Rezension: Star Ocean: The Second Story R (PC)

Im Rollenspiel-Remake Star Ocean: The Second Story R versuchen Claude, Rena und ihre Freunde einen Planeten zu retten.

Unter Fans gilt Star Ocean: The Second Story bis heute als einer der besten Teile, wenn nicht sogar als Höhepunkt der Rollenspiel-Reihe. Erstmals 1998 für PlayStation erschienen, spendiert Square Enix dem ursprünglich von tri-Ace entwickelten Rollenspiel ein Remake. Über vier Jahre nach Star Ocean: First Departure R, erhält somit auch der zweite Teil der Reihe als Star Ocean: The Second Story R ein Remake für aktuelle Konsolen und den PC. Dabei setzt das Rollenspiel auf einen Grafik-Stil aus 3D-Umgebungen und 2D-Pixel-Figuren.

Zwei Perspektiven

Bevor wir ins Abenteuer starten, dürfen wir zu Beginn von Star Ocean: The Second Story R zwischen zwei Hauptcharakteren wählen. Ob wir uns für den neunzehnjährigen Claude von der Erde oder die siebzehnjährige Expelanerin Rena entscheiden, hat dabei nicht nur Einfluss auf den Anfang der Geschichte, sondern lässt uns regelmäßig abweichende Ereignisse erleben, wenn die beiden Hauptfiguren getrennt voneinander unterwegs sind. Das erhöht den Wiederspielwert, auch wenn Claude und Rena nach den ersten Spielstunden meist gemeinsam agieren. Da wir alle Charaktere, die sich unserer Gruppe anschließen, spielen dürfen, fällt die spielerische Einschränkung gering aus. Allerdings wird eine etwas andere Perspektive auf die Geschichte geboten. Das ist der Herkunft der beiden Hauptcharaktere zu verdanken. So stammt Claude von der Erde und strandet zufällig auf dem Planeten Expel, der technologisch eher typischen Fantasy-Mittelalter-Epochen gleicht. Entsprechend kann Rena mit Claudes Strahlenwaffe und Kleidung wenig anfangen, wirkt dafür aber Magie. Ein interessanter Kniff, der typisch für die Reihe ist.

Unabhängig davon, ob wir als Claude oder Rena spielen, erwartet uns in Star Ocean: The Second Story R die Konfrontation mit einer großen Gefahr für den gesamten Planeten. Drei Monate vor Beginn der Geschichte ist ein Meteor auf Expel eingeschlagen. Was anfangs als gutes Omen gesehen wurde, hat sich als böser Fluch herausgestellt. Ell, das Land, in dem der Hexerkugel genannte Meteorit niedergegangen ist, wird von Monsterhorden in einem zähen Krieg gefangen gehalten. Auch an anderen Orten der Welt, sind Tiere aggressiv geworden und Monster sorgen für Probleme. Zudem kommt es zu Naturkatastrophen und anderen Ereignissen. Gemeinsam begeben sich Claude und Rena nach dem Prolog auf eine Reise, um mehr über die Hexerkugel herauszufinden und eine Lösung für die bestehenden Probleme zu finden. Auf unserem Weg nach Ell, erwarten uns genretypisch einige Hindernisse, aber auch neue Verbündete, die wir in unsere Gruppe aufnehmen können.

Klassisches Erkunden

Wie für ein japanisches Rollenspiel der späten 1990er-Jahre üblich, erkunden wir Expel über eine Weltkarte. Auf dieser können wir uns frei bewegen und die unterschiedlichen Städte, Dörfer und Dungeons erreichen. Diese wiederum werden nach Betreten aus einer festen Kameraperspektive, die das Geschehen stets gut einfängt, gezeigt. In zahlreichen Dialogen bringen wir die Geschichte voran, erfahren Neues über die Welt und ihre Bewohner oder lernen unsere Gruppenmitglieder besser kennen. Dabei unterscheidet Star Ocean: The Second Story R zwischen Hauptquests und Nebenbeschäftigungen. Folgen wir der linearen Geschichte, schreiten wir relativ schnell voran und besuchen verschiedene Orte. Dank nützlichem Schnellreisesystem, das es uns ermöglicht, von fast jedem Punkt aus zu bereits besuchten Städten oder Dungeons zu reisen, bleiben uns auch unnötige Laufwege erspart.

Allzu ausgiebig nutzen sollten wir das jedoch nicht, da uns sonst Kämpfe und die damit verbundenen wichtigen Erfahrungspunkte, Levelaufstiege, Geldmittel und mehr entgehen. Gegner werden in Star Ocean: The Second Story R als farbige Wolke dargestellt. Grün kennzeichnet uns unterlegene Feinde, lila sind normale Gegner und rote Wolken sollten wir meiden, da wir hier unterlegen sind. Besonders große rote Wolken sind gefährlich und beherbergen einzigartige, übermächtige Monster, die wir erst mit entsprechendem Spielfortschritt angehen sollten. Berühren wir eine der Wolken, wechselt das Spielgeschehen in eine Kampfarena. Hier beharken wir Gegner in Echtzeit. Auf Knopfdruck führt unser aktiver Charakter einen Angriff aus. Zusätzlich dürfen wir zwei Zauber auf die jeweils vorderen Schultertasten legen, um diese schnell auszuführen. Weichen wir feindlichen Angriffen rechtzeitig aus, können wir kontern. Scheitern wir allerdings dabei, sind wir kurzzeitig handlungsunfähig.

Taktische Action-Kämpfe

Wichtig ist außerdem, dass wir den Schild eines Gegners durchbrechen. Das führt zu einem Brechen-Zustand, in dem Feinde besonders anfällig sind. Außerdem hinterlassen Monster im Brechen-Zustand mehr Kugeln, die wiederum unsere Bonusanzeige füllen. Diese gewährt uns je nach im Menü gewählter Taktik bis zu drei unterschiedliche Boni. Geraten wir in den Brechen-Zustand oder eines unserer bis zu vier am Kampf teilnehmenden Gruppenmitglieder stirbt, fällt die Bonusanzeige wieder auf null. Entsprechend überlegt sollten wir vorgehen und rechtzeitig auf Heilung achten. Hier helfen uns die Befehle, die wir unseren ordentlich von der künstlichen Intelligenz gesteuerten Mitstreitern geben dürfen. Allerdings werden zuvor in den Taktikeinstellungen vorgegebene Verhaltensweisen von den Charakteren bevorzugt.

Auffällig ist, dass die Balance in Star Ocean: The Second Story R manchmal etwas schwanken kann. So haben wir erlebt, dass uns eine Gruppe normaler Gegner binnen Sekunden fast komplett besiegt hat, während eine ähnlich zusammengesetzte Gruppe Feinde im Kampf zuvor keine Chance hatte. Das passiert glücklicherweise nur selten, kann aber trotzdem störend auffallen. Zumal wir ab dem zweiten von drei Schwierigkeitsgraden weitaus stärker auf die Lebenspunkte unserer Gruppe achten müssen. Dem Spielspaß schadet das jedoch kaum. Zumal wir für Kämpfe gleich mehrfach belohnt werden. Neben Erfahrungspunkten, die unseren Charakteren Levelaufstiege gewähren, erhalten wir auch noch Geld sowie Kampf- und Fertigkeitspunkte. Mit Geld können wir uns in den zahlreichen Geschäften mit nützlichen Gegenständen oder neuer Ausrüstung ausstatten. Kampf- und Fertigkeitspunkte hingegen nutzen wir zur Verbesserung unserer Charaktere. So können wir etwa für Kampfpunkte Zauber und Spezialtechniken verstärken oder neue Kampffertigkeiten erlernen und diese anschließend verbessern. Bei Kampffertigkeiten handelt es sich um passive Talente, die zufällig ausgelöst werden und etwa unseren Schaden erhöhen oder uns automatisch ausweichen lassen.

Nützliches Handwerk

Fertigkeitspunkte hingegen investieren wir in Spezialisierungen. Dabei handelt es sich etwa um Fertigkeiten wie Biologie, Psychologie oder Mut. Die verschiedenen Fertigkeiten haben unterschiedliche Einflüsse auf die Attribute der Charaktere. So erhöht Technologie etwa den Angriff, während Mineralogie die Intelligenz erhöht. Weitaus wichtiger ist aber, dass wir die Fertigkeiten für Handwerks-Spezialisierungen benötigen. Diese ermöglichen es uns beispielsweise, Gegenstände oder Ausrüstung herzustellen, Schriften anzufertigen oder beim Erkunden zufällige Items zu finden. Auch Angeln oder Taschendiebstahl sind hier möglich, wenn wir die notwendigen Fertigkeiten beherrschen. Viele der Handwerks-Spezialisierungen ermöglichen uns direkte Aktivitäten, andere wiederum wirken sich passiv aus. Trainieren etwa lässt uns eine Schwächung unserer Attribute aktivieren, damit wir im Gegenzug mehr Erfahrungspunkte erhalten. Praktisch.

Damit nicht genug, schalten wir mit der Zeit auch Superspezialisierungen frei. Um diese nutzen zu können, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. So müssen für Gourmetkoch und die damit verbundene Herstellung luxuriöser Speisen etwa zwei Charaktere Kochen auf Stufe vier und ein Charakter Braukunst auf Stufe eins beherrschen. Das mag kompliziert klingen, ist aber schon nach kurzer Zeit überaus intuitiv und ein praktisches System, das uns zahlreiche Möglichkeiten an die Hand gibt. Zwar können wir die Handwerks-Spezialisierungen auch ignorieren, doch fügen sie sich wunderbar in den Spielablauf ein. Zudem erhalten wir in Gilden immer wieder kleine Aufträge, die direkt mit den Handwerks-Spezialisierungen in Verbindung stehen und einige wertvolle Belohnungen einbringen. Außerdem stellen wir mit entsprechend hohen Kenntnissen Gegenstände her, die wir nicht anders erhalten können.

Wachsende Vertrautheit

Im Verlauf des Abenteuers lernen sich nicht nur Claude, Rena und die anderen besser kennen, sondern auch uns wachsen die Charaktere ans Herz. Entsprechend interessiert sind wir daran, mehr über unsere Gruppe zu erfahren. Dafür ist es möglich, in Städten jederzeit in den Private-Aktion-Modus zu wechseln. Aktivieren wir diesen, teilt sich die Gruppe auf und wir können als unseren Hauptcharakter die anderen suchen, um mit ihnen zu reden. Weitaus wichtiger sind aber die Privat-Aktionen, die hier zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich etwa um kurze Gespräche, die Charaktere näher zusammenbringen. Auch längere Handlungsstränge und Nebengeschichten sind möglich.

Die Interaktionen zwischen Claude, Rena und den anderen erhöhen ihre Freundschaftsstufen – zum Teil sogar zu Bewohnern der Welt. Welche Privat-Aktionen möglich sind, können wir in der Stadt- und Dungeon-Liste im Schnellreise-Menü sehen. Hier werden auch optionale Ereignisse angezeigt, sowie darauf hingewiesen, ob die verschiedenen Nebenbeschäftigungen nur für begrenzte Zeit, also bis zu einem bestimmten Punkt in der Geschichte, zur Verfügung stehen. Wir haben immer wieder gerne den Private-Aktion-Modus aktiviert, um unsere Gruppe und die Bewohner der Städte besser kennenzulernen.

Individuelle Präsentation

Wie bereits erwähnt, setzt Star Ocean: The Second Story R bei der Grafik auf 3D-Umgebungen, in denen sich 2D-Pixel-Figuren bewegen. Das ist weitaus schicker als es vielleicht im ersten Moment wirkt. Gerade die Charakter- und Gegner-Modelle haben uns mit ihrem klassischen Stil sehr gut gefallen. Doch auch die verschiedenen Orte wissen mit viel Abwechslung zu überzeugen, auch wenn optisch hier nicht die modernste Grafik geboten wird. Ebenfalls gelungen sind die neuen Charakterartworks, die wir in Gesprächen gelegentlich bestaunen dürfen. Wahlweise dürfen wir aber jederzeit zu den klassischen Porträts oder den Versionen der PSP-Version wechseln.

Ähnliches gilt für die fantastische Musikuntermalung, die trotz gelegentlich zu repetitiver Lieder vollends überzeugen kann. Ob wir den neu arrangierten Soundtrack des Remakes oder die Originalversion hören wollen, bleibt uns überlassen. Zusätzlich lassen sich neben einer sehr guten englischen Vertonung auch zwei unterschiedliche japanische Synchronisationen einstellen. Die deutschen Texte sind ebenfalls sehr gelungen und runden das atmosphärische und fantastische Spielerlebnis von Star Ocean: The Second Story R ab.

Fazit

Bisher habe ich den zweiten Star-Ocean-Teil leider nicht spielen können. Entsprechend gespannt war ich darauf, was mich bei Star Ocean: The Second Story R erwartet. Schon nach kurzer Zeit hat mich das Rollenspiel mit seiner Mischung aus spannender Geschichte, sympathischen und gut geschriebenen Charakteren, erstklassiger Atmosphäre, schicker Grafik, fantastischem Soundtrack und spaßigem Gameplay nicht mehr losgelassen. Star Ocean: The Second Story R ist einfach ein Rollenspiel-Meilenstein, das im Remake sein Alter von mittlerweile über fünfundzwanzig Jahren problemlos verbergen kann. Auch im Jahr 2023 weiß das Abenteuer von Claude, Rena und ihren Freunden zu begeistern und viel Spielspaß zu bieten. Rollenspiel-Fans sollten sich Star Ocean: The Second Story R auf keinen Fall entgehen lassen.

Kurzfazit: Fantastisches Rollenspiel-Remake, das sich überaus frisch anfühlt und mit spannender Geschichte, tollen Charakteren und abwechslungsreichem Gameplay erstklassigen Spielspaß bietet.

Vielen Dank an Square Enix für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Star Ocean: The Second Story R!

Details
Titel: Star Ocean: The Second Story R
Genre: Rollenspiel
Publisher: Square Enix
Entwickler: tri-Ace, Tose, Gemdrops
Spieler: 1
Syteme: PC (getestet), PlayStation 5, PlayStation 4, Switch
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 02. November 2023