Anime-Simulcast-Frühlingssaison 2021 Teil 4

Erneut sind in den vergangenen Tagen neue Serien der Anime-Frühlingssaison 2021 als Simulcast bei Anime on Demand, Crunchyroll und Wakanim gestartet.

Der dritte Teil der Erster-Blick-Reihe zur Anime-Frühlingssaison 2021 widmet sich in 86 Eighty-Six einem Krieg mit verheimlichten Toten, lässt einen Detektivklub voller schöner Jungs in Pretty Boy Detective Club ermitteln, wird in Shadows House mysteriös, schickt einen ehemaligen Rowdy in Tokyo Revengers zurück in die Vergangenheit und zeigt in To Your Eternity das Schicksal eines neuen Wesens und eines einsamen Jungen.

86 Eighty-Six

Studio: A-1 Pictures Inc.
Genre: Drama, Action
Termin: 10. April 2021
Stream bei Crunchyroll

Worum geht’s?
Seit langem herrscht Krieg zwischen der Republik San Magnolia und dem Imperium Giad. Ein Krieg, der ausschließlich mit unbemannten Drohnen geführt wird. Jedenfalls seit San Magnolia die Technologie des Imperiums scheinbar nachahmen und so die Opferzahl minimieren konnte. Doch das ist nur die offizielle Version des Krieges. In den fünfundachtzig Bezirken der Republik weiß niemand etwas vom sechundachtizgsten Bezirk, dessen Bewohner die vermeintlich unbemannten Drohnen unter dem Kommando eines Offiziers, der sich in der Sicherheit der militärischen Zentrale befindet, steuern und für den Frieden San Magnolias sterben. Major Vladilena Mirizé ist überzeugt davon, dass auch die sogenannten Sechsundachtziger Menschen sind und sieht ihre Tode als Verluste des Krieges an. Als ein Offizier aussteigt, wird sie zur neuen Kommandantin einer Eliteeinheit, deren Anführer den Ruf hat, die sogenannten befehlshabenden Handler in den Wahnsinn oder sogar zum Selbstmord zu treiben.

Ersteindruck
A-1 Pictures adaptiert mit 86 Eighty-Six die gleichnamige, mit neun Bänden noch nicht abgeschlossene Light-Novel-Reihe von Shirabi und Asato Asato. Direkt zum Einstieg in die erste Episode beweist das Studio mit exzellent inszenierten und animierten Action-Sequenzen, dass von der Military-Science-Fiction-Action-Drama-Serie ein visueller Hochgenuss zu erwarten ist. Unterstrichen wird das von den detailreichen, wunderschönen Charakterdesigns und Umgebungen. Aber auch inhaltlich beweist 86 Eighty-Six bereits in der ersten Episode packende, mitreißende und potenzielle tiefgründige Genre-Unterhaltung. Die vermeintlich friedliche Republik San Magnolia, deren Krieg gegen das Imperium Giad dank unbemannter Drohnen ohne Verlust auskommt, verbirgt ein großes Geheimnis, das schon nach wenigen Minuten offensichtlich ist. Dass Protagonistin Vladilena „Lena“ Mirizé mit der Politik des Militärs nicht zufrieden ist und sich als klare Idealistin präsentiert, mag vielleicht etwas klischeehaft oder kitschig wirken, fügt sich aber bereits zum Serienauftakt wunderbar in die Geschichte ein. Sie zeigt angenehme Charaktertiefe und dadurch das Potenzial einer starken Figur, die es schafft, der Serie den nötigen moralischen und nachdenklichen Kompass aufzudrücken. Ihr zur Seite stehen allerdings nicht weniger gelungene Charaktere. Allen voran, die im letzten Drittel der nicht chronologisch erzählten ersten Episode vorgestellten Mitglieder der Einheit Spearhead. Zwar bleibt die allgemeine Vorstellung hier noch oberflächlich und auf die Gruppe fokussiert, dafür wird aber wunderbar der Kontrast zwischen dem modernen, aber sterilen Leben in den friedlichen Bezirken von San Magnolia und dem ländlichen, einfachen, dafür aber natürlichen Dasein im sechsundachtzigsten Bezirk aufgezeigt. Dass mit Shin, dem als Undertaker bekannten Anführer von Spearhead, ein eher schweigsamer, möglicherweise verbitterter Protagonist Lena gegenübersteht, mag ebenfalls nicht neu sein, zeigt aber ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten für die Zukunft. Obwohl 86 Eighty-Six noch so manche Fragen offen lässt, ist der Serienauftakt überaus vielversprechend und weckt das Interesse an der Military-Science-Fiction-Action-Drama-Serie. Fans düsterer und potenziell tiefgründiger Anime-Serien sollten unbedingt einen Blick wagen.

Pretty Boy Detective Club (Bishōnen Tanteidan)

Studio: Shaft Inc.
Genre: Mystery
Termin: 10. April 2021
Stream bei Wakanim

Worum geht’s?
Mayumi Doujima ist fasziniert vom Nachthimmel und sucht nach einem Stern, den sie nur einmal vor zehn Jahren gesehen hat. Als sie eines Nachts auf dem Dach ihrer Schule die Sterne beobachtet, trifft sie auf den seltsamen Manabu Sotoin. Dieser bietet Mayumi seine Hilfe an und schon kurz darauf findet sie sich beim geheimnisvollen Detektivklub ihrer Schule wieder: dem Pretty Boy Detective Club. Fünf hübsche und bekannte Jungs nehmen sich dort allerlei Fällen an und wollen für Mayumi nach dem Stern suchen.

Ersteindruck
Pretty Boy Detective Club basiert auf einer Light-Novel-Reihe von Autor Ishin Nishio, auch bekannt als NisiOisin. Alleine dieser Umstand hat mein Interesse an der Mytery-Detektiv-Serie geweckt. Die erste Episode beginnt nach einer kurzen Einleitung mit Mayumi, die den Sternenhimmel beobachtet. Schon kurz darauf erscheint Manabu Sotoin, dem sofort klar ist, dass Mayumi nach etwas sucht. Wenig überraschend konzentriert sich die Auftaktfolge auf die Vorstellung der Hauptfiguren. So werden sämtliche Mitglieder des Detektivklubs mit einer kurzen Erläuterung eingeführt. Zur Umsetzung dient hierbei Mayumi, die über die Anwesenheit der bekanntesten Persönlichkeiten ihrer Schule in diesem geheimnisvollen Klub überrascht ist. Was an sich recht interessant klingt und gerade aufgrund der Detektiv-Thematik auch Potenzial zeigt, weist zum Serienbeginn leider einige deutliche Schwächen auf. Bereits der Titel von Pretty Boy Detective Club verrät eine der wichtigsten Eigenschaften der Klubmitglieder: Schönheit. Manabu, Michiru, Nagahiro, Hyouta und Sousaku werden als überaus hübsch dargestellt und sogar mit Glitter um sie herum entsprechend hervorgehoben. An sich ist das nicht schlimm, doch die fünf Jungs übertreiben es mit ihrer Selbstverliebtheit und der puren Erwähnung, wie schön sie doch sind. Ist das anfangs vielleicht noch amüsant, nervt es nach der vierten oder fünften Erwähnung nur noch. Dadurch werden die fünf Protagonisten sogar etwas unsympathisch, was von weiteren Charaktereigenschaften noch unterstrichen wird. Mayumi hingegen erfüllt die typische Rolle einer liebenswerten Protagonistin, obwohl bei ihr noch offen ist, wie präsent sie letztlich sein wird. Besonders aufgrund der sonst durchaus interessanten, wenn auch wenig spannenden Geschichte und der schönen Animationen ist es schade, dass Pretty Boy Detective Club in der ersten Episode bei den Charakteren wenig überzeugen kann. Wer sich daran nicht stört oder mit entsprechenden Figuren kein Problem hat, kann einen Blick wagen.

Shadows House

Studio: CloverWorks
Genre: Drama, Slice of Life, Mystery
Termin: 10. April 2021
Stream bei Wakanim

Worum geht’s?
In einem Herrenhaus lebt die Aristokratenfamilie Shadow, deren Erscheinung komplett von Ruß bedeckt ist. Niemand kann ihre Gesichter sehen, sie wirken wie bloße Schatten oder Silhouetten. Ihnen dienen lebende Puppen, die eng mit einem Mitglied des Familienklans verbunden sind. Auch die lebhafte und fröhliche Emilico ist eine solche Puppe. Nachdem sie erwacht, findet sie ihren Weg in die Gemächer der reservierten und zurückhaltenden Lady Kate, der sie fortan dient.

Ersteindruck
Shadows House ist bisher der am schwierigsten einzuschätzende Neustart der Frühlingssaison. Die Anime-Umsetzung der gleichnamigen Manga-Reihe beginnt geheimnisvoll und düster. Bereits die ersten Bilder deuten an, wie faszinierend und schön die Serie designt und animiert ist. Daran ändert sich auch im weiteren Verlauf nichts. Nach dem kurzen Einstieg, in dem einige Mitglieder der Familie Shadow zu sehen sind, fokussiert sich die erste Episode ausschließlich auf die lebende Puppe Emilico und ihre Herrin Lady Kate. Direkt nach ihrem ersten Erwachen lernt Emilico Kate kennen und beginnt ihre Arbeit als deren Dienerin. Vereinzelt werden kleinere Hinweise zu den Hintergründen der mysteriösen Aristokratenfamilie gestreut. Etwa, dass ihre Erscheinung auf Ruß zurückzuführen ist, den sie bei negativen Gefühlen absondern. Welche Auswirkungen das auf sie selbst und ihre Umgebungen hat, zeigt sich im letzten Drittel der eher entspannten, fast schon an das Slice-of-Life-Genre erinnernden ersten Episode. Shadows House lässt sich zum Auftakt viel Zeit die beiden Figuren vorzustellen, ihre Beziehung zueinander aufzubauen und so manches Geheimnis aufzuzeigen. Schon nach kurzer Zeit ist es schwer, sich nicht zahlreiche Fragen zu stellen. Doch gerade das unterstreicht die Faszination, die diese ungewöhnliche Drama-Mystery-Serie auszeichnet. Von der ersten Minute an gelingt es Shadows House zu fesseln, Neugier zu wecken und zugleich zu verwirren. Obwohl eindeutig ist, was ich in dieser Episode gesehen habe, weiß ich nicht, wie ich die Serie einschätzen soll. Besonders das Ende gibt Hinweise darauf, dass nicht alles so friedlich und fröhlich bleibt. Getragen wird die Auftaktfolge dabei eindeutig von dem erstklassigen Duo Emilicio und Kate. Während erstere mit ihrer fröhlichen, quirligen Art hervorsticht, bildet Kate als zurückhaltende und reservierte Herrin das genaue Gegenteil. Dennoch oder gerade deshalb funktionieren die beiden so erstklassig zusammen, dass es eine Freude ist zu erleben, wie sie sich langsam besser kennenlernen und eine Bindung zueinander aufbauen. Schon alleine wegen Emilico und Kate will ich wissen, wie Shadows House weitergeht. Die geheimnisvolle Geschichte, bei der ich einfach nicht weiß, was mich erwartet, verstärkt das zusätzlich. Wer etwas mit einer ungewöhnlichen, aber faszinierenden Drama-Mystery-Serie mit liebenswerten Hauptfiguren anfangen kann, sollte sich Shadows House nicht entgehen lassen.

Tokyo Revengers

Studio: Liden Films Inc.
Genre: Drama, Action, Romantik
Termin: 10. April 2021
Stream bei Crunchyroll

Worum geht’s?
Takemichis Leben ist alles andere als gut verlaufen und er sieht sich am absoluten Tiefpunkt. Als er erfährt, dass Hinata Tachibana, seine Freundin aus der Mittelschule, von einer skruppellosen Gang getötet wurde, trifft ihn das schwer. Kurz darauf wird er am Bahnsteig auf die Gleise gestoßen und akzeptiert bereits seinen Tod durch den herannahenden Zug ab. Allerdings findet er sich direkt darauf zwölf Jahre in der Vergangenheit wieder, genau zu jener Zeit als er als Rowdy mit seinen Freunden unterwegs und mit Hinata zusammen war. Was Takemichi für einen Traum hält, scheint jedoch weitaus mehr zu sein und ihm eröffnet sich die Möglichkeit, die Zukunft umzuschreiben.

Ersteindruck
Tokyo Revengers stellt sich zum Serienauftakt als weitaus nachdenklicheres und ernsteres Drama denn als Action-Serie mit Zeitreise-Thematik heraus. Takemichi sieht sich als klaren Verlierer der Gesellschaft. Eine kleine Wohnung und ein schlechter Job. Als er dann auch noch erfährt, dass Hinata, seine bisher einzige Freundin aus Mittelschulzeiten, durch die Machenschaften einer Gang gestorben ist, reflektiert er, was schief gelaufen ist. Bereits hier zeigt Tokyo Revengers wesentlich mehr Tiefe, als ich erwartet habe. Besonders Takemichi ist kein blasser, sondern ein vielschichtiger Charakter. Wirklich los geht die Episode erst nach Takemichis Sturz auf die Bahngleise genau in dem Moment, als ein Zug einfährt. Natürlich rechnet er mit seinem Tod, stattdessen erwacht er in seinem Achtklässler-Ich zwölf Jahre in der Vergangenheit. Dass er innerlich noch der Erwachsene ist, zeigt sich auch daran, dass ihm sein Erscheinungsbild als Möchtegern-Rowdy peinlich ist. Gleichzeitig wird deutlich, dass er eine direkte Verbindung zur Gang hat, die für Hinatas Tod verantwortlich ist. Wirkliche Action bleibt in der ersten Episode aus. Lediglich eine kurze, einseitige Schlägerei wird gezeigt. Stattdessen liegt der Fokus eindeutig darauf, Takemichi und einige wenige andere Charaktere vorzustellen und die Handlung aufzubauen. Dass Takemichi denkt, er träume nur, ist logisch, aber genauso ist vorhersehbar, dass sein Einfluss auf die Zukunft real ist. Letztlich überrascht Tokyo Revengers zum Ende sogar noch mit einer unerwarteten Wendung, die die Serie erst in die richtige Richtung lenkt und das volle Potenzial zeigt. Zwar bleibt noch offen, wie stark eventuelle Zeitreise-Logiklücken auftreten, wie präsent letztlich Action, Prügeleien und Ähnliches sind und welchen Einfluss die Charaktere einnehmen, doch zum Auftakt überzeugt Tokyo Revengers als spannende, ernste und nachdenkliche Drama-Action-Serie.

To Your Eternity (Fumetsu no Anata e)

Studio: Brain’s Base
Genre: Drama, Abenteuer, Fantasy
Termin: 12. April 2021
Stream bei Anime on Demand
Stream bei Crunchyroll

Worum geht’s?
Eines Tages erscheint ein kugelförmiges Wesen auf der Welt. Als es einen Stein berührt, verwandelt es sich in eine exakte Kopie davon. Mit der Zeit wächst Moos auf dem Stein und das Wesen nimmt diese neue Gestalt an. Der Winter bringt schließlich einen einsamen, verletzen Wolf, der über dem Stein zusammenbricht und stirbt. Daraufhin nimmt das Wesen die Gestalt des Wolfes an und erhält somit erstmals ein Bewusstsein, Empfindungen und die Möglichkeit, sich zu bewegen. Auf der Wanderschaft trifft der Wolf auf einen Jungen, der einsam in seinem Dorf auf die Rückkehr seines Stammes wartet. Gemeinsam stellen sie sich dem Überleben in der von Eis und Schnee bedeckten Landschaft.

Ersteindruck
To Your Eternity basiert auf der gleichnamigen Manga-Reihe von Yoshitoki Ōima (A Silent Voice). Die erste Episode erschafft eine melancholische, bedrückende und gefühlvolle Stimmung. Zu Beginn wird das kugelartige Wesen beim Anfang seiner Existenz in dieser Welt begleitet. Von einem Stein über Moos zum Wolf entwickelt sich das Wesen stetig weiter und trifft schließlich auf den einsamen Jungen. Bereits hier werden erste emotionale Töne angesprochen und schnell wird deutlich, wie einsam der Junge, der alleine auf die Rückkehr seines Stammes wartet, ist. Unentwegt redet er mit dem Wolf, den er Joaan nennt. Abgesehen von der Erzählerstimme, die über das kugelförmige Wesen spricht, ist der Junge die einzige Stimme, die in der ersten Episode zu vernehmen ist. Dadurch liegt der Fokus noch stärker auf seinem Schicksal und die Einsamkeit, die ihn umgibt, wird noch greifbarer. Unterstrichen wird die dichte Atmosphäre von der tristen Landschaft um das längst verfallene Dorf, in dem der Junge lebt. Nichts außer Eis und Schnee umgibt ihn. Selbst in der Ferne ist nichts anderes zu erkennen. Dass er auch nichts anderes kennt verdeutlich zusätzlich, wie sein bisheriges Leben ausgesehen hat. Es ist zwar absehbar, wie die erste Episode endet, doch die Wirkung wird dabei nicht verfehlt. To Your Eternity schafft es zum Serienauftakt Emotionen zu wecken und zugleich einen faszinierenden Ausblick auf die kommenden Folgen zu liefern und eine bedrückende Stimmung aufzubauen. Die schönen Animationen runden die ausgezeichnete Auftaktepisode zusätzlich ab. Wer auch nur ein bisschen was mit gefühlvollen, melancholischen Dramen anfangen kann, sollte To Your Eternity zumindest eine Chance geben.

©2020 安里アサト/KADOKAWA/Project-86
©西尾維新/講談社・アニプレックス・シャフト
©ソウマトウ/集英社・シャドーハウス製作委員会
和久井健・講談社/アニメ「東京リベンジャーズ」製作委員会
© ⼤今良時・講談社/NHKNEP