Rezension: Tomb Raider: Definitive Edition (Switch 2)

Lara Croft stellt sich in Tomb Raider: Definitive Edition nun auch auf der Nintendo Switch 2 dem Überlebenskampf nach einem Schiffbruch im Drachen-Dreieck.
Überraschend und ohne Vorankündigung hat Aspyr Mitte November das Tomb-Raider-Reboot von 2013 für die Nintendo Switch 2 und die Nintendo Switch veröffentlicht. Der erste Teil der Survival-Trilogie, ist dabei als Tomb Raider: Definitive Edition mit allen zuvor veröffentlichten DLCs, einem Mehrspieler-Modus, digitalen Bonus-Inhalten und technischen Anpassungen für die Switch-2-Version an die Nintendo-Konsolen erschienen. Allerdings zeigen sich bald einige fragwürdige Entscheidungen. Besonders die Switch-2-Version bleibt grafisch hinter den Möglichkeiten zurück. Gleichzeitig wissen Geschichte, Charaktere und Gameplay noch immer genauso zu überzeugen wie bei der Erstveröffentlichung für PlayStation 3, Xbox 360 und PC.
Unerfahrene Archäologin
Doch erst einmal zum Spiel selbst. Als zehnter Teil der Action-Adventure-Reihe, hat Tomb Raider 2013 die Abenteuer von Lara Croft neu erfunden. Nachdem die beiden direkten Vorgänger, Tomb Raider: Legend und Tomb Raider: Underworld, überzeugen konnten, sollte fünf Jahre später ein Neustart gewagt werden. Dafür hat sich das damalige Entwicklerteam bei Crystal Dynamics deutlich von Sonys erfolgreichem Uncharted inspirieren lassen. Tomb Raider wurde realistischer, härter, brutaler und dreckiger. Gleichzeitig erhielt Lara Croft eine Überarbeitung zur unerfahrenen, jungen und weniger idealistierten, dafür realistischeren Protagonistin. So hadert Lara mit den Herausforderungen, die sie meistern muss, leidet sichtlich unter all den Schwierigkeiten und steckt immer wieder Verletzungen ein. Natürlich hält sie trotzdem viel aus und manchmal stehen die Inszenierung der späteren Grabräuberin und das Gameplay im Kontrast zueinander, das hat aber kaum negative Auswirkungen. Schon gar nicht auf den motivierenden und spaßigen Spielablauf.
In Tomb Raider: Definitive Edition gehört die einundzwanzig-jährige Lara einer Expedition, die unter Leitung des Archäologen Dr. James Whitman nach dem legendären japanischen Königreich Yamatai sucht an. Allerdings geht die Endurance, das Schiff, auf dem sie sich befinden, in einem verheerenden Sturm unter. Lara kann sich an den Strand einer geheimnisvollen Insel im Drachen-Dreieck retten. Doch noch bevor sie die anderen Überlebenden erreicht, wird sie niedergeschlagen und muss sich aus einer misslichen Lage befreien. Auf der Insel warten auf Lara und die anderen Überlebenden einige Gefahren und Geheimnisse, die mit den dort immer wieder gestrandeten Bewohnern sowie dem einstigen Königreich Yamatai und dessen Königin Himiko in Verbindung stehen. Spannend erzählt und erstklassig inszeniert, verfügt das Tomb-Raider-Reboot von 2013 über die bis dahin beste Geschichte in einem Spiel der Reihe. Noch heute kann die Handlung fesseln und verspricht ein spannendes Abenteuer. Daran haben auch die gut geschriebenen, wenn auch auf deutsch nicht durchgehend einwandfrei vertonten Charaktere einen großen Anteil.
Motivierender Überlebenskampf
Beim Gameplay setzt Tomb Raider: Definitive Edition auf eine Mischung aus Erkunden, Klettern und Kämpfen sowie einige kleine Rätsel. Das klingt nach klassischem Tomb-Raider-Prinzip und ist es im Grunde auch, nur moderner als in den vorherigen Teilen der Reihe. Wie bereits erwähnt, war Uncharted eine eindeutige Inspiration für das Reboot, wodurch sich wiederum zeigt, dass Naughty Dog 2007 das Action-Adventure-Gameplay der Tomb-Raider-Reihe gekonnt modernisiert hat. Als Lara erkundet ihr die zwar linearen, aber durchaus mit Geheimnissen und manchmal etwas weitläufigen Gebiete der Insel. Die junge Archäologin kann klettern und springen und erhält mit der Zeit immer wieder neue Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Fähigkeiten. So nutzt ihr relativ bald einen Bogen, um Wild zu jagen und Wölfe zu bekämpfen. Später greift Lara zu Kletteraxt und Schusswaffen wie Pistole und Maschinengewehr.
Entsprechend überrascht es nicht, dass ihr in Tomb Raider nach einiger Zeit immer wieder mit Gegnern konfrontiert wird. Dabei hat Lara zu Beginn noch Gewissensbisse, weil sie ein Reh erlegt, um Nahrung zu haben. Auch der erste von ihr getötete Mensch wird als Belastung für Lara inszeniert. Später erledigt ihr Massen an Gegnern, weshalb einige trotzdem noch vorhandene Schwierigkeiten von Lara mit dem Töten von Menschen ein wenig seltsam wirken können. Wie bereits erwähnt, hat das aber keinen negativen Einfluss. Zumal sich die Feuergefechte wirklich gut spielen. Lara geht automatisch hinter Kisten, Mauern und dergleichen in Deckung, ihr könnt aktiv ausweichen, mit der Zeit eure Kletteraxt für Nahkampfangriffe verwenden, Gegner heimlich von hinten angreifen und somit lautlos töten oder die Umgebung nutzen, um Vorteile zu haben.
Lernende Überlebende
Neue Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Fähigkeiten erweitern das Gameplay regelmäßig sinnvoll. Teilweise lohnt es sich sogar mittels Schnellreise in den als Speicherpunkte dienenden Lagern in vorherige Gebiete zurückzukehren, wenn ihr alle Sammelobjekte finden wollt. Hier können auch zuvor nicht verfügbare Gameplay-Mechaniken erst zum Erfolg führen. Das erinnert ein wenig an das Metroidvania-Genre, allerdings ohne die zwingende Notwendigkeit der Rückkehr. Im Grunde ist Tomb Raider recht linear aufgebaut. Folgt ihr stets der Hauptmission, schreitet ihr stetig voran. Erfahrungspunkte sammelt ihr dabei dank besiegten Gegnern und gefundenen Gegenständen automatisch, so dass ihr auch ohne ausschweifende Erkundung zumindest einige Skills in den verschiedenen Talentbäumen freischalten könnt. Ähnliches gilt für das Verbessern eurer Waffen und Ausrüstung. Dafür benötigt ihr ausreichend Ressourcen, die ihr etwa in Kisten oder bei besiegten Gegnern findet. Mittels versteckter Waffenteile, lassen sich Bogen, Pistole, Maschinengewehr und Co sogar noch weiter verbessern.
Ein etwas klassischeres Tomb-Raider-Gefühl wecken die versteckten, optionalen Gräber. Dabei handelt es sich um geschlossene Bereiche, in denen ihr Rätsel lösen müsst, um unter Anwendung von Laras Fähigkeiten den dort verborgenen Schatz zu finden. Eine schöne Nebenaufgabe, die eine zusätzliche Herausforderung darstellt. Doch auch Dokumente, Tagebücher, Reliquien und Ähnliches bieten einen Mehrwert, da ihr zusätzliche Details zu den Hintergründen der Insel und den zuvor dort gestrandeten Menschen erhaltet. Das sorgt für mehr Tiefe in der Geschichte und unterstützt die sowieso sehr dichte und großartige Atmosphäre.
Unverständliche Schwächen
Aber so spaßig Tomb Raider: Definitive Edition ist, grafisch kann die Switch-2-Version nicht überzeugen. Dabei sieht das Action-Adventure mit Blick auf das Original von 2013 ziemlich gut aus. Kein Wunder, schließlich hat Aspyr der Umsetzung eine 4K-Auflösung bei sechzig Bildern pro Sekunde spendiert – und ja, Tomb Raider läuft auf der Switch 2 flüssig. Allerdings sieht der erste Teil der Survival-Trilogie optisch stark nach der PlayStation-3-Version aus. Dass die Version für die erste Switch auf dieser basiert, ist verständlich. Für die Switch-2-Fassung wäre aber zumindest die bereits überarbeitete und grafisch aufgehübschte PlayStation-4-Version Pflicht gewesen. Leider sieht es danach aus, dass die Switch-Version als Grundlage für die Switch-2-Fassung genutzt wurde. Bedeutet nur höhere Auflösung und bessere Bildrate. Gerade bei den Haaren fällt auf, dass die realistischeren Haar-Animationen und -Grafiken der späteren Versionen nicht vorhanden sind. Dabei sollte die Switch 2 diese problemlos darstellen können, ja sogar zu noch mehr in der Lage sein. Bedauerlich, dass hier nicht alle Möglichkeiten genutzt wurden – egal ob es nun eine bewusste Entscheidung ist oder aufgrund mangelnder Switch-2-Entwickler-Kits nicht anders möglich war.
Abseits der grafischen und technischen Umsetzung, hat die Switch-2-Version noch eine optionale, gut funktionierende Maus-Steuerung spendiert bekommen. Wer diese also bevorzugt, hat die freie Wahl. Zudem verfügt Tomb Raider: Definitive Edition über den Mehrspieler-Modus für bis zu acht Spieler sowie einige digitale Bonus-Inhalte. Neben Charaktermodellen und Konzeptzeichnungen sind das etwa der Prequel-Comic „Tomb Raider: The Beginning“ auf englisch sowie das ebenfalls englischsprachige Design-Buch. Damit erhalten Fans nicht nur mehr Geschichte rund um das Reboot, sondern auch einen Einblick in die Entwicklung. Sehr schön. Lediglich die grafischen Schwächen verhindern, dass Tomb Raider auf der Switch 2 wirklich die Definitive-Version des Action-Adventures ist. Hier bleibt zu hoffen, dass künftige Updates Besserung schaffen. Doch auch so ist das Tomb-Raider-Reboot noch immer eine spannende, atmosphärische und spaßige Erfahrung und eine Veröffentlichung auf Nintendo-Systemen war lange überfällig.
Fazit
Da ich das Tomb-Raider-Reboot bisher fast ausschließlich auf der PlayStation 3 gespielt habe, sind mir die grafischen Abstriche der Switch-2-Version im Vergleich zu PlayStation 4 und Xbox One erst spät bewusst geworden. Wirklich gestört hat mich die schwächere Optik nur bedingt, zumal Tomb Raider: Definitive Edition für ein rund zwölf Jahre altes Spiel noch immer gut aussieht. Schade und ärgerlich ist es trotzdem, dass die problemlos möglichen grafischen Elemente der PS4-Fassung nicht enthalten sind. Das trübt den sonst sehr positiven Eindruck des Action-Adventures. Geschichte, Charaktere, Atmosphäre und Gameplay wissen noch genauso zu begeistern wie 2013 und schon nach kurzer Zeit hat mich der Auftakt der Survival-Trilogie wieder gefesselt. Umso mehr wünsche ich mir, dass Aspyr noch ein Update mit grafischen Verbesserungen nachreicht. Genauso würde ich mich sehr über Umsetzungen von Rise of the Tomb Raider und Shadow of the Tomb Raider freuen, damit die Survival-Trilogie vollständig auf Nintendo-Konsolen spielbar ist. Lara-Croft- und Tomb-Raider-Fans, die sich an den grafischen Mängeln nicht stören, erhalten eine gute Möglichkeit, das Reboot von 2013 erneut oder erstmals zu erleben.
Kurzfazit: Motivierendes und spaßiges Tomb-Raider-Action-Adventure, das trotz grafischer Schwächen mit spannender Geschichte, dichter Atmosphäre und packendem Gameplay noch genauso begeistert wie bei der Erstveröffentlichung.
Vielen Dank an Aspyr Media für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Tomb Raider: Definitiv Edition!
Details
Titel: Tomb Raider: Definitive Edition
Genre: Action-Adventure
Publisher: Aspyr Media
Entwickler: Crystal Dynamics, Aspyr Media
Spieler: 1-8
Syteme: Switch 2 (getestet), Switch, PlayStation 4, Xbox One, PC, PlayStation 3, Xbox 360, Mac, Linux
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 18. November 2025
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