Rezension: Lost in Random (PS5)

Nach der Entführung ihrer Schwester Odd, begibt sich Even auf eine Reise durch die sechs Gebiete von Random und erhält dabei Hilfe vom Würfel Dicey.

Lost in Random ist das neue Spiel des schwedischen Entwicklerstudios Zoink, das unter anderem für Fe, Flipping Death oder Stick It to the Man! bekannt ist. Das Action-Adventure trumpft schon auf den ersten Blick mit einer ungewöhnlichen Optik, die an Filme wie Corpse Bride oder Nightmare Before Christmas erinnert, auf. Dabei setzt Lost in Random auf eine ähnlich düstere Märchenstimmung und eine traumhaft-surreale Welt, wodurch ebenfalls Erinnerungen an Alice: Madness Returns geweckt werden. Allerdings setzt sich das Abenteuer der jungen Even deutlich im Genre ab. Zu verdanken ist das neben den schön gestalteten Leveln besonders dem einzigartigen Kampfsystem.

Reise mit Würfel

Bevor wir uns jedoch dem Gameplay widmen, erst einmal ein paar Worte zur Geschichtevon Lost in Random, die von einem großartigen Erzähler wiedergegeben wird. Angesiedelt ist das Action-Adventure im titelgebenden Königinnenreich Random. Einst besaßen zahlreiche Bewohner einen eigenen Würfel und konnten dessen Macht nutzen. Doch eines Tages beschloss die finstere Königin, sämtliche Würfel zu vernichten. Seit dem ist sie die einzige, die noch über einen verfügt und damit das Schicksal ihrer Untertanen bestimmen kann. Zudem hat sie das Gesetz eingeführt, das jedes Kind mit dem Erreichen des zwölften Lebensjahres den könglichen Würfel werfen muss. Das Ergebnis bestimmt darüber, in welchem der voneinander abgeschotteten Gebiete Randoms die jeweilige Person das restliche Leben verbringen soll. Entsprechend landet, wer eine eins würfelt in Einsfelden, wer aber eine sechs würfelt, darf im noblen Sechstopia, dem Palast der Königin, leben. So ergeht es Odd, der Schwester von Protagonistin Even. Gegen ihren Willen und zum Schrecken ihrer Familie wird Odd gezwungen, mit der Königin nach Sechstopia zu gehen. Ein Jahr später hat Even einen beängstigenden Traum und begibt sich auf eine Reise durch Random, um ihre Schwester aus den Fängen der Königin zu befreien.

Obwohl die Geschichte in erster Linie recht typisch verläuft und wenig einfallsreich wirkt, kann das Abenteuer mit der ernsten und trotzdem schönen Märchen-Stimmung sowie einer gut eingebauten Portion Humor überzeugen. Getragen wird Lost in Random eindeutig von Even, die sich als sympathische und nahbare Protagonistin präsentiert. Wenig überraschend ist sie auf ihrer Reise nicht alleine. Schon nach kurzer Zeit treffen wir auf den Würfel Dicey, der sich uns anschließt und maßgeblichen Einfluss auf Handlung, Even und das Gameplay hat. Die liebenswerte Beziehung zwischen Even und Dicey trägt viel zur Geschichte bei und zeigt, mit wie viel Liebe sich die Entwickler ihrem Spiel gewidmet haben. Ähnliches gilt für die kauzigen Nebencharaktere, denen zwar beim Charakterdesign etwas mehr Abwechslung gut getan hätte, die aber trotzdem für reichlich skurriles Leben sorgen. Besonders wichtige Figuren wissen als humorvolle, schräge und sympathische Akteure zu überzeugen.

Ebenfalls auffällig detailreich sind die düster-surrealen Umgebungen, die wir im Laufe unseres etwa zehn bis fünfzehn stündigen Abenteuers durchqueren. Einsfelden, Zwei-Stadt und die anderen Gebiete Randoms sind abwechslungsreich gestaltet und präsentieren sich optisch ausgefallen. Bedauerlich ist lediglich, dass sie hauptsächlich als Kulisse für die Level, in denen wir uns frei bewegen und auch simple Nebenquests lösen dürfen, dienen. Dem positiven optischen Eindruck schadet das aber zu keiner Zeit und mit viel Faszination entdecken wir immer wieder kleine Details, die noch einmal unterstreichen, wie wichtig den Entwicklern die Levelgestaltung war. Zudem tragen die Umgebungen viel zur düster-skurrilen Stimmung des Action-Adventures bei.

Karten und Würfel im Kampf

Abseits des Erkundens der Umgebungen konzentriert sich das Gameplay fast ausschließlich auf die recht zahlreichen Kämpfe. Sobald wir in einem Level einen bestimmten Ort besuchen, schließen sich um uns herum Türen und Wände, so dass wir in einer Arena gegen allerlei Roboter antreten dürfen. Leider gibt es etwas zu wenig Abwechslung bei den Gegnern und auch der Schwierigkeitsgrad ist eher niedrig angesetzt. Dauert ein Kampf doch mal etwas länger, liegt es entweder am Pech beim Kampfsystem oder an mehreren Gegnerwellen. Das einzigartige und spaßige Kampfsystem wiegt diese kleinen Kritikpunkte aber locker wieder auf. Passend zur sehr würfellastigen Grundthematik von Lost in Random, spielt Dicey auch in den Konfronationen eine zentrale Rolle. Even besitzt ausschließlich eine Zwille. Mit dieser können wir zwar die Kristalle an den Gegnern zerstören, unseren Feinden aber keinen Schaden zufügen. Um so wichtiger ist es, dass wir die von den Kritallen abgesplitterten Stücke einsammeln. Diese laden langsam unsere Spielkarten, die wir finden oder gegen Münzen kaufen können, auf. Ist eine Karte komplett aufgeladen, nehmen wir diese in die Hand. Maximal fünf Karten können wir aufeinmal aufdecken.

Um die Karten zu spielen, müssen wir mit Dicey per Tastendruck würfeln. Die gewürfelte Ziffer entspricht unseren Token, die wiederum als Währung für die Spielkarten dienen. Jede Karte hat einen Wert, den wir ausgeben müssen, um diese zu spielen. Dabei haben die Karten unterschiedliche Effekte. Neben Waffen wie Schwert oder Hammer, verwandelt sich unsere Zwille in einen Bogen, wir können Bomben legen, uns heilen oder verschiedene Zauber ausführen. Da es im Spiel insgesamt fünfunddreißig unterschiedliche Karten gibt, unser Deck aber nur aus fünfzehn Karten besteht, müssen wir genau planen, was wir für die Kämpfen benötigen. Aber auch in den Auseinandersetzungen selbst heißt es überlegen, welche Karte wann sinnvoll ist. Besonders da Dicey zu Beginn nur eine eins oder zwei würfeln kann, müssen wir unsere Taktik mit der Zeit immer wieder anpassen. Später können wir bei hohen Würfen wie einer fünf oder sechs weitaus mehr Karten in einer Runde ausspielen.

Für etwas Abwechslung sorgen die Spielbretter. Hier müssen wir nicht nur Feinde bekämpfen, sondern auch eine Spielfigur zum Ziel bringen. Dadurch erhalten die mit Dicey gewürfelten Werte einen zusätzlichen Nutzen. Doch so gelungen die Kämpfe an sich sind, leider stellen sich mit der Zeit leichte Ermüdungserscheinungen ein. Zu wenige Gegnertypen, ein zu kleines Deck und viel zu schnell alle Karten im Besitz trüben den sonst sehr guten Eindruck des Kampfsystems etwas. Spaßig bleiben die Auseinandersetzungen aber meist trotzdem und gerade die Bosskämpfe konnten uns immer wieder etwas Motivation zurück bringen. Trotzdem tritt gerade nach längerer Spielzeit ein wenig Ernüchterung ein und die Kämpfe können zeitweise auch lästig sein. Aber nicht falsch verstehen, Lost in Random bleibt ein spaßiges, atmosphärisches Action-Adventure, dessen Kampfsystem trotz der Schwächen eine der größten Gameplay-Stärken ist. Gerade mit den Kämpfen setzt sich Lost in Random spürbar von anderen Genre-Vertretern ab und sticht auch abseits der surrealen Optik im Genre hervor.

Fazit

Bereits beim ersten Trailer zu Lost in Random, hat mich das Action-Adventure an Stop-Motion-Filme wie Corpse Bride oder Coraline sowie das 2011 unter anderem für PlayStation 3 und Xbox 360 erschienene Alice: Madness Returns erinnert. Die surreal-traumhafte Welt ist detailreich und liebevoll umgesetzt und trägt massiv zur ernsten, aber dennoch märchenhaft-schönen Stimmung bei. Skurrile Nebencharaktere, ein großartiges, einzigartiges Kampfsystem und eine nahbare, sympathische Protagonistin wiegen die wenig einfallsreiche, aber trotzdem schön erzählte Geschichte mehr als auf. Dabei profitiert Lost in Random von der hervorragenden englischen Synchronisation, bei der besonders der Erzähler einfach nur großartig ist und viel zur Stimmung des Action-Adventures beiträgt. Die kleineren Macken bei den Kämpfen oder der Geschichte haben mich zu keiner Zeit gestört, so dass ich stets motiviert war und viel Spaß mit Evens Reise durch Random hatte. Wer etwas mit surrealen Welten und ungewöhnlichen Spielen anfangen kann, sollte sich Lost in Random unbedingt näher anschauen.

Kurzfazit: Surreales Action-Adventure dessen Standard-Story und kleinere Macken von einer nahbaren, sympathischen Hauptfigur, skurrilen Nebenfiguren und einem einzigartigen Kampfsystem mehr als ausgeglichen werden.

Vielen Dank an Electronic Arts für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Lost in Random!

Details
Titel: Lost in Random
Genre: Action-Adventure
Publisher: Electronic Arts
Entwickler: Zoink, Thunderful Development AB
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 4/5 (getestet), Xbox One, Switch, PC
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 10. September 2021