Rezension: The House of the Lost on the Cape

Nach einem Erdbeben finden Yui und Hiyori in The House of the Lost on the Cape bei der alten Frau Kiwa Obdach.

Ein verheerendes Erdbeben mit anschließendem Tsunami hat viel Zerstörung mit sich gebracht. In einer Notunterkunft treffen die 17-jährige Ausreißerin Yui und das Waisenmädchen Hiyori aufeinander. Als sich mögliche Schwierigkeiten abzeichnen, gibt sich die alte Frau Kiwa als Großmutter der beiden aus. Gemeinsam ziehen die drei in ein abgelegenes Haus am Kap über der Stadt. Schon bald erkennen Yui und Hiyori, dass ihr neues Heim über besondere Zauberkräfte verfügt. Während Kiwa, Yui und Hiyori langsam zu einer Familie zusammenwachsen, erwacht ein von der Katastrophe befreites Unheil.

Märchenhafte Katastrophenbewältigung

Nicht ganz zehneinhalb Jahre nach dem Tōhoku-Erdbeben im Jahr 2011, befasst sich The House of the Lost on the Cape mit den Folgen einer vergleichbaren Katastrophe aus Erdbeben und Tsunami. Verflochten wird das Schicksal einer jugendlichen Ausreißerin und eines Waisenmädchens zusätzlich mit phantastischen Elementen, die auf die japanische Folklore zurückgreifen. Dabei wird die zu Grunde liegende Katastrophe nicht gezeigt. Der zirka eine Stunde und fünfundvierzig Minuten lange Film beginnt bereits nach den schrecklichen Ereignissen in der Notunterkunft. Yui trifft an einem zerstörten Schrein auf das Waisenmädchen Hiyori und hilft ihr dabei, eine der Löwenhundstatuen von einem Baumstamm zu befreien. Schon kurz darauf lernen die beiden Mädchen die alte Frau Kiwa kennen, die sich als ihre Großmutter ausgibt, um den beiden Mädchen aus einer unangenehmen Situation zu helfen.

Entsprechend lässt sich der Film nicht allzu lange Zeit, um die drei Hauptfiguren im einsamen Haus auf dem Kap zusammenzubringen. Gleichzeitig gelingt es Regisseur Shinya Kawatsura, Drehbuchautorin Reiko Yoshida und dem restlichen verantwortlichen Team bei David Production, schnell ein Gefühl für Yui, Hiyori und Kiwa aufzubauen. Sowohl Yuis Hintergrund als Ausreißerin als auch die Auslöser dafür, dass Hiyori nicht mehr spricht, werden glaubhaft vermittelt. Allgemein gelingt The House of the Lost on the Cape eine hervorragende Charakterdarstellung, -vorstellung und -entwicklung. Zumindest bei den drei Hauptfiguren. Nebencharaktere nehmen zumeist nur kleine Rollen ein, fügen sich aber trotzdem gelungen in die Geschichte ein und tragen ihren Teil zur Vermittlung der Auswirkungen einer großen Katastrophe auf die Menschen bei. Dabei setzt der Film verständlicherweise auf einige Einzelschicksale. Gerade deshalb wirkt alles greifbar und geht zum Teil wirklich nahe. Im Mittelpunkt bleiben aber Yuis und Hiyoris Vergangenheit und eine ihnen bisher unbekannte Seite der Welt.

Wie bereits erwähnt, setzt The House of the Lost on the Cape neben der Verarbeitung einer Naturkatastrophe und deren Auswirkungen auch auf phantastische Elemente. Diese verleihen dem Film einen leicht märchenhaften Anstrich und bringen abseits der berechtigen Drama-, Coming-of-Age- und Slice-of-Life-Anteile der Geschichte genau die richtige Note an Abwechslung und Spannungsaufbau. Vielleicht sind manche Faktoren dabei etwas zu simpel geschrieben, doch ihre Wirkung können sie gerade im Einklang mit den gekonnt ausgearbeiteten Hauptfiguren und ihrem Werdegang entfalten. Dadurch ist The House of the Lost on the Cape gleichzeitig ein bewegendes Drama über Naturkatastrophen, deren Auswirkungen auf die sympathischen Leben der Hauptfiguren und ein märchenhafter Fantasy-Filme. Gerade diese Mischung garantiert angenehme Anime-Unterhaltung, die von den wunderschönen Animationen noch zusätzlich unterstrichen wird. Egal ob detailreiche Landschaften, schicke Charaktermodelle, stilistisch abweichende Legende oder gelungen eingeflochtene Effekte, The House of the Lost on the Cape bietet optischen Hochgenuss. Selbiges gilt auch für die zauberhafte und stimmungsvolle Musikuntermalung, die wunderbar zum Film passt. Die ausgezeichnete deutsche Synchronisation haucht den Figuren zudem glaubhaft Leben ein und unterstreicht endgültig den hohen Unterhaltungswert.

Fazit

The House of the Lost on the Cape ist genau das, was ich erwartet habe: ein märchenhafter Drama-Anime-Filme, der die Naturkatastrophenthematik mit phantastischen Elementen verknüpft. Früh hat mich der von David Production umgesetzte Film gepackt und gerne habe ich Yui, Hiyori und Kiwa in ihrem neuen Leben im Haus auf dem Kap begleitet. Dabei versteht es The House of the Lost on the Cape hervorragend, die Ernsthaftigkeit der Erdbeben- und Tsunamiauswirkungen mit japanischer Folklore zu vereinen. Gerade die gut geschriebenen Charaktere tragen viel dazu bei, dass der Film jederzeit funktioniert und ein Gefühl für die Ängst und Sorgen der Hauptfiguren aufkommt. Es ist leicht Yui, Hiyori und Kiwa ins Herz zu schließen, mit ihnen zu Lachen, Trauern oder Leiden. Dank des zusätzlichen Fantasy-Anstrichs wird The House of the Lost on the Cape niemals zu ernst und bietet somit angenehme Anime-Drama-Unterhaltung, ohne das Hauptthema zu nebensächlich abzuhandeln. Zwar zeigen sich kleinere Schwächen im Handlungsaufbau und gerade das Finale wirkt etwas zu schnell erzählt, das ist aber meckern auf hohem Niveau und schadet dem Film nicht. Fans phantastischer Anime-Filme mit ernster Thematik sollten sich The House of the Lost on the Cape unbedingt ansehen.

Kurzfazit: Märchenhafter Fantasy-Drama-Film der ernste Themen mit phantastischen Elementen verflechtet und eine schöne, bewegende Geschichte mit liebenswerten Hauptfiguren erzählt.

Vielen Dank an Leonine Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von The House of the Lost on the Cape!

Details
Titel: The House of the Lost on the Cape
Originaltitel: Misaki no Mayoiga
Genre: Drama, Slice of Life, Fantasy, Coming of Age
Regie: Shinya Kawatsura
Studio: David Production Inc.
Produktionsjahr: 2021
Laufzeit: ca. 105 Minuten (Blu-ray), ca. 101 Minuten (DVD)
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungstermin: 19. August 2022
Herstellerseite: The House of the Lost on the Cape bei Leonine Anime

©Sachiko Kashiwaba,KODANSHA/2021 The House of the Lost on the Cape Committee.