Rezension: Grim – Band 1 (Comic)

Als Reaper Jessica plötzlich von einem Lebenden gesehen werden kann, hat das in Grim Band 1 schwerwiegende Folgen.

Nach einem Unfall wacht Bryan im Schnee liegend auf. Einige Meter entfernt steht sein an einen Baum gekrachtes Auto. Irgendwie scheint er trotzdem überlebt zu haben. Zumindest glaubt er das, bis plötzlich die junge Jessica Harrow vor ihm steht und sich als Reaper bezeichnet. Ihre Aufgabe ist es, die Seelen von Verstorbenen ins Jenseits zu bringen. Allerdings will Bryan seinen Tod nicht akzeptieren, weshalb er kurz nach der Ankunft in der Welt der Toten die Chance nutzt und Jess’ Sense stiehlt. Als diese mit der Hilfe ihrer Freunde Eddie und Marcel ihre Sense wiederholen will, wird sie plötzlich von einem Polizisten angesprochen und berührt. Dabei dürften die Lebenden sie überhaupt nicht sehen. Irgendwie muss das Ganze mit Jess’ Vergangenheit zusammenhängen. Denn sie ist der einzige Reaper, der sich nicht an den eigenen Tod erinnert. Noch ahnt sie nicht, dass das Ereignis ein Wesen erweckt hat, das großes Unheil bedeutet. Außerdem ist der Tod selbst verschwunden.

Vergangenheit einer Sensenfrau

Grim Band 1 steigt mit dem nach seinem Unfall aufwachenden Bryan ein. Dabei liegt das Augenmerk besonders auf dem ersten Auftritt von Sensenfrau Jessica Harrow vor dem kürzlich Verstorbenen. Bereits hier wird die düstere, stimmungsvolle Farbgebung des Mystery-Comics deutlich. Die Zeichnungen von Flaviano und die Kolorierung von Rico Renzi sorgen für eine mitreißende Atmosphäre, die perfekt zu der von Stephanie Phillips geschriebenen Geschichte passt. Die Dunkelheit der Nacht, der verschneite Wald und der Fluss aus Seelen, über den Jessica und Bryan das Jenseits erreichen kommen dadurch eindrucksvoll zur Geltung. Gleichzeitig schafft es Grim Band 1, mit den ersten Handlungsansätzen Spannung aufzubauen. So verrät Jessica im Gespräch mit Bryan, dass sie sich nicht an ihren Tod erinnert. Eine wichtige Information, wie sich später noch herausstellt.

Auch im weiteren Verlauf versteht es Grim Band 1, abwechslungsreiche Mystery-Comic-Unterhaltung zu bieten. So stiehlt Bryan die Sense von Jessica und verlässt das Jenseits. Allerdings können die Lebenden die Toten nicht sehen. Zumindest normalerweise, denn Jessica wird plötzlich von einem Polizisten angesprochen, was weitreichende Folgen hat. Wer hier Spoiler befürchtet, sei beruhigt, denn das alles passiert im ersten Kapitel des Comic-Bandes. In diesem werden mit Eddie und Marcel auch Jessicas Freunde und zwei der wichtigsten Nebenfiguren vorgestellt. Zwar spart Grim Band 1 noch mit mehr Tiefe bei den beiden Reapern, doch sie werden ausreichend charakterisiert, um sie gekonnt in die Handlung einzubinden. Zumal sie oft auch am lockeren, passend eingebundenen Humor beteiligt sind. Zudem sind sie eine wichtige Unterstützung für Jessica, die sich nach den seltsamen Ereignissen mit allerlei Problemen herumschlagen muss.

Ohne zu viel zu verraten, sei hier erwähnt, dass nicht jeder im Jenseits auf derselben Seite steht. Außerdem taucht ein riesiges, gefährliches Wesen auf, das unbedingt das Gleichgewicht wiederherstellen will. Was es genau mit dem The End genannten Schlächter auf sich hat und weshalb der Tod verschwunden ist, sind zwei zentrale Fragen der Geschichte. Hier gelingt es Grim Band 1 stets die Geschichte spannend weiterzuerzählen. Angereichert mit ordentlicher Action, ist es vor allem Jessica, die den Comic trägt. Dabei ist sie nicht immer zwingend sympathisch. Schließlich wirkt sie oft schlecht gelaunt und leidet spürbar unter ihrem unbekannten Tod. Gleichzeitig ist sie aber zu Eddie und Marcel auch wirklich herzlich. Das zeigt die Vielschichtigkeit der Hauptfigur, die in den Fortsetzungen noch weiter ausgebaut werden kann. Allgemein liefert Grim Band 1 viel Potenzial für die weiteren Bände. Entsprechend ist es verzeihbar, dass die große Wendung des Auftakt-Comics hervorsehbar und etwas klischeebehaftet ist. Gleichzeitig ist es aber umso besser, dass dieser Handlungsaspekt bereits im ersten Band abgehandelt wird. Dadurch bleibt in der weiteren Reihe mehr Zeit für den Ausbau der Geschichte und Charaktere. Hier verspricht das Cliffhanger-Ende bereits eine interessante Fortsetzung.

Fazit

Grim Band 1 hat mein Interesse mit dem stil- und stimmungsvollen Cover auf sich gezogen. Die Handlungszusammenfassung und Zeichnungen haben dann endgültig meine Neugier geweckt und ich wurde nicht enttäuscht. Zwar hat Grim Band 1 ein paar kleinere Macken wie nicht komplett ausgearbeitete Figuren, bekannte Klischees und vorhersehbare Wendungen, doch das gleicht die spannende Geschichte locker aus. Zumal Jessica als Hauptfigur angenehm vielschichtig ist. Dadurch konnte ich sie trotz unsympathischer Merkmale schnell ins Herz schließen und bin gespannt, wie ihre Geschichte weitergeht. Auch Eddie und Marcel sowie die weiteren Figuren haben mein Interesse gewonnen. Manche Klischees mögen abgenutzt erscheinen, bieten aber auch Potenzial für die weitere Geschichte, die gerade aufgrund der aufgebauten Grundlagen vielversprechend ist. Am liebsten würde ich sofort weiterlesen, um zu wissen, wie das offene Ende aufgelöst wird und was Jessica, Eddie und Marcel als nächstes erwartet. Mystery-Comic-Fans sollten zumindest reinlesen.

Kurzfazit: Bildgewaltiger und stimmungsvoller Mystery-Comic-Auftaktband, der trotz kleinerer Schwächen mit packender Atmosphäre, spannender Geschichte, gut geschriebenen Charakteren und eindrucksvollen Zeichnungen unterhaltsamen Genre-Lesespaß bietet.

Vielen Dank an Manga Cult für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Grim – Band 1!

Details
Titel: Grim – Band 1
Originaltitel: Grim
Genre: Mystery
Verlag: Cross Cult
Text: Stephanie Phillips
Zeichnungen: Flaviano
Farben: Rico Renzi
Seiten: 128
Preis: 22,00 €
ISBN: 978-3-98666-344-5
Verlagsseite: Grim – Band 1 bei Manga Cult
Erscheinungsdatum: 16. Oktober 2023

© Stephanie Phillips / Flaviano / Rico Renzi / BOOM Studios! / Boom Entertainment Inc.
© Cross Cult Entertainment GmbH & Co. Publishing KG