Rezension: Mass Effect Legendary Edition (PS4)

Electronic Arts und Bioware bringen die Shepard-Trilogie aufgehübscht und überarbeitet als Mass Effect Legendary Edition zurück.

Fast vierzehn Jahre ist es her, seit das erste Mass Effect im November 2007 für Xbox 360 veröffentlicht wurde. Das Action-Rollenspiel legte den Grundstein für Biowares, bei Fans überaus beliebte Science-Fiction-Reihe, die bis heute nichts von ihrer Faszination verloren hat. Zumindest, wenn es um Geschichte, Charaktere, Entscheidungen und Universum geht. Erstklassig erzählt, stellen wir uns in Mass Effect, Mass Effect 2 und Mass Effect 3 als wahlweise weiblicher oder männlicher Commander Shepard einer Bedrohung für die gesamte Galaxie. Dabei verfügt jeder Teil über eine eigene Handlung, die jedoch stets eng mit den anderen Teilen verbunden ist. So treffen wir nicht nur bekannte Charaktere wieder, auch unsere Entscheidungen nehmen merklich Einfluss. Wie wir vorgehen, beeinflusst nicht nur die einzelnen Teile für sich, sondern auch die Nachfolger. Selbst Entscheidungen aus dem Serienauftakt können in Mass Effect 3 noch Auswirkungen haben, etwa, wenn ein bestimmter Charakter gestorben ist. Gerade diese eng verwobene Geschichte sorgt dafür, dass sich die Shepard-Trilogie so kohärent anfühlt. Alle drei Teile sind für sich genommen bereits herausragende Action-Rollenspiele, doch zusammen ergeben sie eine zusammenhängende Spielerfahrung, die bis heute ihresgleichen sucht. Umso besser ist es, dass Electronic Arts und Bioware der gesamten Trilogie ein Remaster spendiert haben. Die Mass Effect Legendary Edition ermöglicht es uns, alle drei Teile auf aktuellen Konsolen zu erleben.

Zeitlos faszinierend

Vorweg sei darauf hingewiesen, dass in diesem Test die drei Mass-Effect-Teile nicht im einzelnen vorgestellt werden. Zwar wird auf einige Details eingegangen, in erster Linie steht aber das Remaster sowie die Qualität der Spiele im Mittelpunkt. Wie erwähnt, verkörpern wir in Mass Effect Commander Shepard. Bevor wir allerdings beginnen, dürfen wir unseren Hauptcharakter in einem Editor selbst erstellen. Dieser bietet ausreichend Möglichkeiten und wurde für die Legendary Edition vereinheitlicht. Das bedeutet, wir erstellen uns unsere oder unseren Shepard und können sicher sein, dass dieser oder diese in allen drei Teilen identisch bleibt. Sogar einige neue Möglichkeiten wurden in den Editor integriert. Zudem ist nun, die mit Mass Effect 3 eingeführte weibliche Standard-Shepard, auch in den Vorgängern enthalten. Eine sinnvolle Neuerung, die die gesamte Trilogie noch zusammenhängender wirken lässt.

Das gilt auch für die optische und spielerische Seite. Kaum haben wir unsere ersten Schritte in Mass Effect gemacht, fällt uns das nun einheitliche, moderne Benutzerinterface mit Lebensenergie, Waffenübersicht und Ähnlichem auf. Zudem spielt sich der erste Teil deutlich besser, als im spürbar gealterten Original. War die Steuerung 2007 noch schwammig und hakelig, fühlen sich die Schießereien mit den Gegnern nun deutlich dynamischer an und gehen auch besser von der Hand. So gelungen wie in den beiden Nachfolgern ist das Gameplay zwar noch nicht, aber die Verbesserung ist trotzdem spürbar. Lediglich das Trefferfeedback und die künstliche Intelligenz von Gegnern und unseren Crew-Mitgliedern lässt zu wünschen übrig. Das verhält sich in den anderen beiden Teilen anders. Hier zeigt sich, wie stark sich Mass Effect im Laufe der drei Teile verändert. Ist der Trilogieauftakt noch mehr ein Rollenspiel mit Shooter-Kampfsystem, orientiert sich bereits Mass Effect 2 deutlich stärker in Richtung Action und fühlt sich aufgrund der schnellen Kämpfe fast wie ein Deckungsshooter an. Das erhöht allerdings auch den Schwierigkeitsgrad noch einmal. Mass Effect 3 hingegen fügt Ausweichrolle und Sprünge über Abgründe hinzu, wodurch der Trilogieabschluss die dynamischsten und flottesten Kämpfe bietet.

Ähnliche Unterschiede fallen allgemein bei der Trilogie auf. Im Laufe der drei Teile entwickelt sich Mass Effect spürbar weiter und verändert sich nicht nur hinsichtlich der Rollenspiel-Shooter-Balance, sondern auch bei Inszenierung und Storytelling. So ist Mass Effect 1 wahrscheinlich am geschichtslastigsten, während Mass Effect 3 bei der Präsentation der Handlung am meisten brilliert. Diese Unterschiede fühlen sich aber hervorragend an und sorgen für die nötige Abwechslung in der Trilogie. Besonders wenn wir die drei Spiele jetzt nacheinander, ohne mehrjährige Pause, spielen können, ist das mehr als willkommen. Gleichzeitig wird relativ schnell deutlich, wie stark sich die Shepard-Trilogie bei der Geschichte entwickelt. Alle drei Teile erzählen komplexe, vielschichtige Stories, die sich jedoch in ihrer Tonalität deutlich unterscheiden. So stellt uns bereits Mass Effect 1 vor eine galaxisweite Bedrohung. Im Vergleich zu den beiden Nachfolgern strahlt der Trilogieauftakt fast schon. Mass Effect 2 ist deutlich düsterer und ernster als sein Vorgänger. Zu verdanken ist das auch den neuen Feinden, den Kollektoren, aber auch der gesamten Storypräsentation. Allgemein entwickelt sich das Universum spürbar weiter und offenbart uns mit jedem Teil neue Details und Geheimnisse. Zu verdanken ist das auch den erstklassig geschriebenen Begleitern, die zwar erst mit dem zweiten Teil umfangreiche Nebenhandlungsstränge erhalten, doch bereits in Mass Effect 1 mit starken Persönlichkeiten überzeugen. Mit der Zeit wachsen sie uns ans Herz oder wir hassen sie einfach nur – das hängt von unserer persönlichen Sichtweise ab. Und genau das zeichnet die Figuren in Mass Effect aus. Es ist ein faszinierendes Erlebnis, das Universum zu erkunden, Nebenquests zu erfüllen, auf Planeten zu landen, Kämpfe zu bestreiten, Beziehungen zu knüpfen und allerlei mehr. Hier brilliert die Shepard-Trilogie noch genauso wie früher.

Sichtlich verbessert

Bei der Mass Effect Legendary Edition handelt es sich um eine Remaster-Sammlung der ersten drei Teile der Science-Fiction-Rollenspiel-Reihe von Bioware und nicht um Remakes. Entsprechend wurde die Grafik zwar sichtlich verbessert, aber eben auch nicht mehr. Das ist jedoch keineswegs negativ. Besonders Mass Effect 3 sieht dank der besseren Beleuchtung, höheren Details, zusätzlicher Partikeleffekte und anderer Verbesserungen fast wie ein modernes Action-Rollenspiel aus. Auch Mass Effect 2 braucht sich nicht zu verstecken und selbst das betagte Mass Effect 1 erstrahlt in der Legendary Edition zu neuem Leben. Besonders die Charaktere haben eine wahre Frischzellenkur spendiert bekommen und wirken wesentlich lebendiger und glaubhafter als früher. Narben lassen sich besser erkennen, Talis Gesicht unter ihrem Visier wird realistisch angedeutet und und und. Die optischen Anpassungen bei den Figuren sind zahlreich und ausgezeichnet. Ähnliches gilt für die Umgebungen der meist schlauchartigen Level. Bessere Beleuchtung sorgt für eine dichtere Atmosphäre und mehr Weitsicht lässt Planeten lebendiger wirken. Die noch immer vorhandenen Macken und Grafikfehler, besonders im ersten Teil, verzeihen wir angesichts dieser Meisterleistung an optischer Aufwertung gerne. Noch nie hat die Shepard-Trilogie besser ausgesehen und so können auch Neueinsteiger die drei Spiele endlich in hübscher, wenn auch nicht komplett zeitgemäßer Optik erleben.

Damit nicht genug, hat Bioware auch einige der größten Schwächen der Original-Spiele angepasst. Neben der schwammigen Steuerung des ersten Teils, wurde bei diesem auch auf das Schwingen des Scharfschützengewehrs verzichtet. Wir können also direkt zielen und schießen. Außerdem wurde die von vielen Spielern verfluchte Mako-Steuerung verbessert. Endlich sind die Zeiten vorbei in denen die zahlreichen Abstecher mit dem Fahrzeug für Frust gesorgt haben. Komplett fehlerfrei ist das zwar immer noch nicht, aber wesentlich besser als im Original. Da Mass Effect 2 und Mass Effect 3 deutlich besser gealtert sind, halten sich die Anpassungen bei den beiden Nachfolgern in Grenzen und konzentrieren sich vor allem auf die erwähnten optischen Aufwertungen. Diese reichen aber völlig aus, um der Trilogie ein rundes, erstklassiges Bild zu geben. Zeitlos bleibt außerdem der hervorragende Soundtrack aller drei Spiele, der noch immer nichts von seiner Wirkung verloren hat und die Faszination der Shepard-Trilogie unterstreicht. Alles in allem ist die Mass Effect Legendary Edition ein erstklassiges Remaster einer der besten Rollenspiel-Reihen aller Zeiten und garantiert, dass alle drei Teile wieder gut spielbar sind. Egal ob Neueinsteiger oder Mass-Effect-Veteran, die Legendary Edition sollte sich niemand entgehen lassen.

Fazit

Mass Effect war für mich einer der Gründe, weshalb ich mir 2008 eine Xbox 360 gekauft habe. Unbedingt wollte ich das Action-Rollenspiel von Bioware erleben können und schon damals hat mich die Geschichte von Commander Shepard in ihren Bann gezogen. Mass Effect 2 und Mass Effect 3 haben das Science-Fiction-Erlebnis hochwertig fortsetzt und trotz des nicht bei allen Spielern beliebten Endes dafür gesorgt, das die Shepard-Trilogie bis heute zu meinen absoluten Lieblingsspielen gehört. Lange habe ich auf eine Neuauflage gewartet, um erneut in das Universum eintauchen zu können. Die Geschichte hat auch nach fast vierzehn Jahren nichts von ihrer Faszination verloren. Dank der erstklassigen optischen, technischen und spielerischen Verbesserungen der Mass Effect Legendary Edition, ist die Trilogie wieder gut spielbar und das auf aktuellen Systemen. Rollenspiel-Fans, besonders all jene, die bisher nicht die Gelegenheit hatten sich als Commander Shepard den Reapern entgegen zu stellen, sollten sich Mass Effect Legendary Edition nicht entgehen lassen.

Kurzfazit: Hervorragendes Remaster einer zeitlosen Science-Fiction-Rollenspiel-Trilogie, die nichts von ihrer Faszination verloren hat und endlich wieder gut spielbar ist. Ein Genre-Meisterwerk!

Vielen Dank an Electronic Arts für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Mass Effect Legendary Edition!

Details
Titel: Mass Effect Legendary Edition
Genre: Action-Rollenspiel
Publisher: Electronic Arts
Entwickler: Bioware
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 4, Xbox One, PC
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 14. Mai 2021