Rezension: Romancing Saga: Minstrel Song Remastered International (Switch)

Die Schicksale von acht Personen überschneiden sich in Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International.

Ursprünglich als viertes Spiel der SaGa-Reihe Anfang 1992 für das Super Nintendo Entertainment System in Japan erschienen, hat Romancing SaGa bereits 2005 ein PlayStation-2-Remake erhalten. Die als Romancing SaGa: Minstrel Song bekannte Version hat Square Enix 2022 wiederum als Remaster mit einigen Anpassungen erneut veröffentlicht. In Kooperation mit Red Art Games hat die Neuauflage des japanischen Rollenspiel-Klassikers nun eine internationale Fassung erhalten. Diese fügt dem Remaster von 2022 weitere Quality-of-Life-Elemente sowie mehrsprachige Texte hinzu. So dürfen sich Rollenspiel-Fans neben Englisch und Japanisch nun über Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch freuen. Die Texte sind im Gegensatz zum Remaster unabhängig von der Vertonung einstellbar, so dass die freie Wahl besteht, ob ihr die Charaktere auf Englisch oder Japanisch hören wollt. Sehr schön.

Acht Schicksale

Die SaGa-Reihe ist dafür bekannt, eigene Wege zu beschreiten und sich mit verschiedenen Gameplay-Mechaniken von anderen japanischen Rollenspielen abzusetzen. Romancing SaGa stellte bereits auf dem SNES keine Ausnahme dar und in Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International ist das nicht anders. Zu Beginn des Abenteuers steht die Wahl zwischen acht verschiedenen Charakteren an. So gilt es, sich zwischen dem Adeligen Albert, Nomadin Aisha, Tänzerin Barbara, Waldhüterin Claudia, Abenteurer Gray, Pirat Hawke, Dieb Jamil und Kriegerin Sif zu entscheiden. Sie alle haben individuelle Hintergrundgeschichten und starten an unterschiedlichen Orten in der Welt. Der gewählte Charakter fungiert fortan als Hauptfigur, allerdings sind Überschneidungen mit den anderen Figuren möglich und gewollt. Entsprechend könnt ihr zumindest einige der anderen Hauptcharaktere während des Abenteuers rekrutieren. Maximal darf die Gruppengröße dabei fünf betragen und es stehen auch allgemeine Akteure wie ein Krieger oder eine Amazone zur Verfügung.

Angesichts der acht Charaktere und ihrer individuellen Geschichten verfügt Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International über einen hohen Wiederspielwert. Dieser wird bewusst fociert. So gibt es etwa einen Eintrag für die bisher abgeschlossenen Spieldurchgänge. Einige Nebenquests können sogar das mehrmalige Durchspielen erfordern, um abgeschlossen zu werden. Das wird nicht jedem gefallen, zumal ihr für den Abschluss des Rollenspiels mit einem Charakter etwa zwanzig bis dreißig Stunden anfallen. Das ist jedoch nur eine grobe Angabe, da die genaue Zeit stark von der Spielweise abhängt. Hier zeigt sich die Freiheit des Free Form Scenario Systems, das Squaresoft bei der Erstveröffentlichung 1992 eingeführt hat. Dieses ermöglicht den Fokus des Rollenspiels auf die individuelle Geschichte der einzelnen Charaktere und gibt gerade anfangs viel Freiheit. Die Welt ist relativ offen erkundbar und eine strikte Geschichte fehlt. Stattdessen müsst ihr euch selbst erschließen, was als nächstes zu tun ist oder wo ein Abenteuer auf euch wartet. Dafür bereist ihr die Welt und erfüllt Nebenquests. Letztlich läuft jedoch alles auf einen Konflikt mit einer bösen Gottheit hinaus. Die Freiheit erhöht dennoch den Wiederspielwert von Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International.

Zentrale Charakterentwicklung

Wie bereits erwähnt, dürfen sich inklusive der Hauptfigur fünf Charaktere der Gruppe anschließen. Wen ihr dafür wählt, hängt natürlich zum einen davon ab, wem ihr begegnet und zum anderen, wann ihr sie benötigt. Es ist ratsam, gelegentlich die Gruppenmitglieder auszutauschen. Lediglich generische Figuren wie Krieger, Zauberer oder Amazone schließen sich euch kein zweites Mal an. Allerdings ist ein Fokus auf eine feste Gruppe ebenfalls möglich. Zumal die Charakterentwicklung essentiell ist. Auf ein klassisches Levelsystem mit Erfahrungspunkten verzichtet das Rollenspiel. Stattdessen verbessern die Charaktere durch aktives Teilnehmen an Kämpfen ihre Attribute sowie den Umgang mit Waffen und Zaubern. Sogar neue Fähigkeiten können während eines Kampfes durch das Nutzen bestimmter Talente oder Waffen beziehungsweise Aktionen der Gegner, erlernt werden. Die Progression der Figuren ist wiederum wichtig für die Ausrüstung. So hängt vom Umgang mit einer Waffenart ab, wie sinnvoll es ist eine entsprechende Waffe auszurüsten. Kann ein Charakter beispielsweise nicht mit Schwerter umgehen, bringt auch das stärkste Schwert nur wenig, während ein Bogen bei entsprechend trainiertem Bogentalent effektiver ist. Das bringt eine taktische Note in die Auswahl der richtigen Waffen, zumal das Kampfwerkzeug genauso wie einige Gegenstände über Haltbarkeit verfügen. Je nach Angriff sinkt der Wert ein wenig. Doch keine Sorge: Waffen können durch Übernachten im Gasthaus repariert werden. Lediglich mit verbesserten Waffen müsst ihr dafür einen Schmied aufsuchen.

Damit aber nicht genug, hängt auch die Verwendung von Zaubern oder sogenannten Kompetenzen, bei denen es sich um Feldfähigkeiten wie Klettern, Springen oder Truhen finden handelt, von den Möglichkeiten der Charaktere ab. Umso wichtiger ist eine gut ausgewogene Gruppe. Allerdings können Berufungen und damit Fähigkeiten in Städten verbessert oder sogar die Klasse gewechselt werden. Damit ist es möglich, die Gruppe noch weiter an eure eigenen Vorstellungen anzupassen. Gerade auf die durchaus taktischen Kämpfe hat das Einfluss. Rundenbasiert setzt ihr Angriffe, Fähigkeiten und Items ein oder Verteidigt auch mal. Da für bestimmte Aktionen Kraftpunkte, die sich jede Runde ein wenig regenerieren, erforderlich sind, ist gute Planung gerade bei den in der International-Version nochmal schwierigeren Bossen, essenziell. Ebenso solltet ihr neben euren Trefferpunkten, die als Lebensenergie dienen, die Lebenspunkte im Auge behalten. Dieser deutlich niedrigere Wert gibt an wie oft ein Charakter sterben darf, bevor er endgültig die Gruppe verlässt. Aber keine Sorge, zu hart ist das System nicht. Bei Übernachtungen im Gasthaus können Lebenspunkte wieder aufgefüllt werden. Später im Spiel ist es sogar möglich gestorbene Charaktere zurück zu bringen. Das senkt den Frustfaktor spürbar.

Willkommene Anpassungen

Bereits das Remaster von 2022 hat im Vergleich zum PS2-Remake einige Verbesserungen erhalten. Die International-Version fügt Romancing SaGa: Minstrel Song weitere Quality-of-Life-Funktionen hinzu. So ist es nun nicht mehr nur möglich, jederzeit mittels Schnellspeicher euren Spielstand abzusichern, auch das normale Speichern auf verschiedenen Spielständen steht im Menü immer zur Verfügung. Außerdem werden Erklärungen zu verschiedenen Gameplay-Mechaniken eingeblendet, sobald diese relevant sind. Das erleichtert den eher schleppenden und gerade für SaGa-Neulinge komplizierten Einstieg ein wenig. Trotzdem bleibt eine gewisse Hürde, die ihr akzeptieren und überwinden müsst, bis das Rollenspiel sich voll entfalten kann. Habt ihr das geschafft, erwartet euch ein motivierendes Abenteuer.

Keine Verbesserungen im Vergleich zum Remaster solltet ihr grafisch erwarten. Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International sieht noch genauso aus wie die Version von 2022. Entsprechend hat sich an der flüssigen und problemlosen Technik des Rollenspiels ebenfalls nichts geändert. Allerdings bedeutet das auch, dass die Optik zwar an moderne Systeme angepasst wurde, trotzdem die PS2-Herkunft noch immer deutlich zu sehen ist. Gerade manche Texturen sowie kantige Objekte und Figuren deuten auf das Alter des Remakes des SNES-Klassikers hin. Trotzdem ist das Rollenspiel noch immer hübsch, was dem leichten Aquarell-Stil zu verdanken ist. Lediglich die ein wenig chibihaften, aber ungewohnt klobigen Figuren mit ihren ungewohnten Körperproportionen werden nicht jedem gefallen. Davon solltet ihr euch aber nicht abschrecken lassen, denn Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International ist ein sehr gutes, wenn auch ungewöhnliches Japan-Rollenspiel.

Fazit

Bisher hatte ich nicht die Gelegenheit Romancing SaGa: Minstrel Song zu spielen. Das Remaster von 2022 habe ich aufgrund der fehlenden deutschen Texte und zu vielen anderen Spielen nicht gespielt. Die nun veröffentlichte International Version war eine gute Gelegenheit, das Rollenspiel nachzuholen – und das jetzt mit deutschen Texten. Anfangs konnte mich das von acht unterschiedlichen Hauptfiguren getragene Abenteuer nur bedingt fesseln. Der Einstieg ist schleppend und trotz sinnvoller Erklärungen für Einsteiger etwas kompliziert. Nach einiger Zeit habe ich mich jedoch in die Gameplay-Mechaniken und vor allem die freie Erzählweise eingefunden und hatte anschließend viel Spaß. Zwar wird Romancing SaGa: Minstrel Song mit den Eigenheiten nicht zu einem meiner liebsten japanischen Rollenspiele, doch gleichzeitig sind es gerade die Besonderheiten, die es abheben und für eine individuelle Genre-Erfahrung sorgen. Der hohe Wiederspielwert wird zudem dafür sorgen, dass ich immer wieder aufs Neue ins Abenteuer eintauche, um mich der Geschichte eines anderen Charakters zu widmen. Fans ungewöhnlicher japanischer Rollenspiele sollten Romancing SaGa: Minstrel Song International eine Chance geben. Die Neuveröffentlichung des Remasters ist die definitive Ausgabe des Rollenspiels.

Kurzfazit: Ungewöhnliches japanisches Rollenspiel, das mit individuellen Spielmechaniken, hohem Wiederspielwert und freier Erzählweise ein eigenständiges Genre-Erlebnis garantiert, aber für Reihen-Neulinge anfangs etwas schleppend und kompliziert sein kann.

Vielen Dank an Red Art Games für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International!

Details
Titel: Romancing SaGa: Minstrel Song Remastered International
Genre: Rollenspiel
Publisher: Red Art Games
Entwickler: Square Enix
Spieler: 1
Syteme: PC (getestet), PlayStation 5, PlayStation 4
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 09. Dezember 2025