Rezension: Das Schwarze Auge: Memoria (PC)

dsa-memoria-coverDas Ende von Daedalics erstem Das Schwarze Auge-Adventure ließ bereits erahnen, dass ein Nachfolger kommen würde. Mit Memoria ist dieser mittlerweile erhältlich. Erzählt wird eine überaus spannende und fesselnde Geschichte, die mit tollen Rätseln gespickt ist.

Hinweis
Das Schwarze Auge: Memoria setzt direkt an das Ende des Vorgängers Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten an. Es ist nicht zwingend erforderlich, den ersten Teil gespielt zu haben, allerdings teilweise hilfreich. Durch die Weiterführung der Geschichte ist ein Spoiler hinsichtlich des Endes von Satinavs Ketten leider nicht zu verhindern. Dieser ist im Text entsprechend gekennzeichnet.

„Wow, was für eine Geschichte.“ So oder so ähnlich waren meine Gedanken, als ich das Ende von Memoria sah – Gänsehaut-Moment inklusive. Mit diesen letzten Szenen endete ein Adventure-Erlebnis, wie es nur wenige Entwickler hinbekommen. Doch Daedalic Entertainment ist es erneut gelungen. Bereits mit dem Erstlingswerk – Edna bricht aus – konnte mich das Hamburger Studio überzeugen und die darauf folgenden Spiele bewiesen immer wieder aufs Neue, weshalb die Männer und Frauen um Carsten Fichtelmann und Jan Müller-Michaelis zurecht als das aktuell vielleicht beste Entwicklerstudio für klassische Adventure gelten. An Memoria waren beide übrigens nicht direkt beteiligt, was beweist, dass Daedalic auf einige hervorragende Kreative und Mitarbeiter zurückgreifen kann.

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Das Schwarze Auge: Memoria überzeugt dabei in erster Linie durch seine komplexen, gut erzählten, mit interessanten, gut geschriebenen Figuren versehenen Geschichten. Und ich meine wirklich Geschichten. Der Nachfolger von Satinavs Ketten erzählt nämlich nicht nur Gerons-Geschichte weiter, sondern entführt euch auch in eine längst vergangene Zeit, in die Vergangenheit von Aventurien. Genauer spielt diese zweite Storyline 450 Jahren bevor Geron und Nuri gelebt haben und handelt von der jungen Prinzessin Sadja, die unbedingt in die Geschichtsbücher eingehen will. Dafür hat sie sich einer Expedition angeschlossen, die, die Grabkammer eines Magiermoguls erkundet, um ein altes Artefakt – eine Maske – zu finden. Diese soll die Macht besitzen, dem heiligen Heer im Kampf gegen die Dämonen Armee in der Gorischen Wüste zu helfen. In dieser Grabkammer findet Sadja allerdings nicht nur die Maske, sondern auch einen lebenden Zauberstab, der sie fortan auf ihrer Reise begleitet. Wie ist es der Prinzessin ergangen? Was ist aus ihr geworden? Und warum ist sie trotz all ihrer Bemühungen in Vergessenheit geraten? Das gilt es auch als Geron herauszufinden, denn er soll für den tulamidischen Händler Fahi ein Rätsel lösen, das mit Sadja in Verbindung steht. (ACHTUNG SPOILER ZUM ENDE VON SATINAVS KETTEN!) Schafft Geron dies, so will Fahi die ehemalige Fee Nuri, die seit dem Ende von Satinavs Ketten ein Dasein als Rabe fristet, wieder zurück verwandeln. Und die Zeit drängt, da Nuri immer schneller ihre Erinnerungen verliert. (SPOILER ENDE)

Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten, aber die beiden Geschichten von Geron und Sadja sind eng und auf gekonnte Weise miteinander verwoben. Immer wieder wechselt ihr zwischen den beiden Figuren und Zeitlinien. Die Entwickler haben hier wirklich ganze Arbeit geleistet. Dazu kommen die wirklich gelungenen Wendungen, die immer wieder für eine Überraschung sorgen. Getragen werden die Geschichten aber nicht nur durch die erzeugte Spannung und den Wunsch zu wissen wie es weiter geht, sondern auch durch die Charaktere. Neben Geron und Sadja agieren zahlreiche weitere Figuren, die alle wirklich gelungen sind. Egal ob nun die junge Magierin Bryda, der Händler Fahi oder eben Nuri und der lebende Zauberstab. Gerade die beiden Letzten dienen immer wieder als Begleiter der beiden Protagonisten und lockern durch ihre Art die sonst eher düstere Atmosphäre auf. Dies gelingt dem Spiel sowieso gut: Die Gratwanderung zwischen einer epischen, ernsten Geschichte und immer wieder eingebauter Auflockerungen, die sogar für das ein oder andere Schmunzeln sorgen können.

Das dritte Standbein von Memoria sind ganz klar die Rätsel, die fast immer nahezu perfekt in die Spielwelt eingebaut sind. Sie wirken nicht aufgesetzt oder als Mittel zum Zweck, sondern sind logisch und nachvollziehbar vorhanden. Sei es nun ein labyrinthartiger Wald, durch den Sadja sich kämpfen muss, oder eine Schlussfolgerung, die Geron anhand der Aussagen mehrer Gäste in einem Gasthaus treffen muss. Mir persönlich ist nicht ein Rätsel aufgefallen, dass ich als unpassend erachtet hätte. Dafür schwankt der Schwierigkeitsgrad etwas. Sind die Rätsel zu Beginn noch gewohnt leicht, ziehen sie später an, halten dieses hohe Niveau aber nicht. Hierbei hängt es jedoch von den eigenen Fähigkeiten und der persönlichen Art zu Denken ab. So empfand ich das Rätsel, bei dem es mit Geron darum geht, einen Gegenstand zu besorgen, den der gesuchte Dämon haben wollen könnte, als ausgesprochen logisch und leicht. Im Test eines größeren PC-Magazins wurde dieses Rätsel allerdings als Beispiel für möglicherweise frustrierende Aufgaben und die fehlenden Hinweise bei manchen Rätseln genannt. Bereits vor der Veröffentlichung berichtete Daedalic allerdings in einem Entwickler-Tagebuch, dass sie bei Beta-Tests feststellten, dass dieses Phänomen allgemein auftritt. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen, da so jeder Stellen im Spiel findet, die für einen persönlich eher leicht sind, während andere Rätsel richtige Kopfnüsse darstellen. Eine optionale Lösungshilfe oder verstärkte Hinweise in der Spielwelt neben der Hot-Spot-Anzeige wäre aber für den ein oder anderen Spieler sicherlich wünschenswert. So kann es durchaus vorkommen, dass ihr an einer Stelle etwas länger hängt, weil ihr nicht den richtigen Gedankengang habt. Letztlich lassen sich aber alle Rätsel lösen.

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Die durch Geschichte, Charaktere und Rätsel hochgehaltene Atmosphäre wird noch einmal durch die wunderschönen, gezeichneten und sehr detaillierten Hintergründe verstärkt. Es lässt sich sagen, dass Memoria grafisch eine Pracht ist. Beinah jeder Schauplatz würde sich auch gut als Gemälde machen und vermittelt ein tolles Gefühl der Gebiete Aventuriens, die ihr während eurer Abenteuer durchquert. Etwas negativ fallen jedoch vereinzelte Animationen der Figuren auf. Selten wirken diese unnatürlich und etwas abgehackt, aber das ist bereits meckern auf hohem Niveau, da es im allgemeinen Spielfluss kaum auffällt. Genauso störten mich die seltenen Ruckler nicht, die aber wahrscheinlich durch meinen nicht mehr völlig einwandfrei laufenden PC geschuldet sein dürften, da die Anforderungen von Memoria eher gering ausfallen.

Ähnlich gelungen wie die Grafik ist auch die Musik- und Sounduntermalung sowie Synchronisation von Memoria. Wie schon bei allen anderen Daedalic-Spielen sind die Rollen wirklich gut besetzt und gerade die eher ruhige, etwas steife Art des Stabes, aber auch Sadja raue Stimme haben perfekt zu den beiden Figuren gepasst. Geron und Nuri wurden – wie andere wiederkehrende Figuren – genauso gut wie in Satinavs Ketten vertont. Hier haben die Hamburger Entwickler wieder erstklassige Arbeit geleistet. Gleichzeitig sorgen Musik und Sound für eine noch dichtere Atmosphäre und unterstreichen die Situationen wahrlich gekonnt. Sie könnten lediglich etwas öfter präsent auftreten, doch auch das ist meckern auf hohem Niveau.

Fazit

Wie ich schon am Anfang meinte: „Wow, was für eine Geschichte.“ Dieser Satz lässt sich aber auch abwandeln in: „Wow, was für ein Spiel.“ Memoria gehört für mich ganz klar mit zu den besten Spielen von Daedalic und reiht sich damit perfekt in die hochwertige Riege, der Spiele aus Hamburg ein. Dabei gelingt es dem Studio sogar noch den tollen Vorgänger zu übertrumpfen, was in erster Linie der enorm spannenden Geschichte zu verdanken ist. Aber auch die gut in die Spielwelt eingebauten Rätsel tragen stark dazu bei. Ein dickes Lob an Daedalic für dieses – in meinen Augen – Adventure-Meisterwerk! Ich hoffe nun auf einen dritten Teil oder zumindest ein weiteres Das Schwarze Auge-Adventure von Daedalic.

9 von 10 Punkten
„Hervorragend“

Details
Titel: Das Schwarze Auge: Memoria
Genre: Adventure
Entwickler: Daedalic Entertainment
Publisher/Vertrieb: Deep Silver/Koch Media
Syteme: PC
Preis (UVP): 39,99 € (Standard Version) / 59,99 € (Collector’s Edition)
Erscheinungsdatum: 30. August 2013

Text Copyright 2013 Alexander Geisler
Bilder Copyright Daedalic Entertainment