Rezension: Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land (PS5/Switch)

Die geächtete Alchemistin Yumia, erforscht mit einem Expeditionstrupp in Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land einen fremden Kontinent.

Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land geht für die langjährige Rollenspiel-Reihe von Koei Tecmo und Gust neue Wege. Zwar setzt die Geschichte auf bekannte Elemente wie eine Alchemistin als Hauptfigur, verliert aber noch stärker als die Atelier-Ryza-Trilogie die oftmals mit der Reihe in Verbindung gebrachte entspannte und leichtgängige Atmosphäre. Dafür wandelt Atelier Yumia stärker als die Vorgänger auf klassischen Japan-Rollenspiel-Pfaden und rückt die spannende sowie wendungsreiche Geschichte genauso wie das Erkunden der offenen Spielwelt und die actionreichen Kämpfe in den Mittelpunkt. Das gewohnte Alchemie- und Synthese-System nimmt hingegen eine untergeordnete Rolle ein, was für ein Atelier-Spiel ungewöhnlich ist. Wie bereits der deutsche Titel vermuten lässt, verfügt Atelier Yumia erstmals in der Reihe über deutsche Texte, während bei der Sprachausgabe japanisch zur Verfügung steht.

Geächtete Alchemistin

Angesiedelt in einer Welt, in der Alchemie als Tabu gilt und all jene, die sich damit befassen mit Misstrauen und Hass begegnet wird, folgt die Geschichte von Atelier Yumia der jungen Titelheldin, die genauso wie ihre Mutter als Alchemistin tätig ist. Als solche begegnet ihr ihr Umfeld mit großer Skepsis. Trotzdem wurde sie zu einer groß angelegten Expedition eines alten Kontinents und der Überreste des dort einst blühenden, großen und mächtigen Kaiserreichs Aladiss eingeladen. Die Gründe dafür werden relativ früh in der Geschichte offenbart und hängen mit Yumias Fähigkeiten als Alchemistin zusammen. Denn nur sie kann von Mana verseuchte Bereiche reinigen und somit für die restlichen Mitglieder der Expedition dauerhaft erschließen. Ein zentrales Gameplay-Element, das genutzt wird, um die offene Spielwelt Stück für Stück freizulegen.

Bevor ihr jedoch mit der groß angelegten Erkundung der verschiedenen Regionen der offenen Spielwelt beginnt, gilt es die Grundlagen des Gameplays anhand erster Quests zu lernen. Bereits hier wird deutlich, dass Atelier Yumia tatsächlich auf eine Open World setzt und nicht wie zuletzt Atelier Sophie 2: The Alchemist of the Mysterious Dream und Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key auf große, weitläufige, aber voneinander getrennte Gebiete. Ein wenig trickst Atelier Yumia allerdings doch. Die unterschiedlichen Regionen sind durch eher schlauchige Abschnitte miteinander verbunden. Zwar bleiben dadurch Übergänge und Ladezeiten aus, dennoch ist offensichtlich, dass das Rollenspiel diese Möglichkeit nutzt, um das nächste Gebiet zu laden. Besonders, wenn ihr die Schnellreise nutzt und die Ladezeiten beim Wechsel einer Region länger ausfallen, ist das offensichtlich. Das ist allerdings nicht negativ, sondern soll nur die Art der offenen Spielwelt verdeutlichen – und es gibt gute Gründe für diese Vorgehensweise. Schließlich lädt die Open World zum Erkunden und Entdecken ein. Genaues Umsehen wird mit verschiedenen Nebenbeschäftigungen, Geheimnissen oder Schätzen belohnt.

Offene Erkundung

Damit wird die Ausrichtung von Atelier Yumia hervorgehoben. Das Rollenspiel setzt maßgeblich auf die Erkundung der offenen Spielwelt, was angesichts der neuen Spielstruktur nachvollziehbar ist. Zusätzlich wird die spannende Geschichte, die sich mit der Expedition des verlassenen Kontinents, dessen Vergangenheit und den Geheimnissen rund um das Kaiserreich Aladiss befasst, immer wieder zentral behandelt. Umso besser ist es, dass die Geschichte wirklich zu unterhalten weiß und von gut geschriebenen Charakteren getragen wird. Yumia ist eine sympathische Protagonistin, die genauso wie ihr Begleiter und wichtige Nicht-Spieler-Charaktere schnell ins Herz geschlossen sind. Dabei ist die Alchemistin von Anfang an mit ihrer lebendigen Laterne Flammi und den Geschwistern Viktor und Isla unterwegs, wodurch jederzeit lebendige und charmante Interaktionen möglich sind. Außerdem wird die besondere Rolle von Yumia als Alchemistin und die Abneigung sowie Skepsis ihr gegenüber sehr gut betont. Später schließen sich euch noch drei weitere, genauso überzeugende und vielschichtige Charaktere an. Dass kleinere Klischees und Stereotypen genutzt werden, fällt zu keiner Zeit negativ auf.

Das Gameplay setzt, wie bereits erwähnt, deutlich weniger auf Alchemie-Synthese als die Vorgänger. Trotzdem ist es weiterhin wichtig, regelmäßig Gegenstände herzustellen. Allerdings hält sich das gerade für Hauptquests stark zurück, so dass ihr nur selten dazu gezwungen seid, als Yumia einen für den Fortschritt benötigten Gegenstand zu synthetisieren. Das nimmt zwar im späteren Verlauf der Handlung zu, dennoch fällt auf, wie stark die Alchemie in den Hintergrund rückt. Verstärkt wird das durch die sinnvolle einfache Synthese, eine der besten Neuerungen von Atelier Yumia. Diese ermöglicht es, bestimmte Items wie Verbände, Munition oder Reparaturkästen jederzeit herzustellen. Yumia muss dafür nicht erst einen Kessel, den es in Atelier Yumia nicht gibt, oder den für das Rollenspiel eingeführten Synthese-Kreis aufsuchen. Gerade Fans der Atelier-Reihe könnten sich an dem abgeschwächten Alchemie-System stören. Gleichzeitig ist das Rollenspiel dadurch deutlich zugänglicher. Angesichts der Geschichte und Open World ist das sinnvoll, da sich Atelier Yumia stärker als jeder Teil zuvor wie ein klassisches JRPG anfühlt.

Actionreiche Auseinandersetzungen

Dazu tragen auch die Kämpfe bei. Zwar sind die Auseinandersetzungen bereits in der Atelier-Ryza-Reihe actionreicher und direkter geworden, Atelier Yumia setzt allerdings auf rasante Echtzeitkämpfe. Trefft ihr auf Gegner wechselt das Rollenspiel ohne Übergang in den Kampf. Yumia nimmt einen der Gegner ins Visier und mittels Tastendruck könnt ihr unterschiedliche Fähigkeiten auslösen. Dabei ist es wichtig den gegnerischen Angriffe auszuweichen und die zwei unterschiedlichen Entfernungen zu eurem Widersacher taktisch zu nutzen. Neben Standard-Attacken und Fähigkeiten, können Yumia und die beiden anderen aktiven Gruppenmitglieder Items einsetzen oder Spezialaktionen durchführen. Außerdem ist jederzeit der Wechsel der Charaktere möglich, so dass auch die nicht am Kampf teilnehmenden Gruppenmitglieder schnell in den Kampf geholt werden können. Gerade um die Stärken und Schwächen der Gegner auszunutzen oder um einen Tod zu vermeiden, ist das ein wichtiges Element. Etwas ernüchternd kann lediglich sein, dass Atelier Yumia eher leicht ausfällt. Hier sorgen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade für Abhilfe.

Ansonsten setzt Atelier Yumia auf gewohnte Rollenspiel-Elemente. Das bedeutet erlangte Erfahrungspunkte führen zu Levelaufstiegen, durch die die Charaktere stärker werden. Damit verdiente Fähigkeitspunkte dürfen in individuellen Fertigkeitsbäumen investiert werden. Natürlich hat auch die Ausrüstung der Gruppenmitglieder einen bedeutenden Einfluss auf ihre Stärke im Kampf. Großartig inszenierte Bosskämpfe, einige gelungene Nebenmissionen, Aufträge und Quests sowie zahlreiche Geheimnisse in der Spielwelt bringen ausreichend Abwechslung. Zudem dürft ihr an verschiedenen Orten eigene Gebäude inklusive Verzierungen errichten. Die Möglichkeiten hier sind groß und ihr schaltet im Verlauf des Abenteuers immer wieder neue Gebäudeteile, Dekorationen und andere Objekte zum Bauen frei.

Schicke Präsentation mit Schwächen

Grafisch ist Atelier Yumia eines der bisher schönsten Spiele der Reihe. Gerade die detaillierten Charaktermodelle wissen wie üblich mit dem schicken Anime-Stil und einer individuellen Gestaltung zu überzeugen. Ebenso stechen Wasser- und Lichteffekte sowie die Dichte an Flora und Faune in einem Bereichen der Spielwelt heraus. Allerdings stehen dem einige matschige Texturen und eine allgemein nicht ganz zeitgemäße Optik gegenüber. Dabei zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen der PlayStation-5- und Nintendo-Switch-Version. So ist die Grafik auf der Sony-Konsole deutlich schärfer und höher aufgelöst. Außerdem läuft Atelier Yumia auf der PS5 flüssig und ohne größere Probleme, während die Nintendo-Switch-Version mit flackernden Kanten, nachladenden Texturen und Objekten sowie gelegentlich unsauberer Bildwiederholrate zu kämpfen hat. Läuft das Rollenspiel sowohl im Handheld-Modus als auch am Fernseher meist ausreichend flüssig, geht die Performance manchmal spürbar in die Knie. Glücklicherweise ändert das nichts am Spielspaß des wirklich großartigen Rollenspiel-Abenteuers.

Fazit

Als Atelier-Fan war ich sehr gespannt auf Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land. Nicht nur, dass erstmals ein Spiel der Reihe eine deutsche Übersetzung erhält, auch beim Gameplay wurden einige Modernisierungen sowie eine Open World versprochen. Diesbezüglich hat Atelier Yumia meine Erwartungen sogar noch übertroffen. Die offene Spielwelt motiviert mich zum Erkunden und die spannende Geschichte fesselt mich immer wieder aufs Neue, was auch den sympathischen Charakteren zu verdanken ist. Genauso begeistern mich die rasanten Echtzeitkämpfe und die zahlreichen Nebenbeschäftigungen. Lediglich das weniger präsente Alchemie-System und die damit einhergehende, selten für die Handlung notwendige Synthese, hat mich als Atelier-Fan ein wenig ernüchtert. Atelier Yumia verliert dadurch ein wenig die Besonderheit der Reihe, ist gleichzeitig aber zugänglicher für JRPG-Fans. Ein richtiger Schritt, der der Reihe die Aufmerksamkeit neuer Zielgruppen bescheren könnte. Deshalb sollten gerade Fans anderer japanischer Rollenspiele Atelier Yumia unbedingt eine Chance geben. Doch auch Fans der Vorgänger erhalten wieder ein spannendes, motivierendes und spaßiges Abenteuer.

Kurzfazit: Motivierendes Atelier-Rollenspiel mit Fokus auf Erkundung der offenen Spielwelt und der spannenden Geschichte, das trotz geschwächtem Alchemie-System, ein großartiger Serienteil für Fans und Neulinge ist und viel Spielspaß verspricht.

Vielen Dank an Koei Tecmo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land!

Details
Titel: Atelier Yumia: Die Alchemistin der Erinnerungen und das erträumte Land
Genre: Rollenspiel
Publisher: Koei Tecmo
Entwickler: Gust
Spieler: 1
Syteme: Nintendo Switch (getestet), PlayStation 5 (getestet), PlayStation 4, Xbox Series X|S, Xbox One, PC
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 21. März 2025