Rezension: Mega Man Battle Network Legacy Collection (PS4)
Fünftklässler Lan stellt sich in den sechs Spielen der Mega Man Battle Network Legacy Collection Vol. 1 & 2 einer virtuellen Verschwörung.
Als Spin-off der Mega-Man-Reihe, hat Mega Man Battle Network von 2001 bis 2006 sechs Teile rund um den Grundschüler Lan und seinen digitalen Begleiter Mega Man hervorgebracht. Die als taktische Rollenspiele mit Echtzeit-Runden-Kartenkampfsystem konzipierten Titel, hat Capcom wie schon zuvor die klassischen Mega-Man- und Mega-Man-X-Spiele in einer großen Sammlung neu veröffentlicht. In zwei Volumes, umfasst die Mega Man Battle Network Legacy Collection alle sechs Teile beziehungsweise zehn Spiele der kurzlebigen Game-Boy-Advance-Reihe. Volume 1 beinhaltet die ersten beiden Teile sowie die beiden Versionen des dritten Mega-Man-Battle-Network-Spiels, White und Blue. Wie bei der Pokémon-Reihe präsentiert sich Mega Man Battle Network ab dem dritten Titel stets in zwei Varianten, die jedoch nur marginal voneinander abweichen. Selbiges gilt für die jeweils zwei Versionen der Teile vier, fünf und sechs, die das zweite Volume der Mega Man Battle Network Legacy Collection bilden.
Virtueller Mega Man
Wie bereits erwähnt, schlüpfen wir in den Mega-Man-Battle-Network-Spielen in die Rolle des Fünftklässlers Lan. Die Welt des 21. Jahrhunderts ist komplett vernetzt und es ist an vielen Orten möglich, sich ins Netzwerk einzuloggen. Dort übernehmen wir die Rolle von Lans virtuellen Begleiter Mega Man, der die schlauchartigen Level und Dungeons durchstreift, auf Gegner trifft, Kämpfe bestreitet und manchmal auch kleinere Rätsel in Zusammenarbeit mit Lan lösen muss. Bevor wir uns jedoch der Bedrohung stellen, lernen wir Lan in seinem Alltag und in der Schule kennen. Im Unterricht werden uns sogar die wichtigsten Gameplaygrundlagen beigebracht.
Relativ schnell im ersten Teil kommt es jedoch zu einer ersten Konfrontation mit der geheimnisvollen Organisation WWW, die für verschiedene seltsame Vorfälle verantwortlich ist und mit Viren das Netzwerk stört. Als Lan und Mega Man stellen wir uns ihnen entgegen und enthüllen eine virtuelle Verschwörung. Auch in den anderen fünf Teilen stellen wir uns als Lan und Mega Man Viren und anderen Gefahren für Welt und Netzwerk entgegen. Dabei gelingt es den Spielen trotz ihrer eher seichten, in der Erzählweise an Anime-Serien erinnernden Geschichte sowohl das Szenario als auch die Charaktere interessant vorzustellen. Besonders Lan und Mega Man, aber auch diverse Nebenfiguren wachsen uns im Laufe der sechs Spiele ans Herz, so dass einige entscheidende Wendungen rund um die Charaktere auch nahe gehen. Sehr schön.
Taktische Echtzeitkämpfe
Kern der Mega-Man-Battle-Network-Spiele ist aber das taktische Kampfsystem sowie die schlauchartigen Level. Das Gameplay ändert sich in den sechs Teilen beziehungsweise zehn Spielen, die in einem Zeitraum von zirka fünf Jahren veröffentlicht wurden, kaum. Als Mega Man erkunden wir die geradlinigen virtuellen Dungeons, die höchstens kleine Abzweigungen, an deren Ende wir neue Items finden können, aufweisen. Regelmäßig kommt es dabei zu Zufallskämpfen mit Viren, die an klassische Mega-Man-Gegner erinnern. Auch Bosse sind eindeutig im Stil von der Reihe inspiriert, was für Fans einen gewissen Nostalgie-Faktor und Wiedererkennungswert mit sich bringt und gleichzeitig genau die richtige Portion an Eigenständigkeit bereithält.
Die Kämpfe finden in einer in zwei Bereiche geteilten Arena mit jeweils drei mal drei Feldern statt. Dabei gehört jeweils eine Seite uns und eine Seite den Feinden. Hier dürfen wir uns in Echtzeit bewegen und auch die Gegner agieren entsprechend ihrer Bewegungs- und Angriffsmuster direkt. Ist unsere Aktionsleiste voll, dürfen wir Chips auswählen. Dabei handelt es sich um unsere Aktionsmöglichkeiten wie Angriffe, Flucht, Heilung und Ähnliches. Hier wählen wir bis zu fünf verschiedene Aktionen aus, die wir anschließend jederzeit per Knopfdruck auslösen können. Dabei passen wir natürlich genau ab, dass ein Gegner im Angriffsradius der jeweiligen Attacke ist und weichen zugleich feindlichen Gegenschlägen aus, um keinen Schaden zu nehmen.
Kluge Chipwahl
Zusätzliche Taktik kommt ins Spiel, weil wir nicht einfach fünf Chips wählen dürfen, sondern diese auch nur auf bestimmte Weise kombinieren dürfen. Wählen wir beispielsweise einen Angriff mittels unserer normalen Kanone, dann können wir weitere Attacken dieser Art hinzufügen, jedoch keine andere. Alternativ können wir jedoch Aktionen hinzufügen, die dieselbe Kennung wie der von uns gewählte Kanonenangriff hat. Ist dieser beispielsweise mit einem A gekennzeichnet, dürfen wir auch Heilung oder andere Chips mit der A-Kennung wählen, aber keine mit einem anderen Buchstaben. Dadurch sind wir gezwungen, gut zu überlegen, welche Aktionen wir einsetzen wollen. Als weitere Möglichkeit können wir auch auf eine Aktion verzichten und warten, bis unsere Aktionsleiste erneut gefüllt ist. In diesem Fall lädt Lan fünf weitere Chips für Mega Man ins Netzwerk, so dass wir anschließend aus zehn Chips wählen können. Warten wir ein weiteres Mal, kann diese Anzahl sogar auf fünfzehn Chips erhöht werden. Sobald wir jedoch eine Aktion ausführen, stehen wieder nur fünf Chips zur Verfügung. Da wir unser Deck jederzeit bearbeiten und bis zu dreißig Chips mit uns führen können, ist auch die Zusammenstellung von Mega Mans Kampfoptionen ein taktisch wichtiges Element. Zumal wir regelmäßig neue Chips finden oder kaufen können.
Geld erhalten wir genauso wie Chips nach so gut wie jedem Kampf. Zusätzlich ist beides auch in den Dungeons oder kleinen virtuellen Bereichen, die wir überall in der Welt betreten können, zu finden. Abseits von Chips dürfen wir außerdem noch Upgrades für Mega Man kaufen. Diese verstärken beispielsweise den Standardangriff unseres virtuellen Kämpfers und sorgen neben Levelaufstiegen dafür, dass wir stärker werden. Ist uns der Schwierigkeitsgrad zu hoch, erlauben es uns Mega Man Battle Network Legacy Collection Vol. 1 & 2 jederzeit den Buster MAX Mode zu aktivieren. Dadurch richten Angriffe stets den maximalen Schaden an, was die Kämpfe enorm erleichtert. Eine nützliche Funktion für Neulinge oder wenn wir mit einem Kampf Probleme haben. Zumal auf eine Rückspulfunktion im Gegensatz zu den anderen Capcom-Collections leider verzichtet wurde. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig selbständig zu speichern, um vor allem in den Dungeons nach einem gescheiterten Kampf nicht zu viel Fortschritt zu verlieren. Eine Auto-Speicher-Funktion fehlt ebenfalls, wodurch manuelles Speichern noch wichtiger wird.
Gelungene Umsetzung
Optisch können die Mega-Man-Battle-Network-Spiele ihre Game-Boy-Advance-Herkunft nicht verbergen. In durchaus schicker Pixelgrafik, die entsprechend hochskaliert und aufgehübscht wurde, erleben wir ein Abenteuer, das jederzeit nach Handheld schreit. Das fällt jedoch nicht störend auf, da sowohl Spielwelt als auch Charakter- und Gegner-Modelle zu gefallen wissen. Wie groß das Bild wirklich sein soll, dürfen wir in den Optionen einstellen. Der freie Bereich wird mit einem von zehn jederzeit wechselbaren Hintergründen gefüllt. Die musikalische Untermalung passt zu den Spielen, kann mit der Zeit aber etwas langweilig werden. Allzu störend ist das aber zu keiner Zeit, dafür sind die Mega-Man-Battle-Network-Spiele zu unterhaltsam.
Wie bei fast allen Spielesammlungen, hat Capcom auch der Mega Man Battle Network Legacy Collection einen ordentlichen Bonusbereich spendiert. Dort können wir uns Artworks, Konzeptzeichnungen und andere Bilder rund um die Spiele ansehen, der Musik lauschen oder die Trophäen ansehen. Ein Umfang, der sich wirklich sehen lassen kann und uns die Möglichkeit bietet, ein wenig in die Entwicklung der Spiele einzutauchen.
Fazit
Da ich als Mega-Man-Fan der NES- und SNES-Ära die Mega-Man-Battle-Network-Spiele leider verpasst habe, habe ich mich über die Ankündigung der Neuveröffentlichung aller Teile wirklich gefreut. Die Mega Man Battle Network Legacy Collection Vol. 1 & 2 kann sich hinsichtlich des Umfangs mit allen sechs Teilen beziehungsweise Spielen sowie umfangreichem Bonusmaterial wirklich sehen lassen. Angesichts der stets interessanten und ausreichend motivierenden Geschichten stört mich auch nicht, dass diese etwas seicht ausfallen und an typische Samstagnachmittag-Anime-Serien erinnern. Zumal mir Lan, Mega Man und die anderen Figuren mit der Zeit immer mehr ans Herz wachsen. Hier zeigt sich eindeutig der Vorteil, dass die Spiele aufeinander aufbauen und somit eine Entwicklung bei den Charakteren zeigen. Das taktische Kampfsystem mag sich im Laufe der sechs Spiele kaum verändern, doch das stört mich nicht. Dafür funktionieren die Echtzeitauseinandersetzungen mit Runden- und Deckbuilding-Mechaniken zu gut. Ich bin immer gezwungen mein Deck neu zu überdenken und Aktionen gut zu planen, um nicht zu scheitern. Lediglich Rückspul- und Auto-Speicher-Funktionen hätten die Spielesammlung noch besser gemacht. Doch auch so, überzeugt die Neuauflage der Mega-Man-Spin-offs und bietet reichlich Action-Rollenspiel-Spaß mit taktischem Ansatz.
Kurzfazit: Spaßige und umfangreiche Mega-Man-Spielesammlungen, die trotz kleiner Schwächen überzeugen.
Vielen Dank an Capcom für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Mega Man Battle Network Legacy Collection!
Details
Titel: Mega Man Battle Network Legacy Collection
Genre: Rollenspiel, Action, Strategie
Publisher: Capcom
Entwickler: Capcom
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 4 (getestet), Switch, PC
Altersfreigabe: ab 6
Erscheinungsdatum: 14. April 2023
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