Rezension: Dorohedoro – Band 1 (Manga)

Caiman sucht in Dorohedoro Band 1 nach dem Magier, der ihn in eine Echse verwandelt und ihm die Erinnerungen geraubt hat.

Eine Stadt so düster, dass sie nur als „Loch“ bezeichnet wird. Magier, die durch magische Türen aus ihrer Welt kommen, um Experimente an den in Angst lebenden Menschen im „Loch“ durchzuführen. Das Leben im „Loch“ ist nicht einfach. Caiman will sich seinem Schicksal aber nicht ergeben. Gemeinsam mit der Restaurant-Besitzerin Nikaido, macht er Jagd auf Magier, um jenen zu finden, der ihn verzaubert hat. Seit dem Vorfall, an den Caiman aufgrund seines Gedächtnisverlustes keinerlei Erinnerungen hat, hat er nicht nur einen Echsenkopf, sondern in seinem Innern befindet sich auch noch ein unbekannter Mann. Gleichzeitig wird der mächtige Magier En aufmerksam auf den gegen Magie immunen Caiman und beginnt selbst Nachforschungen über dessen Verwandlung anzustellen.

Von Echsenmenschen und Magiern

Obwohl Dorohedoro von Mangaka Q-Hayashida bereits im Jahr 2000 in Japan gestartet ist und nach achtzehn Jahren 2018 mit dem dreiundzwanzigsten Band beendet wurde, erlangte die Reihe erst im vergangen Jahr international größere Bekanntheit. Die gleichnamige Netflix-Serie entwickelte sich zum Überraschungshit und hat sicherlich dazu beigetragen, dass Manga Cult seit Anfang August Dorohedoro auf deutsch in Sammelbänden veröffentlicht. Dorohedoro Band 1 umfasst dabei die ersten drei japanischen Manga mit einem Umfang von fetten 528 Seiten. Die Geschichte beginnt in einer dreckig-dystopischen Stadt, die einfach nur als „Loch“ bezeichnet wird. Schon nach kurzer Zeit wird deutlich, warum das so ist. Q-Hayashida hat eine düstere, faszinierende und zugleich erdrückende Welt erschaffen, die trotz des rauen Zeichenstils vor Details nur so strotzt und zugleich sowohl Umgebungen als auch Charaktere in grandiosen Bildern darstellt. Dabei trumpft Dorohedoro mit einer großen Eigenwilligkeit auf. Das dreckige, explizite und abgedrehte Action-Abenteuer ist schwer mit anderen Manga zu vergleichen und vermischt zahlreiche Einflüsse zu einer komplett individuellen Dark-Fantasy-Geschichte mit reichlich skurrilem Charme.

Dabei brilliert Dorohedoro trotz eines manchmal sprunghaften Erzählstils besonders mit den abwechslungsreichen Abenteuern, die die abgedrehten Charaktere erleben. Es sind sowohl das „Loch“ als auch die Magierwelt, die für genau das richtige Ambiente sorgen, um Caiman, Nikaido und die Magier um En die verrücktesten Dinge erleben zu lassen. Obwohl ein klares Ziel – die Suche nach dem Magier, der Caiman verflucht hat – vorhanden ist, weicht Dorohedoro auch gerne Mal von diesem Weg ab, nur um in die vermeintlichen Nebenhandlungsstränge direkt mit der Geschichte zu verknüpfen. Hier zeigt Q-Hayashida ein ausgezeichnetes Händchen für den Storyaufbau, der gleichzeitig enorm von den skurrilen Charakteren profitiert. Alleine Caiman mit seinem Echsenkopf, dem Mann in ihm und der Tatsache, dass er von jedem Magier, den er findet, den Kopf in sein Maul steckt, reichen, um zu verdeutlichen, wie abgedreht Dorohedoro Band 1 oft ist. Das ist aber lediglich die Spitze des Eisbergs und im Laufe der drei im Sammelband enthaltenen Bände zeichnen sich einige Entwicklungen, kleinere Wendungen und kongeniale Partnerschaften ab.

Neben der dynamischen, einfach nur hervorragend umgesetzen Freundschaft von Caiman und Nikaido, die ihrem Partner in Nichts nachsteht und wie alle anderen Charaktere über enorme Tiefe verfügt, sind es auch einige Magier, die viel zum Manga beitragen. En, Shin, Noi, Fujita und Ebisu sind alle auf ihre eigene Art an Skurrilität kaum zu überbieten. Das liegt nicht nur an ihren individuellen magischen Kräften, sondern auch an ihren Persönlichkeiten und den abgedrehten Masken, die sie tragen. Dazu gesellt sich die bereits erwähnte Umgebung, bei der besonders das „Loch“ mit ihrer vom Rauch, der beim Zaubern entsteht, verhangenen Luft, den zahlreichen labyrinthartigen Straßen, Gängen und Häuserblocks, fast wie ein zusätzlicher Charakter wirkt. Dabei erinnert die Gestaltung und Darstellung des „Lochs“ aber auch der Magierwelt an düstere Science-Fiction- und Cyberpunk-Geschichte der 1980er- und 1990er-Jahre. Besonders Erinnerungen an Tsutomu Niheis Blame! und Katsuhiro Otomos Akira, aber auch an Taiyo Matsumotos Tekkon Kinkreet werden geweckt. Das zeigt noch einmal, wie lebendig und gleichzeitig detailreich die Welten von Dorohedoro im ersten Band dargestellt werden. Gleichzeitig bleibt es dabei, dass sich Q-Hayashidas Werk kaum einordnen lässt und gerade deshalb eine unglaubliche Faszination auslöst. Wer auch nur ein bisschen was mit durchaus brutalen, abgedrehten, skurillen und etwas anderen Fantasy-, Science-Fiction-, Mystery- und/oder Horror-Action-Abenteuern anfangen kann, sollte sich Dorohedoro Band 1 auf keinen Fall entgehen lassen.

Fazit

Verrückt, durchgeknallt, skurril, abgedreht. Es gibt kaum genug Begriffe, um Dorohedoro Band 1 zu beschreiben und dabei nicht den wahren Kern des Mangas zu verfehlen. Q-Hayashida erzählt ein eigenständiges, düsteres, dytopisches und urbanes Fantasy-Action-Abenteuer, das vor absonderlichen und merkwürdigen Details nur so strotzt. Egal ob nun die finsteren Welten von Menschen und Magieren, die tiefgründigen, skurillen Charaktere oder die vielleicht manchmal etwas sprunghaft, aber gleichzeitig ausgezeichnet erzählte Geschichte, Dorohedoro fügt sich im ersten Band zu einem vollkommen eigenständigen Gesamtkunstwerk zusammen. Schon nach wenigen Seiten hatte mich der Manga gepackt und ich habe Seite für Seite, Kapitel für Kapitel regelrecht verschlungen. Da zum Auftakt drei der japanischen Original Manga im Sammelband enthalten sind, bieten die 528 Seiten einen ordentlichen Umfang und einen wunderbaren Einstieg in die verrückte Welt von Dorohedoro. Dabei tragen auch die Charakteren – und damit sind nicht nur Caiman und Nikaido, sondern auch die Magier um En gemeint – viel zum Lesespaß bei. Besonders kleine Details, etwa Ebisus Verhalten im Hintergrund, zeigen mit wie viel Liebe sich Q-Hayashida ihrer über achtzehn Jahre erschienen Reihe gewidmet hat. Ich bin bereits gespannt, wie die Geschichte weitergeht und bin froh, dass wir nicht so lange warten müssen, bis der nächste Band erscheint. Jedem Manga-Fan mit einem Hang zu ungewöhnlichen Geschichten, kann ich Dorohedoro Band 1 nur wärmstens empfehlen.

Kurzfazit: Skurriler Fantasy-Action-Manga der sich mit hoher Eigenständigkeit absetzt und mit abgedrehten Charakteren und zwei düster-dystopischen Welten absolut ungewöhnlichen Lesespaß garantiert!

Vielen Dank an Manga Cult für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dorohedoro – Band 1!

Details
Titel: Dorohedoro – Band 1
Originaltitel: Dorohedoro
Genre: Fantasy, Action, Drama, Mystery, Horror
Verlag: Manga Cult
Mangaka: Q-Hayashida
Seiten: 528
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-96433-465-7
Verlagsseite: Dorohedoro – Band 1 bei Manga Cult
Erscheinungsdatum: 05. August 2021

© Q-Hayashida / Shogakukan / Manga Cult