Rezension: Blasphemous II (Switch)

Ein Büßer muss sich in Blasphemous II gefährlichen Feinden stellen, um die Wiedergeburt des Mirakels zu verhindern.

Ungefähr vier Jahre nach Blasphemous, veröffentlicht das spanische Studio The Game Kitchen einen Nachfolger zum düsteren Metroidvania mit Souls-like-Elementen. Blasphemous II schickt uns erneut als Büßer in den Kampf gegen zahlreiche Feinde, bietet uns knackige Herausforderungen und konfrontiert uns mit einer kryptischen Geschichte voller religiöser Symbolik. Als Büßer ist es unsere Aufgabe, die Wiedergeburt des Mirakles zu verhindern. Dafür erkunden wir in schicker, stimmungsvoller 2D-Pixel-Optik die Gebiete einer zusammenhängenden Welt, lösen zahlreiche angedeutete Aufgaben und interagieren mit den eigenwilligen Bewohnern der verschiedenen Orte. Vor allem aber widmen wir uns den Kämpfen, die sich wie das gesamte Gameplay großartig spielen.

Bestrafender Büßer

Blasphemous II ist als direkte Fortsetzung zum letzten DLC des Vorgängers entworfen worden. Aber keine Sorge, zwingend gespielt haben müssen wir den ersten Teil nicht. Zwar kann es durchaus von Vorteil sein, der etwas kryptischen Geschichte folgen zu können, doch auch Neulinge werden keine größeren Verständnisprobleme haben. Zumindest keine größeren als jeder andere auch, da Blasphemous II zwar eine eindeutige, aber trotzdem in Teilen geheimnisvolle Geschichte erzählt. Vieles bleibt im Dunkeln, wird nur angedeutet oder ist unserer Interpretation überlassen. So hart wie in einigen Souls-likes ist es aber nicht. Zumal Blasphemous II enorm vom düsteren Szenario und der einzigartigen Atmosphäre lebt. Gerade die Einbindung religiöser Symbolik verleiht dem Metroidvania-Action-Adventure viel Eigenständigkeit und sorgt für eine einzigartige Stimmung.

Diese erleben wir wie erwähnt aus der 2D-Seitenansicht. Als Büßer durchstreifen wir die Gebiete des Königreichs in klassischer Side-Scroll-Action-Adventure-Art. Dabei erinnert uns Blasphemous II immer wieder an Konamis Castlevania-Reihe, was natürlich auch dem Szenario und der Atmosphäre zu verdanken ist. Doch auch spielerisch funktioniert Blasphemous II ähnlich gut wie die besten Castlevanias. Das Gameplay fühlt sich einfach fantastisch an und geht schon nach kurzer Zeit locker von der Hand. Dabei ist es egal, für welche der drei Waffen, die wir im Laufe des Spiels alle erhalten, wir uns am Anfang entscheiden. Morgenstern-Keule Veredicto liefert eine angenehme Wuchtigkeit bei hoher Reichweite. Rapier und Dolch Sarmiento & Centella sind hingegen überaus schnell, erfordern aber eine größere Nähe zu Feinden. Ruego Al Alba ist zu Guter Letzt ein starkes Zweihandschwert mit mittlerer Reichweite. Bereits hier zeigt sich, wie gut die verschiedenen Mechaniken und Fähigkeiten aufeinander abgestimmt sind und wie hervorragend das Balancing ist. Blasphemous II mag herausfordernd sein, ist aber niemals unfair.

Motivierende Erkundung

Wie in einem Metroidvania üblich, lernen wir im Laufe des Abenteuers immer wieder neue Fähigkeiten, die es uns ermöglichen, zuvor nicht erreichbare Abschnitte zu betreten. So hilft uns ein Doppelsprung dabei, höher gelegene Orte zu erreichen, der Luft-Sprint hingegen erlaubt es, auch in der Luft schnell eine größere Entfernung zurückzulegen. Zusätzlich hat jede der drei Waffen eine besondere Fähigkeit, die es uns ermöglicht, Objekte in der Umgebung zu nutzen oder Hindernisse zu zerstören. Da wir uns zu Beginn frei für eine der Waffen entscheiden, ist Blasphemous II in den ersten Stunden entsprechend offen gestaltet. Wir erhalten drei Ziele, die wir in beliebiger Reihenfolge angehen dürfen. Vorausgesetzt natürlich, wir haben die richtigen Waffen und Fähigkeiten erlangt. Auch wenn das Metroidvania bei der Hauptquest später linearer wird, bleibt die Freiheit dank der offenen Welt und zahlreicher optionaler Ziele und Aufgaben erhalten.

Allgemein sind wir stets motiviert, jeden Bereich der Spielwelt genau zu erkunden und an bereits besuchte Orte zurückzukehren, um zuvor nicht erreichbare Schätze oder Gegenstände einzusammeln. Das ist auch zwingend notwendig, um wichtige oder hilfreiche Objekte zu erhalten. Manches davon ist zwar optional und wird für eine der Nebenquests benötigt, doch auch diese wollen wir unbedingt lösen. Dabei sind wir jedoch selbst gefragt, denn auf eine Questliste verzichtet Blasphemous II komplett. Immerhin sind die meisten Aufgaben klar als solche erkennbar, doch was genau von uns verlangt wird, wird nicht immer eindeutig verraten. Das motiviert uns umso mehr, jeden Winkel der Welt abzusuchen, um alles zu finden, jedes Rätsel zu lösen und jede kleine Geschichte aufzusaugen. Schließlich übt das Szenario von Blasphemous II eine enorme Faszination aus.

Nützliche Boni

Ein richtiges Rollenspiel-System bietet Blasphemous II nicht. Stattdessen erhalten wir für das Besiegen von Gegnern Tränen der Abbitte sowie regelmäßig Martyriumspunkte. Während ersteres als Währung dient, um Gegenstände bei Händlern zu kaufen, nutzen wir Letztere, um unsere Waffen in jeweils individuellen Fähigkeitenbäumen zu verbessern. Diese sind stets in drei Stufen eingeteilt, wovon zu Beginn allerdings nur die erste freigeschaltet ist. Um die anderen beiden Stufen zu entsperren, müssen wir die in der Spielwelt versteckten Aufwertungen für jede Waffe finden. Allerdings können wir für Martyriumspunkte auch unser Retabel der Gunst vergrößern lassen. In diesem können wir bis zu acht Holzfiguren mit passiven Effekten wie erhöhtem phsyischem Schaden und besserer Resistenz gegen Elementarschaden platzieren. Wir sollten uns entsprechend gut überlegen, für was wir unsere Martyriumspunkte verwenden. Doch keine Sorge, wir erhalten im Laufe des Spiels genug Punkte, um alles für uns notwendige freizuschalten.

Die Holzfiguren und das Retabel der Gunst kann mit den passiven Effekten einen großen Einfluss auf das Spielgefühl haben. Zumal zwei zueinander passende Figuren in einem der Zweier-Slots nebeneinander platziert zusätzliche Boni bringt. Hier ist gute Planung von Vorteil. Zusätzlich dürfen wir Rosenkranzperlen in unserem Rosenkranz platzieren um weitere passive Effekte zu aktivieren. Bis zu fünf Perlen passen nach entsprechender Erweiterung in unsere Rosenkranz. Angesichts der Menge an Holzfiguren und Perlen, haben wir hier viel Individualisierungsmöglichkeiten. In Einklang mit den als Waffenerinnerungen bezeichneten Skillbäumen, genießen wir viel Freiheit, um stärker und gleichzeitig unserem Spielstil gerecht zu werden.

Knackige Herausforderung

Das ist auch notwendig, um die teilweise fordernden Abschnitte zu schaffen. Besonders die großartigen Bosse bieten uns knackige Kämpfe, die uns alles abverlangen. Doch selbst wenn wir frustriert den Controller oder die Switch aus der Hand legen, kehren wir recht bald wieder zu Blasphemous II zurück. Entweder, um an anderer Stelle Verbesserungen für unsere Lebensenergie, unsere Heilungsmöglichkeiten oder unsere Inbrunst zu finden oder neue Fähigkeiten, Perlen oder ähnliches freizuschalten. Denn mit richtiger Vorbereitung sind alle Bosse zu schaffen. Sterben wir trotzdem, starten wir am letzten besuchten Betpult, den Speicherpunkten in Blasphemous II. Als Bestrafung für unseren Tod verlieren wir jedoch nichts, sondern laden Schuld auf uns. Dadurch haben wir einige Mali und unsere maximale Inbrunst sinkt. Abgesehen von den Nachteilen, etwa von verringerter Verteidigung, kann weniger Inbrunst maßgebliche Auswirkungen haben. Schließlich handelt es sich dabei genau betrachtet um unsere Magiepunkte, die wir benötigen, um Verse oder Gesänge, die Zauber von Blasphemous II, einzusetzen. Nützliche Mittel, um Gegnern zusätzlichen Schaden zuzufügen.

Dass Blasphemous II stets fair bleibt, ist auch den gut ineinander greifenden Mechaniken zu verdanken. Jedes Gameplay-Element, jede Fähigkeit und jede Bewegungsmöglichkeit gehen miteinander in Einklang. Das spielt sich dank der gelungenen Steuerung absolut flüssig und wir haben stets das Gefühl, die volle Kontrolle über den Büßer zu haben. Nur sehr selten hatten wir den Eindruck, dass eine Eingabe minimal verzögert ausgeführt wurde. Negative Auswirkungen hatte das aber nie. Zumal das Scheitern immer auf uns selbst zurückzuführen war, egal wie sehr wir uns über etwas geärgert haben. Gleichzeitig überzeugt Blasphemous II mit einer fehlerfreien Technik. Das Metroidvania spielt sich absolut flüssig und Fehler oder Bugs sind uns keine aufgefallen. Umso mehr kann die stimmungsvolle Pixel-Grafik samt zahlreicher Details zur Geltung kommen. Bei den Zwischensequenzen setzt das Action-Adventure im Gegensatz zum ersten Teil auf einen wunderschönen Zeichenstil, dessen Kohärenz zur Spielgrafik Geschmackssache ist, uns aber wirklich gut gefallen hat. Die großartige Atmosphäre wird vom fantastischen Soundtrack perfekt unterstützt. Stets sorgt die Musik für genau die richtige Stimmung und begleitet das Geschehen mit wundervollen, perfekt zur religiösen Symbolik passenden Klängen. Auch bei der wahlweise englischen oder spanischen Sprachausgabe überzeugt Blasphemous II durchweg. Besonders zweitere sorgt für eine ganz eigene Stimmung, die perfekt zum Szenario passt. Dank zwei Enden, von denen das Zweite nur durch Erfüllung einiger nicht unbedingt offensichtlichen Aufgaben erreicht werden kann, bietet Blasphemous II zudem genug Motivation, um auch nach dem ersten Bezwingen des letzten Bosskampfes weiterzuspielen und zu versuchen, wirklich alles zu sehen.

Fazit

Da Blasphemous immer als unglaublich schwer und tödlich gilt, habe ich mich trotz des für mich interessanten Szenarios und des ansprechenden Grafikstils nie an das Souls-like-Metroidvania gewagt. Kurz vor Veröffentlichung des zweiten Teils hatte ich jedoch die Gelegenheit, zumindest kurz in Blasphemous reinzuspielen und war danach umso gespannter auf Blasphemous II. Die Souls-like-Elemente halten sich meiner Meinung nach in Grenzen. Stattdessen setzt das Action-Adventure besonders stark auf das Metroidvania-Prinzip mit einigen fordernden Gegnern und Kämpfen. Etwas, das bereits Metroid und Castlevania zu bieten hatten. Eine kryptisch-düstere Geschichte, das mit religiöser Symbolik vollgepackte Szenario, die großartig gestaltete Spielwelt und zahlreiche perfekt ineinander greifende Spielmechaniken haben mich schnell davon überzeugt, dass Blasphemous II eines der besten Metroidvanias der letzten Jahre ist. Zumal die Herausforderung nie unfair ist, egal wie schwer ein Boss auch sein mag. Fans des Vorgängers sollten auf jeden Fall zugreifen. Doch auch alle Metroidvania-Fans, die den ersten Teil aufgrund des Rufs gemieden haben, sollten sich Blasphemous II auf keinen Fall entgehen lassen.

Kurzfazit: Atmosphärisches Metroidvania-Action-Adventure, das mit düster-religiösem Szenario, motivierendem Gameplay, fantastischer audiovisueller Präsentation und stets fairem Schwierigkeitsgrad herausfordernden Genre-Spielspaß bietet.

Vielen Dank an Team17 & The Game Kitchen für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Blasphemous 2!