Rezension: Forspoken (PS5)

New Yorkerin Frey landet in Forspoken in der Fantasy-Welt Athia und muss sich dort der Bedrohung für die Menschen entgegenstellen.

Ursprünglich als Project Athia, ist Forspoken als erstes Spiel von Square Enix’ Studio Luminous Productions im Januar für PlayStation 5 und PC erschienen. Das Action-Rollenspiel führt uns als Alfre „Frey“ Holland, einer jungen Frau aus dem New-Yorker-Stadtteil Hell’s Kitchen, in die mittelalterliche Fantasy-Welt Athia. Doch bereits bevor wir dort landen, präsentiert sich Forspoken mit allerlei Klischees über Straßengangs, Kriminalität und dergleichen. Frey, die aufgrund einer gnädigen Richterin knapp dem Gefängnis entgeht, will eigentlich mit ihrem Kater Homer aus der Stadt abhauen. Aber einiges geht schief und letztlich findet sie einen magischen Armreif, der sie nach Athia teleportiert. Trotz einiger interessanter Ansätze, spannender Handlungselemente und grundsätzlich gelungener Welt, wird die Geschichte hier allerdings nicht besser. Vielmehr sorgen Logiklücken, misslungenes Erzähltempo und stereotypische Figuren oft für Ernüchterung. Dabei zeigt Forspoken in den stärksten Momenten wirklich viel Potenzial.

Unfreiwillige Heldin

Wie erwähnt, beginnt Forspoken in New York City. Frey steht wegen Diebstahls vor Gericht, wird jedoch von der Richterin gnädig behandelt. Kurz darauf werden wir von der Straßengang, für die wir den Diebstahl begehen sollten, geschnappt und bedroht. Das mag nicht sonderlich einfallsreich und von Stereotypen vollgestopft sein, ist aber lediglich der Prolog. Wirklich interessant wird Forspoken sowieso erst, nachdem wir nach Athia gelangt sind. Hier dürfen wir schließlich auch Freys Magie kennenlernen und uns ersten Kämpfen widmen. Beides bringt durchaus Spielspaß mit sich, zumindest anfangs. Doch dazu später mehr. Weitaus auffälliger ist, dass Frey mit dem sprechenden Armreif, kurz Reif genannt, einen Begleiter hat. Da aber beide Figuren nicht sonderlich gut ausgearbeitet sind und sich zudem keine glaubhafte Bindung zwischen ihnen entwickelt, fällt es uns schwer, mit den beiden mitzufiebern oder uns in sie hineinzuversetzen.

So wird Frey oftmals unkonsequent dargestellt. Grundsätzlich ist es ihr Ziel, nach New York zurückzukehren. Doch wieso? Dort erwartet sie nur ein schreckliches Leben. Sicher, Athia ist auch nicht wirklich schön. Eine geheimnisvolle Katastrophe hat den Großteil des Landes unbewohnbar gemacht. Menschen leben nur noch in der zentral gelegenen Stadt Cipal. Stattdessen ziehen mutierte Menschen und Tiere durch die offene Welt und verwickeln uns immer wieder in Kämpfe. Frey kann in der giftigen Umgebung überleben, weshalb sie von einigen gefürchtet, von anderen als Heldin verehrt wird. Das ist nachvollziehbar, aber auch nicht sonderlich einfallsreich. Weitaus schlimmer ist, dass Frey irgendwo zwischen unfreiwilliger Heldin, vorlauten Straßenkind, sanfter junger Frau und aufopferungsvoller Kämpferin schwankt. Sie wirkt einfach nie wirklich greifbar. Vermeintlich Persönlichkeitsbildende Verbindungen wie die zum Straßenkind Olevia, sind derart aufgesetzt, dass wir kaum Emotionen dabei entwickeln können. Reif ist zudem oft so nervig, dass wir froh sind, die Gespräche zwischen ihm und Frey optional auf Story-relevante Dialoge zu beschränken.

Schnelle Bewegung, magische Kämpfe

Immerhin kann Forspoken beim Gameplay etwas mehr überzeugen. Zumindest zeitweise. Das Action-Rollenspiel ist stark auf Freys magische Fähigkeiten konzentriert. Entsprechend sind Zauber unsere einzige Angriffsmöglichkeit. Gerade zu Beginn sind wir hier etwas eingeschränkt. Mit der Zeit erhalten wir unterschiedliche Magiearten, so dass etwa nicht nur Fernkampf, sondern auch Nahkampf möglich ist. Mit den hinteren Schultertasten aktivieren wir entweder unsere Angriffs- oder Unterstützungmagie und heizen Gegnern ordentlich ein. Dabei berücksichtigen wir eventuelle Schwächen und Resistenzen, weichen geschwind aus und setzen besonders starke Spezialangriffe ein. Aufgrund der recht überladenen Steuerung dauert es etwas, bis wir uns an alles gewöhnt haben, kommen dann aber gut mit den Kämpfen zurecht. Anfangs ist das auch noch spaßig, mit der Zeit nutzen sich die Auseinandersetzungen allerdings ab. Lediglich Bosskämpfe bleiben fast immer spannend.

Die offene Spielwelt erkunden wir meist rennend oder vielmehr rasend schnell, inklusive Parkour-Einlagen. Mittels magischen Fähigkeiten spurtet Frey regelrecht durch die Welt, erklimmt Felsen oder ganze Berge. Das fühlt sich, sobald wir die Steuerung verinnerlicht haben, wirklich gut an. Neue Fähigkeiten geben uns sogar noch mehr Möglichkeiten, wodurch unser Bewegungsrepertoire noch umfangreicher und im besten Fall flüssiger wird. Immer funktioniert das leider nicht, da kleine Kameraprobleme oder erzwungene Stopps den sonst tollen Spiel- und Geschwindigkeitsfluss regelmäßig unterbrechen. Dennoch gehört der magische Parkour zu den größten Stärken von Forspoken.

Langweilige Welt

Dafür hat uns die offene Spielwelt kaum überzeugen können. Verschiedene Landschaften bieten hier zwar optische Abwechslung, spielerisch ist das aber nicht gegeben. Sind wir bei unseren ersten Schritten in Athia noch motiviert, jeden Winkel zu erkunden und die verschiedenen Aufgaben zu erfüllen, stellt sich schon bald Ernüchterung ein. Wirklich viel Abwechslung wird bei den zahlreichen Punkten auf der Karte nicht geboten. Dörfer, Ruinen, Dungeons und dergleichen warten lediglich mit Gegnern, die wir besiegen müssen auf, um Belohnungen in Form von besseren Charakterwerten, neuer Ausrüstung oder dergleichen zu erhalten. Glockentürme legen für uns die Karte frei, müssen aber nicht einmal erklommen werden. Mutanten als Minibosse sind zwar eine Herausforderungen, müssen aber gerade zu Beginn aufgrund fehlender Zauber umgangen werden. Und Zufluchtsorte dienen sowieso nur zum Herstellen von Objekten und Ausruhen.

Dazu kommt, dass die Welt komplett leer ist. Andere Menschen treffen wir hier höchstens in Form von seltenen Handlungssegmenten oder als die zentralen Bosse des Action-Rollenspiels. Das mag in der Geschichte begründet sein, lässt Athia aber trotzdem reichlich öde wirken. Es macht einfach irgendwann keinen Spaß mehr, die Open World ausführlich zu erkunden. Selbst einige Aufgaben haben wir ignoriert, weil uns hier die Abwechslung zu gering war. Das ist umso bedauerlicher, weil die Welt an sich durchaus vielversprechend ist. Immer wieder stoßen wir auf Archiveinträge, die uns mehr über die Hintergründe von Athia verraten. Gerade, weil das so interessant ist, ist es noch bedauerlicher, dass diese Details lediglich in Textform angeboten werden und kaum in die Zwischensequenzen oder Geschichte eingebunden sind. Hier zeigt sich einfach, dass Forspoken so viel mehr Potenzial gehabt hätte.

Verbesserungsstandard

Typisch Rollenspiel, sammelt Frey Erfahrungspunkte und steigt im Level auf. Außerdem sammeln wir Magiepunkte, mit denen wir die Zauber unserer verschiedenen Magiearten verstärken dürfen. Mit speziellen Herausforderungen, die oft reichlich simpel sind und sich ziehen können, dürfen wir die Zauber sogar noch mehr entwickeln. Außerdem können wir unterschiedliche Umhänge anziehen, die etwa Freys Verteidigung oder maximale Lebenspunkte beeinflussen können. Zusätzlich kann jeder Umhang bis zu drei spezielle Attribute erhalten. Selbiges gilt für die Halsketten, die Frey tragen kann. Beides dürfen wir an Werkbänken verstärken und mit neuen Verbesserungen versehen. Neben Umhängen und Halsketten finden wir verschiedene Nagellackierungen. Diese haben vorwiegend Einfluss auf Freys Magie und somit das Kampfsystem. Sonderlich tiefgründig mag das Rollenspiel-System nicht sein, aber immerhin funktional und schnell nachvollziehbar.

Grafisch kann Forspoken durchaus überzeugen, ist aber sicherlich nicht das schönste PlayStation-5-Spiel, das wir bisher gesehen haben. Abwechslungsreiche Umgebungen, gelungene Charakter- und Gegnermodelle stehen einigen zu eintönigen Landschaften und häßlichen Figuren gegenüber. Die seltenen Ruckler haben immerhin keinen größeren Einfluss auf das Spielgeschehen und Bugs sind uns keine aufgefallen. Überzeugen kann dafür die stimmungsvolle Musik sowie die gelungene deutsche Sprachausgabe.

Fazit

In den ersten Spielstunden hatte ich durchaus Spaß mit Forspoken. Der Einstieg mag nicht einfallsreich sein, funktioniert aber. Erste Steuerungsprobleme habe ich relativ schnell überwunden und die Geschichte zieht genau zum richtigen Moment an. Leider treten auch erste Logiklücken relativ schnell auf und schon bald zeigt sich, dass ich kaum eine Bindung mit den Figuren aufbauen kann. Dafür zeigen Frey, Reif und die Nebencharaktere einfach zu wenig Tiefe und setzten stattdessen auf langweilige bis nervige Klischees und Stereotypen. Immerhin kann das Action-Rollenspiel dann nochmal anziehen, was jedoch von der auf Dauer mauen, leeren und sogar anstrengenden offenen Welt wieder zunichte gemacht wird. Immer wieder blitzen die Stärken auf und gerade, wenn die Geschichte im Vordergrund steht und ihre spannenden Momente hat, bin ich wieder motiviert weiterzuspielen. Doch genauso schnell verliere ich die Lust sobald die Schwächen für erneute Ernüchterung sorgen. Dennoch ist Forspoken kein durchweg schlechtes Spiel. Vielmehr als ordentlicher Durchschnitt, aber auch nicht.

Kurzfazit: Durchschnittliches Action-Rollenspiel, das mit zahlreichen Schwächen bei Geschichte, Charakteren und Gameplay zu kämpfen hat.

Vielen Dank an Square Enix für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Forspoken!

Details
Titel: Forspoken
Genre: Action-Rollenspiel
Publisher: Square Enix
Entwickler: Luminous Productions
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 5 (getestet), PC
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 24. Januar 2023