Rezension: Pokémon-Legenden: Arceus (Switch)

Pokémon-Legenden: Arceus bringt die Reihe nicht nur in die Vergangenheit sondern hält auch einige erfrischende Neuerungen parat.

Nur knapp zwei Monate nach den Remakes Pokémon Strahlender Diamant und Pokémon Leuchtende Perle, haben Game Freak, The Pokémon Company und Nintendo das nächste Spiel des Franchises für Nintendo Switch veröffentlicht. Pokémon-Legenden: Arceus ist dabei als Spin-off-Ableger zu verstehen, beim Gameplay aber deutlich näher an der Hauptreihe als etwa die Pokémon-Mystery-Dungeon-Titel oder New Pokémon Snap. Die Nähe zu den beiden Remakes ist ebenfalls nachvollziehbar, da wir in Pokémon-Legenden: Arceus das vergangene Sinnoh, die Region aus Diamant und Perle, erkunden. Das ans alte Japan angelehnte Hisui, wie Sinnoh zu jener Zeit noch hieß, wird in einer Semi-Open-World aus mehreren offenen und großen Gebieten präsentiert. Vorweg sei allerdings bereits verraten: Optisch überzeugt das Rollenspiel zwar beim grundsätzlichen Grafikstil, zeigt sich aber am fehlendem Gras, matschigen Texturen und aufploppenden Objekten wie Bäumen von einer eher durchwachsenen Seite. Dafür läuft Pokémon-Legenden: Arceus flüssig und weist keine größeren Bugs auf. Die grafischen Schwächen werden jedoch schnell vom spaßigen Gameplay wett gemacht.

Pokémon-Forschung

Zu Beginn von Pokémon-Legenden: Arceus wählen wir eine von acht optischen Grundlagen, die sich in jeweils vier männliche und weibliche Charaktere aufteilen und etwa unterschiedliche Haar- oder Hautfarbe haben, aus. Soweit so gewohnt, dürfen wir anschließend unseren Namen frei festlegen. Danach landen wir unter Umständen, die wir hier nicht verraten wollen, in Hisui und treffen dort auf Professor Laven. Aufgrund unseres Talents im Umgang mit Pokémon und beim Fangen der wilden Tiere, werden wir recht bald als Mitglied des Forschungstrupps in die Galaktik-Expedition aufgenommen. Fortan ist es unsere Aufgabe, die unterschiedlichen Gebiete Hisuis zu erkunden, Pokémon zu fangen und diese auch zu erforschen.

Letzteres ist wichtig, um unseren Pokédex zu füllen. Es reicht nicht mehr, ein Pokémon einfach nur zu fangen, um einen vollständigen Eintrag zu haben. Für jedes der Wesen gibt es unterschiedliche Aufgaben wie häufiges Einfangen, Besiegen, das Sehen bestimmter Attacken oder das Füttern mit Früchten. Erst wenn wir genug dieser Ziele erfüllt haben, steigt das Forschungslevel eines Pokémons, bis wir einen vollständigen Eintrag erhalten. Obwohl die Aufgaben durchaus das Potenzial haben repetitiv zu sein, stellen sie eine große Motivation in Pokémon-Legenden: Arceus dar. Stets sind wir daran interessiert, neue Attacken auszuprobieren, die Gebiete ausführlich zu erkunden, neue Pokémon zu entdecken und diese auch zu fangen. Das ist oft gar nicht so leicht, da manche von ihnen nur zu bestimmten Tageszeiten an wenigen Orten zu finden sind. Um so mehr wird unser Entdeckerdrang geweckt.

Freies Fangen, flüssiges Kämpfen

Haben wir ein Pokémon gesichtet und wollen es fangen, bleiben uns dafür zwei Möglichkeiten. Da Pokémon-Legenden: Arceus auf eine zusammenhängende Welt setzt, sehen wir die Pokémon überall in den Gebieten. Zwar sind ihre Bewegungsbereiche eingeschränkt, dennoch verleiht das der Spielwelt einen überaus lebendigen Eindruck. Schleichen wir uns an, können wir gezielt einen leeren Pokéball werfen und mit etwas Glück und Geschick ein Pokémon ganz ohne Kampf fangen. Wie sich die Pokémon verhalten, hängt dabei von ihrer Art ab. Manche sind scheu und flüchten sobald sie uns sehen, andere greifen sofort an. Gerade bei letzteren müssen wir vorsichtig sein, da wir selbst auch attackiert werden können, solange wir keines unserer Pokémon herausgeholt und einen Kampf gestartet haben. Stecken wir zu viele Treffer ein, wird uns schwarz vor Augen, wir verlieren einige Gegenstände aus unserem Inventar und werden in das nächste Basiscamp gebracht. Es gilt also Vorsicht walten zu lassen. Verlorene Items können von anderen Spielern in ihrer Welt gefunden und zu uns zurückgeschickt werden. Als Belohnung dafür winken Dankbarkeitspunkte, die wir wiederum gegen besondere Gegenstände eintauschen dürfen.

Neben dem freien Fangen, können wir natürlich auch ganz klassisch in einem Kampf einen Pokéball zücken und so versuchen, ein Pokémon für uns zu gewinnen. Doch auch die Auseinandersetzungen funktionieren etwas anders als in den bisherigen Pokémon-Spielen. Werfen wir einen Pokéball in dem sich eines unserer Pokémon, von denen wir bis zu sechs stets bei uns tragen können, befindet, wechselt das Geschehen fließend in den Kampfbildschirm. Es wird der Kampf gestartet und das Befehlsmenü erscheint. Eine Arena oder dergleichen gibt es nicht, die Kämpfe finden direkt in der Umgebung, in der wir uns befinden, statt. Anschließend läuft alles klassisch ab. Wir wählen eine der vier Aktionen unseres Pokémons, setzen Items ein oder wechseln unser Pokémon. Weiterhin gilt das klassische Stein-Schere-Papier-Prinzip bei dem bestimmte Pokémon gegen bestimmte Attacken anfällig sind, während andere keine oder kaum Wirkung zeigen.

Soweit so klassisch. Die Kämpfe haben zusätzlich eine weitere Neuerung erfahren. Wurde von unseren Pokémon eine Attacke gemeistert, dürfen wir diese neben der normalen Variante auch als Tempo- oder Kraftangriff ausführen. Das kostet zwei Aktionspunkte. Ist der Angriff schwächer, sind wir wieder schneller am Zug und können eventuell zweimal hintereinander agieren oder aber der Angriff ist stärker, dafür müssen wir bis zum nächsten Zug länger warten. Das bringt zusätzliche taktische Überlegungen ins Spiel und kann bei richtiger Nutzung den Unterschied im Kampf machen. Besonders die mächtigen Elite-Pokémon stellen eine besondere Herausforderung dar und verlangen uns das komplette Ausnutzen aller Möglichkeiten ab.

Königinnen und Könige in Rage

Die wahre Herausforderung in Pokémon-Legenden: Arceus sind aber die sogenannten Könige und Königinnen. Dabei handelt es sich um besondere Pokémon, die von den in der Hisui-Region ansässigen Diamant- und Perl-Clans verehrt und beschützt werden. Aufgrund eines unbekannten Ereignisses geraten diese in Rage und es ist im Laufe der Geschichte unsere Aufgabe, sie wieder zu besänftigen. Allerdings können wir das nicht in einem klassischen Pokémon-Kampf erreichen, sondern müssen hierbei selbst aktiv werden. Während wir den Angriffen der Adels-Pokémon ausweichen, werfen wir Besänftigungsgaben auf sie. Langsam verringern wir auf diese Weise ihre Wut, müssen aber aufpassen nicht zu viel Schaden zu nehmen. Hier spielt sich Pokémon-Legenden: Arceus fast wie ein Action-Rollenspiel und weckt Erinnerungen an die Monster-Hunter-Reihe. Da die Auseinandersetzungen mit den Königen und Königinnen durchaus anspruchsvoll sind, ist es begrüßenswert, dass wir nach einem gescheiterten Versuch die Möglichkeit haben, einen Teil unseres bisherigen Fortschritts in den nächsten Durchgang mitzunehmen. Das erleichtert uns das Besänftigen des Pokémons und selbst wer Probleme mit diesem Gameplay-Anteil hat, wird irgendwann Erfolg haben.

Sammeln, Basteln, Reiten & Aufträge

Während wir die Gebiete von Hisui erkunden, fangen wir nicht nur Pokémon, sondern sammeln auch die unterschiedlichsten Materialien. Mit diesen dürfen wir Tränke, Köder und sogar Pokébälle selbst herstellen. Das ist ungemein praktisch und fügt sich wunderbar in das Spiel ein. Allgemein zeichnet sich Pokémon-Legenden: Arceus mit einer überaus gelungenen Atmosphäre und stimmigen Welt aus. Seien es die Pokémon, deren Verhalten zwar etwas eingeschränkt, aber trotzdem schön lebendig wirkt oder die Bewohner von Jubeldorf, der Basis der Galaktik-Expedition. Die Menschen sind noch nicht an Pokémon gewöhnt, fürchten diese sogar. Deshalb ist es an uns als Mitglied des Forschungstrupps, allerlei Aufträge zu erfüllen. Diese Nebenmissionen gestalten sich oft eher einfach. Mal sollen wir ein bestimmtes Pokémon fangen, einen Pokédex-Eintrag vervollständigen oder bestimmte Gegenstände oder Materialien besorgen. Dennoch sind die Nebenmissionen überaus erfrischend und fügen sich gut in die Spielwelt ein. Zu verdanken ist das auch dem Einfluss, den unsere Taten haben. Jubeldorf verändert sich im Laufe der Zeit sichtlich. Neue Gebäude entstehen und Menschen haben plötzlich Pokémon an ihrer Seite. Auch das trägt viel zur Stimmung der Spielwelt bei und sorgt dafür, dass wir in einen regelrechten Sog aus Geschichte, Pokémon fangen, Nebenmissionen und Sammelwahn geraten.

Um in der Spielwelt schneller voranzukommen, dürfen wir im Laufe des Spiels auf unterschiedliche Reit-Pokémon zurückgreifen. Diese können wir auf Knopfdruck rufen und müssen sie nicht im aktiven Team haben. Es ist überaus hilfreich mit Damythir rasant über die Ebenen zu reiten oder auf Salmagnis übers Wasser zu rasen. Dadurch stehen uns immer neue Gebiete und damit neue Pokémon die wir fangen können sowie neue Aufgaben, die es zu erfüllen gibt, offen. Den zuvor angesprochenen Sog wird damit noch verstärkt. Die gelegentlich in der Spielwelt auftauchenden Raum-Zeit-Risse ermöglichen es uns zudem, besonders seltene und starke Pokémon zu fangen, sofern wir uns denn in das beeinflusste Gebiet wagen. Eines ist hier aber sicher: Es lohnt sich! Und selbiges lässt sich auch über Pokémon-Legenden: Arceus sagen. Die schwache Grafik sollte euch nicht davon abhalten, das Rollenspiel zu spielen. Ihr würdet eines der erfrischendsten und besten Pokémon-Spiele verpassen.

Fazit

Nach der Ankündigung war ich neugierig, was mich bei Pokémon-Legenden: Arceus erwartet, habe das Spiel aber schnell wieder aus dem Blick verloren. Erst als vor Veröffentlichung ausführlichere Gameplay-Vorstellungsvideos erschienen sind, war mein Interesse endgültig geweckt. Das Szenario im ans alte Japan angelehnte Hisui finde ich sowieso spannend, doch weitaus mehr hat mich das frische Gameplay überzeugt. Sicher, das Füllen des Pokédex kann repetitiv sein und frei von Grinding ist das Rollenspiel nicht. Doch selten hat mich das so wenig gestört wie in Pokémon-Legenden: Arceus. Zu verdanken ist das der gelungenen Belohungskurve und dem spaßigen Mix aus Pokémon fangen, bekämpfen, erkunden und gleichzeitig Nebenmissionen und Pokédex-Aufgaben erfüllen. Wer sich nur auf die Geschichte konzentrieren möchte, kann das aber auch. Wenn ihr ausreichend Pokémon fangt und unterschiedliche Angriffe nutzt, sollte euer Expeditionsrang ausreichend steigen, um alle Gebiete betreten zu dürfen. Lediglich die Grafik ist nicht wirklich schön, was mich aber schnell nicht mehr gestört hat. Dafür mag ich den grundsätzlichen Stil des Spiels zu gerne und das Gameplay lässt sowieso jede Schwäche schnell vergessen. Rollenspiel- und besonders Pokémon-Fans sollten sich Pokémon-Legenden: Arceus nicht entgehen lassen.

Kurzfazit: Erfrischend anderes Pokémon-Spiel das viele Neuerungen bringt und trotzdem dem Kernprinzip treu bleibt und mit spaßigem Gameplay sowie kurzweiliger Geschichte grafische Schwächen locker aufwiegt.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Pokémon-Legenden: Arceus!

Details
Titel: Pokémon-Legenden: Arceus
Genre: Rollenspiel
Publisher: Nintendo, The Pokémon Company
Entwickler: Game Freak
Spieler: 1-2
Syteme: Switch (getestet)
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 28. Januar 2022

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