Rezension: Rise of the Ronin (PS5)
In unruhigen Zeiten begibt sich ein Ronin in Rise of the Ronin im Japan des neunzehnten Jahrhunderts auf eine schicksalhafte Suche.
Mit der Ninja-Gaiden-Reihe, den Nioh-Spielen oder Wo Long: Fallen Dynasty hat sich Team Ninja einen Ruf als Studio für knallharte und bockschwere Spiele verdient. Rise of the Ninja setzt zwar spürbar auf die Erfahrungen der Vergangenheit und erinnert neben Nioh besonders an Ghost of Tsushima und Assassin’s Creed, verzichtet aber auf einen ausschließlich hohen Schwierigkeitsgrad. Stattdessen dürfen wir jederzeit zwischen drei sehr unterschiedlichen Einstellungen wechseln. Dadurch ist das PlayStation 5 exklusive Action-Rollenspiel weitaus zugänglicher als das vergangene Jahr erschienene Wo Long: Fallen Dynasty. Zugleich trumpft Rise of the Ronin mit einem präzisen, wuchtigen und vielseitigen Kampfsystem und einer fesselnden Geschichte im historischen Setting des Japans in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts auf.
Suchender Ronin
Vor Spielbeginn dürfen wir uns in einem umfangreichen Editor gleich zwei Charaktere erstellen. Das hängt direkt mit der Geschichte zusammen, da unsere Hauptfigur als sogenannte Zwillingsklinge erzogen wurde. Dabei handelt es sich um Krieger eines verborgenen Clans, die stets im Einklang miteinander agieren. Haben wir unser Protagonisten-Duo erstellt und das kurze Tutorial, das uns die wichtigsten Gameplay-Grundlagen vermittelt, erhalten wir auch schon unseren ersten Auftrag. Hier entscheidet sich letztlich, welchen der beiden von uns erstellten Charaktere wir tatsächlich als Hauptfigur auswählen. Auch wenn die damit verbundene Wendung nicht sonderlich überraschend ist, soll diese hier nicht erwähnt werden. Stattdessen sei nur verraten, dass anschließend einige Jahre vergehen, bevor wir unser Dorf verlassen, um nach den Spuren der anderen Zwillingsklinge zu suchen.
Damit beginnt die Geschichte von Rise of the Ronin erst richtig. Angesiedelt ist unsere Suche zu Beginn in Yokohama im Jahr 1858. Entsprechend befindet sich Japan in einem inneren Konflikt über den Umgang mit den ausländischen Nationen. Insbesondere ein möglicher Handels- und Freundschaftsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika sorgt für Ärger. Als Fraktionen agieren in diesem Konflikt die Anti- und die Pro-Shogunats-Seiten, mit denen wir im Laufe unseres Abenteuers in Kontakt treten. Zwar steht uns nicht immer frei, welche Richtung die Geschichte einschlägt, dennoch haben unsere Entscheidungen Einfluss auf den Verlauf und das Ende.
Typische, aber stimmungsvolle Welt
Rise of the Ronin ist ein klassisches Open-World-Action-Rollenspiel. Allerdings erkunden wir keine durchgängig zusammenhängende Welt, sondern werden je nach Kapitel in einen anderen, offenen Bereich entlassen. Dabei stellt Yokohama und die Umgebungen der Hafenstadt den Schauplatz im ersten Kapitel dar. Bereits hier zeigt sich, dass die Gebiete angemessen groß sind und zum Erkunden einladen. Allerdings fällt auch auf, dass Rise of the Ronin auf reichlich typische Open-World-Aufgaben setzt. Dadurch kann die Welt manchmal generisch wirken. Dennoch waren wir stets motiviert, genau zu erkunden, um jede Sammelaufgabe zu erfüllen. Zu verdanken ist das zum einen den zufälligen Ereignissen, die sich allerdings etwas zu oft wiederholen, und zum anderen die Bindung zu einer Region. Zusätzlich bietet die offene Welt einiges an Schauwert.
Damit nicht genug, sorgt das flüssige Gameplay dafür, dass wir gerne unterwegs sind. Wir rennen, reiten und klettern durch Dörfer, Städte oder die Wildnis und setzen dabei auch auf unseren Enterhaken und einen Gleitschirm. Gerade letzterer ermöglicht es uns, weite Strecken im Flug zurückzulegen oder an sonst unerreichbare Orte zu gelangen. Hier zeigt sich auch, wie gut die Welt auf das Gameplay abgestimmt ist und wie gut die verschiedenen Spielmechaniken ineinander greifen. Insbesondere die wuchtigen Kämpfe fügen sich hervorragend in den Spielfluss ein.
Blutige und wuchtig
Zwar wählen wir bei der Charaktererstellung eine Ausrichtung für unseren Protagonisten, doch an diese müssen wir uns nicht halten. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Ausgangslage. Entsprechend können wir nicht nur alle Fähigkeiten erlernen, sondern auch alle Waffen nutzen. So setzen wir beispielsweise auf Katanas, Speere oder Säbel. Zudem können wir Bogen, Gewehre oder Handfeuerwaffen ausrüsten. Je öfter wir eine Waffengattung nutzen, desto besser ist unser Umgang mit der Waffe. Die Kämpfe funktionierten dabei grundsätzlich simpel. Wir führen einfache Attacken aus, weichen aus und setzen auf unsere Abwehr. Ein zentrales Element ist jedoch das Kontern. So müssen wir gegnerische Angriffe im richtigen Moment auf Knopfdruck zurückschlagen um ihre Ki-Anzeige, die als Moral oder Ausdauer betrachtet werden kann, besonders zu schwächen. Auf diese Weise können wir starke Treffer landen.
Außerdem stehen uns besondere Techniken zur Verfügung. Essenziell ist zudem, dass wir den richtigen Kampfstil verwenden. Bei gehaltener rechter Schultertaste können wir über den rechten Stick pro Waffe zwischen bis zu drei ausrüstbaren Stilen wechseln. Da Waffen und Stile im Einklang miteinander stehen, gilt es darauf zu achten, ob ein Gegner uns gegenüber im Vorteil ist. Ist das der Fall, kann neben einem Wechsel zu unserer zweiten ausgerüsteten Waffe auch ein anderer Kampfstil helfen. Dynamisch passen wir unser Kampfverhalten auf diese Weise an und versuchen, Feinde zu bezwingen. Gerade auf den beiden höheren Schwierigkeitsgraden ist es notwendig, die Feinheiten des Kampfsystems zu verfeinern. Auffällig ist zudem, dass unentdeckte Schleichangriffe überaus mächtig sind. Normale Gegner besiegen wir mit diesen sofort.
Bindungen und Partnerschaften
Eine Besonderheit von Rise of the Ronin sind die sogenannten Ronin-Missionen. Dabei handelt es sich allerdings um keine besondere Art von Quest, sondern um Abschnitte, die innerhalb von Haupt- und Nebenquests auftreten können. Hierbei wählen wir in einem Menü unter anderem aus, welche maximal zwei Nicht-Spieler-Charaktere uns begleiten sollen. Anschließend müssen wir eine Aufgabe in einem eingegrenzten Bereich erfüllen. So gilt es etwa, einen Banditenanführer zu besiegen oder etwas zu stehlen. Wie wir dabei vorgehen, ist uns überlassen. Im Kampf dürfen wir sogar zu unseren Begleitern wechseln und sie direkt steuern.
Rise of the Ronin setzt neben der spannenden Geschichte auch auf einige Nebenquests. Während einige lediglich kleine Ereignisse in der Welt sind, sind andere direkt mit den Figuren, die wir mit der Zeit kennenlernen, verbunden. Immer wieder benötigen unsere Bekanntschaften Unterstützung, wodurch wir unsere Bindung zu ihnen vertiefen und mehr über sie erfahren. Die Beziehung zu den zahlreichen wichtigen Charakteren können wir dabei in mehreren Stufen verbessern und erhalten dafür auch Belohnungen. Einige Figuren schenken uns sogar ihre Gunst und wir können einen verborgenen Schwur mit ihnen eingehen. Hierbei handelt es sich um die Romanzen von Rise of the Ronin. Damit nicht genug, verbessern wir wie bereits erwähnt auch unsere Bindung zu den einzelnen Regionen der Spielwelt, werden als Ronin bekannter und versuchen unsere Beziehung zu den Fraktionen zu stärken.
Entwicklung eines Ronin
Da es sich bei Rise of the Ronin um ein Action-Rollenspiel handelt, überrascht es nicht, dass wir etwa durch das Besiegen von Gegnern oder Erfüllen von Quests Erfahrungspunkte erhalten. Haben wir genug gesammelt, steigen wir im Level auf, wodurch sich unsere Charakterwerte verbessern. Zusätzlich sammeln wir Karma, das wir an den Verborgene-Klinge-Bannern, die als Rücksetzpunkte dienen, in Fertigkeitspunkte umwandeln können. Allerdings verlieren wir unser Karma auch, wenn wir sterben und müssen es in einer Blutrache vom Gegner, der uns besiegt hat, zurückholen. Hier zeigen sich auch die Souls-like- und Nioh-Verbindungen von Rise of the Ronin.
Fertigkeitspunkte investieren wir in vier Attributs-Bäumen in neue passive und aktive Fähigkeiten. Allerdings können wir nicht alle Fertigkeiten mit den entsprechenden Punkten freischalten. Teilweise benötigen wir seltene Punkte, die den jeweiligen Kategorien Stärke, Geschicklichkeit, Charisma und Intelligenz entsprechen. Investieren wir ausreichend Punkte in ein Attribut, erhöht sich dieses. Auf diese Weise können wir die genannten Kategorien verbessern und noch stärker werden. Zusätzlichen Einfluss hat unsere Ausrüstung, die mit passiven Effekten ausgestattet ist. Allerdings wirken sich die Eigenschaften unserer Rüstung und Waffen weit weniger aus, als wir anfangs dachten. Entsprechend ist es wesentlich wichtiger auf Verteidigung und Angriff zu achten als auf die passiven Effekten. Dennoch können diese kleine Vorteile bringen, weshalb sie nicht gänzlich unnütz sind.
Stimmungsvolle Präsentation
Grafisch erfüllt Rise of the Ronin nicht ganz die Erwartungen an ein PlayStation 5 exklusives Spiel. Doch manche matschige Texturen und die flache Beleuchtung können der schönen und stimmigen Gestaltung der Welt nicht schaden. Immer wieder entdecken wir wunderschöne Szenerien, die hervorragend das Japan-Flair des Action-Rollenspiels einfängt. Allgemein gelingt es Rise of the Ronin ausgezeichnet, das Setting zu nutzen und eine passende Atmosphäre zu schaffen. Dazu trägt auch der stets passende, stimmungsvolle Soundtrack bei. Die deutsche Synchronisation mag ein paar Schwächen haben, ist aber vorwiegend sehr gut und weiß gerade bei den wichtigen Charakteren zu überzeugen. Abgerundet wird das packende Ronin-Abenteuer von einer durchweg guten technischen Umsetzung. Weder hatten wir mit Rucklern zu kämpfen, noch sind uns irgendwelche Bugs aufgefallen. Entsprechend sind dem Erleben der spannenden Geschichte und dem Erkunden des alten Japans keine ärgerlichen Grenzen gesetzt.
Fazit
Rise of the Ronin hat mich schon mit dem ersten Trailer angesprochen, doch aufgrund von Team Ninjas Vergangenheit, hatte ich Sorge, dass uns ein bockschweres Souls-like erwartet. Zwar verzichtet das Action-Rollenspiel nicht auf Nioh-Einflüsse, doch dank drei sehr unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade, kann ich die Herausforderung für mich perfekt anpassen. Dadurch fühlt sich Rise of the Ronin für mich wie ein normales Action-Rollenspiel mit angemessener Herausforderung an. Sehr schön, da ich sonst die spannende Geschichte und das vielseitige Kampfsystem nicht wirklich kennengelernt hätte. Auch die in Teilen etwas zu typischen Open-World-Aufgaben, haben mich motiviert und dazu gebracht, jeden Winkel der Welt zu erkunden. Hier mag Rise of the Ronin zwar Erinnerungen an Assassin’s Creed und auch Ghost of Tsushima wecken, präsentiert sich aber trotzdem eigenständig. Genre- und Japan-Fans, sollten sich Rise of the Ronin nicht entgehen lassen.
Kurzfazit: Packendes Action-Rollenspiel in stimmungsvollem Japan-Setting, das mit vielseitigem, wuchtigem Kampfsystem und spannender Geschichte über Stunden fesselt.
Vielen Dank an Sony Interactive Entertainment für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Rise of the Ronin!
Details
Titel: Rise of the Ronin
Genre: Action-Rollenspiel
Publisher: Sony Interactive Entertainment
Entwickler: Team Ninja
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 5 (getestet)
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 22. März 2024
© 2024 KOEI TECMO GAMES CO., LTD. Rise of the Ronin ist ein Warenzeichen von KOEI TECMO GAMES CO., LTD. Herausgegeben von Sony Interactive Entertainment Europe.