Rezension: The Vale of Eternity

Im Kartenspiel The Vale of Eternity gilt es, mythologische Kreaturen zu beschwören, um Runensteine und Siegpunkte zu verdienen.

Nachdem The Vale of Eternity bereits in der englischen Version auf der SPIEL 2023 viel Aufmerksamkeit erhalten hat, hat Pegasus Spiele das Kartenspiel von mandoo games im Februar 2024 auf deutsch veröffentlicht. Schon auf den ersten Blick fällt die wunderschöne, zauberhafte Optik von The Vale of Eternity auf. Das von Eric Hong entworfene und geschriebene Kartenspiel wurde von Erica Tormen, Gautier Maia, Jihaui Gao und Stefano Martinuz eindrucksvoll künstlerisch gestaltet. Jede Karte strotzt vor phantasievollem Charme und auch die restlichen Spielmaterialien überzeugen nicht nur mit einer hochwertigen Produktion, sondern auch einer malerischen Gestaltung auf. Hier zeigt sich bereits, wie stimmungsvoll ein Kartenspiel alleine dank der Optik sein kann und wie gut The Vale of Eternity das Szenario durch das Spielmaterial vermittelt.

Beschwörung von Kreaturen

Das Spielprinzip von The Vale of Eternity fällt überraschend simpel aus. Es gilt Kreaturen zu beschwören oder zu verkaufen, um die als Geld dienenden Runensteine zu verdienen und schließlich Siegpunkte zu erreichen. Dabei offenbart das Kartenspiel eine enorme taktische Tiefe und bleibt trotzdem Einsteigerfreundlich. Zu verdanken ist das dem überraschend dünnen Regelwerk. Mit gerade einmal zwölf Seiten mag es so wirken, dass The Vale of Eternity recht simpel ist und genau betrachtet ist das auch so, doch hinter den einfach gehaltenen Regeln verbirgt sich ein überaus motivierendes und spaßiges Spiel. Lediglich die ersten Spieldurchgängen können aufgrund der noch nicht sitzenden Mechaniken und Kartenfähigkeiten ein wenig holprig ausfallen. Das wirkt sich jedoch keineswegs negativ aus und schon nach zwei, drei Durchgängen entwickelt sich ein angenehm flüssiger und fesselnder Spielfluss. Mit etwa dreißig bis fünfundvierzig Minuten, ist eine Durchgang auch nicht zu lang.

Ziel ist es entweder sechzig Siegpunkte zu erreichen oder innerhalb der maximal zehn Runden die meisten Siegpunkte zu erzielen. Dafür müssen wir Kreaturen beschwören und deren Fähigkeiten sinnvoll einsetzen. Zu Beginn einer jeden Runde werden doppelt so viele Kreaturen vom gut gemischten Kartenstapel gezogen, wie Spieler beteiligt sind. Anschließend darf sich jeder Spieler, beginnend beim Startspieler, nacheinander eine Kreatur reservieren. Anschließend wird der Vorgang in umgekehrter Reihenfolge wiederholt. Auf diese Weise reserviert jeder Spieler zwei Kreaturen. Anschließend dürfen wir in der Aktionsphase zwischen vier Aktionen wählen. Entweder verkaufen wir die reservierten Kreaturen und erhalten dafür eine vom Element abhängige Anzahl an Runensteinen oder aber wir zähmen eine Kreatur. Letzteres bedeutet, dass wir die Karte auf unsere Hand nehmen. Eine Begrenzung, wie viele Karten wir besitzen dürfen, gibt es nicht. Entsprechend müssen wir gut abschätzen, welche Kreaturen wir behalten und welche wir verkaufen.

Teures Beschwören

Da wir Runensteine dringend benötigen, verkaufen wir gerade zu Beginn die meisten Kreaturen. Allerdings gelten bewusste Einschränkungen. So dürfen wir nie mehr als vier Runensteine besitzen. Die unterschiedlichen Werte von eins, drei und sechs für einen Runenstein spielen dabei keine Rolle. Sobald wir mehr als vier Runensteine besitzen, müssen wir sofort so viel ablegen, bis wir nur noch vier unser Eigentum nennen. Runensteine benötigen wir, um Kreaturen zu beschwören. Jedes der mythologischen Wesen hat andere Kosten. Allerdings müssen wir aufpassen, da wir bei einer Überzahlung keine Runensteine zurückbekommen. Beschwören wir beispielsweise den Luftgeist, der Kosten von drei hat und zahlen mit einem Runenstein im Wert von sechs, erhalten wir keinen Runenstein im Wert von drei zurück. Die Überzahlung geht einfach verloren. Manchmal lässt sich das nicht vermeiden, zumal wir Runensteine auch nicht wechseln dürfen. Den Sechser vor der Beschwörung in zwei Dreier umzutauschen ist entsprechend nicht möglich.

Beschworene Kreaturen legen wir vor uns aus. Allerdings gilt hier eine Einschränkung. Die Anzahl an beschworenen Karten hängt von der Rundenzahl ab. In Runde eins dürfen wir nur eine Kreatur ausgespielt vor uns liegen haben, in Runde zwei sind es zwei und in Runde fünf entsprechend fünf. Da wir gerade zu Beginn nur selten Kreaturen ausspielen können, wirkt sich die Einschränkung nicht immer sofort aus, hat aber Einfluss auf unsere Taktik. Zumal wir Kreaturen nur schwer wieder loswerden. Wollen wir eine beschworene Kreatur freilassen, kostet uns das Runensteine. Zudem wird das Freilassen mit der Zeit immer teurer. Da ist es natürlich hilfreich, wenn wir eine Kreatur besitzen, die uns als Effekt erlaubt, eine bereits ausgespielte Karte zurück auf die Hand zu nehmen. Hieran zeigt sich bereits, wie wichtig die Kreaturen-Effekte sind.

Taktisches Beschwören

Tatsächlich sind die Effekte der Karten der wahre Kern von The Vale of Eternity. Dabei werden die Effekte in drei Kategorien eingeteilt. Sofort-Effekte werden beim Ausspielen einmalig aktiv. Dauerhafte Effekte haben eine bleibende Wirkung, die gilt, solange die Kreatur vor uns liegt. Aktive Effekte hingegen müssen wir in der letzten Phase einer Runde, nachdem alle Spieler ihre Aktivierungen vorgenommen haben, durchführen. Das gilt auch, wenn uns der Effekt aktuell eher Nachteile bringt. Es will gut überlegt sein, welche Kreaturen wir ausspielen und in welcher Reihenfolge wir die Karten vor uns auslegen. Zumal manche Kreaturen und somit Effekt auf interessante Weise miteinander harmonieren. Dadurch ergeben sich zahlreiche Kombinationen, die uns regelmäßig spürbare Vorteile, etwa in Form von Runensteinen oder Siegpunkten, einbringen. Da wir hier sowohl auf Kartenglück als auch auf Taktik angewiesen sind, ist es umso befriedigender, wenn uns eine gute Kombination gelingt. Gleichzeitig ärgern wir uns, wenn einem anderen Spieler eine entsprechender Zug gelingt.

Allgemein schafft es The Vale of Eternity auf faszinierende Weise eine regelrechte Sogwirkung zu erzeugen. Das Zusammenspiel der Karten, die gut überlegten Taktiken und das Glück beim Ziehen sorgen für enorme Spannung. Nicht selten sabotieren sich die Spieler bereits bei der Auswahl der Kreaturen in der ersten Phase einer Runde gegenseitig und wir müssen Umdenken, uns neue Taktiken überlegen und unseren Spielstil anpassen. Allerdings kann der Spielfluss gerade beim Einstieg in The Vale of Eternity etwas unter der hohen Anzahl der siebzig Karten leiden. Schließlich beherrschen wir die Effekte, Kosten und Verkaufserlöse nicht sofort, so dass wir uns erst eingewöhnen müssen. Das kann je nach Spielertyp auch für etwas Frust sorgen. Selbiges gilt für die verschiedenen Taktiken, die wir uns erst nach mehreren Spieldurchgängen langsam erschließen. Wer sich aber darauf einlässt, wird schon bald der Motivationskurve von The Vale of Eternity verfallen und sich in dem simplen, aber spaßigen Spielprinzip verlieren können. Gerade für „Nur noch eine Runde“-Partien, ist das Kartenspiel perfekt geeignet. Allerdings leidet der Spielspaß bei zwei Spielern etwas. Besser geeignet ist The Vale of Eternity für drei oder vier Spieler.

Fazit

The Vale of Eternity versteht es, ein scheinbar simples Spielprinzip mit einfachen und knappen Regeln erstklassig umzusetzen. Damit beweist das Kartenspiel, dass taktische Tiefe und ein großer Umfang nicht immer mit einem dicken Regelwerk einhergehen müssen. Gerade deshalb fällt der Einstieg leicht. Zugleich zeigt sich angesichts der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten der siebzig Kreaturen und ihrer Effekte auch, weshalb The Vale of Eternity als Kennerspiel gilt. Gerade zu Beginn ist es notwendig, sich auf die verschiedenen Mechaniken einzulassen. Dabei kann gerade bei vielen Karten auf der Hand der Überblick verloren gehen. Nach ein paar Spieldurchgängen werden aber Regeln, Mechaniken und besonders die Karteneffekte verinnerlicht und es entwickelt sich ein überaus motivierender Spielfluss, der immer wieder für spaßige „Nur noch eine Runde“-Partien sorgt. Zusätzlich überzeugt The Vale of Eternity mit einer stimmungsvollen, wunderschönen Gestaltung, die perfekt zum mythologischen Thema des Kartenspiels passt.

Kurzfazit: Motivierendes, überraschend taktisches Kartenspiel, dessen schmale Regeln nach holprigem Einstieg einen fesselnden Spielfluss garantieren und mit wunderschön gestaltetem und hochwertigem Spielmaterial aufwartet.

Vielen Dank an Pegasus Spiele für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von The Vale of Eternity!

Details
Titel: The Vale of Eternity
Publisher: Pegasus Spiele, Mandoo Games
Autor: Eric Hong
Coverillustration: Stefano Martinuz
Illustrationen: Erica Tormen, Gautier Maia, Jiahui Gao, Stefano Martinuz
Spieler: 2-4
Altersfreigabe: ab 10
Erscheinungsdatum: Februar 2024