Rezension: Die Blumen des Bösen: Aku no Hana – Band 1 (Manga)

Eine unbedachte Tat führt dazu, dass Mittelschüler Takao in Die Blumen des Bösen: Aku no Hana Band 1 von seiner Klassenkameradin Sawa in finster Abgründe gezogen wird.

Takao ist ein unauffälliger und introvertierter Mittelschüler, der immer irgendein Buch liest. Besonders die Werke von Charles Baudelaire und dessen Gedichtssammlung Les Fleur du Mal (dt. Die Blumen des Bösen), hat es ihm angetan. Als er eines Tages nach der Schule ein Buch in der Klasse vergisst und alleine dorthin zurückkehrt, entdeckt er den Sportbeutel von Nanako, seinem heimlichem Schwarm. Angezogen vom Verbotenen und aus einem Impuls heraus, begutachtet er Nanakos getragene Sportkleidung und nimmt diese, als er befürchtet erwischt zu werden, mit nach Hause. Aber seine seltsame Klassenkameradin Sawa hat ihn dabei gesehen und nutzt ihr Wissen nun, um ihn zu erpressen. Takao soll sich auf einen Pakt mit Sawa einlassen, dessen Bedingungen er selbst nicht ganz versteht. Weigert er sich, erfährt die gesamte Klasse, was er getan hat. Damit öffnet sich ein Strudel, der die Jugendlichen langsam erfasst und in immer tiefere Abgründe des menschlichen Seins zieht.

Jugendliche Abgründe

Wie der Titel bereits erahnen lässt, hat sich Mangaka Shuzo Shimi bei Die Blumen des Bösen: Aku no Hana von Charles Bauderlaires Gedichtsammlung Les Fleur du Mal inspirieren lassen und den Titel für seine Psychodrama-Manga-Reihe verwendet. Aku no Hana, wie die bei Manga Cult in fünf Sammelbänden erscheinende Reihe im Original heißt, befasst sich mit den Abgründen einiger Mittelschüler. Dabei präsentiert sich Die Blumen des Bösen Band 1, in dem die ersten drei Manga der elfteiligen Reihe zusammengefasst sind, als höchst ungewöhnlich und aus der Masse hervorstechendes Werk. Takao Saeki wirkt wie ein normaler Mittelschüler. Unauffällig und etwas introvertiert liest der Bücherwurm immer irgendein Buch. Besonders Charles Baudelaire und dessen Gedichte haben es ihm angetan. Entsprechend spielt die Gedichtsammlung Die Blumen des Bösen eine recht zentrale Rolle innerhalb der Geschichte und immer wieder wird das Buch selbst gezeigt oder auf die darin angesprochenen Themen eingegangen. Takao sieht sich selbst in der darin beschriebenen Dunkelheit und den düsteren und verdorbenen Ansichten und Gefühlen, die vermittelt werden.

Damit ist dann auch der Grundton von Die Blumen des Bösen Band 1 perfekt beschrieben. Mangaka Shuzo Shimi lässt die Hauptfiguren in ihre eigenen Abgründe versinken, diese immer mehr ausleben und sich gegenseitig noch tiefer herabziehen. Dabei ist es eine einzige Tat Takaos, die alle Ereignisse in Gang bringt. Erst sein impulsiver Diebstahl von Nanakos getragener Sportkleidung führt dazu, dass er in die Fänge der seltsamen und ihre Ansichten frei auslebenden Sawa gerät. Sie hält sich nicht zurück, wird von ihren Klassenkameraden gemieden und zeigt gegenüber Takao ihr wahres Gesicht, ihre eigene Boshaftigkeit, ihre Dunkelheit. Beispielsweise zwingt sie ihm einen Pakt auf, durch den Takao seine Zeit nach der Schule mit ihr verbringen muss. Oder aber sie bringt ihn dazu, Nanakos Sportkleidung selbst anzuziehen – sogar so, dass er sie unter seiner eigenen Kleidung trägt, während er mit Nanako spricht. Gleichzeitig wird aber deutlich, dass Takao längst nicht so unscheinbar ist, wie er anfangs wirkt. Sawa weckt in ihm seine eigenen düsteren Gelüste, die er selbst nicht wahrhaben will. Mit der Zeit entwickelt sich eine krankhafte Beziehung zwischen den beiden, in die auch Nanako immer weiter hineingezogen wird.

Ohne zu viel verraten zu wollen, bleibt Nanako von den menschlichen Abgründen, in die sich Takao durch Sawa begibt, nicht verschont. Alleine schon Takaos Gefühle für Nanako sorgen dafür, dass sie in Kontakt mit dem sich immer weiter aufbauenden Konstrukt der Grausamkeit und des jugendlichen Ausbruchs gerät. Denn letztlich erzählt Die Blumen des Bösen auch von der Verzweiflung der Hauptcharaktere mit ihrem eigenen Leben, ihren Ängsten und ihren tristen Zukunftsaussichten in einer langweiligen Stadt, aus der sie kaum ausbrechen können. Entsprechend überrascht es nicht, dass sich Takao nicht komplett gegen Sawa wehrt und auch Nanako weitaus mehr Bereitschaft zeigt, sich auf Takao einzulassen, als es anfangs vielleicht zu erahnen ist. Damit nicht genug, bietet Die Blumen des Bösen Band 1 dank drei Bänden einen enormen Umfang voller Wendungen, erzählerischen Höhen und einem exzellenten Charakteraufbau, der so selten in einem Manga verwendet wurde. Dabei stellt sich immer die Frage: Was bedeutet eigentlich pervers? Und was ist wirklich normal? Die Blumen des Bösen Band 1 ist der Auftakt einer ungewöhnlichen, düsteren und zugleich mitreißenden Psychodrama-Geschichte, die von ihren fantastisch geschriebenen Figuren und der Erforschung menschlicher Abgründe lebt. Wer sich darauf einlässt, erhält einen einzigartigen Manga, der zugleich optisch hervorragend umgesetzt ist und durch die Zeichnungen wunderbar die bedrückende Atmosphäre transportiert. Nach dem offenen Ende fällt es schwer, nicht sofort weiterlesen zu können und zu erfahren, wie es mit Takao, Sawa und Nanako weitergeht.

Fazit

Die Blumen des Bösen: Aku no Hana war mir bisher nur aufgrund der bereits 2015 bei Kazé Anime erschienen Anime-Serie ein Begriff. Dank Manga Cult erscheint die in Japan zwischen September 2009 und Mai 2014 veröffentlichte Psychodrama-Reihe nun auch auf deutsch. Und bereits der erste Sammelband überzeugt als höchst ungewöhnliches Werk, das die Abgründe der grandios geschriebenen Hauptfiguren erkundet. Grausamkeit, Perversion und die eigenen Gelüste spielen in Die Blumen des Bösen Band 1 eine große Rolle – und das ohne, dass der Manga jemals unrealistisch wird. Takao, Sawa und Nanako sind großartige Charaktere, die glaubhaft umgesetzt sind und deren abstiege in ihre eigenen Abgründe eine faszinierende und zugleich beängstigende Sogwirkung entwickelt. Unterstützt von den stimmungsvollen Zeichnungen, entwickelt sich eine düstere, bedrückende Atmosphäre, die viel zum Lesefluss beiträgt. Jedem wird Die Blumen des Bösen Band 1 nicht gefallen, doch wer sich darauf einlässt, erhält einen Manga, der aus der breiten Masse heraussticht, zum Nachdenken anregt und noch lange im Gedächtnis bleibt.

Kurzfazit: Ungewöhnliches Psychodrama das zum Auftakt mit sehr gut geschriebenen Charakteren und einer düsteren Geschichte sowie der bedrückenden Atmosphäre überzeugt und aus der Manga-Masse hervorsticht, aber nicht jedem gefallen wird.

Vielen Dank an Manga Cult für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Die Blumen des Bösen: Aku no Hana – Band 1!

Details
Titel: Die Blumen des Bösen: Aku no Hana – Band 1
Originaltitel: Aku no Hana
Genre: Drama, Psychodrama, Thriller, Romantik
Verlag: Manga Cult
Mangaka: Shuzo Oshimi
Seiten: 592
Preis: 20,00 €
ISBN: 978-3-96433-528-9
Verlagsseite: Die Blumen des Bösen: Aku no Hana – Band 1 bei Manga Cult
Erscheinungsdatum: 04. November 2021

© Shuzo Oshimi / Kodansha Ltd. / Manga Cult