Rezension: A Silent Voice (Blu-ray)

A Silent Voice erzählt eine sensible Drama-Geschichte rund um Mobbing, Gehörlosigkeit, Schuld und Vergebung sowie Freundschaft.

Shoya Ishida ist ein ausgelassener Junge, der mit seinen Freunden und Klassenkameraden das Leben genießt. Als die gehörlose Shoko Nishimiya neu in die Klasse kommt, findet er schnell gefallen daran sie zu mobben. Das Ganze geht soweit, dass Shoko schließlich die Schule wechselt. Fortan stellt sich seine Klasse gegen Shoya und beginnt ihn auszugrenzen. Aber auch seine Mutter muss unter den Taten ihres Sohnes leiden und die von ihm zerstörten Hörgeräte ersetzen. Einige Jahre später, sucht Shoya wieder den Kontakt zu Shoko. Er möchte sich für seine damaligen Taten entschuldigen, bevor er sich das Leben nimmt. Doch die Begegnung verändert sein Vorhaben und langsam entwickelt sich eine Art Freundschaft. Können die Wunden der beiden wirklich heilen oder bereitet ihnen das Wiedersehen nur neue Schmerzen?

Feinfühlig und emotional

Basierend auf der gleichnamigen Manga-Reihe von Yoshitoki Oima hat Kyoto Animation Studio mit A Silent Voice neben Your name den erfolgreichsten japanischen Animationsfilm des Jahres 2016 erschaffen. Das Team um Regisseurin Naoko Yamada und Drehbuchautorin Reiko Yoshida hat die siebenbändige Vorlage wundervoll umgesetzt und bietet dabei sowohl inhaltlich als auch audiovisuell ein herausragendes Erlebnis. Mit genau dem richtigen Grundton und auf feinfühlige Art behandelt A Silent Voice die heiklen Themen Taubheit und Mobbing und verbindet das zugleich mit den tiefen Gefühlen von Schuld und Vergebung. Dabei bleibt die Geschichte von A Silent Voice absolut bodenständig, war perfekt zum Film passt. Handlung und Figuren sind sehr glaubhaft geschrieben, so dass schnell der Eindruck entsteht, die Ereignisse könnten genauso tatsächlich stattfinden. Im Mittelpunkt stehen Shoya Ishida und die gehörlose Shoko Nishimiya. Setzt der Film erst mit dem bereits Jugendlichen Shoya ein, wechselt die Szenerie schnell in die Kindheit der Hauptfiguren. Mit Shoko als gehörloser, neuer Schülerin, können Shoya und seine Klassenkameraden nur bedingt umgehen. Allerdings ist es nicht nur sie, die unter dem Mobbing leidet. Später trifft es Shoya, der Shoko am intensivsten angegangen hat, genauso hart.

A Silent Voice hält sich aber nicht zu lange mit der Kindheit, deren Ereignisse die Grundlage für die Geschichte sind, auf. Dennoch wird alles verständlich vermittelt und es entsteht ein klares Bild der Grundschüler-Ichs der wichtigen Figuren sowie der damaligen Situation. Besonders das Mobbing und der Umgang damit wird sensible und doch glaubhaft dargestellt. Zudem ist auch zu erkennen, welche Probleme Shoya und die anderen bezüglich Shoko haben, ohne dass damit eine Entschuldigung für ihr Verhalten geboten wird. Weitaus wichtiger ist jedoch die Zeit nachdem Shoya und Shoko als Oberschüler wieder aufeinander getroffen sind. Langsam nähern sie sich einander an, obwohl Shoya deutliche Selbstzweifel plagen. Schließlich hatte er ursprünglich nur vor, sich zu entschuldigen und dann Selbstmord zu begehen. Auch diese Thematik ist ein wichtiger Aspekt von A Silent Voice und zeigt auf, wie schwer selbst empfundene Schuld sein kann, welche Auswirkungen auf das eigene Selbstbild daraus entstehen und wie stark dadurch der soziale Umgang beeinflusst wird.

Sanftes Drama

Schließlich grenzt sich Shoya selbst aus und nimmt kaum einen Mitmenschen wahr. Das wird genauso wie im Manga hervorragend mit X-Symbolen über den Gesichtern all jener Figuren dargestellt, die Shoya nicht wahrnimmt oder nicht wahrnehmen möchte. Aber trotz all der ernsten Themen, ist A Silent Voice kein rein ernstes Drama. Viel mehr wird die Geschichte auf solch wundervoll sanfte, gefühlvolle und emotionale Weise erzählt, dass zahlreiche ruhige und schöne Momente entstehen. Die aufkommenden Freundschaften und Bindungen, die gemeinsamen Erlebnisse, sogar Streits oder bewegende Szenen, fügen sich perfekt ein. Erst gegen Ende wird der Film kurzzeitig wirklich dramatischer. Zuvor steht die Bodenständigkeit und die langsame Annäherung von Shoya und Shoko sowie die Klärung der neuen Umstände auch mit anderen ehemaligen Klassenkameraden im Vordergrund. Etwas Romantik darf dabei natürlich nicht fehlen, kitschig oder unrealistisch wird das aber nie. Viel mehr tragen diese Elemente viel zur Geschichte bei, helfen zusätzlich beim Verständnis der gut geschriebenen, eigenständigen und lebendig wirkenden Figuren. Das dazu auch Missgunst, Streitigkeiten oder sogar Hass gehören, ist nur realistisch und darf nicht fehlen. Genauso wenig wie das gelungene Ende, das noch einmal eine kleine Gefühlsachterbahn einleitet und spätestens mit dem unerwarteten Einsetzen der dramatischeren Momente für Gänsehaut und einen Kloß im Hals sorgen kann.

Wie bereits angesprochen, überzeugt A Silent Voice auch audiovisuell. Kyoto Animation beweist einmal mehr ein Händchen für wunderschöne Bilder und flüssige Animationen. Die Charaktere der Manga-Vorlage wurden von Charakter Designer Futoshi Nishiya hervorragend eingefangen und sorgen gemeinsam mit den oft einfach nur wunderschönen Hintergründen und den sanften Farben für ein zauberhaftes visuelles Erlebnis, das deutlich von dem scharfen 1080p-Bild der Blu-ray profitiert. Dem schließt sich der stets perfekt eingesetzte und passende Soundtrack samt The-Who-Lied My Generation an. Ebenfalls hervorragend ist die deutsche Synchronisation, die bei jeder Figur mit passenden Stimmen aufwartet und sich keine Schwächen erlaubt.

Fazit

Bereits die Manga-Vorlage von Yoshitoki Oima gehört für mich zu den besten Drama-Geschichten der letzten Jahre. Trotz kleiner Skepsis, ob die Handlung in einem Film gut umgesetzt werden könnte, hat mich A Silent Voice sehr schnell überzeugt. Die vorgenommenen Anpassungen und Kürzungen sind sinnvoll und fallen ohne Kenntnisse der Vorlage nicht auf. Wirklich relevant ist das nicht, da die Film-Interpretation von Yoshitoki Oimas Geschichte einfach nur ausgezeichnete gelungen ist. Auf emotionale und feinfühlige Art wird das Drama rund um Mobbing und Gehörlosigkeit berührend und wunderschön erzählt. Dabei kommt dem Film zu Gute, dass trotz der ernsten, sensible angegangenen Themen und der Einbindung wichtiger Gefühle wie Schuld und Vergebung sowie der Frage nach Freundschaft, eine sanfte Atmosphäre aufkommt. Zu keiner Zeit hatte ich den Eindruck, A Silent Voice wäre unglaubhaft. Vielmehr weisen alle Charaktere eindeutige Schwächen auf und alle Handlungselemente fügen sich zu einer bewegenden Geschichte, die erst gegen Ende für kurze Zeit vielleicht etwas zu dramatisch wird, zusammen. A Silent Voice ist ein wundervoller Film, den sich niemand entgehen lassen sollte.

Kurzfazit: Emotional berührend und unter feinfühliger Einbindung der sensiblen Themen Mobbing und Behinderung erzählt A Silent Voice eine gefühlvolle Geschichte über Schuld und Vergebung, Freundschaft und Liebe und vermischt Drama mit Romantik und wundervoll geschriebenen Charakteren in einem audiovisuell herausragendem Erlebnis.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von A Silent Voice!

Details
Titel: A Silent Voice
Originaltitel: Eiga Koe no Katachi
Genre: Drama
Regie: Naoko Yamada
Studio: Kyoto Animation Co., Ltd.
Produktionsjahr: 2016
Laufzeit: ca. 130 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 6
Extras: Interviews mit Futoshi Nishiya (Character Design), Mutsuo Shinohara (Art Director), Kensuke Ushio (Musik), Naoko Yamada (Regie), Filmlocations, 2 Song-Videos, Untertitel für Hörgeschädigte, 3 Artboards, Poster
Erscheinungstermin: 16. März 2018
Herstellerseite: A Silent Voice bei Kazé Anime

©YK/SVM