Rezension: Tales of Beseria (PC)

Bandai Namcos neues Rollenspiel Tales of Beseria erzählt eine für die Reihe ungewohnt düstere Rache-Geschichte.

Nach der zwar mit ernsten Themen angereicherten, aber dennoch eher auf das Gute konzentrierten Auserwählten-Geschichte rund um Sorey in Tales of Zestiria, wandelt Tales of Beseria auf ungewohnten Pfaden. Bereits der Einstieg in das Rollenspiel zeigt sich ungewohnt finster. Das wunderschön animierte Anime-Intro zeigt ein brennendes Dorf und einen Mann, der versucht zwei Kinder in Sicherheit zu bringen. Ein blutroter Mond steht am Himmel. Was ist passiert? Als Velvet erlebt der Spieler die Ereignisse und erwacht schließlich sieben Jahre später. Das Mädchen von damals ist älter geworden und lebt zusammen mit ihrem kleinen Bruder Laphicet und ihrem Schwager Arthur in einem kleinen, abgelegenen Dorf. Langsam erfährt man, dass in jener Nacht aus dem Intro die Heimat von Velvet von einer Dämonenpest heimgesucht wurde. Bei dieser ist auch ihre ältere Schwester Celica, die mit Arthur verheiratet war, gestorben. Fortan war es an Velvet Laphicet groß zu ziehen, da ihre Eltern ebenfalls nicht mehr am Leben sind.

Düster und ernst

Tales of Beseria beginnt nach dem Intro mit einem ruhigen, aber hervorragend inszenierten Prolog. In diesem lernt man Velvet und ihre Familie, die aus ihrem Bruder Laphicet und ihrem Schwager Arthur besteht, besser kennen und erfährt einiges über das Dorf und die Menschen, die in diesem leben. Das ist deshalb so wichtig, weil bereits nach kurzer Zeit eine entscheidende Wendung eintritt, die hier allerdings nicht gespoilert werden soll. Die nächsten drei Jahre verbringt Velvet eingesperrt in einem finsteren Kerker. Selbst zu einem Dämon, einer mächtigen Art namens Therion geworden, sinnt sie auf Rache an jener Person, die ihr Leben zerstört und ihr das Kostbarste genommen hat. Dank unerwarteter Hilfe kann sie dem Gefängnis entfliehen und schnell schließen sich ihr Begleiter, die aus eigenem Antrieb und persönlichen Gründen am Feldzug der jungen Dämonin teilnehmen, an.

Gemeinsam mit Velvet lernt ihr die Spielwelt kennen und erfahrt, wie sich diese in den drei Jahren ihrer Einkerkerung verändert hat. Viel mehr soll aus Spoilergründen hier aber nicht verraten werden. Nur so viel: Velvet legt sich mit den mächtigsten Menschen der Welt an und die Dämonenpest zeigt sich weiterhin als Problem. Tales of Beseria schafft es auf Basis dieser Grundlage eine nicht nur unerwartet düstere, sondern auch spannende Geschichte zu erzählen und gleichzeitig bekannte Serienelemente mit einzubauen. Die Rache-Thematik wird von interessanten Wendungen und weiteren ernsten Themen begleitet, wodurch für zusätzliche Abwechslung gesorgt ist. Zeitweise verschwimmt die Sicht auf die Dinge und die Grenze zwischen gut und böse wird unklar. Sind Velvets gnadenlose Handlungen angesichts ihrer Besessenheit auf Rache wirklich richtig? Ist sie gar gefangen in ihrem Drang jenen zu Bestrafen, der ihr Leben zerstörte?

Das Beseria-Team hat es geschafft eine durchweg gelungene Charakterriege in das Spiel einzubauen. Alleine Velvet gehört mit zu den wohl interessantesten Figuren und Protagonisten, die seit langem in einem Tales-Titel oder allgemein in einem JRPG zu sehen war. Scheint sie so sehr vom Sinn auf Rache besessen zu sein, dass keine wirkliche Tiefgründigkeit geboten werden kann, lehrt die Interaktion mit ihren Begleitern schnell das Gegenteil. Einige der Gespräche sind herzerwärmend oder amüsant und Velvet zeigt besonders angesichts eines Kameraden langsam andere Facetten ihrer Persönlichkeit, wodurch deutlich wird, dass die liebevolle Person aus dem Prolog noch immer in der Dämonin existiert. Doch auch ihre Begleiter können mit ihren individuellen Eigenarten und Beweggründen überzeugen und bringen so interessante Aspekte in die Geschichte ein. Das gilt auf ganz eigene Weise für die herrlich abgedrehte Magilou, die eine Erwähnung alleine wegen ihrer überaus gelungenen Auftritte in den optionalen Gesprächen verdient hat.

Action mit ein wenig Taktik

Kenner der Tales-Reihe wissen, dass die Kämpfe klassisch actionreich gestaltet sind. Insgesamt vier der sechs Charaktere treten gegen die Monster, Dämonen und anderen Feinde an, auf die ihr im Spielverlauf trefft. Wie gewohnt basieren die Angriffe auf den sogenannten Artes. Es kann frei festgelegt werden welche Kriegsartes mit welchem der vier dafür zuständigen Buttons ausgelöst werden sollen. Wichtig sind hierbei gute Kombos aneinander zu reihen, um die Gegner gleich mit mehreren Angriffen hintereinander zu treffen. Allerdings spielen hierbei die Seelen eine wichtige Rolle. Diese geben an, wie lang eine Kombo maximal sein kann. Im Normalfall beginnt jeder eurer Streiter mit drei Seelen und kann maximal fünf erhalten. Neue Seelen verdient ihr durch diverse Aktionen wie Ausweichen, Gegner besiegen oder das Verursachen von Statuseffekten. Allerdings könnt ihr auch selbst Seelen verlieren. Außerdem ist eine Mindestzahl an Seelen notwendig um noch mächtigere Angriffe, wie den Seelenbrecher, auszulösen. Das kostet ebenfalls Seelen, verschafft euch aber besondere Vorteile.

Besonders mächtige Angriffe, die jedem Charakter zur Verfügung stehen, sind die mystischen Artes, die drei Punkte auf der Stoßanzeige, die sich in Kämpfen langsam füllt, benötigt. Diese Attacken werden von kleinen Sequenzen begleitet und können gerade gegen starke Gegner einen Kampf entscheiden. Apropros entscheiden. In Tales of Beseria spielt ihr normalerweise als Velvet, könnt aber zumindest in den Kämpfen auch die Kontrolle über die anderen Charaktere übernehmen. Die restlichen Mitstreiter agieren durch die KI automatisch und das auch recht ordentlich. Größere Patzer erlauben sie sich nicht. In den Einstellungen besteht die Möglichkeit für ihr Verhalten Taktiken festzulegen, um zu bestimmen wie sie sich im Kampf verhalten sollen.

Viel zu tun

Während eures Abenteuers durchstreift ihr eine große Welt, erkundet Höhlen und Städte, erklimmt Berge oder durchwandert Ebenen. Dass für manche Ereignisse eine Rückkehr an bekannte Orte notwendig ist stört nur wenig. Zum einen helfen die insbesondere in Höhlen, Ruinen und dergleichen verteilten Teleporter, zum anderen gibt es viel zu entdecken. Rohstoffe, Kochutensilien und allerlei mehr will gefunden werden. Diese braucht ihr, um den entsprechenden Nebenbeschäftigungen nachzugehen. Bei Händlern könnt ihr eure Ausrüstung verbessern, was im Kampf entscheidende Vorteile bringen kann. Außerdem solltet ihr auch schwächere Ausrüstung lange tragen, um diese zu meistern und Bonus-Fähigkeiten freizuschalten. Hier kann richtiges Aufwerten von Rüstung und Waffen entscheidende Vorteile bringen.

Eine Rückkehr feiert das Kochen. Überall in der Welt finden sich Rezepte, die Velvet und ihre Begleiter für Vorteile im Kampf nachkochen können. Diverse Boni wie Heilung sobald die Lebenspunkte eines Charakters einen Prozentsatz unterschritten haben oder das Verhindern von Statuskrankheiten sobald eine zugefügt wurde, sind nur zwei Beispiele. Dazu gesellen sich an den Koch gebundene Zusatzboni wie höhere Resistenzen. Um an die Rezepte und Zutaten zu kommen gibt es ab einem gewissen Punkt im Spiel eine besondere Möglichkeit. Ihr erhaltet ein Piraten-Kundschafterschiff, dass unbekannte Regionen und Inseln erforscht. Schickt ihr es auf eine Mission kehrt es nach einer bestimmten Zeit zurück und bringt allerlei Schätze mit. Neben Kochutensilien können das auch besondere Fundstücke oder modische Accessoires, die ihr euren Charakteren anziehen könnt, sein. Das ist jedoch nicht alles, was in Tales of Beseria möglich ist. Alle Nebenbeschäftigungen aufzulisten wäre zu lang, aber seid versichert, es gibt einiges zu tun.

Veraltet, aber schön

War die Welt in Tales of Xillia noch recht leer, zeigte sich bereits bei Tales of Zestiria deutliche Besserung. Tales of Beseria geht noch etwas weiter und zeichnet sich durch zahlreiche Details in der Spielwelt aus. Hochgewachsenes Gras, Büsche und belebte Städte sorgen dafür, dass trotz der nicht mehr ganz zeitgemäßen Technik und einiger verwaschener Texturen ein wunderschönes Gesamtbild der Welt entsteht. Dabei stechen die Charaktere mit all ihren Details noch deutlicher hervor. Die Kleidung der wichtigen Akteure ist aufwendig gestaltet und sie alle besitzen einen hohen Wiedererkennungswert. Ähnliches gilt für den ausgezeichneten Soundtrack, der die Ereignisse von Velvets Rachefeldzug stets mit passender Musik untermalt.

Fazit

Obwohl Tales of Zestiria bei vielen Anhängern der Reihe zu Recht umstritten und unbeliebt ist, habe ich den Beseria-Vorgänger ganz gerne gespielt. Aufgrund der offensichtlichen Schwächen des letzte Tales-of-Spiels, waren meine Erwartungen an und damit auch meine Vorfreude auf Tales of Beseria gering. Trotzdem konnten Trailer und Infos zum JRPG mein Interesse wecken – und das ist auch gut so. Tales of Beseria ist einer der besten Serienableger, die ich gespielt habe und mit Abstand das beste Tales-Spiel seit den Klassikern Tales of Symphonia und Tales of Vesperia.

Die düstere Rache-Geschichte rund um Velvet hat mich schon beim unerwartet finsteren Intro und dem überaus gelungenen Prolog gefesselt. Im weiteren Spielverlauf gelingt das noch mehr und mit Fortschreiten der Handlung steigen Spannungskurve, Neugier und die Zweifel, ob Velvets Vorgehensweise und unbändiger Rachedurst wirklich richtig sind. Die Grenze zwischen Gut und Böse wird unklarer und trotzdem konnte ich nicht anders als mit Velvet und ihren Begleitern, die alle ihre ganz eigenen Beweggründe und Handlungsbögen haben, mitzufiebern. Das liegt zu einem Großteil auch an den interessanten und trotz stereotypen gut geschriebenen Charakteren. Das gelungene Gameplay mit dem unterhaltsamen Action-Kampfsystem und den zahlreichen Beschäftigungsmöglichkeiten rundet den JRPG-Hit ab und lässt kleinere Schwächen vergessen.

Kurzfazit: Durch die überraschend düstere, ernste Geschichte, die gut geschriebenen, interessanten Charaktere und das spaßig-taktische Action-Kampfsystem ist Tales of Beseria nicht nur der beste Serienteil seit Jahren, sondern einer der besten Ableger der Reihe überhaupt.

Vielen Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Tales of Beseria!

Details
Titel: Tales of Beseria
Genre: Rollenspiel (JRPG)
Publisher: Bandai Namco
Entwickler: Bandai Namco
Spieler: 1
Syteme: PC (getestet), PlayStation 4
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 27. Januar 2017

Bilder Copyright Bandai Namco