Rezension: Cult of the Lamb (Xbox)

Ein Lamm errichtet in Cult of the Lamb als Diener einer bösen Gottheit einen Kult und bekämpft ketzerische Bischöfe.

Lämmer sind niedlich und unschuldig. So zumindest dürften viele die wolligen Vierbeiner sehen. Dass ein Lamm auch anders sein kann, beweist Massive Monster mit Cult of the Lamb. Im Spiel des britisch-australischen Entwicklerstudios ist es unsere Aufgabe als Lamm einen Kult aufzubauen und die vier Bischöfe des alten Glaubens zu bezwingen. Dabei wird auf einen ungewöhnlichen Genre-Mix aus Roguelike-Action-Adventure und Aufbau-Management-Strategie sowie reichlich schwarzen Humor und eine niedliche Optik gesetzt. Schon nach kurzer Zeit ist uns klar: Cult of the Lamb ist mehr als nur ein Indie-Geheimtipp.

Kampfstarkes Lamm

Zu Beginn von Cult of the Lamb sollen wir beziehungsweise das Lamm, das wir spielen, von den vier Bischöfen des alten Glaubens geopfert werden. Damit soll endgültig eine Gefahr für die vier mächtigen Wesen gebannt sein. Allerdings rettet uns der von den Bischöfen angekettete und eingesperrte Eine der Wartet. In seinem Namen ist es nun unsere Aufgabe einen Kult zu errichten, stärker zu werden und die Bischöfe zu beseitigen, damit der Eine der Wartet befreit wird. Schon kurz nach unserer Ernennung zum Kultanführer und heiligen Kämpfer, finden wir uns im ersten Dungeon wieder. Hier lernen wir die Grundlagen des Roguelike-Action-Adventure-Teils von Cult of the Lamb kennen.

In der Rolle des Lamms durchstreifen wir zufällig generierte Dungeons, die aus unterschiedlichen Abschnitten bestehen. Hauptmerkmal sind die Kampfgebiete, die aus mehreren kleinen, aneinandergrenzenden Räumen bestehen. Hier treffen wir auf Gegner, die wir in schnellen Kämpfen besiegen müssen. Das Kampfsystem funktioniert dabei wirklich hervorragend und geht schon nach kurzer Zeit locker von der Hand. Angriffe, Zauber und Ausweichen reihen wir fix aneinander und schließen so einen Raum nach dem anderen ab. Allerdings müssen wir natürlich auch darauf achten, nicht selbst Schaden zu nehmen. Heilung ist in den Dungeons rar gesät. Zusätzlich können wir in den Dungeons Materialien, Geld und Anhänger finden. Nur damit können wir unseren eigenen Kult aufbauen.

Zudem erhalten wir Tarotkarten mit passiven Boni. Diese sind genauso zufallsgeneriert wie die Waffe und der Zauber, die wir beim Betreten eines Dungeons erhalten. Entsprechend oft passen wir unseren Spielstil an, da sich die schwerfällige aber starke Axt deutlich vom schnellen aber mit kleiner Reichweite ausgestatteten Dolch unterscheidet. Meist können wir in den Dungeons unsere Waffe und Zauber mindestens einmal wechsel, doch auch hier entscheidet der Zufall, was wir mitnehmen können. Eine Wahl haben wir trotzdem und somit einen kleinen Einfluss darauf, wie wir den Bossgegnern und schließlich Bischöfen entgegen treten. Da wir mit der Zeit zusätzliche Effekte freischalten, ist es auch bei identischen Waffentypen wichtig, auf die Feinheiten zu achten. Wollen wir lieber mit einer Giftaxt Feinde vergiften oder mittels Nekromantenaxt über die Toten herrschen? Die Wahl liegt im Rahmen des Zufallsgenerierung bei uns.

Tierischer Kult

Abseits der Dungeons ist es unsere Aufgabe, unseren eigenen Kult aufzubauen. Dafür müssen wir Anhänger rekrutieren und bekehren, Gebäude errichten, Nahrungsmittel sammeln, kochen und vieles mehr. Früh im Spiel erhalten wir einen Ort, an dem wir unser Lager aufschlagen. Hier errichten wir einen Tempel und eine Statue von uns. Außerdem müssen wir Schlafmöglichkeiten für unsere Anhänger bauen, Rohstoffe abbauen, Farmen errichten und für das Wohlbefinden der Kultisten sorgen. Gerade letzteres ist wichtig, da unzufriedene Anhänger aufbegehren können und schließlich versuchen, unseren Glauben zu diskreditieren. Im schlimmsten Fall verlassen Kultisten uns sogar und das wollen wir natürlich nicht. Deshalb errichten wir neben immer besseren Schlafplätzen auch Toilettenhäuschen, Farmen, Reinigungsposten, Heilquartiere und mehr. Aber Vorsicht, Rohstoffe und Geld sind gerade zu Beginn sehr knapp bemessen und wir müssen uns gut überlegen, was wir als nächstes benötigen.

Neue Gebäude erhalten wir, in dem unsere Anhänger an der großen Statue im Zentrum unseres Kultes beten. Wurde genug Hingabe gesammelt, kommt es zu einer göttlichen Inspiration und in einem weitläufigen Forschungsbaum dürfen wir neue und bessere Bauten sowie kleinere passive Aufwertungen freischalten. Nur auf diese Weise können wir unsere Kultstätte immer mehr verbessern, für angenehmere Lebensbedingungen sorgen und unsere Sekte wachsen lassen. Damit aber nicht genug, können unsere Anhänger auch erkranken, altern und sterben. In erstem Fall müssen wir ihnen Bettruhe verordnen. Beim Ableben heißt es, ihre Leichen zu begraben, da herumliegende Tote die Stimmung und somit auch den Glauben unserer Anhänger drücken. Zudem müssen wir darauf achten, dass unsere Kultisten nicht hungern.

Aufbau eines Kultes

Neben der Verwaltung unseres Kultes für unsere Anhänger, müssen wir natürlich auch an unserem Glauben arbeiten. Dafür können wir in unserem Tempel täglich eine Predigt halten. Das bringt nicht nur mögliche Erfahrung für Kultisten, die diese auch auf andere Weise erhalten können, und somit Levelaufstiege, sondern schaltet bei ausreichend gesammelter Anbetung auch neue passive Effekte für die Dungeonerkundung frei. So erhalten wir auf diese Weise etwa neue Waffenarten mit unterschiedlichen Effekten wie zum Beispiel Gift. Außerdem können wir hier auch beeinflussen, wie viele neue Zauber wir in einem Dungeon finden.

Haben wir einen Gebotsstein, dürfen wir in einer der fünf Kategorien Jenseits, Arbeiten und Beten, Besitztümer, Gesetz und Ordnung und Versorgung eine neue Doktrin erlassen. Dabei stehen pro Kategoriestufe immer zwei Verordnungen zur Auswahl. Dabei gilt es zu beachten, dass wir nur eine der beiden Doktrin für unseren Kult freischalten können, die jeweils andere ist dauerhaft nicht mehr verfügbar. Wir müssen uns also gut überlegen, in welche Richtung wir unseren Kult entwickeln wollen. Besonders, weil verschiedene Möglichkeiten wie Rituale oder Gebäude von Doktrinen abhängen können. Gerade Rituale sind essentiell, da sie uns Boni gewähren und die Möglichkeit bieten, den Kultglauben zu erhöhen. Wollen wir etwa Anhänger opfern können? Sollen Begräbnisse stattfinden? Oder ist es uns wichtig einen Glaubensvollstrecker zu ernennen? Nur wenn wir die nötigen Doktrine erlassen, ist uns das möglich. Hier bietet Cult of the Lamb schöne Anpassungsmöglichkeiten, die uns mehrmals vor eine schwere Wahl gestellt haben.

Ebenfalls im Tempel können wir mit seltenen besonderen Amuletten, die wir durch bestimmte Nebenquests erhalten können, neue Roben für unser Lamm freischalten. Diese gewähren unterschiedliche Effekte. Beispielsweise erhöht sich mit dem Goldenen Vlies unser Schaden mit jedem besiegten Feind, allerdings wird der Bonus bei einem erlittenem Schaden zurückgesetzt. Zudem verlieren wir doppelt so viele Herzen wie normalerweise. Daran ist zu erkennen, dass wir uns gut überlegen müssen, welches Gewand uns Lamm tragen soll. Haben wir hingegen einen Bischof bezwungen, dürfen wir einen von vier passiven Effekten freischalten. Dadurch ist es uns beispielsweise möglich, Dungeons jederzeit zu verlassen.

Abseits des Kultes

Damit nicht genug, bietet uns Cult of the Lamb auch abseits unseres Kultes einige Beschäftigungen. Eng mit unseren Anhängern verbunden sind die meisten Nebenquests, da wir sie direkt von den Kultisten erhalten. Erfüllen wir die kleinen Bitten, erhöhen wir das Level des jeweiligen Anhängers und erhalten Glauben. Die Aufgaben können dabei vom Sammeln bestimmter Gegenstände in den Dungeons, über die Aufnahme von Gläubigen bis hin zur Zubereitung einer bestimmten Mahlzeit gehen. Zusätzlich erhalten wir Nebenquests von Bewohnern der Welt, die wir an mit der Zeit verfügbaren Orten außerhalb unseres Lagers treffen können. So sollen wir etwa für einen Angler bestimmte Fische angeln. Damit schalten wir auch das kurzweilige Angelminispiel frei. Sozo hingegen möchte bestimmte Pilze haben. Angesichts der Belohnungen ist es sinnvoll, die Aufgaben zu erfüllen. Schließlich winken neben Geld und Glauben vor allem neue Blaupausen für Dekorationen oder Tarotkarten, die wir zufällig im Dungeon erhalten können.

Als zusätzlichen kleinen Zeitvertreib, dürfen wir sogar einem kleinen Würfelspiel nachgehen. Eine schöne Abwechslung, die wir jedoch gut planen sollten, da unsere Kultisten nicht ruhen und die Zeit unablässig voranschreitet. Entsprechend müssen wir reagieren, wenn ein Anhänger erkrankt oder stirbt, Hunger herrscht oder der Glaube sinkt. Doch gerade das trägt gemeinsam mit dem spaßigen Roguelike-Action-Adventure-Gameplay zum großartigen Spielfluss von Cult of the Lamb bei. Allgemein gelingt es Massive Monster hervorragend die einzelnen Gameplay-Teile miteinander zu verknüpfen und in Einklang miteinander zu bringen. Dadurch ist es ein großer Spaß, die Dungeons zu erkunden, unseren Kult aufzubauen und der Geschichte zu folgen. Dank unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade können wir die Herausforderung unseren Wünschen anpassen.

Doch nicht nur spielerisch, auch technisch weiß Cult of the Lamb fast ohne Schwäche zu überzeugen. Gerade optisch sticht das Spiel mit seinem niedlichen, aber auch morbiden Stil heraus. Die gezeichneten 2D-Charaktere bewegen sich flüssig in der leicht versetzten Draufsicht und sorgen für einen wahrlich visuellen Hochgenuss. Besonders die Liebe zum Detail ist dem Spiel deutlich anzumerken. Da fallen seltene kleine Ruckler auf der Xbox Series X nicht wirklich auf. Etwas anders ist es auf der Xbox One. Hier läuft Cult of the Lamb zwar auch sehr gut, doch gelegentliche Einbrüche der Bildwiederholungsrate sowie längere Ladezeiten sind durchaus auffällig – zumindest im direkten Vergleich mit der neueren Xbox-Konsole. Wirklichen Einfluss auf den Spielspaß hat das aber nie. Zumal wir mit keinen nennenswerten Bugs oder Fehlern zu kämpfen hatten. Abgerundet wird die Präsentation von einem stimmungsvollen Soundtrack und der brabbelnden Fantasiesprache der Tiere, die wunderbar zur leicht düster-mythischen Stimmung passen und die gelungene Atmosphäre perfekt unterstreichen.

Fazit

Seit der Ankündigung, wollte ich Cult of the Lamb spielen. Grafikstil, Gameplay und Genre-Mix haben mich sofort angesprochen und das fertige Spiel hat meine Erwartungen erfüllen können. Es ist ein großer Spaß den eigenen Kult zu errichten, zu verwalten und zugleich Dungeons zu erkunden, Monster zu bekämpfen und die vier Bischöfe des alten Glaubens zu bezwingen. Massive Monster beweist mit Cult of the Lamb ein Händchen für die Verknüpfung unterschiedlicher Gameplay-Elemente und zeigt zugleich eine enorme Liebe zum Detail. Wer auch nur ein bisschen was mit den Genres anfangen kann, sollte sich Cult of the Lamb auf keinen Fall entgehen lassen.

Kurzfazit: Spaßiger Rogulike-Action-Adventure- und Aufbau-Management-Strategie-Mix mit großartigem Gameplay, viel Liebe zum Detail, wunderschöne Grafikstil und angenehmen Spiefluss, der für Stunden fesselt.

Vielen Dank an Devolver Digital für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Cult of the Lamb!

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