Rezension: Scarlet Nexus (Xbox Series X)

Als Mitglied einer Spezialeinheit bekämpfen Kasane und Yuito in der dystopischen Welt des japanischen Rollenspiels Scarlet Nexus gefährliche Mutanten.

Eine ferne Zukunft. Die Menschheit lebt zurückgezogen in modernen Städten und muss die Angriffe der sogenannten Anderen fürchten. Dabei handelt es sich um skurrile Mutanten, die nur von den mit besonderen Fähigkeiten ausgestatteten Mitgliedern der Anderen-Abwehrstreitkräfte, dem AAS, bezwungen werden können. Zu den neusten Rekruten der AAS gehören die Schwestern Kasane und Naomi Randall sowie Yuito Sumeragi, Nachfahre des Gründers von New Himuka. Aufgeteilt in unterschiedliche Einheiten, stellen sie sich gemeinsam mit ihren Vorgesetzten und Teamkameraden der Bedrohung der Anderen und ahnen nicht, dass sie weitaus größere Ereignisse erwarten.

Unterschiedliche Wege

Bandai Namco lässt uns im japanischen Rollenspiel Scarlet Nexus in ein düsteres Cyberpunk-Science-Fiction-Szenario eintauchen. Bevor wir beginnen, müssen wir uns für eine von zwei Geschichten entscheiden. Entweder folgen wir dem Pfade von Yuito Sumeragi oder erleben die Ereignisse als Kasane Randall. Die beiden Hauptfiguren unterscheiden sich dabei nicht nur charakterlich, sondern auch bei ihrer Art zu kämpfen. Während Yutio mit einem Schwert eher in den Nahkampf geht, setzt Kasane auf Dolche, die sie in wilden Wirbeln aus größerer Entfernung auf Gegner niederprasseln lässt. Schon das Tutorial gibt einen guten Eindruck über die maßgeblichen Gameplay-Unterschiede von Yuito und Kasane, doch bei beiden bleibt eines identisch: die Auseinandersetzungen mit den einzigartig gestalteten, skurrilen Gegnern sind stets motivierend und spaßig.

Rasant reihen wir Angriffe aneinander, verwenden unsere Psioniker-Fähigkeiten, setzte spezielle Talente ein und geraten so in einen unglaublichen Action-Sog, der sich wunderbar spielt. Schon lange haben wir kein so gutes Kampfsystem in einem japanischen Rollenspiel erlebt. Zeitweise werden wir neben Bandai Namcos Tales-of-Reihe sogar eher an Spiele wie Devil May Cry oder Bayonetta erinnert. Dass wir auch noch auf Fähigkeiten unserer Gruppenmitglieder zurückgreifen dürfen und diese mit unseren eigenen Attacken verbinden können, erhöht die Komplexität und Vielfalt der unterhaltsamen Kämpfe noch zusätzlich. Die individuellen Schwächen, Stärken und Anforderungen der Gegner bringen in jede Auseinandersetzung sogar noch etwas mehr Abwechslung mit ein, so dass wir uns je nach Anderen-Typ umstellen müssen. Dank des angenehm fordernden, jederzeit anpassbaren Schwierigkeitsgrades, bleibt Scarlet Nexus stets herausfordernd, ohne sich jemals unfair oder zu schwer anzufühlen.

Düstere Cel-Shading-Cyberpunk-Zukunft

Abseits der Kämpfe brilliert Scarlet Nexus mit einer lebendigen, abwechslungsreichen und faszinierenden Welt, die in schicker Cel-Shading-Optik erstrahlt. Besonders Suoh, die Stadt in der das AAS-Hauptquartier liegt, lädt zum Erkunden ein und begeistert uns mit zahlreichen Details immer wieder aufs Neue. Dabei wurde auf allerlei Feinheiten geachtet, so dass etwa Leuchtreklamen eigentlich nicht existieren, sondern nur aufgrund unserer Implantate für uns sichtbar sind. Ähnlich verhält es sich auch bei Leichen, deren grausiger Anblick automatisch für Kasane, Yuito und ihre Freunde zensiert wird, was den Anblick teilweise eher noch erschreckender macht. Schließlich können wir uns recht gut vorstellen, was wir nicht zu sehen bekommen. Der treibende Soundtrack trägt ebenfalls viel zum wunderbaren Spielgefühl bei und versteht es, die sowieso gelungene Atmosphäre stets passend zu unterstreichen.

Gleichzeitig trumpft Scarlet Nexus mit einer überaus spannenden, fesselnden und vielschichtigen Geschichte inklusive gekonnt eingebauter Gesellschaftskritik auf. Abwechslungs- und wendungsreich motiviert uns die Handlung stets zum Weiterspielen, da wir schon nach kurzer Zeit einfach wissen wollen, was die sympathischen, sehr gut vertonten Charaktere noch erleben. Je nachdem ob wir als Kasane oder Yuito spielen, werden die Ereignisse aus einem anderen Blickwinkel erzählt und obwohl die Geschichte grundsätzlich identisch bleibt, sind die Abweichungen ausreichend, um zu einem erneuten Durchgang zu motivieren, um Scarlet Nexus in aller Gänze erleben zu können. Unterstützt werden die beiden Hauptfiguren zudem von nicht weniger gelungenen, individuellen Charakteren, zu denen wir sogar unsere Beziehungen pflegen dürfen. Regelmäßige Vertrauensepisoden ermöglichen es uns, engere Freundschaften zu knüpfen, was wiederum direkten Einfluss auf die Fähigkeiten, die wir von ihnen nutzen können, hat. Das mag zwar recht simpel strukturiert und linear sein, wirklich gestört hat uns das aber nicht. Ähnliches gilt für die manchmal etwas zu weit voneinander entfernten Speicherpunkte. Da aber stets faire Rücksetzpunkte vorhanden sind, wirkt sich das kaum aus. Besonders wenn wir in einem Kampf fallen sollten, spielt es kaum eine Rolle.

Da es sich bei Scarlet Nexus um ein japanisches Rollenspiel handelt, überrascht es wenig, dass wir mit der Zeit im Level aufsteigen und neue Fähigkeiten erlernen dürfen. Dabei genießen wir freie Möglichkeiten der Charakterentwicklung, bei der wir unseren eigenen Vorstellungen in den Fähigkeitenbäumen folgen können. Neue Ausrüstung, kleine Unterhaltungen zwischen den Figuren und zahlreiche Nebenquests runden Scarlet Nexus wunderbar ab und sorgen endgültig dafür, dass Bandai Namcos neues Rollenspiel ein Genre-Hit ist.

Fazit

Schon bei der Ankündigung hat Scarlet Nexus mein Interesse geweckt. Die schicke Cel-Shading-Optik in Einklang mit einem frischen Szenario sowie dem eigenständigen Gegnerdesign, haben mich sofort angesprochen. Gespannt habe ich jede Neuigkeit aufgesogen und mich wirklich auf das japanische Rollenspiel gefreut – und wurde nicht enttäuscht. Scarlet Nexus mag kleinere Macken haben, ist für mich aber der erhoffte Genre-Hit geworden. Actionreiche, motivierende Kämpfe gehen Hand in Hand mit einer fesselnden, wendungsreichen Geschichte in einem düsteren, faszinierenden Cyberpunkt-Science-Fiction-Setting mit interessanten, sympathischen Charakteren. Dabei macht es einfach Spaß, als Kasane oder Yuito gegen die Bedrohung der Anderen zu kämpfen, engere Freundschaften mit unseren Gruppenmitgliedern zu schließen und langsam immer tiefer in die Geschichte einzutauchen. Fans dystopischer Erzählungen und abwechslungsreicher Rollenspiele, sollten sich Scarlet Nexus auf keinen Fall entgehen lassen oder zumindest einen genauen Blick wagen.

Kurzfazit: Mitreißendes Cyberpunk-Science-Fiction-Rollenspiel, das trotz kleinerer Macken mit einer packenden Geschichte, interessanten Charakteren und einem motivierenden Action-Kampfsystem viel Spielspaß garantiert.

Vielen Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Scarlet Nexus!