Rezension: Tokyo Ghoul OVAs: Jack/Pinto (Blu-ray)

Die Tokyo-Ghoul-OVAs Jack und Pinto erzählen in zwei Kurzgeschichten von der Vergangenheit bekannter Charaktere des Manga- und Anime-Franchise.

Tokyo-Ghoul-Fans erhalten nach Manga-, Anime- und Light-Novel-Veröffentlichungen bei Kazé eine weitere Möglichkeit zum Horror-Mystery-Franchise zurück zu kehren. Die beiden 2015 in Japan veröffentlichten OVAs Jack und Pinto beschäftigen sich unabhängig voneinander mit der Vergangenheit bekannter Charaktere und adaptieren dabei kurze Nebenstorys der Manga- oder Light-Novel-Vorlage. Tokyo Ghoul: Jack erzählt vom Oberschüler Taishi Fura, der einen Ghoul-Angriff miterlebt und sich aus Rache mit seinem mysteriösen Mitschüler Kishou Arima verbündet, um Jagd auf den als Laterne bekannten Ghoul zu machen. Die zweite OVA, Tokyo Ghoul: Pinto, erzählt von der Oberschulzeit des Ghouls Shu Tsukiyama, der eines Nachts von seiner etwas seltsamen Mitschülerin Chie Hori beim Töten und Verspeisen eines Menschen fotografiert wird. Das Mädchen erweckt seine Neugier, weshalb Shu sie beobachtet und versucht mehr über sie herauszufinden.

Klassisch & Spannend

Gleich Vorweg sei gesagt, dass sich die beiden Tokyo-Ghoul-OVAs Jack und Pinto in ihrer Art unterscheiden, wodurch leider auch qualitative Abweichungen auftreten. So überzeugt Pinto in fast allen Belangen deutlich mehr, als die dennoch nicht misslungene Jack-OVA. Dabei fängt es bereits mit der Geschichte an. Die Erlebnisse der jugendlichen Taishi Fura und Kishou Arima sind zwar grundsätzlich interessant, aber insgesamt ist die Handlung zu leicht vorhersehbar. Recht früh ist deutlich worauf die Geschichte hinaus läuft und spätestens nach etwa der Hälfte der knapp 30-minütigen OVA ist auch klar, wer Laterne ist. Dass Tokyo Ghoul: Jack trotzdem unterhalten kann, liegt vor allem an der exzellenten Atmosphäre, die den beiden Serien-Staffeln in Nichts nachsteht. Düstere, realistisch anmutende Umgebungen und der richtige Einsatz von Licht und Schatten sowie Tag-und-Nacht-Szenen sorgen dafür, dass stets die richtige Stimmung vorherrscht. Dem schließen sich die zwar nicht grundsätzlich sympathischen, aber dennoch gelungenen Charaktere an. Taishi, Kishou und einige Nebencharaktere können überzeugen, haben aber angesichts der Laufzeit nicht die Gelegenheit zur vollständigen Entfaltung. Hier verbirgt sich auch ein weiteres Problem: Zeitweise wirkt die Geschichte leicht gequetscht, um möglichst viel in der halben Stunde der OVA unterzubringen. Immerhin leidet der Unterhaltungswert nicht und Tokyo-Ghoul-Fans dürften alleine schon durch die Gelegenheit einen neuen Einblick in die Welt der Ghoule und CCG-Ermittler zu erhalten, unterhalten werden.

Ähnliches gilt natürlich auch für Tokyo Ghoul: Pinto. Die OVA schafft es perfekt die richtige Grundstimmung zu erzeugen, erzählt im Gegensatz zu Jack aber eine weitaus spannendere, interessantere und unvorhersehbarere Geschichte. Zwar ist gerade für Kenner der Vorlagen nicht alles unerwartet, dennoch gelingt es mit Wendungen zu spielen und so jederzeit für Spannung zu sorgen. Dem schließen sich die überaus gelungenen Charaktere an. Allen voran Shu Tsukiyama, der bereits in der Anime-Serie überzeugen konnte, sticht mit seiner exzentrischen, eigenwilligen Persönlichkeit hervor. Mit Chie Hori wird ihm eine nicht weniger interessante Figur zur Seite gestellt. Die junge Oberschülerin mit einem Faible fürs fotografieren, wirkt schon bei ihrem ersten Auftritt seltsam und eigensinnig. Auf diese Weise schafft sie es nicht nur Sympathien, sondern auch das Interesse an ihr zu wecken. Steht bei Tokyo Ghoul: Jack mehr die Geschichte selbst im Mittelpunkt, ist es bei Pinto ein Einklang aus Handlung und den wunderbar geschriebenen und umgesetzten Charakteren. Dies gilt nicht nur für Shu und Chie, sondern auch für Nebenfiguren mit kurzem Auftritt. Alles in allem fesselt Pinto von der ersten bis zur letzten Minute und schafft es in normaler Episoden-Laufzeit erstklassig eine klassische Tokyo-Ghoul-Geschichte zu erzählen. Dass dabei zusätzlich der Eindruck entsteht, Pinto könnte als Grundlage oder Auftakt einer Spin-off-Serie dienen, stellt noch einmal klar, wie gut die OVA wirklich ist.

Allerdings ist der Unterschied bei Jack und Pinto nicht nur inhaltlich festzustellen, sondern auch bei der Animationsqualität. Beide können mit gelungenen Umgebungen, die für eine erstklassige Atmosphäre sorgen überzeugen. Leider gilt das nicht für die Animationen. Jack schafft es nicht an Pinto oder die beiden Serien-Staffeln heranzureichen. Dafür sind die Bewegungen der Charaktere nicht flüssig genug und die Kämpfe zu langsam. Bedauerlich, da das verantwortliche Studio Pierrot bei Tokyo Ghoul: Pinto beweist, dass es zu Besserem fähig ist. Nichts desto trotz schaden die technischen Unzulänglichkeiten Jack nicht und trüben auch den reinen Unterhaltungswert nicht. Dafür profitiert Pinto gerade bei der Darstellung der Figuren von den hochwertigeren Animationen. Beide OVAs können hingegen bei der deutschen Synchronisation überzeugen. Die Charaktere sind passen besetzt und die Sprecher hauchen den Figuren gekonnt Leben ein.

Fazit

Da ich die beiden Tokyo-Ghoul-Staffeln gerne gesehen habe, war ich gespannt, ob zwei Kurzgeschichten an die Qualität der Anime-Serie anknüpfen können. Zumindest für Tokyo Ghoul: Pinto gilt das ohne Frage. Die Erlebnisse von Shu Tsukiyama und Chie Hori sind spannend und interessant. Zugleich fängt die Pinto das Gefühl von Tokyo Ghoul besser ein, als dies bei Jack der Fall ist. Grund mag hierbei der Blickwinkel sein, der durch Shu Tsukiyama bei einem Ghoul liegt, während in Jack mit Kishou Arima und Taishi Fura zwei Ghoul-Jäger im Mittelpunkt stehen. Eine weitere Stärke von Pinto sind die Charaktere, die nicht nur interessanter, sondern auch tiefgründiger erscheinen als es bei Jack der Fall ist. Dennoch haben mich beide OVAs gut unterhalten können. Gerne würde ich mir noch mehr Geschichten aus Shus Oberschulzeit ansehen. Potenzial wäre, auch dank der kurz eingebauten Nebenfiguren, vorhanden. Das zeigt wie gut Pinto meiner Meinung nach wirklich ist. Tokyo-Ghoul-Fans sollten sich aber beide OVAs nicht entgehen lassen – und sei es nur, um erneut in das düstere, von Ghoulen bedrohte Tokyo einzutauchen.

Kurzfazit: Die Tokyo-Ghoul-OVAs erzählen spannende Kurzgeschichten, weisen aber qualitative Unterschiede auf. Jack ist vorhersehbar und oberflächlicher. Dafür kann Pinto wahres Tokyo-Ghoul-Feeling entfalten und sowohl bei Geschichte als auch Charakteren überzeugen.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Tokyo Ghoul OVAs: Jack/Pinto!

Details
Titel: Tokyo Ghoul OVAs: Jack/Pinto
Originaltitel: Tokyo Ghoul: Jack / Tokyo Ghoul: Pinto
Genre: Action, Horror, Mystery
Regie: Souichi Shimada (Jack) / Tadahito Matsubayashi (Pinto)
Studio: Pierrot
Produktionsjahr: 2015
Laufzeit: ca. 55 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch (DTS HD MA Audio 2.0)
Untertitel: Deutsch
Bonus: Booklet
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 13. Oktober 2017
Herstellerseite: Tokyo Ghoul OVAs: Jack/Pinto bei Kazé Anime

Bilder Copyright Pierrot / Kazé Anime

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