Rezension: Final Fantasy XVI (PS5)

Auf der Suche nach Rache wird Clive in Final Fantasy XVI in politische Intrigen und Machtkämpfe um den Kontinent Valisthea gezogen.

Über sechseinhalb Jahre nach Final Fantasy XV, kehrt die beliebte Rollenspiel-Reihe von Square Enix zurück. Final Fantasy XVI präsentiert sich dabei als erstes Action-Rollenspiel in der mehr als fünfunddreißigjährigen Historie der Reihe. Gleichzeitig erzählt der PlayStation 5 exklusive neue Teil die düsterste Geschichte seit Final Fantasy VI. Das Team hinter dem Action-Rollenspiel hat sich eindeutig von Game of Thrones inspirieren lassen. Ein Umstand, der schon in den ersten Spielstunden deutlich wird. Politische Machenschaften, zerstrittene Nationen, drohende Kriege, schwelende Konflikte, blutige Intrigen und mörderischer Verrat bestimmen die Handlung von Final Fantasy XVI. Gleichzeitig werden glaubhafte, eng in diese Ereignisse eingebundene Figuren mit tragischem Schicksal, schwierigen Aufgaben und auferlegten Pflichten vorgestellt.

Tragischer Held

Zu diesen gehört etwa Clive Rosfield, der Protagonist von Final Fantasy XVI. Als erstgeborener Sohn des Großherzogs von Rosaria, hat er nicht die Flammen des Phönix geerbt. Stattdessen ist sein jüngerer Bruder Joshua zum Dominus der Feueresper geworden. In der Welt von Final Fantasy XVI bedeutet das, dass Joshua über die Kräfte des Phoenix verfügen und sich sogar in diese verwandeln kann. Clive hingegen dient als Joshuas oberster Beschützer. Bevor wir jedoch einen längeren Abschnitt mit dem jugendlichen Clive spielen, dürfen wir einen Blick in die Gegenwart des Protagonisten werfen. Hier fristet er ein Dasein als sogenannter Träger, Sklaven mit magischen Fähigkeiten, und muss im Dienste eines feindlichen Landes kämpfen. Wie es dazu gekommen ist, verrät der frühe Rückblick. Bereits die ersten zwei bis drei Spielstunden stecken voller Wendungen, die unterstreichen, welche Ausrichtung Final Fantasy XVI bei der Geschichte verfolgt.

Hier steckt eine der größten Stärken des Action-Rollenspiels. Allerdings schafft es Square Enix nicht, die Geschichte durchgängig spannend zu erzählen. Obwohl die Handlung immer interessant bleibt, kommt es gelegentlich zu unnötigen Längen, in denen die Spannung abfällt. Zudem verliert sich die Geschichte manchmal in einer zu komplizierten Erzählweise, was vor allem den zahlreichen Begriffen und Namen geschuldet ist. Doch so störend das manchmal sein kann, der Spielspaß leidet nie darunter und bis zum Ende, hat uns die Geschichte immer großartig unterhalten und gefesselt. Wir wollten einfach wissen, wie der Kampf um Valisthea endet und was Clive und seine Freunde noch erleben. Dabei profitiert das Action-Rollenspiel maßgeblich von den gut geschriebenen, vielschichtigen Figuren. Das gilt sowohl für Clive, Begleiter wie Cid und Jill als auch für Antagonisten wie Benedikta oder Hugo. Einen großen Anteil daran hat auch die hervorragende deutsche Synchronisation, die den Charakteren nicht nur glaubhaft, sondern erstklassig Leben einhaucht.

Viel Action, wenig Rollenspiel

Am Gameplay hingegen dürften die Meinungen der Final-Fantasy-Fans auseinandergehen. Final Fantasy XVI wird bewusst als erstes Action-Rollenspiel der Reihe bezeichnet. Entsprechend sollte kein rundenbasiertes oder indirektes Kampfsystem erwartet werden. Stattdessen schnetzeln wir uns als Clive mit direkten Angriffen und einigen Fähigkeiten durch Gegner. Dabei erinnert Final Fantasy XVI an Hack-&-Slash-Spiele wie Devil May Cry oder Bayonetta. Überraschend ist das nicht, schließlich wurde mit Ryota Suzuki als Battle Designer ein Entwickler ins Team geholt, der bereits an Devil May Cry 4 und Devil May Cry 5 beteiligt war. Negativ ist diese Kampfausrichtung jedoch nicht, da die Action brachial und schnell inszeniert ist und sich ausgezeichnet spielt. Haben wir die Grundlagen erst einmal erlernt, reihen wir Angriffe zu Kombos aneinander, lösen passend dazu Fähigkeiten und Zauber aus oder weichen gegnerischen Attacken aus. Daraus entsteht ein spaßiger Spielfluss, der immer wieder aufs Neue motiviert.

Bedauerlich ist allerdings, dass der Action-Formel etwas zu stark der Rollenspiel-Aspekt zum Opfer fällt. Sicher, wir sammeln noch immer Erfahrungspunkte, steigen im Level auf und investieren Fähigkeitspunkte in rudimentären Skillbäumen. Allerdings ist das heutzutage bei gefühlt jedem zweiten Spiel der Fall. Tiefergehende Rollenspiel-Elemente bleiben in Final Fantasy XVI weitgehend aus. Das fällt etwa bei der Ausrüstung auf. Statt genau darüber nachzudenken, welche Waffe sinnvoll ist, tauschen wir unser Schwert – Clive trägt keine anderen Waffen – einfach regelmäßig nach einigen Hauptmissionen aus. Sobald ein stärkeres Schwert gekauft oder geschmiedet werden kann, wissen wir, dieses ist besser als unser vorheriges. Das gilt sogar dann, wenn wir aktuell ein seltenes und vermeintlich super-besonderes Schwert tragen. Bedauerlich. Zumal die Möglichkeit, Ausrüstung und Waffen zu verbessern daran nichts ändert. Damit nicht genug, haben elementare Eigenschaften keinen Einfluss. Es ist also komplett egal, mit welcher Art Magie wir angreifen, Gegner haben keine Stärken oder Schwächen, so dass wir besondere Taktiken anwenden müssten. Hier verschenkt Final Fantasy XVI enorm viel Potential.

Inszenierte Linearität

Zumindest teilweise gilt Ähnliches auch beim Spielaufbau. Der Verzicht auf eine Open World ist kein Problem, allerdings handelt es sich bei zu vielen Leveln um lineare Schläuche, die kaum Möglichkeiten für Abzweigungen erlauben. Sind wir dann einmal in einem offenen und weitläufigen Gebiet, zeigt Final Fantasy XVI, was möglich gewesen wäre. Umso bedauerlicher ist die vertane Chance. Doch nicht falsch verstehen. Komplett negativ sind die schlauchigen Level nicht. Oft dienen sie auch dazu, die Geschichte zu lenken, spannende Zwischensequenzen zu fördern und uns in mehrere actionreiche Kämpfe nacheinander zu werfen. Trotzdem fällt der Umstand auf. Zumal wir für Nebenquests zum Teil in Gebiete zurückkehren. Und dann sind viele dieser Aufgaben nicht einmal spannend. Einige erzählen durchaus interessante Geschichten, die uns ein besseres Verständnis der Welt liefern, doch meist ist es nur unsere Aufgabe, bestimmte Gegenstände zu sammeln oder einige Gegner zu besiegen. Nicht sonderlich spannend.

Im Gegensatz dazu brilliert Final Fantasy XVI mit dem grundlegenden Gameplay. Gerade wenn wir im Spielfluss aus Geschichte, Charakteren und actionreichen Kämpfen versinken, übersehen wir die Schwächen gerne. Zumal uns die wunderschöne Grafik zusätzlich immer wieder aufs Neue fasziniert. Dazu gesellen sich die grandiosen Esperkämpfe in denen wir selbst eines der monströsen Wesen spielen dürfen und uns mit einer anderen Esper in einer direkten Konfrontation anlegen. Das mag nicht fordernd sein, ist aber großartig inszeniert und ein Hochgenuss für Final-Fantasy-Fans, die schon immer wissen wollten, wie es ist eine Esper zu steuern. Ebenfalls lobend erwähnt werden muss der Umstand, dass wir den Schwierigkeitsgrad neben festgelegten Einstellungen weiter individualisieren dürfen. Hierfür dienen bestimmte Accessoires, die wir jederzeit anlegen können, um uns bestimmte Aspekte zu vereinfachen. So agiert unser tierischer Begleiter Torgal etwa selbstständig oder vor vermeidbaren gegnerischen Treffern verlangsamt sich die Zeit, damit wir leichter ausweichen können. Dadurch kann sich jeder Final Fantasy XVI so fordernd gestaltet, wie es den persönlichen Anforderungen entspricht. Großartig.

Stimmungsvolles Fantasy-Epos

Außerdem dürfen wir jederzeit wichtige Begriffe, Namen und Ähnliches nachschlagen. Selbst in Zwischensequenzen können wir per Knopfdruck pausieren und bekommen gerade relevante Themen angezeigt, deren Glossareinträge wir sofort öffnen können. Auf diese Weise können wir drohende Verwirrung oder eventuelle Unklarheiten sofort ausräumen. Das kommt der packenden, aber wie bereits erwähnt manchmal unnötig kompliziert erzählten Geschichte spürbar zu Gute. Zudem trumpft Final Fantasy XVI mit einer dichten Atmosphäre, die Handlung und Spielgeschehen stets die perfekte Stimmung verleiht, auf. Einen großen Anteil daran hat neben der fantastischen Grafik der typisch für Final Fantasy grandiose Soundtrack. Dieser und einige andere Aspekte wie Chocobos, bekannte Gegenern oder die Esper unterstreichen zusätzlich die typische Final-Fantasy-Stimmung, wodurch so mancher negativer Kritikpunkt aufgewogen wird. Gerade Reihen- und Genre-Fans, denen eine packende Geschichte wichtiger ist als gewohntes Gameplay, werden viel Spaß mit Final Fantasy XVI haben.

Fazit

Hat mich der erste Trailer von Final Fantasy XVI noch neugierig gestimmt, war meine Vorfreude auf das Action-Rollenspiel lange relativ gering. Erst kurz vor der Veröffentlichung, ist mein Interesse deutlich gestiegen und ich war gespannt, was mich beim sechzehnten Teil der Reihe erwartet. Das actionreiche Kampfsystem gefällt mir wirklich gut, auch wenn in mancherlei Hinsicht etwas mehr Tiefe schön wäre. Besonders bezüglich der Rollenspiel-Elemente hätte ich mir etwas mehr gewünscht. Doch das ist meiner Ansicht nach Meckern auf einem hohen Niveau. Für sich betrachtet ist Final Fantasy XVI ein grandios inszeniertes Action-Rollenspiel mit hochspannender Geschichte und großartigen Charakteren. Das mag nicht jedem Final-Fantasy-Fan gefallen, doch unabhängig von den Vorgängern bietet das Action-Rollenspiel spaßige Genre-Unterhaltung mit ein paar verzeihbaren Schwächen. Final Fantasy XVI bietet insgesamt einfach zu viel Spielspaß, um es wegen ein paar Kleinigkeiten zu ignorieren. Besonders Genre- und alle Final-Fantasy-Fans, die mit der Neuausrichtung kein grundsätzliches Problem haben, sollten dem Action-Rollenspiel eine Chance geben.

Kurzfazit: Actionreiches Final Fantasy, das trotz geringerem Rollenspiel-Anteil und kleineren Schwächen mit motivierendem Gameplay, hochspannender Geschichte, erstklassiger Inszenierung und vielschichtigen Charakteren fesselt.

Vielen Dank an Square Enix für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Final Fantasy XVI!

Details
Titel: Final Fantasy XVI
Genre: Action-Rollenspiel
Publisher: Square Enix
Entwickler: Square Enix
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 5 (getestet)
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 22. Juni 2023

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