Rezension: WWE 2K22 (PS5)

Nach über zwei Jahren bringen 2K und Visual Concepts mit WWE 2K22 die Wrestling-Videospiel-Reihe zurück.

Als im Oktober 2019 WWE 2K20 erschien, mussten sich Wrestling-Fans mit einem Videospiel voller Bugs und Fehler sowie technischer und spielerischer Mängel herumschlagen. Das Ergebnis war eine Zwangspause um Neustrukturierung der alteingesessenen WWE-Spiele. Abgesehen vom 2020 veröffentlichten Arcade-Ableger WWE 2K Battlegrounds, erschien seit 2019 kein neuer Teil der Reihe. Nach mehrmaligen Verschiebungen, haben 2K und Visual Concepts Anfang März WWE 2K22 veröffentlicht und versuchen, mit neuer Technik, überarbeitetem Gameplay, zahlreichen WWE-Superstars und verschiedenen Modi an die einstige Qualität der Wrestling-Videospiel-Reihe anzuknüpfen. Vorweg sei verraten: Weitgehend ist das gelungen!

Spaßiges Wrestling-Gameplay

WWE 2K22 bietet endlich wieder kurzweilige Wrestling-Unterhaltung in Form eines Videospiels. Zu verdanken ist das, neben einer vielleicht nicht fehlerfreien, aber dennoch gelungenen technischen und grafischen Umsetzung, vor allem dem überholten Gameplay und der im Vergleich zum Vorgänger überhaupt erst gegebenen Spielbarkeit des Titels. Dabei setzt WWE 2K22 auf ein Kombo-System. Wir reihen leichte und starke Attacken sowie Griffe aneinander, um unterschiedliche Moves auszulösen. Zusätzlich können wir unseren Gegner klassisch greifen, um verschiedene Aktionen auszuführen. Wichtig dabei ist, in welcher Position sich unser Kontrahent und wir befinden. So weichen die gezeigten Aktionen etwa davon ab, ob wir stehen, unser Gegner liegt, in der Ringecke hängt oder ein Sprung erfolgt. Dadurch verfügt jeder Charakter über ein breitgefächertes und abwechslungsreiches Moveset, das auch von der jeweiligen Klasse, dem Gewicht und der Größe beeinflusst wird. Kleine Cruiserweight-Wrestler können beispielsweise große Super-Heavyweight-Kontrahenten nicht hochheben, weshalb bei entsprechenden Aktionen alternative Moves ausgeführt werden.

Da das Kampfsystem zwar reichlich Tiefe bietet, aber gleichzeitig über eine intuitive, wenn auch vollgepackte Steuerung verfügt, können auch Neulinge schon nach kurzer Zeit ansehnliche Matches absolvieren. Deshalb ist es kein Problem auch Freunde und Verwandte ohne Wrestling-Spiel-Kenntnisse zu schnellen Matches zu überzeugen, schließlich kann jeder, schnell kleine Erfolge erzielen. Dank unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade und einstellbarer Balance für die unterschiedlichen KI-Einstellungen, ist WWE 2K22 zudem für jeden individuell an die eigenen Bedürfnisse anpassbar. Dadurch wird der Zugang zum Wrestling-Spaß nochmal erleichtert.

Freies & Storygebundenes Kämpfen

Um richtig loslegen zu können, müssen wir aber natürlich erst einen Modus wählen, in dem wir antreten wollen. Exhibition bietet uns dabei die schnellste Möglichkeit in Matches einzusteigen. Unabhängig voneinander bestreiten wir die verschiedenen Arten wie Sinlges-Matches, Tag Team, Extreme Rules, TLC, Hell in a Cell, Iron Man oder Royal Rumble. Die Match-Vielfalt, die uns auch in den anderen Modi zur Verfügung steht, ist wie gewohnt groß. Reicht uns das nicht, dürfen wir auch, selbst Matchvarianten, mit von uns festgelegten Regeln, erstellen. Sogar Turniere dürfen wir im Exhibiton-Modus bestreiten. Natürlich können wir auch Online antreten und um Plätze in Bestenlisten kämpfen.

Geschichtslastiger wird es hingegen beim Showcase und My Rise beziehungsweise Meine Story. In ersterem folgen wir der Karriere von WWE-Superstar und Wrestling-Legende Rey Mysterio. Begonnen Mitte der 1990er-Jahre bis in die Gegenwart, bestreiten wir einige der wichtigsten Matches des Luchadors und schalten neue Charaktere, Arenen oder Titel frei. Unterlegt werden die Showcase-Matches mit realen Filmszenen und In-Game Zwischensequenzen. Allerdings sind wir hier weniger frei und folgen vorgegebenen Aufgaben, um schließlich das Ziel der jeweiligen Station in Rey Mysterios Karrie zu erreichen.

Anders ist es bei My Rise, der auch Meine Story genannt wird. Hier erstellen wir uns einen eigenen Charakter, wählen unseren Hintergrund aus und versuchen vom WWE-Neuling bis zu einem der größten Superstars zu werden. Dabei treffen wir auf unterschiedliche Persönlichkeiten der WWE, bestreiten Matches gegen bekannte Wrestler und speziell für das Spiel erschaffene Figuren, erfüllen Storylines genannte Quests, investieren Attributspunkte in unsere Fähigkeiten und treffen Entscheidungen, die unsere persönliche Geschichte beeinflussen. Deshalb stehen auch zehn Speicherstände zur Verfügung, damit wir den verschiedenen Handlungssträngen des My-Rise-Modus folgen können. Allerdings fällt die Inszenierung eher mau und dröge aus. Oft fühlt sich die Story-Entwicklung schleppend an und manchmal interessieren uns die Belohnungen für eine Storyline oder ein Match mehr, als die erzählte Geschichte. Das ist zwar bedauerlich, für kurzweiligen Spaß eignet sich der My-Rise-Modus trotzdem.

Management einer Show

Etwas schwächer ist im Vergleich der nach langen Jahren der Abwesenheit und von Fans gewünschte My-GM-Modus. In diesem schlüpfen wir in die Haut eines General Managers der WWE. Neben realen Personen wie Adam Pearce, William Regal oder Stephanie McMahon, dürfen wir auch mit einem selbsterstellten Charakter unsere eigene Show leiten. Dabei haben wir die Wahl zwischen SmackDown, RAW, NXT und NXT UK. Jeder General Manager und jede Show hat eine eigene besondere Machtkarte, die wir einmalig für einen Vorteil einsetzen können. Bevor wir loslegen, suchen wir uns beim Draft mindestens acht WWE-Superstars für unsere Show aus. Dabei müssen wir allerdings bereits auf unser Budget achten. Schließlich wollen unsere Wrestler und Wrestlerinnen bezahlt werden. Anschließend planen wir fünfzehn, fünfundzwanzig oder fünfzig Wochen lang jede Woche eine Show, sowie regelmäßig PPVs und versuchen, mehr Fans als unser Konkurrent zu erreichen.

Allerdings können wir in einer Wochenshow lediglich drei Matches und zwei Promos ansetzen und es gibt auch nur die jeweiligen World-Titel für Männer und Frauen. Tag Team oder andere Championships fehlen im GM-Modus. Außerdem dürfen wir nur gegen eine andere Show antreten, statt gegen die restlichen drei. Ebenfalls bedauerlich ist, dass die Wahl der Kontrahenten, ihre Klasse und Rolle sowie eventuelle Fehden mehr Einfluss auf die Matchbewertung haben, als der tatsächlich Ablauf, wenn wir diese selbst spielen. Das hat dazu geführt, dass wir relativ bald die Matches nur noch simuliert und uns die Ergebnisse angesehen haben, um anschließend weiter zu planen. Leider stellt sich der My-GM-Modus dabei als zwar ordentlich, aber auch reichlich oberflächlich heraus. Das ist schade, weil wir uns wirklich darauf gefreut haben.

Lebendiges Universum

Weitaus motivierender ist der mittlerweile als fester Bestandteil der WWE-2K-Reihe geltende Universum-Modus. In der klassischen Variante von diesem können wir den Ablauf der Wrestling-Saison komplett frei planen. Wir legen fest, welche Show an den Tagen Montag bis Sonntag stattfindet, wann PPVs veranstaltet werden oder welche Titel in welcher Show ausgekämpft werden. Sogar Arenen und Roster dürfen wir komplett frei festlegen. Zusätzlich dürfen wir die Shows frei planen, Matches ansetzen, Tag Teams festlegen und natürlich auch die kompletten Shows oder nur einzelne Auseinandersetzungen spielen. Dass Promos fehlen, fällt aufgrund der zufälligen und abwechslungsreichen Sequenzen kaum auf. Immer wieder wurden wir überrascht, wenn ein verfeindeter Superstar eingegriffen hat, plötzlich jemand während eines Matches aufgetaucht ist oder im Anschluss an ein Match eine Niederlage nicht akzeptieren wird. Aus solchen Situationen entstehen Rivalitäten, die wiederum zu neuen Events führen.

Obwohl im Universum-Modus keine direkten Geschichten erzählt werden, garantieren die kleinen Erzählungen und Ereignisse großartigen Wrestling-Spaß und haben uns am meisten gefesselt. Besonders, weil wir neben den bekannten WWE-Superstars auch unsere, im umfangreichen und hervorragend umgesetzten Editor erstellten Wrestler nutzen dürfen. Wir erstellen unsere komplett eigenen Ligen und Shows mit dem von uns gewünschten Roster, und lassen unsere Wrestler um selbst entworfene Titel kämpfen. Wie schon in den Vorgängern ein großer Spaß, der nun mit der alternativen Superstar-Variante ein wenig Abwechslung erhält. Im Gegensatz zum klassischen Universum folgen wir hier lediglich einem Superstar, sind also ansonsten den Vorgaben des Spiels unterworfen. Obwohl wir hier weniger Einfluss haben, bringt auch das kurzweilige Unterhaltung.

Wenig bedeutende Mikrotransaktionen

Als letzten Modus umfasst WWE 2K22 noch My Faction beziehungsweise Meine Fraktion. Dabei handelt es sich grob betrachtet, um das WWE-2K-Equivalent von Eas Fifa Ultimate Team. Aus Karten stellen wir unsere Decks, genannt Fraktionen, zusammen und bestreiten wechselnde Matches. Damit verdienen wir Punkte, die wir in neue Karten, Verbesserungen und erforderliche Verträge, damit unsere Wrestler antreten dürfen, investieren. Die Matches spielen wir selbst, so dass wir Aufgaben für extra Belohnungen erfüllen können. Wollen wir schneller an neue Kartenpacks kommen, können wir auch Echtgeld in die erforderliche Premium-Währung investieren. Wirklich motiviert hat uns My Faction nicht. Da der Einfluss auf das restliche Spiel nicht vorhanden ist, sehen wir die Mikrotransaktionen, als eher wenig störend an.

Superstars für das eigentliche Spiel schalten wir entweder in den Modi frei oder können sie im Fall von Legenden, genauso wie Titel und Arenen, gegen die mit Matches verdienten Punkte kaufen. Hier verzichtet WWE 2K22 weitgehend auf Mikrotransaktionen. Allerdings können optionale Zusatzinhalte sowie die sofortige Freischaltung aller im In-Game-Shop erwerbbaren Legenden, Titel und Arenen gekauft werden.

Viel Freiheit beim Erstellen

Abseits des eigentlichen Gameplays ist ein Herzstück der WWE-Spiele schon immer das Erstellen eigener Inhalte. Wie bereits erwähnt, dürfen wir uns eigene Charaktere bauen und dafür stehen uns wirklich viele Möglichkeiten zur Gesichtsanpassung, bei der Kleidung oder Bemalung zur Verfügung. Neu sind die vier Klassen Schläger, Techniker, Kraftpaket und High Flyer sowie die Gewichtsklassen Cruiserweight, Light Heavyweight, Heavyweight und Super Heavyweight, in die sämtliche Wrestler eingeordnet sind. Welche Körperform und Größe ein Charakter haben kann, beeinflusst die Gewichtsklasse. Beides können wir auch im Nachhinein, genauso wie das Aussehen, anpassen. Bis zu hundert Charaktere dürfen wir erstellen oder über die Community-Inhalte herunterladen. Hier können wir unsere Eigenkreationen mit anderen Spielern weltweit teilen.

Ähnliches gilt natürlich für erstellte Championships, Arenen oder Shows. Zusätzlich können wir für unsere Kämpfer auch den Einzug, die Siegespose, das Move-Set oder ein Video erstellen, so dass wir wirklich viel Freiheit bei der Individualisierung unserer selbst erstellten Wrestler haben. Bereits vorhandene WWE-Superstars dürfen wir zumindest teilweise anpassen, sodass wir auch bekannte Wrestler wie Seth Rollins, Alexa Bliss, den Undertaker oder Bayley ein wenig unserer Vorstellung nach gestalten können. Fans eigener Inhalte werden hier viel Freude haben.

Kleine Macken, ohne viel Einfluss

Widmen wir uns zum Abschluss einigen der vielleicht wichtigsten Fragen: Grafik, Technik und Bugs. Komplett fehlerfrei ist WWE 2K22 nicht. Im Testzeitraum hatten wir mit Abstürzen, Grafikfehlern, KI-Aussetzern und Ähnlichem zu kämpfen. Allerdings bei weitem nicht auf dem Niveau von WWE 2K20, das oft einfach unspielbar war. Viele der uns untergekommenen größeren Bugs sind mittels Updates sogar bereits behoben worden, woran sich zeigt, dass Visual Concepts und 2K ein Interesse daran haben, uns ein unterhaltsames Wrestling-Videospiel zu bieten. Zwar zeigen sich noch immer kleinere Macken, diese sind uns aber nie wirklich negativ aufgefallen. Wenn mal die Haare eines Wrestlers im Körper verschwinden oder wir von der Ringecke durch die Luft ruckeln, um anschließend neben dem Ring zu stehen, ist das meist eher witzig oder irrelevant. Wirklich größere Bugs treten sowieso eher selten auf. Zudem sieht WWE 2K22 auch noch wirklich schick und deutlich besser aus als die Vorgänger. Sicher, eine noch bessere Grafik wäre möglich, ist aber nicht notwendig.

Wichtiger wären Anpassungen an anderer Stelle. So fallen die Ladezeiten zwar kürzer aus als in sämtlichen Vorgängern, sind aber teilweise trotzdem noch recht lang und viel zu häufig. Je nach Modus verbringen wir viel zu oft hintereinander Zeit mit dem Nachladen des Spiels. Besonders bei My Rise ist uns das aufgefallen. Dazu gesellen sich kleinere Balance-Probleme. So sind Gegner in Battle Royals und im Royal Rumble viel zu leicht über das oberste Seil zu werfen und somit zu eliminieren. Auch Aufgabegriffe, besonders wenn es sich um Finishing- oder Signature-Moves handelt, fühlen sich viel zu stark an. Das sind aber alles Kleinigkeiten, die dem sonst wirklich sehr guten Eindruck von WWE 2K22 kaum schaden können. Allgemein betrachtet mag das neue Wrestling-Spiel von 2K und Visual Concepts noch kein bedingungsloses Meisterwerk sein, es geht aber definitiv in die richtige Richtung und ist meilenweit entfernt von der Katastrophe des Vorgängers. Damit finden Wrestling-Fans endlich wieder stundenlangen Spaß in einem WWE-Videospiel.

Fazit

Nach WWE 2K20 war ich etwas skeptisch, aber auch hoffnungsvoll optimistisch, was WWE 2K22 angeht. Ein erneutes Debakel wie beim Vorgänger konnte ich mir nicht vorstellen und ist glücklicherweise auch ausgeblieben. Sicher, WWE 2K22 ist nicht fehlerfrei, hat Macken und auch Bugs, die zum Teil bereits mittels Updates behoben wurden, doch das sind alles Kleinigkeiten, wenn ich mir anschaue, wie viel das Wrestling-Spiel richtig macht. Ein spaßiges neues Kampfsystem, riesiger Umfang, mächtige Editoren, kurzweilige Story-Modi und mehr garantieren stundenlangen Spaß. Für mich übertrifft WWE 2K22 sogar WWE 2K19, mit dem ich viel Zeit verbracht habe. Fans von Wrestling-Spielen, können bei WWE 2K22 wieder bedenkenlos zugreifen.

Kurzfazit: Endlich wieder ein gutes Wrestling-Spiel! WWE 2K22 überzeugt mit überarbeitetem Gameplay, gelungener Grafik und großem Umfang, wodurch kleinere Macken im Spielspaß untergehen.

Vielen Dank an 2K für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von WWE 2K22!

Details
Titel: WWE 2K22
Genre: Sport, Wrestling
Publisher: 2K
Entwickler: Visual Concepts
Spieler: 1-8
Syteme: PlayStation 5 (getestet), PlayStation 4, Xbox Series X|S, Xbox One, PC
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 11. März 2022

© 2005-2022 Take-Two Interactive Software, Inc. und ihrer Tochterunternehmen. 2K, das 2K-Logo und Take-Two Interactive Software sind Markenzeichen und/oder eingetragene Markenzeichen von Take-Two Interactive Software, Inc. Alle WWE-Programme, Superstarnamen, Bilder, Abbildungen, Slogans, Wrestling-Moves, Markenzeichen, Logos und Urheberrechte sind das ausschließliche Eigentum der WWE und ihrer Tochterunternehmen. Alle anderen Markenzeichen, Logos und Urheberrechte sind Eigentum ihrer jeweiligen Inhaber. André the Giant™ lizenziert von CMG Brands, LLC. „Macho Man“ Randy Savage™ lizenziert von CMG Brands, LLC. © 2022 WWE. Alle Rechte vorbehalten.