Rezension: Project Itoh: Harmony (Blu-ray)

WHO-Inspektorin Tuan Kirie ermittelt in Harmony in einer scheinbar perfekten Welt, in der die Menschen durch gesundheitliche Kontrolle zufrieden nach einem Angriff auf das System und die Struktur der Gesellschaft leben.

Die Welt scheint perfekt. Krankheit, Altern und Tod sind genauso wie Gewalt und Verbrechen in vielen Teilen der menschlichen Gesellschaft ausgemerzt. Gelungen ist das durch WatchMe, ein Gerät, das bereits bei der Geburt implantiert wird und anschließend den Körper überwacht. Noch als Schülerinnen sahen die Mädchen Tuan, Miach und Cian diese Technologie als Einschränkung ihrer Freiheit und wollten, bevor diese endgültig aktiviert werden, gemeinsam Selbstmord begehen. Allerdings ging etwas schief. Jahre später arbeitet Tuan als Helix-Inspektorin bei der WHO, die das System mit kontrolliert und als teilweise militärische Macht großen Einfluss auf die Weltgemeinschaft hat. Gleichzeitig ist ihr Einsatz in den verbliebenen Krisengebieten die Flucht vor der Harmonie in ihrer Heimat Japan. Als sie jedoch zwangsweise dorthin zurückkehren muss, wird sie Zeuge einer globalen Welle von Selbstmorden, die scheinbar von einer Aktivisten-Gruppe durch WatchMe ausgelöst wurden. Schnell wecken die Ereignisse Tuans Erinnerungen an ihre einst gestorbene Freundin Miach. Mit den umfangreichen Befugnissen als Helix-Inspektorin begibt sie sich auf die Spur der Verdächtigen.

Vermeintliche Utopie

Bei Harmony handelt es sich um den zweiten Film der Project-Itoh-Trilogie, deren Teile jeweils von einem anderen Studio stammen und auf Romanen des japanischen Atuors Satoshi Itoh basieren. Studio 4°C hat die utopisch-dystopische Science-Fiction-Geschichte unter der Regie von Takashi Nakamura und Michael Arias umgesetzt. Kennern des ersten Films der Reihe, The Empire of Corpses, dürften schnell Gemeinsamkeiten in der Thematik und hinsichtlich der ernsten und kritischen Elemente auffallen, die als Handschrift des mit 34 Jahren verstorbenen Schriftstellers Itoh zugrunde liegen. Angesiedelt ist Harmony in einer Zukunft in der die WHO massive Macht erlangt hat und die allgemeine Vitalität als etwas heiliges angesehen wird. Durch die Überwachung der Körper werden Krankheiten, Gewalt, Verbrechen oder ungesundes Verhalten verhindert. Allerdings hat die Administration auch anderweitig Kontrolle über die Körper der Menschen.

Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Tuan Kirie, die als Helix-Inspektorin zu den einflussreichsten und wichtigsten Angestellten der WHO gehört und über große Befugnisse verfügt. Ihre Gedankengänge und Ansichten zeichnen Harmony aus. Durch ihre innere Stimme wird man, trotz eines Einstiegs mit nur wenigen Erklärungen, gut an die Welt herangeführt. Ergänzt wird das perfekt durch Rückblicke in die Jugend der Protagonistin. Hier wird deutlich, weshalb Tuan eine solch abweisende Art gegenüber dem System und insbesondere dem sehr auf Mitgefühl für jeden und ein friedliches Miteinander aufgebauten Japan hat. Harmony wirft zahlreiche philosophische Fragen über das Dasein des Menschen, Freiheit und auch das Recht auf den eigenen Tod auf. Zusätzlich wird der scheinbar perfekten Gesellschaft der Spiegel vorgehalten. Damit gelingt, ähnlich wie in The Empire of Corpses eine gute Gesellschaftskritik, die sich damit beschäftigt wie weit Überwachung wirklich gehen darf. Abseits davon ist Tuans Umgang mit den Massenselbstmorden, ihren Erinnerungen an Miach und die damalige Zeit und die Suche nach den Verantwortlich für den Angriff zentral in der Geschichte verankert. Tuan trägt den Film, was alleine dadurch gelingt, dass sie eine gut geschriebene, tiefgründige Hauptfigur ist, die gerade von der in Rückblicken stark präsenten Miach perfekt ergänzt wird.

Leicht pathetisch

Selbstmord spielt eine wichtige Rolle in Harmony. Sowohl durch Tuans Vergangenheit als auch durch den Angriff der unbekannten Gruppierung, der mehrere tausend Tote zur Folge hat. Das menschliche Sein, die Natur der Menschheit und die Wichtigkeit von Gefühlen wird genauso in den Fokus gerückt wie die Frage nach dem Bewusstsein und ob der Mensch ohne Bewusstsein und damit quasi ohne Seele noch lebt. Studio 4°C gelingt es hervorragend, das alles mit Tuans persönlicher Geschichte, ihrer Vergangenheit und ihren Ansichten zu verknüpfen. Dadurch ist die Handlung zwar teilweise etwas vorhersehbar, rutscht etwas ins pathetische ab und nimmt Züge an, die fast schon klischeehaft sind, dennoch schaffen es die Macher, die Spannung beizubehalten. Man möchte einfach wissen, wie die Geschichte endet und erfährt gemeinsam mit Tuan langsam, was genau hinter dem Angriff steckt und welche Pläne im Hintergrund geschmiedet werden. Das fesselt bis zur letzten Minute an den Film, der es schafft, den Zuschauer anschließend nachdenklich zurückzulassen.

Auch technisch hat Studio 4°C gute Arbeit geleistet. Die häufig auf CGI-Modelle setzenden Animationen sind flüssig und häufig ist der Unterschied zwischen der 3D-Technik und gezeichneten Figuren kaum zu erkennen. Lediglich bei Komparsen fällt auf, dass in manchen Szenen gänzlich auf Bewegungen verzichtet wird. Das mag zwar etwas befremdlich wirken, sorgt aber gemeinsam mit dem recht trockenen Charakterdesign unwichtigerer Figuren genau für den richtigen Eindruck der japanischen Gesellschaft. Anders ist das etwa bei Tuan, Miach und einigen weiteren wichtigen Figuren. Sie sind hervorragend gestaltet und können in ihrer Erscheinung vollkommen überzeugen. Besondas die Protagonistin und ihre Jugendfreundin stechen hervor und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Unterstützt wird das von der durchweg guten deutschen Synchronisation, die besonders bei Tuan und Miach zu überzeugen weiß.

Fazit

Nach The Empire of Corpses, der mich nicht in allen Bereichen überzeugen konnte, war ich unsicher, was mich bei Harmony erwartet. Schnell war jedoch klar, dass die Gemeinsamkeit der Filme wirklich nur bei der Vorlage liegt. Harmony hat mich von der ersten Minute an gepackt. Die scheinbar utopische Gesellschaft ist gut umgesetzt und vermittelt gut den Eindruck, den Protagonistin Tuan hat, aber auch, wie andere Menschen darin leben. Dass zusätzlich auch andere Gebiete der Erde gezeigt werden, verstärkt den Eindruck des unterdrückenden Systems durch gesundheitliche Kontrolle. Doch bei aller Gesellschaftskritik und ernsten Thematik, schafft es Harmony auch mit der eigentlichen Geschichte rund um Tuan und den Selbstmord-Angriff zu überzeugen. Besonders die Vergangenheit der Protagonistin und damit auch ihre Freundin Miach wecken das Interesse und haben großen Anteil daran, dass der Film überzeugt. Die leichte Vorhersehbarkeit und wenigen Klischees trüben den ansonsten positiven Eindruck nicht, so dass Harmony vom Anfang bis zum Ende an den Fernseher fesselt und als spannender Science-Fiction-Thriller unterhält.

Kurzfazit: Harmony ist ein spannender, packender Science-Fiction-Thriller, der auf die intelligente Geschichte und gesellschaftskritische Themen setzt und Action nur unterstützend einsetzt. Großartig.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Project Itoh: Harmony!

Details
Titel: Project Itoh: Harmony
Originaltitel: Harmony
Genre: Science-Fiction
Regie: Takashi Nakamura, Michael Arias
Studio: Studio 4°C
Produktionsjahr: 2015
Laufzeit: ca. 121 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonus: Film auf DVD
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 28. Juli 2017
Herstellerseite: Project Itoh: Harmony bei Kazé Anime

Bilder Copyright Studio 4°C / Kazé Anime

Lesetipp: Rezension von Project Itoh: The Empire of Corpses (Blu-ray)