Rezension: Soulstice (Xbox Series X)

Briar und Lute stellen sich im Hack & Slash Soulstice von Reply Game Studios bedrohlichen Monstern und ihren eigenen Dämonen.

Bereits der Einstieg von Soulstice zeigt eindeutig, welche Spiele als Inspiration für das Hack & Slash von Reply Game Studios gedient haben. Als Briar stürzen wir nach einer Einführung in die Geschichte und Hintergründe der Welt gemeinsam mit Trümmern einer Kathedrale in die Tiefe. Auf den Bruchstücken schnetzeln wir uns mit rasanten Kombos durch zahlreiche Gegnerhorden und lernen dabei die wichtigsten Gameplaygrundlagen. Sofort mussten wir an Bayonetta und Devil May Cry denken – und das nur im positiven Sinn. Soulstice schafft es, mit den ersten Minuten ein wohliges Gefühl zu wecken. Fast so, als würden wir nach langer Zeit jemanden wieder treffen. In diesem Fall das viel zu selten bedachte Hack-&-Slash-Genre, das für uns besonders die beiden genannten Spiele repräsentieren. Eine reine Kopie der großen Reihen ist Soulstice aber nicht. Inspiriert von den Genre-Größen, schafft Reply Game Studios ein für sich stehendes Action-Spiel mit eigenen Ideen.

Verbundene Schwestern

Angesiedelt ist Soulstice in einer düsteren Fantasywelt. Das Heilige Königreich Keidas wird von mächtigen, ungezähmten Kreaturen, die von jenseits des Schleiers aus dem Chaos kommen, heimgesucht. Nur die Chimeras des Ordens der Äschernen Klinge können gegen die Bedrohung für die Menschheit bestehen. Die Hybriden aus Mensch und einer an diesen gebundenen Seele sind mächtige Krieger, die mit großen Fähigkeiten in den Kampf ziehen. Briar ist ebenfalls eine Chimera. Verbunden mit der Seele ihrer verstorbenen kleinen Schwester Lute, wurden sie wiedergeboren und dienen als Waffe im Kampf gegen das Chaos. Als die Stadt Ilden von einem riesigen Riss im Schleier vernichtet wird, erhalten die Schwestern den Auftrag, die Ordnung wiederherzustellen. Im Moment ihrer Ankunft setzt die Geschichte von Soulstice nach der Eröffnungsszene ein. Briar und Lute erreichen Ilden und wir dürfen erstmals eines der meist sehr linearen Level erkunden.

Wie im Genre üblich, folgen wir, abgesehen von gelegentlichen Ausnahmen, festen Pfaden und haben nur wenige Möglichkeiten, an Abzweigungen alternative Wege zu wählen. Sollte dies doch einmal möglich sein, dann führen uns diese stets in Sackgassen, in denen wir Items, Kristalle und dergleichen finden können. Negativ ist das aber nicht. Vielmehr gefällt uns gerade die strikte Gestaltung der Level sehr gut. Schließlich liegt der Fokus von Soulstice auf schneller Action und der spannenden und interessanten Fantasy-Geschichte, die mit Coming-of-Age-Elementen rund um die beiden Protagonistinnen angereichert ist. Entsprechend motiviert sind wir, weiterzuspielen, da wir stets wissen wollen, was Briar und Lute als nächstes erwartet, welches große Geheimnis die Stadt Ilden beherbergt und was wirklich hinter ihrem Untergang steckt. Zudem wird auch die Vergangenheit der Hauptfiguren eingebunden und langsam zeichnet sich besonders bei Briar eine erkennbare und nachvollziehbare Entwicklung ab. Hier versteht es Soulstice, ohne die gewohnten Dark-Fantasy-Pfade zu verlassen und viel Eigenständigkeit zu bieten. Dazu trägt auch Synchronsprecherin Stefanie Joosten bei. Sie verleiht Briar und Lute glaubhaft Leben und Persönlichkeit, ohne dass die beiden zu ähnlich klingen. Eine Glanzleistung.

Vielschichtige Action

Ganz dem Genre entsprechend, stehen bei Soulstice vor allem Kämpfe gegen eine Überzahl an Gegnern im Mittelpunkt. Regelmäßig erreichen wir in den Leveln Gebiete, in denen Monster, Verderbte und andere Gestalten erscheinen und unser Leben beenden wollen. Zum Glück sind Briar und Lute in der Lage, sich zu verteidigen. Dabei greift Briar auf ein riesiges Schwert zurück mit dem wir uns mit unterschiedlichen Kombos gegen die Feinde wehren. Zusätzlich können wir unterschiedliche Nebenwaffen wir einen Hammer, eine Peitsche oder einen Bogen einsetzen. Jede davon bringt Vorteile gegen andere Gegnertypen. So ist die Hand der Vergeltung, ein mächtiger Kriegshandschuh, besonders geeignet, um die Rüstung gepanzerter Gegner zu zertrümmern. Blitzschnell reihen wir Angriffe aneinander und verbinden die unterschiedlichen Waffen zu brachialen Kombos. Lute ist fest mit ihrer Schwester verbunden und greift ebenfalls aktiv in den Kampf ein. Besonders für die Verteidigung gegen Angriffe ist sie unverzichtbar, da sie Gegner zurückschlagen, einfrieren oder ihre Attacken kontern kann. Dafür müssen wir im richtigen Moment den B-Knopf drücken. Eine entsprechende Anzeige weist uns darauf hin. Im Kampfgeschehen ist das aber nicht immer so leicht wie es klingt.

Zusätzlich kann Lute jederzeit ein Beschwörungs- oder Verbannungsfeld aktivieren. Die als blaue oder rote Sphäre um uns herum zu sehenden Felder helfen uns dabei, bestimmte Gegner angreifen zu können. Geistern können wir beispielsweise nur Schaden zufügen, wenn sie im Einfluss des blauen Beschwörungsfeldes sind. Allerdings erhöht sich Lutes Entropie, wenn die Felder aktiv sind und wir keine entsprechenden Feinde angreifen. Lassen wir die Felder zu lange aktiviert, verschwindet Lute für eine kurze Zeit und kann uns nicht mehr helfen – das gilt auch für das Abwehren von Angriffen. Hier ist also ein guter Blick auf die Entropie und taktisches Vorgehen gefordert. Gerade in der Hektik der Kämpfe nicht so leicht. Gelingt uns die Kombination von Briars und Lutes Fähigkeiten, steigern wir die Einheit zwischen den beiden Schwestern. Ist diese groß genug, führen wir nach Abschluss bestimmter Kombos mächtige Synergieangriffe aus. Außerdem haben wir bei hoher Einheit ab einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit, Briar in einen Rauschzustand zu versetzen. Während der stark befristeten Zeit, schnetzeln wir uns wie eine wahre Bestie durch die Gegner und dürfen sogar zum Abschluss einen Spezialangriff durchführen. Gerade die Verbindung der verschiedenen Möglichkeiten bringt viel Dynamik und Abwechslung in die spaßigen Kämpfe.

Ablenkung und Anpassung

Abseits der Action müssen wir gelegentlich kleine Rätsel oder Geschicklichkeitseinlagen lösen. Wirklich fordernd sind diese jedoch genretypisch nicht. Nie haben wir wirkliche Probleme, die Lösung zu finden oder Sprünge richtige zu platzieren. Allerdings nutzt Soulstice auch hier die unterschiedlichen Fähigkeiten der Schwestern. Während wir mit Briar springen, laufen und schnell zu Podesten hetzen, setzt Lute auf Beschwörungs- und Verbannungsfelder. Diese brauchen wir etwa um auf bestimmten Plattformen stehen oder einige Kristalle zerstören zu können. Auch einige Fallen wie die explodierenden ätherischen Dornen können wir nur mit dem richtigen Einsatz von Lutes Beschwörungsfeld meistern. Selbiges gilt für Kristallvorkommen, die je nach Farbe eines der anderen Felder benötigen und eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit für die wertvollen Währungen des Action-Spiels einbringen. Hier setzt Soulstice auch bei Erkundung und Rätseln die unterschiedlichen Fähigkeiten der Schwestern sinnvoll ein.

Zwischen den Kapiteln und bei Layton, einem Abgesandten des Ordens der Äschernen Klinge, dürfen wir Briars und Lutes Fähigkeiten verbessern. Auf diese Weise schalten wir neue Kombos für unsere Waffen frei, verbessern den Einsatz der Nebenwaffen oder erhöhen in Talentbäumen Lutes Fähigkeiten bei Offensive, Defensive und Feldern. Wichtig hierbei ist, dass wir gekaufte Fähigkeiten jederzeit wieder zurücksetzen können, um Lutes Ausrichtung zu ändern. Das ist nicht nur für eine eventuelle Anpassung unserer Taktik und unseres Spielstils praktisch, sondern hat auch Einfluss auf den dominierenden Aspekt. Dieser hat wiederum Einfluss auf Briars Rauschzustand, wie Lute während dieser agiert und welchen Spezialangriff wir durchführen dürfen. Außerdem können wir unsere wohlverdienten Kristalle im Laden gegen unterschiedliche Gegenstände für Heilung, gegen die Auswirkung der Entropie oder um den Einheitslevel zu maximieren einlösen. Hier erfüllt Soulstice den Genre-Standard. Entsprechend überrascht es nicht, dass wir auch Gesundheits- und Entropie-Erweiterungen in den Leveln finden können. Haben wir drei der jeweiligen Splitter, erhöht sich die entsprechende Anzeige. Zudem sind in vielen Leveln Herausforderungen versteckt, die wir, sobald wir sie gefunden haben, auch über das Hauptmenü jederzeit spielen dürfen. Eine schöne, wenn auch genretypische zusätzliche Herausforderung mit teilweise recht schwierigen Vorgaben. Und wenn wir schon dabei sind: Den Schwierigkeitsgrad dürfen wir jederzeit in der Kapitelauswahl ändern. Allerdings stehen nicht alle Schwierigkeitsgrade von Anfang an zur Verfügung und wenn wir auf einer niedrigen Stufe vorangeschritten sind, müssen wir vorherige Kapitel erst auf höheren Einstellungen absolvieren, um spätere Kapitel in diesem auswählen zu dürfen.

Stimmungsvolle Präsentation

Technisch weiß Soulstice wirklich zu gefallen. Der leicht comichafte, aber düstere Stil passt hervorragend zum Spiel und sorgt dafür, dass ein geringerer Aufwand für die Grafik notwendig ist als bei einer realistischen Darstellung. Dennoch fällt auf, dass Soulstice keine Triple-A-Produktion ist. Gestört hat uns das aber zu keiner Zeit, da sich die Umgebungen einfach glaubhaft anfühlen und Geschichte sowie Action gekonnt unterstützen. Sicher, teilweise fehlt es ein wenig an Abwechslung in der Levelgestaltung, aber das legt sich mit der Zeit und der dunkle, städtische Schauplatz wird ausreichend genutzt. Etwas mehr optische Abwechslung wäre manchmal trotzdem schön gewesen. Das ist aber bereits meckern auf hohem Niveau. Dank verschiedener Grafikmoduseinstellungen mit Fokus auf Performance, Auflösung oder der Balance zwischen beidem können wir unsere Spielerfahrung zudem unseren Wünschen anpassen. Ruckler oder Einbrüche der Bildwiederholrate sind uns nicht aufgefallen. Soulstice läuft auf der Xbox Series X butterweich, wovon natürlich besonders die schnelle Action merklich profitiert. Ähnlich überzeugen kann das Hack & Slash bei der stimmungsvollen Sound- und Musikuntermalung, die zwar nicht dauerhaft im Gedächtnis bleibt, aber für eine passende Stimmung sorgt. Auch die englische Vertonungen und die deutschen Texte wissen zu überzeugen und garantieren ein rundes und spannendes Hack-&-Slash-Erlebnis.

Fazit

Als großer Genre-Fan habe ich mich auf Soulstice gefreut. Bereits die ersten Minuten haben wohlige Erinnerungen an Bayonetta und Devil May Cry geweckt und gezeigt, welche Qualität das Hack-&-Slash zu bieten hat. Reply Game Studios haben es geschafft, die Essenz des Genres einzufangen und mit eigenen Ideen anzureichern. Das Ergebnis ist ein spaßiger Genre-Vertreter, der sich vor den großen Reihen nicht verstecken muss. Gerade die schnelle Action hat mich immer wieder motiviert weiterzuspielen. Dazu gesellt sich eine spannende Geschichte mit einem interessanten Protagonistinnen-Duo, das der düsteren Fantasy-Erzählung einen Coming-of-Age-Anstrich verleiht. Briar und Lute verstehen es, Soulstice abseits des Gameplays zu tragen und obwohl Soulstice sicherlich keine neuen Wege im Dark-Fantasy-Genre geht, ist das Hack & Slash erzählerisch stets gelungen genug, um bei Laune zu halten. Schon früh wollte ich wissen, was hinter den Ereignissen in Ilden steckt und welchen Hindernissen sich die Schwestern noch stellen müssen. Dank einiger gelungener Wendungen wird zudem stets ausreichend Spannung geboten. Damit ist Soulstice sowohl spielerisch als auch erzählerisch ein wirklich unterhaltsames Hack-&-Slash-Spiel, das sich Genre-Fans unbedingt anschauen sollten. Für mich ist Soulstice eine Genre-Perle, die unbedingt Aufmerksamkeit verdient hat.

Kurzfazit: Packendes Hack-&-Slash-Action-Spiel, das mit brachialen, schnellen Kämpfen, spannender Geschichte und interessantem Protagonistinnen-Duo Spielspaß garantiert.

Vielen Dank an Modus Games für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Soulstice!

Details
Titel: Soulstice
Genre: Hack & Slash, Action
Publisher: Modus Games
Entwickler: Reply Game Studios
Spieler: 1
Syteme: Xbox Series X|S (getestet), PlayStation 5, PC
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 20. September 2022