Rezension: Parasyte – Kiseijuu – Band 1 (Manga)

parasyte-kiseijuu-band-1-coverAm 26. Juli erscheint bei Panini der erste Bands der Manga-Reihe Parasyte – Kiseijuu. Darin übernehmen Parasiten die Kontrolle über Menschen.

Unbekannte Parasiten fielen auf die Erde und bemächtigten sich der Körper von Menschen, in dem sie Besitz von deren Gehirn ergreifen. Anschließend überfallen und fressen sie andere Menschen. Auch Shin’ichi Izumi trifft auf einen solchen Parasiten. Diesem gelingt es jedoch nicht das Gehirn des Schülers zu übernehmen. Stattdessen befällt das lernbegierige Wesen die rechte Hand von Shin’ichi. Langsam entwickelt sich eine bizarre Koexistenz zwischen dem Parasiten, der sich Migi nennt, und Shin’ichi. Doch ihnen droht Gefahr von anderen Parasiten, die sich menschlicher Körper bemächtigt haben. Gemeinsam treten sie diesen eher unfreiwillig entgegen.

Koexistenz

Die von Hitoshi Iwaaki stammende Manga-Reihe Kiseijū erschien in Japan erstmals im Zeitraum von 1988 bis 1995. Panini bringt den bereits als Anime und Realverfilmung adaptierten Genre-Mix aus Science-Fiction und Horror mit einer Mischung des englischen und japanischen Titels auf deutsch. Parasyte – Kiseijuu erinnert mit seinen Parasiten, die sich menschlicher Körper bemächtigen, in dem sie das Gehirn übernehmen ein wenig an Die Körperfresser kommen und ähnliche Umsetzungen vergleichbaren Stoffes. Dennoch weicht die Geschichte von Shin’ichi und Migi stark von der Grundidee außerirdischer Wesen, die Menschen übernehmen oder ersetzen ab. Das liegt besonders an der ungewöhnlichen Koexistenz, die sich zwischen den beiden Protagonisten entwickelt.

Schon relativ früh akzeptiert Shin’ichi widerwillig, dass er Migi so schnell und einfach nicht los wird und arrangiert sich mit dem Parasiten in seiner rechten Hand. Dabei muss er feststellen, dass die Moralvorstellungen der unbekannten Wesen sich massiv von denen der Menschen unterscheidet, was immer wieder für kleinere Diskussionen zwischen den beiden führt. Allerdings hält Shin’ichi geheim, dass seine rechte Hand einen Parasiten beherbergt und auch sonst weiß kein Mensch etwas von deren Existenz. Dadurch ist der Schüler der Einzige, der weiß, was sich hinter den sogenannten Hackfleischmorden verbirgt. Schließlich sieht er sich mit den von Parasiten befallenen Menschen – und auch Tieren – und deren kannibalistischem Vorgehen konfrontiert. Der Name, den die Bevölkerung im Manga den Todesfällen durch die Parasiten gibt, passt überaus gut, da die Leichen bis zur Unkenntlichkeit zerstückelte Überreste der Speisen der außerirdischen Wesen sind. Hitoshi Iwaaki beweist dabei ein Händchen für eklige Darstellungen und spart nicht an Blut, ohne dass eine übertriebene und inflationäre Gewaltdarstellung zum Einsatz kommt.

Science-Fiction-Horror

Allgemein sind die Genres Science-Fiction und Horror nur in gewissem Maße zu bemerken. Besonders ersteres bezieht sich rein auf die Parasiten. Ansonsten wirkt die Gesellschaft des Mangas relativ normal. Aus heutiger Sicht sogar etwas altmodisch. Das liegt an der Erstveröffentlichung der Reihe Ende der 1980er. Der Bezug zur damaligen Zeit ist stark an Frisuren, Kleidung und hintergründigen Details zu erkennen. Auch den Zeichnungen ist das Alter an vielen Stellen anzumerken, wodurch ein eigener Charme entsteht. Letztlich passen Bilder und die veraltete Erscheinung der Charaktere gut zusammen. Die größte Stärke von Hitoshi Iwaakis Stil sind ganz klar die parasitären Verformungen. Dabei handelt es sich um eine der größten Stärken der Parasiten. Sie können den befallenen Körperteil eines Menschen komplett verändern, ausdehnen und als Waffe verwenden. Teils ergeben sich recht skurrile, abstoßende Darstellungen, die stark zum Horror-Effekt der Reihe beitragen.

Auch Migi gehört dazu und gerade zu Beginn des Mangas dauert es eine Weile, bis man sich an den seltsamen Anblick des rechten Arms von Shin’ichi gewöhnt hat. Es wirkt einfach bizarr eine Hand mit Augen und Mund zu sehen. Allerdings ist diese Art des parasitären Befalls auch ein Alleinstellungsmerkmal, das einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. Wenn man einmal Migi in seiner häufigsten Form gesehen hat, vergisst man den pragmatischen, ich-bezogenen Parasiten nicht mehr so schnell. Ähnliches gilt auch für die anderen von Parasiten befallenen Lebenwesen, von denen allerdings nur wenige größere Rollen spielen. Erst in der zweiten Hälfte des Bandes tritt mit Ryouko Tamiya ein Parasit auf, der für die Geschichte eine zentrale Rolle einnimmt. Um so interessanter ist ihr Werdegang und die Art ihres Verhaltens. Damit wird neben Shin’ichi und Migi eine weitere Figur etwas tiefgründiger aufgebaut. Das gelingt zuvor leider nicht bei jedem Charakter. Egal ob Shin’ichis Eltern oder seine Schulfreundin Murano, sie alle nehmen zwar wichtige Rollen im Leben des Schülers ein, bleiben aber außerhalb ihrer Muster ein wenig blass. Potenzial ist aber vorhanden, so dass stärkere Entwicklungen im Laufe der Reihe zu erahnen sind.

Moralfragen

Interessant sind die häufig in die Geschichte eingeflochtenen Fragen nach dem Dasein, der Natur und dem Menschen an sich. Hitoshi Iwaaki baut Kritik an der Haltung des Menschen als dominierendes Tier auf der Erde und dem damit verbundenen Verhalten gegenüber anderen Lebewesen ein. So versteht Migi es beispielsweise nicht, was der Unterschied daran ist Schweine oder Rinder zu Hackfleisch zu verarbeiten und sie zu essen und Menschen zu töten und zu essen. Zusätzlich werden Thematiken wie Mobbing, Probleme des Erwachsenwerdens oder das Verhalten von typischen Schlägern grob aufgegriffen. Das alles passt sehr gut zum sowieso geschichtslastigen und charakterstarken Manga. Das Gesamtbild einer glaubhaften Gesellschaft und des gut umgesetzten und auf den Kopf gestellten Lebens von Shin’ichi wird dadurch noch unterstützt.

Auch die Action muss sich unterordnen, nimmt aber trotzdem einen wichtigen Platz ein. Die Kämpfe zwischen Shin’ichi und anderen Parasiten fallen allerdings meist eher kurz aus. Vorerst dienen sie noch dazu, um die Gefahr aufzuzeigen, in der sich der Schüler durch Migi befindet. Schließlich können sich die Parasiten gegenseitig spüren, wenn sie nah genug zusammen sind. Dienen die ersten Kämpfe noch dazu Shin’ichi und Migi auf solche Konfrontationen vorzubereiten, kommt es zum Ende des ersten Bandes zu einem ersten größeren und bedeutsameren Kampf. Dieser lässt erahnen was noch auf die beiden Protagonisten zu kommen dürfte. Dabei ist die Action durch schnelle Angriffe der Parasiten dominiert. Sie nehmen unterschiedliche Formen an und agieren überaus gekonnt gegeneinander. Zerstücklungen und blutige Szenen sind als logischer Bestandteil gut einflochten. Die Art der Action überzeugt besonders dadurch, dass sie nur ein Teil des großen Ganzen ist und niemals zu stark in den Vordergrund rückt.

Fazit

Parasyte – Kiseijuu Band 1 macht Lust auf die Reihe und führt sowohl die beiden Hauptcharaktere als auch die von den Parasiten befallene Welt gut ein. Man lernt die Gesellschaft und Umgebung kennen in der sich Shin’ichi bewegt und zugleich wird ein kleiner Blick auf die gesamte Welt geboten. Das geschieht in erster Linie durch gedankliche Anmerkungen des Protagonisten. Dass andere wichtige Figuren noch etwas blasser bleiben stört nicht, da die Konzentration auf Shin’ichi und Migi logisch und gut ist. Zudem können die Eltern des Schülers und Murano bereits soweit überzeugen, dass man sich für ihr weiteres Schicksal interessiert. Es ist absehbar, dass sie in den kommenden Bänden weiter ausgearbeitet werden. Die starke Geschichts- und Charakterlastigkeit ist eine gute Entscheidung, wird zugleich überaus gelungen von den actionreichen Kämpfen und den blutigen Szenen unterstützte. Die eingeflochtene Sozial- und Gesellschaftskritik passt zudem hervorragend und wird durch die Parasiten gut umgesetzt. Es entsteht eine packende Atmosphäre, die von der ersten bis zur letzten Seite an den Manga fesselt.

Kurzfazit: Packender Manga-Klassiker, der mit Geschichte, Charakteren und dem gelungenen Genremix überzeugt.

Vielen Dank an Panini Manga für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Parasyte – Kiseijuu – Band 1!

Details
Titel: Parasyte – Kiseijuu – Band 1
Genre: Science-Fiction, Mystery, Horror
Verlag: Panini Manga
Autor/Zeichner: Hitoshi Iwaaki
Seiten: 278
Preis: 8,99 €
ISBN: 978-3-95798-893-5
Verlagsseite: Parasyte – Kiseijuu – Band 1 bei Panini Manga
Erscheinungsdatum: 26. Juli 2016

Bilder Copyright Panini Manga