Rezension: Attack on Titan – Vol. 1 (Blu-ray)

attack-on-titan-vol-1-coverNach langer Wartezeit ist Attack on Titan endlich bei Kazé Anime auf Blu-ray und DVD gestartet. Volume 1 beinhaltet die ersten sieben Episoden der Serie.

Vor über hundert Jahren tauchten riesige menschenfressende Wesen auf: die Titanen. Schnell verlor die Menschheit im Kampf gegen den übermächtigen Feind und zog sich hinter konzentrischen Ring aus drei fünfzig Meter hohen Mauern zurück. Dort lebt der Rest der Erdbevölkerung seit Generationen in einem scheinbaren Frieden. Lediglich die Mitglieder des Aufklärungstrupps verlassen den Schutz der Mauern und kämpfen außerhalb gegen die Titanen. Als im Jahr 845 wie aus dem nichts ein kolossaler Titan vor den Toren des Bezirks Shiganshina erscheint, beginnt das Grauen von neuem. In kürzester Zeit fällt der Bezirk und auch die äußerste Mauer Maria wird von den Titanen überrannt. Der junge Eren Jäger muss mit ansehen wie seine Mutter von einem der riesigen Menschenfresser verspeist wird und schwört, dass er die Titanen ausrotten wird. Jahre später schließt er sich mit seiner Adoptivschwester Mikasa und ihrem gemeinsamen Freund Armin der Armee an und beginnt seine Ausbildung. Sein Ziel ist der Aufklärungstrupp.

Ende des Wartens

Über zwei Jahre mussten deutsche Anime-Fans seit der Lizenzierung von Attack on Titan durch Kazé aufgrund von Materialbereitstellungsverzögerungen auf eine Veröffentlichung des Serien-Hits warten. Ende Oktober 2016 war es endlich soweit: Attack on Titan Volume 1 ist als edles Digi-Pack mit umfangreichem Bonusmaterial erschienen. Ein wahres Schmankerl für Anhänger der Titanen und Sammler und eine gute Entschädigung für die lange Wartezeit. Das erste von insgesamt vier Volumes umfasst dabei die Episoden eins bis sieben der 25-teiligen ersten Staffel, die auf der Erfolgs-Manga-Reihe von Hajime Isayama basiert.

Als eine der erfolgreichsten und am meisten gehypten Anime-Serien der letzten Zeit, muss sich Attack on Titan hohen Erwartungen stellen und kann diese – so viel sei bereits verraten – auch erfüllen. Obwohl die Serie in erster Linie wohl wie eine recht typische Action-Endzeit-Fantasy-Serie erscheint, beweist die Geschichte um Eren Jäger, Mikasa Ackermann, Armin Arlert und ihre Kameraden schnell, dass sich weitaus mehr als rasante Gefechte und Splatter-Action hinter dem Erfolg verbirgt. Einen großen Teil der Faszination übt die Welt aus, in der die Menschen leben müssen. Gefangen hinter hohen Mauern, immer der Gefahr eines plötzlichen Titanen-Angriffs ausgesetzt, versucht die Menschheit weiterzubestehen und sich den Gegebenheiten anzupassen und mit den Schrecken zurecht zu kommen.

Action-Drama mit Tiefgang

Attack on Titan zeigt ungewöhnlich viel Tiefgang und beschäftigt sich intensiv damit, wie die exzellent ausgearbeiteten Charaktere mental, körperlich und psychologisch mit den Situationen umgehen, denen sie sich stellen müssen. Daraus entstehen ganz persönliche Einstellungen und überaus lebendig wirkende Figuren, die alleine durch ihre unterschiedlichen Denkweisen und Gefühle Konfliktpotenzial bieten. Gleichzeitig plädiert Attack on Titan häufig an die Wichtigkeit von Zusammenhalt. Freundschaft, Familie und Kameradschaft sind zentrale Themen des Serienauftakts. Bereits während der Militärausbildung der Hauptfiguren sowie beim darauffolgenden ersten Gefecht zeigt sich, wie unwichtig persönliche Aversionen im Angesicht eines übermächtigen Feindes sind. Allerdings müssen die Protagonisten diese Lektion auf harte Weise lernen, so dass einige unerwartete Wendungen schon im ersten Viertel der Serie anstehen.

Ein weiterer Aspekt, der nicht ganz so präsent ist wie die psychologische Seite der agierenden Figuren, ist die stets vorhandene Gesellschafts- und Sozialkritik. Die seit hundert Jahren hinter den Mauern lebende Menschheit hat viel über die Welt außerhalb vergessen und es ist auch verboten, sich damit zu beschäftigen. Damit wird nicht nur der Wissensdrang der Bevölkerung eingeschränkt, sondern auch mögliche Gefahren der führenden Kaste werden ausgemerzt. Dazu zeigt sich besonders nach dem Fall von Shiganshina und der Mauer Maria wie schwierig die Lage für die Menschheit ist. Nahrungsmittelknappheit und mangelnder Lebensraum machen der Bevölkerung zu schaffen und sorgen für eine gereizte Stimmung, die zu harten Szenen gegenüber den aus den verlorenen Gebieten Geflüchteten führen. Gleichzeitig leben der König und die Führung im Zentrum der drei Mauern in Sicherheit, während das einfache Fußvolk stets die Gefahr der Titanen vor Augen hat. Noch deutlicher wird der Kontrast durch eine kurze Szene im Anwesen eines Grafen, das alleine in Größenverhältnis und Erscheinung einen gänzlich anderen Eindruck hinterlässt, als die einfachen Häuser der normalen Bevölkerung.

Gnadenlos

Doch trotz tiefgehender Themen bietet Attack on Titan auch die erwartete brutale Action, die nicht nur als Abwechslung zu den ruhigen Momenten dient, sondern einen wichtigen Aspekt der Serie ausmacht. Die Grausamkeit mit der die Menschen den riesigen Titanen zum Opfer fallen, sorgt für eine angespannte und beklemmende Stimmung, die einen noch näher an das Geschehen und die Figuren heranführt, so dass man in jeder Sekunde mit ihnen mit fiebert. Wenn die Soldaten mit ihren 3D-Manöver-Ausrüstungen – bestehend aus einer Spule mit zwei Kabeln, Haken, Gastank und zwei Klingen, um sich hoch zu schwingen und die empfindliche Stelle der Titanen im Nacken angreifen zu können – hoch über den Dächern und zwischen den Häusern in rasanter Geschwindigkeit durch die Luft fliegen, ist es einfach nur faszinierend, wie gut das Team um Regisseur Tetsuro Araki die Angriffsmanöver umgesetzt hat. Dabei profitiert die Serie maßgeblich von den flüssigen Animationen, die besonders auf der Blu-ray gut zur Geltung kommen.

Das Charakterdesign der Anime-Umsetzung unterscheidet sich von den eher kantigen Figuren der Manga-Vorlage, versteht es aber trotzdem zu überzeugen und erhält durch die deutlichen Outlines einen Teil des markanten Stils zurück. Die rasanten Action-Szenen wechseln sich in ruhigeren Momenten mit Standbildern ab, die der Serie gut zu Gesicht stehen und ein wenig das Tempo rausnehmen. Untermalt wird das Geschehen vom brillianten Soundtrack des Komponisten Hiroyuki Sawano, der auf opulente Orchesterklänge wie auch auf bedrohlich anmutende Elektronik-Musik setzt und das Ganze durch erhabene Choräle ergänzt. Dazu gesellt sich schließlich noch die exzellente deutsche Vertonung.

Fazit

Obwohl sowohl das Manga-Original als auch die Anime-Umsetzung zu den erfolgreichsten und beliebtesten Werken der letzten Jahre gehören, habe ich mich kaum mit Attack on Titan beschäftigt. Einige Bände von Hajime Isayamas Erfolgs-Reiche habe ich gelesen, doch wirklich gepackt hat mich die Faszination am Franchise erst durch die Videospiel-Umsetzung A.O.T. – Wings of Freedom. Um so gespannter war ich auf die Anime-Serie und wurde nicht enttäuscht. Attack on Titan versteht es bereits in den ersten sieben Episoden zu faszinieren, fesseln und schockieren. Die brutale Action und überraschenden Wendungen ergeben gemeinsam mit den gutgeschriebenen Charakteren und der glaubhaften Welt ein Anime-Meisterwerk, dessen weiterer Verlauf nach dem Cliffhanger am Ende der siebten Episode nur noch spannender ist. Kenner der Manga-Vorlage wissen natürlich, dass noch so einige Wendungen und Schicksalsschläge auf die Hauptfiguren zukommen, dürften aber trotz allem – oder gerade deshalb – hervorragend von der Anime-Umsetzung unterhalten werden. Persönlich kann ich es nicht erwarten die nächsten Episoden zu sehen, um zu erfahren wie es im Kampf zwischen Menschheit und Titanen weitergeht.

Kurzfazit: Packende Action-Drama-Serie, die zum Auftakt mit einem faszinierenden und tiefgründigen Endzeit-Fantasy-Setting und glaubwürdigen, exzellent geschriebenen Charakteren sowie gnadenlosen Kämpfen fesselt und überzeugt.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Attack on Titan – Vol. 1!

Details
Titel: Attack on Titan – Vol. 1
Genre: Action, Fantasy
Regie: Tetsuro Araki
Studio: Wit Studio
Produktionsjahr: 2013
Laufzeit: ca. 175 Minuten (+25 Minuten Mini-Episoden)
Sprachen: Deutsch, Japanisch (DTS-HD MA 2.0)
Untertitel: Deutsch
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 28. Oktober 2016
Herstellerseite: Attack on Titan – Vol. 1 bei Kazé Anime

Bilder Copyright Wit Studio / Kazé Anime