Rezension: Lone Wolf & Cub Master Edition – Band 1 (Manga)

Zusammen mit seinem kleinen Sohn zieht ein Ronin in Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 als Auftragsmörder durch Japan.

Einst war Ogami Itto Sekundant des Shoguns und somit ein hoch angesehener Samurai und einer der wichtigsten Männer Japans. Durch eine Intrige ist er jedoch in Ungnade gefallen. Seines bisherigen Lebens und allem außer seinem kleinen Sohn Daigoro beraubt, zieht Ogami als Ronin durch das Land. Auf Rache sinnend und einem Gelübde folgend, hat er den Weg des Auftragsmörders gewählt. Für den richtigen Preis ist er bereit, so gut wie jede Person zu töten. Schon bald ist Ogami als einsamer Wolf mit Welpen bekannt und berüchtigt.

Episodischer Auftragsmörder

Lone Wolf & Cub gehört zu den wohl wichtigsten Manga-Reihen, die jemals erschienen sind. Das achtundzwanzig Bände umfassende opulente Historien-Drama von Kazuo Koike und Gōseki Kojima, das ursprünglich von 1970 bis 1976 in Japan erschienen ist, hat zahlreiche spätere Werke und Kreative inspiriert. Nachdem die Reihe bereits von Carlsen Manga und später von Panini veröffentlicht wurde, spendiert Panini Lone Wolf & Cub eine überarbeitete Deluxe-Neuauflage im übergroßen Hardcoverformat mit Schutzumschlag. Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 stellt den Beginn der Reihe dar, die in zwölf Sammelbänden zusammengefasst wird, dar. Die in atemberaubenden, stimmungsvollen und detail- wie abwechslungsreichen und schonungslosen Bildern illustrierten Geschichten folgen dem Auftragsmörder Ogami Itto, der mit seinem kleinen Sohn Daigoro durch Japan reist. Einer fortlaufenden Handlung folgt der Manga dabei nicht. Stattdessen handelt es sich bei jedem Kapitel um eine Erzählung über den ehemaligen Samurai. Obwohl die unterschiedlich langen Kapitel nur selten direkt aufeinander aufbauen, entwickelt sich eine episodische, unchronologische Geschichte, die trotzdem hervorragend den Werdegang und das Leben des Protagonisten und seines Sohnes wiedergibt.

Dabei ist Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 kein leichtes Werk. Angesiedelt in der späten Edo-Ära und somit in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, verbinden Kazuo Koike und Gōseki Kojima die Abenteuer von Ogami Itto mit historischen Ereignissen, gehen auf Kultur, Politik und Alltagswelt des mittelalterlichen Japans ein. Daraus ergibt sich ein gewisser Anspruch, besonders, weil japanische Begriffe und Beschreibungen erhalten bleiben. Ein Glossar am Ende des fast siebenhundert Seiten langen Mangas liefert Informationen zu den wichtigsten Fakten. Doch auch abseits davon bleibt Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 anspruchsvoll und setzt zudem auf eine schonungslose Darstellung von Ogami Ittos Arbeit als Auftragsmörder. Unnachgiebig, bestimmt und mit viel Talent tötet der ehemalige Samurai zahlreiche Menschen. Dabei können durchaus Körperteile fliegen oder ganze Leiber in zwei Hälften geteilt werden. Blut und Gewalt, dadurch aber auch überaus glaubhaft. Ähnliches gilt für die Inszenierung der Gesellschaft. Banditen, Mörder, Räuber, Brandstifter und andere Kriminelle samt ihrer teils heftigen Verbrechen bleiben genauso wenig aus wie despotische Herrscher und Inspektoren, die auch mal Bedienstete wegen einer Verfehlung brutal verprügeln. Damit bietet Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 eine der wahrscheinlich besten Darstellungen des feudalen Japans, die einem Manga möglich ist.

Opulentes Historien-Drama

Gleichzeitig trumpft der Auftaktband mit spannenden, abwechslungsreichen und schockierenden Geschichte auf. Ogami Itto ist ein kühler, aber nicht herzloser Auftragsmörder, der seiner Profession mit absoluter Überzeugung nachgeht. Als Kontrast steht ihm sein noch sehr junger Sohn Daigoro zur Seite. Es wirkt manchmal schon fast seltsam, wenn die beiden zusammen unterwegs sind und Ogami Itto beginnt mit seinem Sohn auf dem Rücken zahlreiche Gegner niederzumetzeln. Das verleiht der Geschichte aber sowohl etwas Tragisches wie auch ein wenig Wärme, die sonst in der harten Welt des alten Japans fast verloren zu sein scheint. Wie wichtig eine gut geschriebene und funktionierende Hauptfigur sein kann, zeigt sich an der episodischen Erzählweise. Da die Kapitel unchronologisch und lose aneinandergereiht sind, fehlt es auch bei den Figuren meist an Verbindungen. Wiederkehrende Charaktere sind höchst selten, wodurch es noch mehr von dem Vater-Sohn-Gespann abhängt, wie gut der Manga funktioniert. Hier kann Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 schnell sämtliche Zweifel ausräumen. Lediglich, dass einige Figuren nicht doch mehr Aufmerksamkeit über einzelne Kapitel heraus erhalten, ist etwas bedauerlich. Gerne hätte es mit dem einen oder anderen Charakter ein Wiedersehen geben dürfen. Ausgeschlossen ist das für die Zukunft aber keineswegs und negativ wirkt sich das auf die packende Historien-Drama-Geschichte sowieso nicht aus.

Wie bereits erwähnt, überzeugt Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 mit atemberaubenden, stimmungsvollen und detail- wie abwechslungsreichen Bildern, die das Geschehen stets gekonnt einfangen und wiedergeben. Gōseki Kojimas Stil wandelt dabei zwischen sehr finsteren Zeichnungen mit vielen Schraffierungen, Schatten und hellen Darstellungen, die fast ausschließlich auf die reinen Illustrationen reduziert sind. Dazu gesellen sich atmosphärische Panoramabilder, die auch mal zwei Seiten des übergroßen Mangabandes einnehmen können. Allgemein profitieren die Bilder enorm von dem Überformat und der Papierqualität, die Panini der Master Edition spendiert hat. Jedes Detail und jede Zeichnung kommt dank der hochwertigen Neuauflage perfekt zur Geltung. Dazu gesellen sich hervorragend ins Deutsche übersetzt, glaubhaft geschriebene Dialoge, die viel zur Stimmung des Mangas beitragen wodurch es letztlich schwer fällt, Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 wieder aus der Hand zu legen – trotz der enormen Dicke, Größe und des damit einhergehenden Gewichts des Mangas.

Fazit

Lone Wolf & Cub Master Edition Band 1 beweist, dass die Historien-Drama-Reihe von Kazuo Koike und Gōseki Kojima zurecht als eines der wichtigsten und wegweisendsten Manga-Werke aller Zeiten gilt. Ogami Ittos Geschichte als Auftragsmörder, der auf Rache sinnt, ist spannend, stimmungsvoll, realistisch und glaubhaft erzählt und bietet genau das, was ich von einer Samurai-Erzählung erwarte. Dabei kommt die unchronologische Erzählweise der nicht direkt zusammenhängenden Kapiteln der Handlung zu Gute und sorgt dafür, dass sich ein loses, aber durchgängiges Bild des Protagonisten und seines kleinen Sohnes im mittelalterlichen Japan der späten Edo-Ära abbildet. Es ist faszinierend zu sehen, mit welcher Liebe zum Detail Kazuo Koike und Gōseki Kojima dem Japan des achtzehnten Jahrhunderts Leben einhauchen und dabei auf historische, politische und gesellschaftliche Ereignisse achten. Dadurch ist Lone Wolf & Cub allerdings auch alles andere als leichte Kost, sondern durchaus anspruchsvoll. Die Neuauflage als Master Edition bietet nicht nur eine neue Chance, das zeitlose Meisterwerk zu erleben, sondern ist zudem absolut hochwertig und ein wahres Sammlerstück. Fans historischer Samurai-Dramen sollten unbedingt zugreifen.

Kurzfazit: Zeitloser Manga-Klassiker in hochwertiger Neuauflage der eine stimmungsvolle, nicht-chronologische Samurai-Drama-Geschichte rund um einen Auftragsmörder und seinen noch jungen Sohn erzählt und mit viel Detailliebe spannende Genre-Unterhaltung bietet.

Vielen Dank an Panini für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Lone Wolf & Cub Master Edition – Band 1!

Details
Titel: Lone Wolf & Cub Master Edition – Band 1
Originaltitel: Kozure Ōkami
Genre: Historie, Drama, Abenteuer
Verlag: Panini Manga
Story: Kazuo Koike
Zeichnungen: Gōseki Kojima
Seiten: 692
Preis: 30,00 €
ISBN: 978-3-7416-2796-5
Verlagsseite: Lone Wolf & Cub Master Edition – Band 1 bei Panini Manga
Erscheinungsdatum: 26. Juli 2022

© Kazuo Koike / Gōseki Kojima / Futabasha Publishers Ltd. / Panini Manga