Rezension: Batora: Lost Haven (PS5)

Als Auserwählte der Gottheiten Sonne und Mond, soll Avril in Batora: Lost Haven die zerstörte Erde wiederherstellen und die Galaxie retten.

Einige Jahre bevor Batora: Lost Haven beginnt, wurde die Erde von einer großen Katastrophe heimgesucht. Zwei Drittel der Menschheit sind gestorben und die Überlebenden schlagen sich in einer harten, von Gewalt und Machtkämpfen gezeichneten Welt durch. Die Freundinnen Avril und Mila leben in den Ruinen Londons. Von Stimmen in Avrils Traum angetrieben, führt die draufgängerische junge Frau ihre Begleiterin durch die von Trümmern gezeichnete ehemalige englische Hauptstadt. Zu diesem Zeitpunkt schlüpfen wir in die Rolle von Avril und dürfen uns mit den ersten Grundlagen von Batora: Lost Haven vertraut machen. Dabei wird das Action-Rollenspiel aus der leicht versetzen Draufsicht dargestellt. Schnell lernen wir die Steuerung und bahnen uns einen Weg über kaputte Busse und eingestürzte Mauern. Auf unserem Weg werden uns Avril und Mila, die eine enge Verbindung zueinander haben, ausreichend vorgestellt, um ein Interesse für sie zu entwickeln.

Interplanetare Weltenrettung

Dieser kurze Prolog dient jedoch nur dazu, die beiden Freundinnen an einen geheimnisvollen Ort unterhalb Londons zu bringen. Hier begegnen sie den mächtigen Wesen Sonne und Mond, die sich selbst als Wächter der Erde bezeichnen und die einstige Katastrophe nicht abwenden konnten. Um die Ordnung wiederherzustellen, haben sie Avril zu ihrer Auserwählten erkoren. Für uns bedeutet das, dass wir fortan verschiedene Planeten bereisen sollen, um die Kraft von deren Kernen zu erlangen. Nur auf diese Weise können wir die Erde, jede andere Welt und die gesamte Galaxie vor dem Untergang bewahren. Ordentlich erzählt, entwickelt sich die Geschichte durchaus spannend und nach einiger Zeit wollen wir wissen, was uns als nächstes erwartet. Gelungene Wendungen sorgen zusätzlich dafür, dass wir tiefer in die Geschehnisse gezogen werden, auch wenn manche Entwicklung vorhersehbar ist. Dank Entscheidungsmöglichkeiten haben wir sogar Einfluss auf den Verlauf der Geschichte, Avrils persönliche Sichtweise auf ihre Aufgabe und das Verhältnis zu wichtigen Charakteren, denen wir im Laufe des Abenteuers begegnen.

Zudem ist jede Entscheidung entweder dem Verteidiger- oder Eroberer-Pfad zugeteilt. Entsprechend haben wir stets nur zwei Wahlmöglichkeiten, die sich jedoch deutlich unterscheiden. Welchem Weg wir folgen, hat außerdem Einfluss auf unsere Möglichkeiten Avril anzupassen. Folgen wir vorwiegend dem Verteidiger-Pfad, erhalten wir bei Levelaufstiegen entsprechende Runenpunkte. Bei einem Fokus auf den Eroberer-Pfad erhalten wir hingegen die hier zugehörigen Runenpunkte. Da ausgerüstete Runen, die wir im Laufe des Spiels finden oder kaufen können, den größten Einfluss auf Avrils Attribute sowie Fähigkeiten hat, können die dafür notwendigen Punkte eine große Rolle spielen. Schließlich verbraucht jede Rune eine bestimmte Anzahl an Punkten und nur wenn wir ausreichend davon haben, können wir mehrere ausrüsten. Zusätzlich gibt es noch neutrale Runen und Punkte.

Physisch und mental

Batora: Lost Haven setzt auf ein recht klassisches, direktes Kampfsystem. Per Knopfdruck führen wir einen Angriff aus. Fähigkeiten und Ausweichaktion stehen uns ebenfalls zur Verfügung. Auf diese Weise attackieren wir Gegner, vermeiden Treffer und sammeln Erfahrungspunkte, die uns irgendwann Levelaufstiege gewähren. Zu beachten ist dabei, dass Gegner genauso wie Avril zwei verschiedene Zustände haben können. Entweder sie sind physischer oder mentaler Natur. Zu erkennen ist das an der orangenen oder lilanen Farbe, die die Gegner vorwiegend auszeichnet und auch im sie umgebenden Kreis vorhanden ist. Manche Feinde können auch beiden Naturen angehören oder zwischen ihnen wechseln. Letzteres gilt vor allem für die durchaus knackigen und spannenden Bosse. Wollen wir Gegnern Schaden zufügen, müssen wir schnell unsere eigene Ausrichtung ändern. Per X-Button wechseln wir ohne Verzögerung zwischen physischem und mentalem Status von Avril. Dabei unterscheiden sich unsere Angriffe deutlich. Im physischen Zustand greift Avril auf ein riesiges Schwert zurück, während sie mit mentaler Ausrichtung auf Fernangriffe zurückgreift. Da Gegner gegen die jeweils andere Natur Resistent sind, nehmen sie kaum oder gar keinen Schaden, wenn wir sie mit falschem Status angreifen. Dafür können wir, sobald die entsprechende Fähigkeit freigeschaltet ist, auf diese Weise Orbs, die uns Lebensenergie, Stärkungen oder besondere Talente gewähren, füllen. Hier ist also taktisches Vorgehen gefragt.

Zu beachten ist nun, dass fast jede Rune neben einem Bonus auch einen Malus hat. Dadurch kann sich dann zwar unser Angriff erhöhen, im Gegenzug nimmt aber der kritische Schaden oder die Verteidigung ab. Oft haben wir hier auch ein Wechselspiel zwischen den beiden Ausrichtungen, so dass ein Bonus für den einen Status einen Malus für Avrils andere Form bedeutet. Es ist also wichtig gut zu überlegen, welche Runen wir ausrüsten wollen. Zusätzlich ist der Platz für Runen begrenzt. Das mag zu Beginn kaum eine Rolle spielen, kann später aber unsere Entscheidung beeinflussen.

Gelungene Knobeleien

Abseits der Kämpfe konfrontiert uns Batora: Lost Haven regelmäßig mit teilweise durchaus kniffligen Rätseln. Von einfachen Schalteraufgaben bis hin zu Labyrinthen wird dabei ausreichend Abwechslung geboten. Wenig überraschend spielen Avrils beiden Ausrichtungen hierbei ebenfalls eine zentrale Rolle. Oft müssen wir während einem Rätsel zwischen physischem und mentalem Segen wechseln, um weiterzukommen und die Aufgabe zu lösen. Hier nutzt das Action-Rollenspiel die gegebenen Möglichkeiten gekonnt aus und stellt uns vor einige durchaus fordernde Kopfnüsse oder Geschicklichkeitsaufgaben. Genau die richtige Abwechslung, um die ebenfalls kurzweiligen Kämpfe in den richtigen Momenten aufzulockern. Manchmal hat unsere Entscheidung in der Geschichte sogar Einfluss darauf, ob wir einen Kampf- oder einen Rätselabschnitt absolvieren müssen, um weiterzukommen.

Dank ausreichend sammelbarer Währung, Materialien und Truhen motiviert das Action-Rollenspiel außerdem dazu, die zwar meist eher überschaubaren und linearen, aber dennoch ausreichend weitläufigen Gebiete der Planeten ausführlich zu erkunden. Schließlich wollen wir kein Geheimnis verpassen. Und das können wir sogar, da Kodex-Einträge, die uns mehr über die Planeten, ihre Bewohner, Kultur und dergleichen verraten, ebenfalls in der Spielwelt zu finden sind. Entsprechend motiviert sind wir, uns genau umzusehen und zugleich der Geschichte zu folgen. Diese wird neben Avril auch von Mila und anderen Charakteren sehr gut getragen. Schon nach kurzer Zeit sind uns die beiden Freundinnen sympathisch, während wir anderen Figuren gegenüber skeptisch bleiben oder an ihren Reaktionen zweifeln. Genauso muss das sein, da sich hier die Vielfältigkeit der Charaktere zeigt. Neben Sonne und Mond sticht besonders die titelgebende Batora hervor. Die geheimnisvolle Frau dient zum Einen zum Erwerb seltener Runen, nimmt aber auch in der Geschichte eine zentrale Rolle ein und ist wirklich ausgezeichnet geschrieben.

Präsentiert wird das Action-Rollenspiel in einem schicken Comic-Stil, der in schöne 3D-Optik übertragen wurde. Besonders die Charaktermodelle, die wir in Gesprächen immer wieder als detailreiche Zeichnungen betrachten dürfen, gefallen uns wirklich gut. Zudem trumpft Batora: Lost Haven mit aufwendigen Effekten auf und läuft absolut flüssig. Leider fallen Musik und Soundeffekte etwas zu unspektakulär aus, um wirklich zu überzeugen. Immerhin tragen sie ausreichend zur Stimmung bei. Im Gegensatz dazu ist die englische Vertonung hochwertig und die Charaktere werden glaubhaft zum Leben erweckt. Die kleineren Fehler in den sonst sehr guten deutschen Texten sind problemlos zu verzeihen.

Fazit

Batora: Lost Haven ist im Kern ein recht typisches Action-Rollenspiel aus der isometrischen Perspektive. Als Avril erkunde ich eher lineare, aber ausreichend weitläufige Gebiete, bekämpfe in actionreichen Kämpfen Gegner, löse regelmäßig gelungene Rätsel und werde mit knackigen Bossen konfrontiert. Bereits das ist wirklich gut und hat mir viel Spaß gemacht. Die große Besonderheit von Batora: Lost Haven ist jedoch die vielleicht nicht komplett neue, aber gekonnt genutzte Zustandswechsel-Funktion. In Kämpfen oder Rätseln verändere ich zügig Avrils Ausrichtung, um entweder mit physischen oder mentalen Kräften zu agieren. Das bringt Abwechslung mit sich und ist optisch zudem wirklich schön umgesetzt. Zusätzlich schafft es die Geschichte, mein Interesse zu wecken, mich vor Entscheidungen mit spürbaren Auswirkungen zu stellen und wird von sympathischen, vielschichtigen Charakteren getragen. Batora: Lost Haven ist ein Action-Rollenspiel-Geheimtipp, den sich Genre-Fans unbedingt anschauen sollten.

Kurzfazit: Kurzweiliges Action-Rollenspiel, das mit interessanten Gameplay-Mechaniken, motivierender Geschichte, Entscheidungen mit Auswirkungen und charmanten Charakteren gelungenen Genre-Spielspaß garantiert.

Vielen Dank an Team17 für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Batora: Lost Haven!