Rezension: Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers (PS5)

Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers schickt Yuri, Miu und Ren auf einen von Geistern bewohnten Berg.

Ursprünglich ist Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers bereits 2015 exklusiv für die Wii U erschienen. Wie schon beim Japan-exklusiven Vorgänger, dem Spin-off Spirit Camera und der Wii-Edition des zweiten Teils, fungierte damals Nintendo als Publisher. Die Neuauflage des Horror-Spiels erscheint nun jedoch nicht nur für Nintendo Switch, sondern auch für die PlayStation- und Xbox-Konsolen sowie den PC. Allzu große technische Fortschritte sollten jedoch nicht erwartet werden. Zwar hat Koei Tecmo dem fünften Project Zero einige kleine grafische Überarbeitungen spendiert, das Alter von sechs Jahren ist aber noch immer deutlich zu erkennen. An der grundsätzlich gelungenen Horror-Stimmung ändert das im Gegensatz zu anderen Schwächen nichts.

Berg des Todes

In Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers erleben wir die Geschichte als Yuri, Miu und Ren. Dabei fällt jedoch auf, dass Yuri etwas mehr im Mittelpunkt steht als die anderen beiden Hauptfiguren. Eingeteilt ist das Horror-Spiel in Episoden, an deren Ende wir eine Bewertung erhalten, bevor wir anschließend in einem Menü das nächste Kapitel wählen. Bereits der Verzicht auf eine durchgängig erzählte Handlung, kann der Atmosphäre schaden, schließlich werden wir immer wieder aus dem Spiel herausgerissen. Wirklich gestört hat uns das aber nicht. Weitaus stärker wirkt sich das nur mäßige Gefühl von Gefahr aus. Grundsätzlich trumpft Priesterin des schwarzen Wassers mit einer durchaus packenden Gruselstimmung auf, doch wirklich bedroht fühlen wir uns selten, worunter nicht nur die Atmosphäre, sondern auch die Spannung leidet. Das ist gerade aufgrund der weitgehend packenden und motivierenden Geschichte bedauerlich.

Angesiedelt ist das Horror-Spiel auf dem Berg Hikami. Dieser war einst ein beliebter Touristenort, bevor ein Erdrutsch zahlreiche Schäden verursacht hat. Als bei den Aufräumarbeiten auch noch Arbeiter spurlos verschwunden sind, verlor der Ort seinen einstigen Ruf. Mittlerweile ist der Berg Hikami, wie schon zuvor, nur noch mit dem Tod verbunden. Doch nicht nur Geister sollen dort hausen, sondern zugleich ist der Berg ein bekanntes Ziel für Selbstmorde. Immer wieder verschwinden Menschen in den Wäldern oder besuchen Hikami gezielt, um sich das Leben zu nehmen. Ein ernstes Thema, das sehr gut genutzt und umgesetzt wird und vom realen Wald Aokigahara, der als Selbstmordwald bekannt ist, inspiriert wurde. Gerade weil Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers Tod und Suizid mit so viel Feingefühl ansprechen, ist der Umgang mit dem Thema so gelungen. Sicherlich keine leichte Kost, die aber hervorragend in die Horror-Geschichte des Spiels eingeflochten ist und den Kern dieser darstellt.

Atmosphärisch mit Schwächen

Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers beginnt mit Miu, die an einem unbekannten Ort, in einem teilweise überfluteten Raum erwacht. Plötzlich erheben sich schaurige, teilweise durchsichtige Gestalten aus dem Wasser. Eine nahe Tür verspricht die sichere Flucht, allerdings wird sie verfolgt, erblickt noch Schrecklicheres und wird schließlich von eine schaurigen Gestalt gefasst. Diese ersten Minuten dienen nicht nur als Tutorial, sondern zeigen auch, wie packend die Atmosphäre sein kann. Gleichzeitig zeigt sich hier aber auch eines der Probleme des Horror-Spiels: die Inszenierung der Charaktere. Besonders die weiblichen Figuren tragen knappe, enganliegende Kleidung und verfügen teilweise über recht große Brüste. Dazu kommt noch, dass sich scheinbar niemand auf den Besuch an einem so gefährlichen Ort wie dem Berg Hikami vorbereitet hat. Statt sich angemessen feste und beständige Kleidung zu besorgen und auch auf die sonstige Ausrüstung zu achten, besuchen Yuri, Miu und Ren den von Geistern und dem Tod heimgesuchten Ort scheinbar komplett unvorbereitet. Das ist gerade bei Yuri und Ren, die beide wissen, was sie erwartet, komplett unverständlich.

Nichts desto trotz kann die grundlegende Geschichte mit all ihren spannenden Momenten, den Geistern und den schaurigen Schauplätzen überzeugen. Lediglich im Mittelteil verliert sich das Horror-Spiel in etwas zu viel langwieriger Suchererei, wodurch sich die Spielzeit unnötig gestreckt anfühlt. Zum Ende zieht die Handlung aber wieder spürbar an und zeigt sich von einer sehr emotionalen Seite, die trotz Andeutungen und Vorhersehbarkeiten überrascht. Dank einiger Entscheidungen, bietet Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers sogar mehrere Enden und somit hohen Wiederspielwert. Komplett von vorne müssen wir aber nicht beginnen. Es genügt, wenn wir in bestimmten Episoden wichtige Entscheidungen anders fällen, um einen alternativen Abschluss der Geschichte zu sehen – sehr schön. Gerade der hohe Anteil an Okkultismus und Spiritualität, die gut genutzte japanische Geisterfolklore und die ernsten Themen rund um Tod und Suizid, haben uns an Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers gefesselt.

Ungenutztes Potenzial

Leider schafft es das Gameplay nicht genauso zu überzeugen. Hier zeigen sich einige grundsätzliche Schwächen. In jeder Episode durchstreifen wir mehrere Orte des Berges Hikami, die wir teilweise auch erneut besuchen müssen. Der Ablauf ist dabei eher linear, auch wenn die Level manchmal ein wenig zum Erkunden einladen. Wirklich komplex ist der Weltaufbau aber nicht. Zudem dürfen wir per Tastendruck einen leuchtenden Wegweiser anzeigen lassen, so dass wir uns nie wirklich verlaufen können. Das kratzt bereits an der Gruselstimmung. Zusätzlich stellt sich das kreative Kampfsystem der Reihe als eher mäßig spaßig heraus.

Treffen wir auf böse Geister, greifen wir zur Camera Obscura. Die besondere Kamera ist nicht nur in der Lage verborgene Objekte sichtbar zu machen, sondern kann auch Geister bezwingen. Dafür wechselt das Spielgeschehen in die First-Person-Perspektive. Mittels Sensor zielen wir auf die angreifenden verstorbenen Seelen und fügen ihnen mittels Fotografie Schaden zu. Wichtig ist dabei, dass wir nicht nur Schwachstellen, sondern auch Geisterkerne mit ins Bild bekommen, um eine möglichst große Wirkung zu erzielen. Unterschiedlich starke Filme sowie Objektive mit verschiedenen Wirkungen haben ein wenig Einfluss auf die Auseinandersetzungen, die sich gerade bei schwacher Ausrüstung mehrere Minuten ziehen können. Damit nicht genug fällt die Steuerung eher schwammig und träge aus. Zusätzlich haben wir gerade in engen Räumen oft das Problem, dass wir beim Ausweichen gegen Wände stoßen und trotzdem getroffen werden. Das wichtige „Tödliche Foto“, das es uns ermöglicht mehrere Fotos am Stück zu schießen, wird zu allem Überfluss nicht immer richtig erkannt. Gegenstände wie Heilobjekte müssen wir außerdem umständlich über das Menü benutzen. Da die Kämpfe auf dem normalen Schwierigkeitsgrad auch keine sonderlich große Herausforderung bieten, verliert die Besonderheit der Camera Obscura schnell an Reiz und wir handeln die Auseinandersetzungen nur noch als Pflichtprogramm ab.

Verzicht auf Anpassungen

Auf wirkliche Neuerungen abseits kleiner grafischer Anpassungen, neuer Outfits und eines sinnvollen Fotomodus wurde leider verzichtet. Das gilt auch für das nervige Speichersystem. Statt jederzeit speichern zu können, sind wir auf automatische Speicherpunkte angewiesen. Das wäre an sich verkraftbar, wenn diese leichter einzuschätzen wären. Manchmal dauert es einfach viel zu lange, bis das Spiel wieder speichert. Nervig und keineswegs zeitgemäß. Dazu gesellen sich kleinere grafische Macken wie die etwas zu steife Mimik oder die nicht immer korrekte Lippensynchronität der englischen Sprachausgabe. Diese wiegen aber gerade aufgrund der sehr guten englischen und japanischen Vertonung und der stimmungsvollen Musikuntermalung und Soundkulisse nicht so schwer. Letztlich lebt Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers von der meist packenden Atmosphäre und der packenden, emotionalen und ernste Themen ansprechenden Geschichte. Horror-Fans, die daran interessiert sind und über die Mängel hinwegsehen können, könnten Gefallen an dem Horror-Spiel finden.

Fazit

Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers ist mein erster Teil der in den USA als Fatal Frame bekannten Reihe. Schon auf der Wii U hat mich die japanische Gruselstimmung angesprochen und die emotionale Geschichte mit ernsten Themen mein Interesse geweckt. Um so mehr habe ich mich darauf gefreut, das verpasste Horror-Spiel jetzt nachholen zu können. Gänzlich überzeugt hat mich der fünfte Teil der Reihe von Koei Tecmo aber nicht. Dafür leistet sich Priesterin des schwarzen Wassers einige zu deutliche Schwächen. Angefangen vom nur bedingt spaßigen Kampfsystem über die nervige Speicherfunktion bis hin zur fragwürdigen Vorbereitung und lächerlichen Kleidung der Charaktere im Angesicht der Gefahr, der sie sich aussetzen. All das kratzt enorm am Spielspaß und trübt auch die grundsätzlich gute Horror-Atmosphäre. Dank stimmungsvoll eingebundener Okkultismus, Spiritualität und japanischer Geisterfolklore sowie der sehr gut genutzten Kernthematik von Tod und Suizid, hat mich das Spiel aber immer irgendwie zum Weiterspielen motiviert. Selbst der störende, sich ziehende Mittelteil hat daran nur teilweise etwas geändert. Dennoch ist Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers ein durchwachsenes Horror-Erlebnis, dessen Spielspaß stark von den Erwartungen abhängt. Wer eine spannende, emotionale und überraschende Grusel-Geschichte rund um Geister und besagte ernste Themen erleben will, macht wenig falsch, muss aber über die Gameplay-Schwächen hinwegsehen können. Doch gerade aufgrund der Stärken, will ich Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers mögen und Genre-Fans nahelegen, die Schwächen machen ein eindeutige Empfehlung aber unmöglich. Einen Blick ist das Horror-Spiel trotz allem wert.

Kurzfazit: Atmosphärisches Horror-Spiel das mit einer spannenden Geschichte und ernsten Themen überzeugt, aber unter Spielspaß trübenden Gameplay- und Charakterdesign-Schwächen leidet.

Vielen Dank an Koei Tecmo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers!

Details
Titel: Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers
Genre: Horror-Adventure
Publisher: Koei Tecmo
Entwickler: Koei Tecmo
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 5 (getestet), PlayStation 4, Xbox One, Xbox Series X/S, Nintendo Switch, PC
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 28. Oktober 2021