Rezension: The Case of Hana & Alice (Blu-ray)

Neu an ihrer Schule, muss sich Tetsuko in The Case of Hana & Alice mit einem mysteriösen Mordfall befassen und trifft dabei auf Hana.

Als Tetsuko Arisugawa mit ihrer Mutter umzieht, wechselt die Vierzehnjährige auch die Schule. Vom ersten Tag an wird sie aus unerklärlichen Gründen von ihren Klassenkameraden ausgeschlossen und gemobbt. Grund dafür scheint der ihr zugewiesene Sitzplatz zu sein. Dort soll zuvor ein Schüler gesessen haben, der getötet wurde und dadurch, dass Tetsuko nun dort sitzt, wurde das Siegel, das seinen Geist einschließt, gebrochen. Tetsuko, die von einer Freundin von früher den Spitznamen Alice bekommt, ist jedoch nicht bereit, das Mobbing zu akzeptieren und wehrt sich dagegen. Außerdem will sie herausfinden, was es wirklich mit dem als Judas bezeichneten Mordopfer, das vier Ehefrauen gehabt haben soll und von vier Personen, die ebenfalls Judas heißen, getötet wurde, auf sich hat. Der einzige Hinweis auf den damaligen Vorfall ist Hana Arai, die seit über einem Jahr nicht mehr zur Schule kommt und direkt gegenüber von Tetsuko wohnt.

Alltägliches Mystery-Abenteuer

Bei The Case of Hana & Alice handelt es sich um das Anime-Prequel zum Realfilm Hana to Arisu von 2004. Über zehn Jahre später, hat sich Regisseur Shunji Iwai der Vorgeschichte von Alice und Hana gewidmet und dafür einen im Rotoskopie-Verfahren umgesetzten Anime-Film gewählt. Vorwissen ist für The Case of Hana & Alice nicht notwendig, der Film funktioniert komplett selbstständig. Tetsuko „Alice“ Arisugawa ist mit ihrer Mutter umgezogen und muss deshalb die Schule wechseln. Dort wird die Vierzehnjährige jedoch nicht unbedingt freundlich aufgenommen, was mit einem vermeintlichen Fluch, Mordfall, Siegel und ihrem Sitzplatz zu tun hat. Obwohl The Case of Hana & Alice hier eindeutig Mobbing anspricht, wird auf eine zu ernste Umsetzung verzichtet, ohne die Bedeutung davon zu schmälern. Alice ist lediglich nicht bereit, sich von ihren Mitschülern unterdrücken zu lassen und wehrt sich. Hierbei handelt es sich jedoch nur um die Ausgangslage für das eigentliche Abenteuer, das Alice erwartet.

Allgemein fällt bei The Case of Hana & Alice auf, dass sich der Film Zeit für einen recht langen Aufbau lässt. Tetsuko, die von ihrer Freundin Fuuko, die sie noch aus ihrer Grundschulzeit kennt, den Spitznamen Alice erhält, wird ausführlich vorgestellt. So darf die Protagonistin nicht nur bei ihrem Umzug, ihren ersten Tagen an der Schule oder beim Wiederentdecken des Ballettunterrichts begleitet werden, sondern auch bei einem Treffen mit ihrem Vater und beim Umgang mit dem Verhalten ihrer Klassenkameraden. Entsprechend gemächlich erzählt ist The Case of Hana & Alice. Das passt hervorragend zur bodenständigen Slice-of-Life- und Coming-of-Age-Geschichte, die besonders auf eine glaubwürdige Darstellung von Jugendlichen bedacht ist. Daran ändern auch einige notwendige Überzeichnungen nichts.

Gemeinsames Interesse

Bis Hana ihren ersten richtigen Auftritt hat, dauert es allerdings etwas. Erst nachdem die beiden Hauptfiguren sich kennengelernt haben, nimmt der Film wirklich Fahrt auf. Entsprechend ist die zweite Hälfte von The Case of Hana & Alice interessanter und teilweise auch spannender, ohne dass der Film zuvor langweilig wäre. Vielmehr wird der Vorlauf benötigt, um der Geschichte die richtige Richtung zu weisen und Neugier für das Geheimnis rund um Judas zu wecken. Ein wirklicher Mystery-Thriller sollte aber nicht erwartet werden. The Case of Hana & Alice bleibt stets ein ruhiger, bodenständiger und glaubhafter Coming-of-Age- und Slice-of-Life-Film. Dabei mögen die Charaktere nicht immer nachvollziehbar handeln, doch gerade dadurch wirken sie lebendiger und nahbarer. Allgemein gelingt es hervorragend, ein Gefühl für Alice und Hana zu entwickeln, so dass sie schnell ans Herz wachsen und es überaus unterhaltsam ist, sie bei ihrem Abenteuer zu begleiten.

Aufgrund des Rotoskopie-Verfahrens hat The Case of Hana & Alice einen eher ungewöhnlichen optischen Stil. Die verwendete Technik ermöglicht wesentlich flüssigere und realistischere Animationen. Im Gegensatz zu anderen Rotoskopie-Anime wie Aku no Hana: Die Blumen des Bösen, gelingt es dem Film seltsame, unschöne oder unnatürlich wirkende Szenen zu vermeiden. Auch das Zusammenspiel von Charakteren und Hintergründen ist fast durchweg gelungen, so dass The Case of Hana & Alice zu den wahrscheinlich besten Anime im Rotoskopie-Verfahren gehört. Geschichte, Charaktere und Atmosphäre bieten gemeinsam mit der optischen Darstellung schlichtweg gelungene Genre-Unterhaltung. Die stets passende Musik und die sehr gute deutsche Synchronisation runden den Film ab.

Fazit

Aufgrund der Geschichte, habe ich bei The Case of Hana & Alice ein eher ernstes, vielleicht sogar düsteres Coming-of-Age-Drama erwartet. Doch trotz Themen wie Mobbing und einer Figur, die das Haus nicht mehr verlässt, bleibt der Film unerwartet bodenständig und sanft. Ohne irgendwelche Thematik zu oberflächlich zu behandeln oder sie gar herunterzuspielen, gelingt es The Case of Hana & Alice hervorragend die ernsten Seiten des Lebens mit einem lockeren Alltagsabenteuer rund um ein Schulmysterium und einen Mordfall aufzubauen. Zwar bleibt der Film stets etwas seicht, doch gerade das passt sehr gut zur Ausrichtung der Geschichte, die sich vorwiegend auf die beiden Hauptfiguren und ihr Kennenlernen konzentriert. The Case of Hana & Alice stellt uns die Protagonistinnen, insbesondere Alice, ausführlich vor und zeigt uns, wie sich die beiden Schülerinnen kennenlernen. Das mag mit Kenntnissen des Realfilms Hana to Alice noch etwas anders wirken, doch auch ohne vorher überhaupt von Shunji Iwais 2004er-Werk gehört zu haben, hat mich The Case of Hana & Alice wirklich gut unterhalten. Gerade Slice-of-Life- und Coming-of-Age-Fans dürften Gefallen an dem viel zu unbekannten Film finden. Tatsächlich würde ich jetzt sogar gerne wissen, wie es mit Alice und Hana weitergeht.

Kurzfazit: Schön erzählter Coming-of-Age-Slice-of-Life-Film, der ernste Themen mit einem interessanten Alltagsabenteuer und sympathischen Hauptfiguren verbindet und angenehme Genre-Unterhaltung bietet.

Vielen Dank an KSM Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von The Case of Hana & Alice!

Details
Titel: The Case of Hana & Alice
Originaltitel: Hana to Alice: Satsujin Jiken
Genre: Coming of Age, Slice of Life, Drama, Mystery
Regie: Shunji Iwai
Studio: Steve N‘ Steven, Rockwell Eyes Inc.
Produktionsjahr: 2015
Laufzeit: ca. 99 Minuten (Blu-ray), ca. 95 Minuten (DVD)
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Lenticular Card mit Wackelbild-Effekt, Interview, Trailer
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungstermin: 16. März 2023
Herstellershop: The Case of Hana & Alice bei Anime Planet

© Hana & Alice Production Committee