Rezension: Fire Emblem Engage (Switch)

Nach tausendjährigem Schlaf muss die Wyrmgottheit Alear in Fire Emblem Engage gemeinsam mit den Emblemen gegen den Dämonendrachen Sombron kämpfen.

Knapp dreieinhalb Jahre nach Fire Emblem: Three Houses, spendieren Nintendo und Intelligent Systems der Strategie-Rollenspiel-Reihe einen neuen Teil für Nintendo Switch. Schon die ersten Trailer und Screenshots von Fire Emblem Engage haben gezeigt, dass der mittlerweile siebzehnte Fire-Emblem-Teil wieder in klassische Gefilde zurückkehrt und einen weitaus farbenfroheren Grafikstil als der direkte Vorgänger wählt. Statt drei respektive vier Handlungssträngen, für die wir uns im Laufe der Geschichte entscheiden müssen, erzählt Fire Emblem Engage wie einst Fire Emblem Awakening auf dem Nintendo 3DS eine lineare Geschichte. Entsprechend fallen Entscheidungen oder möglicher Einfluss auf den Verlauf der Handlung weg. Das bedeutet aber nicht, dass Fire Emblem Engage sich als weniger komplex herausstellt.

Wiedererwachte Wyrmgottheit

Zu Beginn von Fire Emblem Engage müssen wir uns zuerst für ein männliches oder weibliches Erscheinungsbild von Alear entscheiden. Eine Mechanik, die wir mit Ausnahme von Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia seit Fire Emblem Awakening kennen. Anschließend erleben wir den Kampf gegen Dämonendrache Sombron, der auch als Tutorial dient, bevor Alear aus einem tausendjährigen Schlaf erwacht. Allzu viel zur Geschichte wollen wir nicht verraten, doch es ist wenig überraschend, dass Alears plötzliche Rückkehr für Aufsehen sorgt. Zudem überschlagen sich die Ereignisse schon bald. Die monsterartigen Verzerrten tauchen auf und eine feindliche Fraktion greift an. Wie für die Fire-Emblem-Reihe üblich, ist es nun an uns, Verbündete um uns zu scharen und den aus seinem Bann befreiten Dämonendrachen Sombron, den Alear vor tausend Jahren besiegt hat, erneut zu bezwingen.

Sonderlich tiefgründig präsentiert sich Fire Emblem Engage bei der Handlung zwar nicht, doch die kurzweilige Fantasy-Geschichte ist unterhaltsam genug, um bis zum Ende zu motivieren. Daran ändern auch bekannte Genre-Standards, klischeehafte Antagonisten oder vorhersehbare Wendungen wenig. Zumal Fire Emblem Engage neben dem Gameplay auch mit interessanten und gut geschriebenen Charakteren aufwarten kann. Besonders wenn wir die Figuren besser kennenlernen, sei es innerhalb der Geschichte oder durch die weiterhin vorhandenen Unterstützungsgespräche, merken wir, dass sie oft weitaus mehr Tiefe aufweisen, als es anfangs schien. Dadurch sind wir oft wirklich am Schicksal unserer Verbündeten und somit auch des Kontinents Elyos, auf dem Fire Emblem Engage angesiedelt ist, interessiert.

Mächtige Embleme

Beim Gameplay präsentiert sich Fire Emblem Engage klassisch. Über eine Weltkarte reisen wir zwischen den Kapiteln, wählen Nebenmissionen oder stellen uns optionalen Gefechten. Jedes Schlachtfeld ist in Quadrate eingeteilt. Unsere Einheiten dürfen je nach Einheitentyp, Gelände und anderer Einflüsse eine bestimmte Entfernung zurücklegen. Mit Schwertern, Äxten, Lanzen, Speeren, Magie und dergleichen greifen wir Feinde an oder verteidigen uns gegen diese. Haben alle unsere Einheiten ihren Zug abgeschlossen, beginnt die gegnerische Phase. Beachten sollten wir dabei das Waffen-Dreieck. Dieses besagt, dass Schwerter stark gegen Äxte, Äxte stark gegen Lanzen und Lanzen wiederum stark gegen Schwerter sind. Kampfkunst hingegen ist effektiv gegen Magie und Bögen, die ihrerseits Vorteile gegenüber gepanzerten oder fliegenden Einheiten haben. Es will also gut überlegt sein, wen aus unserer immer größer werdenden Armee wir in eine Schlacht mitnehmen und wie wir diese einsetzen. Besonders wenn wir im klassischen Modus spielen, da hier eine verlorene Einheit für das restliche Spiel nicht mehr zur Verfügung steht. Im Anfänger-Modus kehren Einheiten nach dem Ende einer Schlacht zurück.

Soweit so bekannt. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass wir Einheiten nicht mehr zu einem Team zusammenfassen dürfen. Der Grund dafür liegt in den Emblemen. Diese mächtigen Helden anderer Welten beziehungsweise vorheriger Fire-Emblem-Spiele, stehen Alear im Kampf gegen Sombron zur Seite. Allerdings verfügen wir natürlich nicht von Anfang an über alle Emblem-Ringe, sondern sammeln diese im Laufe der Geschichte ein. Kämpft ein Charakter mit angelegtem Emblem-Ring, kann auf die Kräfte des jeweiligen Emblems zurückgegriffen werden. Neben passiven Effekten besteht auch die Möglichkeit zum Bündnis. Dadurch vereinen sich Einheit und Emblem und können Spezialangriffe und -waffen nutzen. Dabei handelt es sich um mächtige Aktionen, die im richtigen Moment über Sieg oder Niederlage entscheiden können. Allerdings können auch einige Feinde Embleme einsetzen, weshalb diese mit großer Vorsicht bekämpft werden sollten.

Geerbte Fähigkeiten

Mit der Zeit steigt zudem nicht nur das Unterstützungslevel von Einheiten die gemeinsam kämpfen, sondern auch die Bindung von den Emblemen zu ihrem jeweiligen Träger. Neben kurzen Gesprächen schaltet das neue passive Effekte frei. Diese dürfen wir gegen im Kampf erlangte Fähigkeitenpunkte sogar dauerhaft lernen und zwei davon ausrüsten. Auf diese Weise können Charaktere passive Effekte von Emblemen auch nutzen, wenn sie keinen Emblem-Ring tragen. Ein wirklich gelungenes Fähigkeitensystem, das motiviert und uns dazu bringt, die Ringe regelmäßig zu wechseln. Schließlich wollen wir, dass bestenfalls jeder Charakter passende passive Effekte ausrüsten kann. Zusätzlich dürfen wir außerdem Bindungsringe erschaffen. Diese sind den Emblemen untergeordnet und entsprechen weiteren Charakteren aus dem jeweiligen Fire-Emblem-Spiel. Sie gewähren je nach Qualität Boni auf die Werte ihres Trägers. Dadurch ist es uns möglich, auch mehr Einheiten als nur die Träger der Emblem-Ringe im Kampf zu stärken.

Als Strategie-Rollenspiel sammeln Charaktere mit besiegten Gegnern Erfahrungspunkte und steigen im Level auf. Ab einer bestimmten Stufe dürfen wir mit Meistersiegeln in eine höhere Klasse oder mit einem Zweitsiegel in eine komplett andere Klasse wechseln. Das ist genauso wichtig wie das regelmäßige Ausrüsten mit besseren Waffen oder Verbessern von diesen beim Schmied. Nur wenn wir unsere Einheiten regelmäßig aufrüsten, haben wir in späteren Kapiteln noch eine Chance. Zumal die Gegner in den optionalen Gefechten mit Alear mitleveln, was teilweise ärgerlich sein kann, da es auf diese Weise schwieriger ist, schwache Charaktere aufzuleveln. Die Online- und Offline-Modi des Herausforderungsturms im fliegenden Somniel, das als unser Hauptquartier dient, bringen hier nur wenig.

Fliegender Rückzugsort

Wie erwähnt, dient uns das Somniel als Hauptquartier. Auf dieser fliegenden Festung hat Alear, bewacht von Generationen an Drachenhütern, tausend Jahre geschlafen. Nach dem Prolog, dürfen wir nach jeder Schlacht ins Somniel zurückkehren. Hier können wir bei Händlern einkaufen, mit unseren Verbündeten und den Emblemen sprechen, Freizeitaktivitäten nachgehen, Minispiele absolvieren, Fähigkeiten erlernen oder trainieren. Da viele Aktivitäten begrenzt sind, sind wir gezwungen, das Somniel regelmäßig zu besuchen, um alle uns gegebenen Möglichkeiten zu nutzen. So dürfen wir in der Arena beispielsweise nur drei Einheiten trainieren und somit Erfahrungspunkte sammeln lassen. Wenig und somit nur bedingt eine Hilfe beim Aufleveln schwacher Charaktere. Doch auch die Möglichkeit, die Bindung zwischen Verbündeten zu verbessern, regt dazu an, möglichst nach jeder Schlacht Zeit im Somniel zu verbringen. Allerdings kann das manchmal den Storyfluss stören und zu unschönem Leerlauf führen.

Das liegt zum Teil auch daran, dass sich die meisten Aktivitäten abnutzen. Besonders die Minispiele haben uns mit der Zeit kaum noch motiviert und oft haben wir sie ignoriert. Schade, da hier definitiv mehr drin gewesen wäre. Schließlich sind Angeln, Krafttraining und Ähnliches im Ansatz durchaus gelungen. Dafür ist es nützlich, dass wir etwa im Pool, im Obstgarten oder bei den Ställen Einheiten Zeit miteinander verbringen lassen können, um ihre Bindung zu stärken. Auch ein gemeinsames Mahl mit Alear und zwei weiteren Charakteren verbessert die Beziehung und gewährt zudem noch Boni für die nächste Schlacht. Erwähnt werden sollte hier noch, dass Fire Emblem Engage im Gegensatz zu den Vorgängern auf S-Rang-Unterstützungsgespräche verzichtet. Entsprechend ist es auch nicht möglich, als Alear Romanzen einzugehen oder eine engere Beziehung zwischen verschiedenen Charakteren aufzubauen. Was als Rückschritt im Vergleich zu Vorgängern wie Fire Emblem Awakening oder Fire Emblem: Three Houses wirkt, wirkt bei Fire Emblem Engage durchaus logisch. Schließlich handelt es sich bei Alear um eine Gottheit. Angesichts der oft witzigen, interessanten und gut geschriebenen Dialoge, hätten wir uns aber trotzdem mehr Unterstützungsgespräche gewünscht. Das wäre auch möglich gewesen, da die Verbindungen zwischen den Figuren sehr eingeschränkt sind. Viel zu viele Charaktere haben keine Möglichkeiten, ihre Bindung miteinander zu stärken – schade.

Bunt und klangvoll

Optisch weiß Fire Emblem Engage mit kräftigen Farben, tollen Charakterdesigns und abwechslungsreichen Umgebungen zu überzeugen. Von grünen Wiesen über karge Berge, verschneite Täler bis hin zu Oasen in der Wüste, wird viel geboten. Das gilt auch für die Figuren selbst, die viel Kreativität und einen hohen Wiedererkennungswert haben. Voller Details wissen Alear und die anderen durchweg zu überzeugen. Dass Fire Emblem Engage durch den bunten Grafikstil etwas verspielter und weniger düster wirkt als Fire Emblem: Three Houses, hat uns gut gefallen. Hier präsentiert die Optik bereits gekonnt die Ausrichtung des Spiels. Ob das gefällt, dürfte genauso wie bei der klassischen Fantasy-Geschichte, vom persönlichen Geschmack abhängen.

Über jeden Zweifel erhaben ist aber die stimmungsvolle Musik, die das Geschehen stets passend begleitet. Selbiges gilt für die sehr gute englisch und japanische Synchronisation, die den Charakteren gekonnt Leben einhaucht. Dass die deutschen Texte nicht immer perfekt zu den gesprochenen Worten passen, ist eine Lokalisierungsentscheidung und schadet der Geschichte zu keiner Zeit. Zumal die Texte wirklich gut geschrieben sind und ihren Teil zur gelungenen Atmosphäre eines spaßigen, komplexen und umfangreichen Strategie-Rollenspiels beitragen.

Fazit

Nach Fire Emblem: Three Houses habe ich gehofft, dass Intelligent Systems bei einem Nachfolger wieder klassischere Wege geht. So sehr ich Three Houses gemocht habe, in vielen Punkten war mir das Strategie-Rollenspiel zu groß, zu umfangreich zu überladen. Fire Emblem Engage erfüllt also genau das, was ich von der Reihe als nächstes sehen wollte und ist ein Strategie-Rollenspiel, das am ehesten mit den Nintendo-3DS-Teilen und besonders Fire Emblem Awakening zu vergleichen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass Fire Emblem Engage weniger komplex oder umfangreich ist. Geradliniger, linearer sicherlich, aber auch mit innovativen Ideen wie den Emblemen und spannendem, forderndem wie spaßigem Genre-Gameplay kann das Strategie Rollenspiel überzeugen. Da stört es mich auch nicht, dass die Geschichte auf allerlei Standards und Klischees setzt, zumal sie dennoch zu motivieren und unterhalten weiß. Damit ist Fire Emblem Engage ein starkes Strategie-Rollenspiel, das sich kein Genre-Fan entgehen lassen sollte.

Kurzfazit: Motivierendes Strategie-Rollenspiel, das mit gelungenem Gameplay, innovativen Ideen, interessanten Charakteren und motivierender, wenn auch klischeehafter Fantasy-Story viel Spielspaß bietet.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Fire Emblem Engage!

Details
Titel: Fire Emblem Engage
Genre: Strategie-Rollenspiel
Publisher: Nintendo
Entwickler: Intelligent Systems
Spieler: 1
Syteme: Switch (getestet)
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 20. Januar 2023