Rezension: Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition (Switch)

Nach der Zerstörung der Erde versucht die Menschheit in Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition auf einem fremden Planeten zu überleben.

Nur ungefähr einen Monat vor dem zehnjährigen Jubiläum der japanischen Erstveröffentlichung von Xenoblade Chronicles X, ist die Definitive Edition des Rollenspiels für die Nintendo Switch erschienen. Der ursprünglich im April 2015 in Japan und im Dezember 2015 in Europa und Nordamerika veröffentlichte geistige Nachfolger von Xenoblade Chronicles, hat von Nintendo und Monolith Soft einige Verbesserungen und Neuerungen spendiert bekommen. Neben einer technischen und optischen Auffrischung sind das auch Gameplay-Anpassungen sowie ein neues Story-Kapitel, das an die bekannte Geschichte anschließt.

Notlandung auf einem fremden Planeten

Die Erde gerät zu Beginn von Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition in den Konflikt zwischen zwei außerirdischen Fraktionen und wird dabei zerstört. Nur einigen Raumschiffen der Menschheit ist die Flucht gelungen. Darunter der Weiße Wal, der fortan alleine das Weltall durchstreift, um eine neue Heimat für die Besatzung und die zahlreichen in einer Kryostase ruhenden Menschen sucht. Zwei Jahre nach der Flucht von der Erde wird der Weiße Wal erneut von Aliens angegriffen und zerbricht beim Absturz auf den Planeten Mira. Die Wohneinheit stürzt auf eine Ebene und dient fortan den überlebenden Menschen als neue Heimat, genannt New Los Angeles.

Bevor es losgeht, gilt es einen eigenen Charaktere in einem eher rudimentären Editor zu erschaffen. Dieser bietet zwar einige Vorlagen für männliche und weibliche Figuren sowie ordentliche Anpassungen, ist aber trotzdem nicht so komplex wie in vergleichbaren Spielen. Zudem darf aus zahlreichen Stimmen gewählt werden. Vertont ist die Hauptfigur aber nicht. Die verschiedenen Stimmen dienen lediglich knappen Samples und Geräuschen während Kämpfen oder anderen Aktionen. Ist der eigene Charaktere erstellt, wird dieser von Soldatin Elma aus einer Rettungskapsel geborgen und nach New Los Angeles eskortiert. Zwei Monate sind seit dem Absturz des Weißen Wals vergangen und praktischerweise hat die Hauptfigur alle Erinnerungen verloren. Damit ist es leicht alles neu zu erlernen und kein Grundwissen vorauszusetzen. Gleichzeitig wirkt der Protagonist immer ein wenig unbeteiligt – egal wie dramatisch die Geschichte wird. Hier zeigt sich ein großer Unterschied zu den anderen Xenoblade-Chronicles-Spielen, die auf eine starke, eigenständige Hauptfigur setzen.

Überleben auf einem fremden Planeten

Allerdings setzt Xenoblade Chronicles X etwas andere Maßstäbe als die anderen Spiele der Reihe. Statt die Geschichte und die Charaktere zentral in den Fokus zu stellen, liegt das Hauptaugenmerk in dem einstigen Wii-U-Rollenspiel auf der Erkundung einer offenen, weitläufigen, vielschichtigen und lebendigen Welt. Mira besteht aus fünf sehr unterschiedlichen Kontinenten und lädt regelrecht dazu ein, in die Weite zu streifen, um alles zu erkunden, Neues zu entdecken und die Geheimnisse des Planeten zu lüften. Natürlich wird dabei auch der spannenden und wendungsreichen Geschichte gefolgt. Diese fällt schwächer und weniger mitreißend aus als in der Reihe üblich. Das ist jedoch keineswegs negativ, da das Erkunden von Mira wirklich motivierend und belohnend ist.

Kurz nach der Ankunft in New Los Angeles schließe ich mich mit meinem selbst erstellten Charakter der BLADE-Spezialeinheit an. Diese hat je nach Division verschiedene Aufgaben. Obwohl ich eine der Divisionen wähle, bleibt es trotzdem mir überlassen, welche Ziele ich verfolge. Schließlich will Xenoblade Chronicles X nicht durch eine Mechanik maßgebliche Teile des Rollenspiels ausgrenzen. Wichtig ist zudem, dass die Divisionspunkte und Level für Feldfähigkeiten in der Definitive Edition gestrichen wurden. Zwar verlieren die Divisionen dadurch etwas an Bedeutung, gleichzeitig fällt aber auch ein unnötiges Gameplay-Element des Originals weg. Entsprechend bin ich noch freier darin, ob ich Sonden zur Katalogisierung und Kartografierung von Mira platziere, Pflanzen und Wracks erforsche oder mich den feindlich gesinnten einheimischen Kreaturen stelle. Gemeinsam mit den verschiedenen Nebenaufgaben werden hier zahlreiche Möglichkeiten, die für weit über hundert Stunden fesseln können, geboten. Zumal regelmäßig interessante und lukrative Belohnungen für die verschiedenen Tätigkeiten winken.

Konfrontationen auf einem fremden Planeten

Wie erwähnt, ist Mira den Menschen nicht ausschließlich wohlgesinnt. So ist der Planet von zahlreichen verschiedenen außerirdischen Wesen bewohnt. Vor allem verschiedene, nicht-irdische Tiere ziehen über die Ebenen, Wälder oder Seen. Einige sind aggressiv und greifen an, sobald sie etwas hören oder sehen, andere wiederum reagieren nicht auf die bis zu vierköpfige Gruppe um die Hauptfigur. Kommt es zum Kampf, erinnert Xenoblade Chronicles X an eine Mischung aus dem Vorgängern und Online-Rollenspiele. Standardangriffe werden automatisch durchgeführt, der Wechsel zwischen Nah- und Fernkampfwaffe ist jederzeit auf Knopfdruck möglich und oftmals auch erforderlich. Wichtig ist die Richtung, aus der angegriffen wird. So verursachen Treffer von der Seite oder von hinten mehr Schaden als von vorne. Auch können bei vielen Gegnern verschiedene Körperteile anvisiert und zerstört werden.

Zusätzlich können bis zu acht ausgerüstete Fähigkeiten mit dem Steuerkreuz ausgewählt und auf Knopfdruck ausgeführt werden. Anschließend haben sie einen Cooldown, weshalb es etwas dauert bis sie wieder eingesetzt werden können. Hier gilt es taktisch vorzugehen und gut zu überlegen, welche Fähigkeit wann sinnvoll ist. Ein Hinweis darauf sind die Kommentare der anderen Gruppenmitglieder, die dazu auffordern bestimmte Fähigkeiten einzusetzen, um zusätzliche Effekte und Vorteile auszulösen. So kann ich einen Gegner mit einem Angriff ins Taumeln bringen und Elma oder Lin, die ersten beiden Begleiter, werfen diesen anschließend um. Sehr schön: In der Definitive Edition zeigt eine blaue Ausrufezeichen-Markierung an, welche Fähigkeit auf Wunsch der anderen Gruppenmitglieder eingesetzt werden soll. Eine hilfreiches optisches Merkmal, das gerade während der effektreichen Kämpfe den Überblick erhöht.

Professionen und Roboter auf einem fremden Planeten

Neben den üblichen Erfahrungspunkten und Levelaufstiegen steigen die Charaktere auch in ihrem jeweiligen Rang auf. Dieser gibt den Fortschritt in der aktuellen Klasse an. So beginnt die Hauptfigur als Novize und kann kurz darauf zu Gardist, Stürmer oder Repressor wechseln. Sind dieser wiederum gemeistert, warten zwei Spezialisierungen, die anschließend in eine weitere Klasse übergehen. Dabei unterscheiden sich die Klassen nicht nur bei den freischaltbaren Fähigkeiten, sondern setzen auch auf verschiedene Waffenarten und bestimmen die Rollen im Kampf. Zudem wird die Anzahl der maximal ausrüstbaren Talente, die passive Boni gewähren, durch die Klasse bestimmt. Ist der höchste Rang einer Profession erreicht, können die jeweiligen Fähigkeiten und Talente auch in anderen Klassen verwendet werden. Dadurch ist es möglich, die Charaktere immer weiter anzupassen. Gruppenmitglieder wie Elma und Lin sind jedoch bereits spezialisierter und haben eine vorgegebene Ausrichtung, die trotzdem verändert und angepasst werden kann.

Damit nicht genug, können die Charaktere mit reichlich Ausrüstung verstärkt werden. Außerdem ist es möglich, nach einiger Zeit die als Skells bezeichneten riesigen Mechas zu nutzen. Mit diesen ist es nicht nur möglich, Mira schneller zu durchstreifen und zuvor unzugängliche Orte zu erreichen, auch Kämpfe sind möglich. Allerdings reagieren andere Gegner aggressiv auf die Gruppe in den Skells. Zudem können Teile der riesigen Roboter beschädigt werden. Wird beispielsweise der Arm eines Skells zerstört, ist die damit verbundene Fähigkeit nicht mehr einsetzbar. Neue Fähigkeiten hängen somit von den Teilen der Skells ab. Genauso können mit der Zeit Skells mit einem höheren Level erworben werden. Natürlich die nötigen, teils enormen Geldmittel vorausgesetzt. Gerade angesichts der lebendigen, großen Welt, ist es ein wahres Erlebnis, mit den Skells Mira zu erkunden und später sogar fliegen zu können.

Veränderungen auf einem fremden Planeten

Wie bereits erwähnt, hat Xenoblade Chronicles X nicht nur eine technische Überarbeitungen spendiert bekommen. Monolith Soft hat für das Remaster auch Gameplay-Mechaniken wie die bereits erwähnten Divisionspunkte überarbeitet und gänzlich neue Funktionen hinzugefügt. So steht in den Kämpfen nun ein Quick-Cooldown zur Verfügung. Die nötige Energie vorausgesetzt, ist es dadurch möglich, Fähigkeiten sofort wieder einsetzen zu können. Außerdem wurde die maximale Levelgrenze von sechzig auf neunundneunzig erhöht, es können zwei zusätzliche Skells erworben werden, die Wii-U-Gamepad-Funktionen sind ins Menü ausgelagert worden und einige Quests haben nun Markierungen, wodurch die Ziele leichter zu finden sind. Außerdem können Zeit und Gruppe jederzeit im Menü angepasst werden. Zudem erhalten nun alle Charaktere Erfahrungspunkte, unabhängig davon, ob sie am Kampf teilgenommen haben oder nicht. Das ist gerade angesichts der großen Anzahl an rekrutierbaren Figuren sinnvoll. Inklusive vier neuen Charakteren, können sich der Gruppe zweiundzwanzig Begleiter anschließen. Eine große Zahl, die auch den Umfang des Rollenspiels unterstreicht.

Damit nicht genug, kann mit jedem dieser Charaktere die Beziehung verbessert werden. Das führt zu kurzen Gesprächen, in denen mehr über die jeweiligen Figuren verraten wird. Die Bindung der Bewohner Miras ist Xenoblade-Chronicles-typisch sowieso ein wichtiges Element. So wird jede Person, der ich begegne, im Harmoniediagramm eingetragen. Verbindungen zu anderen Personen werden ebenfalls dargestellt und können durch Quests oder die Story beeinflusst werden. Das zeigt zusätzlich, wie umfangreich das Rollenspiel ist. Zumal ich auch jederzeit in den Online-Modus wechseln und mit anderen Spielern den Planeten Mira erkunden kann. Eine durchaus ordentliche Möglichkeit, die auch gut funktioniert.

Wunderschöner fremder Planet

Schon ein Blick zeigt, dass Monolith Soft auf der Grundlage der Wii-U-Version die optische Präsentation von Xenoblade Chronicles X gehörig aufgehübscht hat. Eine enorme Weitsicht, atemberaubende Landschaften, faszinierende Flora und Fauna, lebendige Effekte und mehr sorgen dafür, dass das Rollenspiel wirklich wunderschön ist. Zwar reicht die grafische Qualität nicht ganz an Xenoblade Chronicles 3 ran, am positiven Eindruck ändert das aber nichts. Zumal die Definitive Edition auf der Nintendo Switch weitgehend konstant mit dreißig Bildern pro Sekunde läuft. Hierbei hilft die dynamische Auflösung, die kaum zu bemerken ist, da die grafische Qualität nie merklich abnimmt. Zwar setzt Monolith Soft ein paar Tricks, wie verdeckte Sicht ein, um den Speicher der Switch zu schonen, das fällt aber nicht auf und wirkt vielmehr natürlich und zur Welt gehörend – sehr gut.

Die dichte Science-Fiction-Atmosphäre von Xenoblade Chronicles X lebt aber nicht nur von der schicken Optik, sondern auch von der exzellenten Sounduntermalung und dem großartigen Soundtrack. Besonders die Musik von Hiroyuki Sawano, bekannt unter anderem für Anime-Serien wie Attack on Titan oder Aldnoah.Zero, setzt sich in der Reihe merklich ab. So setzt der Komponist auf für ihn übliche Gesänge und sehr abwechslungsreiche Stile. Orchesterklänge wechseln sich ab mit Rap und Elektro, laute Beats treffen auf sehr ruhige Momente. Was vielleicht ein wenig befremdlich klingt, passt erstklassig zu Xenoblade Chronicles X und dem lebendigen Planeten Mira. Die Musik zeigt die Vielschichtigkeit des Rollenspiels und unterstreicht die Faszination, die auch rund zehn Jahre später noch immer aufkommt.

Fazit

Zu Xenoblade Chronicles X habe ich eine leicht zwiegespaltene Beziehung. Als das Rollenspiel im Dezember 2015 für die Wii U erschien, war es für mich das Spiel des Jahres für die Nintendo-Konsole. Bis heute gehört Xenoblade Chronicles X zu meinen Favoriten auf der Wii U. Gleichzeitig war ich jedoch auch etwas enttäuscht und ernüchtert, da sich das Rollenspiel so sehr vom Wii-Vorgänger unterschieden hat. Besonders der selbsterstellte, für mich zu teilnahmslose Hauptcharakter hat mich gestört. Trotzdem bin ich in der Erkundung des Planeten Mira und der Geschichte versunken. Deshalb freue ich mich, dass Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition die Faszination des Rollenspiels maßgeblich verbessert auf der Nintendo Switch zurückbringt. Noch immer setzt sich das einstige Wii-U-Spiel von den anderen Teilen der Reihe ab. Dadurch ist es sehr eigenständig und sorgt mit dem Fokus für Erkundung einen individuellen Akzent. Gerade dieser kann mich genauso wie die Geschichte auch heute noch fesseln. Die zahlreichen Verbesserungen und Anpassungen sorgen zudem dafür, dass sich Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition deutlicher angenehmer spielt als der Vorgänger. Zudem wird eine erstklassige audiovisuelle Präsentation, die viel zur dichten und lebendigen Atmosphäre beiträgt, geboten. Eine eindeutige Empfehlung für alle Rollenspiel- und Xenoblade-Chronicles-Fans!

Kurzfazit: Erstklassiges Remaster eines großartigen Rollenspiels, das mit motivierendem Gameplay, interessanter Welt und gelungener Geschichte für weit über hundert Stunden fasziniert.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition!

Details
Titel: Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition
Genre: Rollenspiel
Publisher: Nintendo
Entwickler: Monolith Soft
Spieler: 1-32
Syteme: Switch (getestet)
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 20. März 2025