Rezension: Far Cry 6 (Xbox Series X)

Dani Rojas wird in Far Cry 6 in den Kampf gegen einen Despoten gezogen und entwickelt sich zur Ein-Personen-Armee.

Seit Far Cry 3 steht Ubisofts Shooter-Reihe für interessante, ausgefallene und charismatische Bösewichte. Entsprechend stand der Auftritt von Schauspieler Giancarlo Esposito in der Rolle des Diktators Antón Castillo im Mittelpunkt des Ankündigungstrailers von Far Cry 6. Als wahlweise weibliche oder männlicher Dani Rojas stürzen wir uns in den Guerilla-Kampf gegen den tyrannischen Herrscher des Inselstaates Yara, der vom realen Kuba inspiriert wurde. Dabei bietet uns Far Cry 6 eine große, weitläufige und vollgepackte Open-World in der wir uns frei austoben können. Leider bleiben einige Schwächen der Vorgänger erhalten und auch Geschichte und Szenario können nicht ihr volles Potenzial entfalten.

Unfreiwillig Guerilla

Zu Beginn von Far Cry 6 will Dani eigentlich nur mit ihren Freunden aus Yara abhauen und in den USA ein neues Leben beginnen. Aber alles kommt anders, ihre Freunde sterben und Dani muss den als Libertad bekannten Widerstand um Hilfe bitten. Natürlich bleiben wir da nicht untätig, schließlich war Dani in der Armee. Also erledigen wir auf der ersten Insel Missionen und lernen so in einem launigen Tutorial die wichtigsten Grundlagen. Haben wir diesen Bereich hinter uns gelassen, öffnet sich die Spielwelt und wir dürfen verschiedenen Handlungspfaden folgen oder uns einfach mit den zahlreichen Nebenbeschäftigungen befassen. Feindliche Basen einnehmen, Sondereinsätze absolvieren, Bandidos-Missionen planen, Hahnenkämpfe bestreiten, an Rennen teilnehmen und allerlei mehr. Far Cry 6 bietet wenig überraschend reichlich Beschäftigung, wodurch die Spielzeit von rund zwanzig Stunden für die Geschichte deutlich anwächst.

Leider zeigen sich schon bald erste Schwächen im Gameplay des Shooters. Das gilt besonders für das Waffengefühl und Trefferfeedback. Im Vergleich zum fünften Teil hat Ubisoft hier zwar schon einiges verbessert, es hängt aber deutlich von der gewählten Waffe und Waffenart ab, wie gut sich die Schießereien anfühlen. Während manche Waffen schön wuchtig daher kommen, wirkt es bei anderen so, als würden Treffer die Feinde überhaupt nicht kratzen. Zusätzlich fällt uns recht bald auf, dass die Aufrüstungsmöglichkeiten für die Waffe nur bedingt motivieren und schon bald kümmern wir uns kaum noch darum. Zwar passt es sehr gut zum Szenario, dass wir Materialien sammeln und aus diesen Verbesserungen wie improvisierte Schalldämper oder Zielvorrichtungen bauen, doch sobald wir für uns funktionale Waffen besitzen, bringen uns selbst die große Auswahl und die Anpassungsmöglichkeiten nur noch bedingt zu einem Wechsel unserer Ausrüstung.

Fehlende Herausforderung

Ähnliches gilt für die Kleidungsstücke, die wir tragen. Diese ersetzen die Fähigkeitenbäume der Vorgänger und nehmen Einfluss auf Danis Eigenschaften. So erhalten wir durch Oberteile, Hosen, Schuhe, Kopfbedeckungen und Handgelenk-Accessoire Vorteile wie mehr Munition für eine Waffenart, leisere Bewegung oder bessere Verteidigung. Irgendwann wechseln wir auch hier nur noch bedingt die Ausrüstung, was auch dem zu niedrigen Schwierigkeitsgrad geschuldet ist. Gegner handeln wenig überlegt und laufen uns direkt vor die Flinte, so dass nur noch die schiere Masse für Probleme sorgen kann. In solchen Fällen reicht es aber oft, sich eine Zeitlang zu verstecken, damit wir heilen oder unsere manuelle Heilmöglichkeit verwenden. Zusätzlich steigen wir mit der Zeit im Level auf, was dazu führt, dass manche Gebiete trotz mitstufender Feinde noch leichter werden. Aufs Schleichen haben wir irgendwann komplett verzichtet, da bloßes Drauflosballern und Feindbasen stürmen wesentlich schneller geht und kaum eine größere Herausforderung bedeutet.

Aber nicht falsch verstehen: Trotz dieser Mängel macht Far Cry 6 viel Spaß. Die Freiheit der offenen Welt von Yara lädt uns immer wieder zum Erkunden ein und es gibt wirklich viel zu entdecken. Haupt- und Nebenquests sind oft kurzweilig geschrieben und sogar die ziemlich flachen, eindimensionalen Charakteren fügen sich recht ordentlich in die Handlung ein und tragen ihren Teil zum motivierenden Spielgefühl bei. Dazu gesellen sich die verrückten Impro-Waffen und abgedrehten Supremo-Rucksäcke sowie unsere tierischen Begleiter, die uns im Kampf zur Seite stehen. Wenn wir möchten, können wir zudem die gesamte Kampagne zu zweit erleben. Lediglich, dass der Missionsfortschritt nur für den Host übernommen wird, ist ärgerlich, bei richtiger Absprache aber akzeptabel.

Kurzweilige Action

Far Cry 6 nimmt sich außerdem nicht immer vollkommen ernst. Das mag im Kontrast zum ernsten Szenario stehen und nicht zu jeder angesprochenen Thematik passen, fügt sich aber trotzdem gut in die Art des Spiels ein. Schließlich ist Far Cry 6 kein ernstzunehmendes Befreiungs- und Kriegsdrama, sondern eher vollgepackte und übertriebene Popcorn-Action-Unterhaltung. Sicher, dadurch sind Geschichte und Charaktere weitaus weniger anspruchsvoll, als es das Szenario zulassen würde, aber dem grundsätzlichen Spielspaß schadet das nicht. Zumindest, wenn zuvor nichts anderes erwartet wird und ihr euch bewusst seid, was euch mit Far Cry 6 geboten wird: Rasante, kurzweilige Action auf Popcorn-Kino-Niveau. Damit erfindet der sechste Teil die Reihe nicht neu, kann aber durchaus spaßige Shooter-Unterhaltung bieten.

Optisch hat uns Far Cry 6 besonders mit den abwechslungsreichen und lebendigen Gebieten von Yara überzeugt. Tolle Wassereffekte, glaubhafte Wälder, düstere Höhlen, felsige Klippen, das alles erschafft eine Spielwelt, die wir mit Freude erkunden. Da verzeihen wir gerne, wenn sich kleinere Macken bei der Grafik zeigen. Zumal diese bei der großen Action kaum auffallen. Auch Soundkulisse und Musikuntermalung sind gelungen und fügen sich ordentlich ins Spiel ein. Die sehr gute deutsche Synchronisation verleiht den Charakteren Leben, auch wenn die Dialoge manchmal reichlich flach sind.

Fazit

Far Cry 6 ist ungefähr das, was ich von dem Ubisoft-Shooter erwartet habe und bietet mir kurzweilige Genre-Kost. Die Geschichte ist interessant genug, um mich bei Laune zu halten. Antón Castillo ein funktionierender Bösewicht, den ich gerne stürzen möchte. Und das Gameplay ist trotz eindeutiger Schwächen ausreichend wuchtig. Sicher, gerade beim Trefferfeedback hätte ich mir mehr gewünscht und auch die irgendwann gefühlte Überflüssigkeit einiger Spielmechaniken ist schade. Hier zeigt sich, dass Far Cry 6 keineswegs überragend ist. Dafür stecken zu viele Macken im Detail. Über diese sehe ich aber angesichts des Spaßes, den ich mit Far Cry 6 habe, gerne hinweg. Letztlich ist Far Cry 6 für alle Shooter-Fans, die einfach nur kurzweilige Genre-Kost suchen, geeignet.

Kurzfazit: Kurzweiliger Shooter der unter Gameplay-Schwächen leidet, aber als spaßige Popcorn-Action trotzdem viel richtig macht.

Vielen Dank an Ubisoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Far Cry 6!

Details
Titel: Far Cry 6
Genre: Shooter
Publisher: Ubisoft
Entwickler: Ubisoft Toronto, Ubisoft Montreal, Ubisoft Kyiv, Ubisoft Shanghai, Ubisoft Berlin
Spieler: 1-2
Syteme: Xbox Series X/S (getestet auf Series X), Xbox One, PlayStation 5  PlayStation 4, PC
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 07. Oktober 2021

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