Rezension: Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō – Vol. 1 (Blu-ray)

Optisch opulent versetzt Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō Volume 1 die literarische Vorlage in ein klassisch angehauchtes Science-Fiction-Szenario.

Alexandre Dumas’ Der Graf von Monte Christo gehört wahrscheinlich zu den bekanntesten Literaturklassikern der Welt. Bereits 2004 und 2005 hat Regisseur Mahiro Maeda eine Anime-Adaption des Stoffes in einem klassisch angehauchtem Science-Fiction-Szenario beim Studio Gonzo umgesetzt. Die im Original als Gankutsuō bekannte 24-teilige Serie hat damals keine deutsche Veröffentlichung erhalten, gilt aber trotzdem bei vielen Fans als moderner Anime-Klassiker. Zu verdanken ist das sicherlich auch dem ungewöhnlichen mosaikartigen Animationsstil, der der Serie eine ganz eigene Optik verleiht. Anfang August ist nach über fünfzehn Jahren Der Graf von Monte Christo – Gankutsou Volume 1 mit den ersten acht Episoden bei KSM Anime erschienen und beweist, dass die Serie trotz ihres Alters auch heute noch funktioniert.

Intrigenhafte Aristokratie

Wie erwähnt ist Mahiro Maedas Version von Der Graf von Monte Christo nicht im Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts, sondern in der fernen Zukunft des Jahres 5053 angesiedelt. Entsprechend dient die Vorlage auch eher als Grundlage für die frei erzählte Rache-Geschichte des titelgebenden Edelmanns. Anders, als etwa in Alexandre Dumas’ Roman, nimmt nicht alleine der Graf von Monte Christo die Hauptrolle ein, sondern auch der junge Adelige Albert de Morcerf dient als Protagonist der Geschichte. Zum großen Teil wird diese sogar aus der Sicht des Vicomte und Sohnes des einflussreichen und angesehenen Generals Fernand de Morcerf erzählt. So ist es Albert, der mit seinem Freund Franz d’Epinay die Mondstadt Luna besucht und dort den Grafen von Monte Christo kennenlernt. Sofort ist Albert von dem charismatischen Aristokraten, von dem es heißt, ein Vampir oder Außerirdischer zu sein, beeindruckt. Aufgrund der Erlebnisse auf Luna, in deren Verlauf Albert von Banditen entführt wird, fühlt er sich noch verbundener mit dem Grafen. Entsprechend ist er auch sofort bereit, diesem die hohe Gesellschaft von Paris vorzustellen.

Erst nachdem die Handlung von Luna in die isolierte und von privilegierten Aristokraten bewohnte französische Hauptstadt wechselt, nimmt die Serie richtig Fahrt auf. Es wird immer deutlicher, dass hinter dem Grafen von Monte Christo mehr steckt, als er selbst offenbart. Kenner des Stoffes wissen natürlich, dass er nach Rache an einigen der einflussreichsten Familien von Paris sucht. Entsprechend überrascht es nicht, dass schon bald erste Intrigen, Ränkespiele, arrangierte Ehen, Betrug, Liebeleien, Affären und dergleichen auftreten. Mit seinem charismatischen Auftreten und seinem großen Vermögen ist es für den Grafen ein Leichtes, sich in der hohen Gesellschaft einen Namen zu machen. Da Mahiro Maeda bei seiner Umsetzung auf die Anfänge der Vorlage verzichtet und direkt mit der Rückker des Grafen einsetzt, bleibt vorerst auch noch offen, was sich genau in der Vergangenheit abgespielt hat. Zwar sind einige Elemente der weltberühmten Geschichte so bekannt, dass sie kaum mehr überraschen. Aufgrund der zahlreichen Abweichungen von der Vorlage, schafft es die Anime-Serie aber trotzdem regelmäßig, mit kleineren Wendungen zu überraschen. Besondere Spannung entsteht aber durch die verschiedenen Beziehungen der Charaktere zueinander. Erst langsam offenbaren sich engere Verbindungen. Sind es anfangs vor allem Albert, Franz und deren Freunde, werden mit der Zeit immer mehr auch die Eltern der adeligen Jugendlichen in die Geschichte eingebaut.

Oppulente Zukunftsvision

Es ist offensichtlich, dass Mahiro Maeda und das Team beim Studio Gonzo ein Händchen für die Inszenierung der Handlung haben. Gerade Albert ist offensichtlich auf der Suche nach sich selbst, der Bedeutung seines Lebens und hadert mit seiner aristokratischen Abstammung. Darunter leidet natürlich auch seine Beziehung zu seiner arrangierten Verlobten Eugénie, der Tochter des mächtigen Bankiers Baron Julian Danglars. Letztlich ist bei ihnen genauso offen wie sie wirklich zueinander stehen wie bei Franz und dessen Verlobte Valentine, die wiederum die Tochter des königlichen Richters Gerard de Villefort ist. Schon in den ersten acht der vierundzwanzig Episoden greifen die unterschiedlichen Beziehungen, Intrigen und Machenschaften ineinander. Vergangen Taten werden aufgedeckt und langsam aber sicher zeichnet sich ab, dass der Graf etwas weitaus Größeres plant als nur seine Etablierung im Pariser Adel. Dabei bleibt Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō Volume 1 bis zum offenen Ende hochspannend, fesselnd und mitreißend und erreicht das ausschließlich mit einer packenden Atmosphäre, großartig geschriebenen Charakteren und einer hervorragend neu interpretierten Geschichte. Umso größer ist nach den acht Episoden der Wunsch, möglichst schnell zu erfahren wie die Serie im zweiten Volume fortgesetzt wird.

Zudem zeigt sich die Serie wie bereits erwähnt in einem eigenständigen, ungewöhnlichen optischen Stil. Inspiriert von impressionistischen Künstlern und der japanischen Ukiyo-e-Malerei, wirken die Bilder überaus individuell. Unterstrichen wird das noch von der Entscheidung, größere Flächen wie Frisuren oder Kleidung mit aufwendigen Designs zu füllen. Da die Texturen dabei nicht mit den Bewegungen der Figuren übereinstimmen, entsteht ein kunstvoller, ungewohnter Animationseffekt, der für einen gänzlich einzigartigen Stil sorgt. Schon auf Bildern zeichnet sich ab, wie opulent die Serie optisch gestaltet ist, doch erst in Bewegung kann Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō Volume 1 sich voll entfalten. Hier zeigt sich auch, dass die Serie trotz ihres Alters von über fünfzehn Jahren noch immer wirklich schick aussieht. Lediglich die zur damaligen Zeit modernen CGI-Animationen wirken aus heutiger Sicht veraltet. Dem positiven visuellen Gesamteindruck schadet das aber keineswegs. Besonders, weil Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō auch bei der musikalischen Untermalung mehr als nur stimmungsvolle Begleitung bietet. Die Mischung aus klassischen Klängen, Opernstücken und elektronischer Musik verleiht der Mischung aus französischer Restauration und Science-Fiction erst die richtige Würze und sorgt dafür, dass die ersten acht Episoden atmosphärisch erstklassig sind. Ähnliches gilt für die hervorragende deutsche Synchronisation, bei der alle Stimmen passend gewählt wurden. Besonders sticht der erfahrene Torsten Münchow als erstklassiger Graf von Monte Christo hervor. Sogar die französisch gehaltenen Rückblicke auf bisherige Ereignisse stammen von ihm. Einfach fantastisch und ein perfektes Zeichen dafür, mit welch hoher Qualität die deutsche Version von Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō umgesetzt wurde.

Fazit

Da ich mit Alexandre Dumas’ Literaturklassiker nur bedingt etwas anfangen kann, die Geschichte aber in verschiedenen Varianten etwa durch Film, Comic oder Satire kenne, war ich anfangs skeptisch bezüglich einer Anime-Umsetzung. Allerdings hat mich Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō Volume 1 schon mit der ersten Episode restlos überzeugt. Die Umsetzung der Geschichte als klassisch angehauchte Science-Fiction-Geschichte mit deutlicher Verbindung zur französischen Restauration ist eine hervorragende Idee. Zudem versteht es Regisseur Mahiro Maeda seiner Interpretation des weltberühmten Stoffes, eine komplett eigene Note zu verleihen. Außerirdische, feindliche Imperien in den Weiten des Alls und trotzdem die üblichen Intrigen und Machtspiele des Pariser Adels. Hier treffen vermeintlich komplett ungleiche Welten aufeinander, die sich so perfekt zusammenfügen, dass es so wirkt, als wäre das schon immer so gedacht. Zusätzlich trumpft die Serie mit einem bildgewaltigen und einzigartigen Animationsstil auf. Obwohl den CGI-Elementen das Alter anzusehen sind, überzeugte die restliche Optik restlos und beweist wie zeitlos die Gankutsuō ist. Wer auch nur ein bisschen was mit spannenden und atmosphärischen, aber nicht zwingend actionreichen Historien-Dramen anfangen kann, sollte sich auf Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō Volume 1 einlassen.

Kurzfazit: Atmosphärische, hochspannende Science-Fiction-Adaption eines Literaturklassikers die trotz bekannter Elemente viel Eigenständigkeit beweist und mit fesselnder Geschichte, großartigen Charakteren und einzigartigem Animationsstil überzeugt.

Vielen Dank an KSM Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō – Vol. 1!

Details
Titel: Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō – Vol. 1
Originaltitel: Gankutsuō
Genre: Drama, Action, Mystery, Science-Fiction
Regie: Mahiro Maeda
Studio: Gonzo K.K.
Produktionsjahr: 2004
Laufzeit: ca. 188 Minuten (Blu-ray), ca. 180 Minuten (DVD)
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: 2 Artcards, DIN A4 Poster, Interviews, Gonzo Undercover, Storyboard-Clip (Akt 1), Werbeclips, Trailer, Bildergalerie
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungstermin: 12. August 2021
Herstellerseite: Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō – Vol. 1 bei KSM Anime
Herstellershop: Der Graf von Monte Christo – Gankutsuō bei Anime Planet

© 2004 Mahiro Maeda・GONZO/KADOKAWA / KSM Anime