auch in Kämpfen fließend die Klasse ändern. Das bringt zusätzliche Dynamik mit sich und trägt viel zum spaßigen Gameplay bei.

Zusätzlich sammeln wir mit jedem Job Erfahrungspunkte, die das Job-Level erhöhen. Auf diese Weise erhalten wir Job-Punkte, die wir in für jede Klasse eigene Skillbäume investieren dürfen. Hier schalten wir neben passiven Fähigkeiten auch aktive Kombo- und Kommando-Fertigkeiten frei. Außerdem stehen uns am Ende der Skillbäume oft weitere Jobs, die wir so freischalten, zur Verfügung. Auf diese Weise bleibt es immer spannend und wir haben immer etwas Neues zu entdecken. Da die Jobs auch darüber entscheiden, welche Waffen wir verwenden oder ob wir Magie einsetzen können, haben sie viel Einfluss auf unsere Möglichkeiten in Kämpfen, das Spielgefühl und unsere Spielweise. Entsprechend lädt Stranger of Paradise immer wieder zum experimentieren ein. Hier verbirgt sich einer der größten Reize des Action-Rollenspiels und gemeinsam mit dem kurzweiligen Kämpfen, werden die restlichen spielerischen Macken zumindest etwas aufgewogen.

Atmosphäre mit Schönheitsfehlern

Ein weiteres Problem von Stranger of Paradise dürfte der allgemeine optische Stil sein. Schon als das Action-Rollenspiel angekündigt wurde, hat es zahlreiche negative Kritik am Design und der vermeintlich veralteten Grafik gegeben. Gänzlich unberechtigt ist das nicht. Stranger of Paradise ist sicherlich kein schönes Spiel, aber auch nicht unbedingt hässlich. Zwar zeigen sich immer wieder unschöne Texturen, Kantenflimmern und sogar Ruckler, dafür kann die grundsätzliche Gestaltung der Welt oft mit beeindruckenden Umgebungen überzeugen. Schön ist Stranger of Paradise dadurch nicht, aber zumindest wird der anfängliche Eindruck, immer wieder geschmälert. Dennoch hätte das Action-Rollenspiel sicher hübscher sein können. Dafür trumpft es mit einem stimmungsvollen Soundtrack und sehr guter japanischer wie englischer Sprachausgabe und ebenfalls gelungenen deutschen Texten auf. Letztlich bleibt aber ein nicht komplett überzeugender Eindruck zurück, da sich Stranger of Paradise zu viele Fehler bei Gameplay, Geschichte, Charakteren und Optik leistet. Um so bedeutender ist, dass das Action-Rollenspiel gerade mit seiner Andersartigkeit kurzweiligen Spielspaß bietet.

Fazit

Bei der Ankündigung von Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin war ich gleichermaßen skeptisch und neugierg – und das lag nicht am Souls-like-Genre. Vielmehr hat mich der optische Stil nicht angesprochen, trotzdem hatte das Action-Rollenspiel schon damals etwas Interessantes an sich. Nachdem ich es nun gespielt habe, kann ich noch immer nicht vollkommen sagen, weshalb mir Stranger of Paradise, trotz zahlreicher Macken, so gut gefällt. Sicher, Kampf- und Jobsystem sind hervorragend und auch Story und Charaktere können bei allen Schwächen kurzweilig unterhalten, dennoch wirkt Stranger of Paradise immer ein wenig eigenwillig. Wer sich aber auf den gewöhnungsbedürftigen Stil, die gerade zu Beginn maue Geschichte und die stereotypischen Charaktere einlässt, erhält ein kurzweiliges Action-Rollenspiel, das gerade zum Ende deutlich anzieht, aber nur bedingt als Souls-like zu bezeichnen ist.

Kurzfazit: Kurzweilig unterhaltsames Action-Rollenspiel, das Schwächen bei Story, Figuren, Gameplay und Grafik mit unerwartetem Spielspaß und einem ganz eigenen Charme ausgleicht.

Vielen Dank an Square Enix für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin!

Details
Titel: Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin
Genre: Action, Rollenspiel
Publisher: Square Enix
Entwickler: Koei Tecmo, Team Ninja
Spieler: 1-3
Syteme: Xbox Series X|S (getestet), Xbox One, PlayStation 5, PlayStation 4, PC
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 18. März 2022