Rezension: Little Witch Academia: Chamber of Time (PS4)

Das PS4-Rollenspiel Little Witch Academia: Chamber of Time ist die erste Game-Adaption zum Anime-Franchise rund um eine Hexen-Schule.

Nach zwei Kurzgeschichten in den Jahren 2013 und 2015 spendierte Studio Trigger dem hauseigenen Original-Anime 2017 eine 25 Episoden umfassende, von den vorherigen Veröffentlichungen inhaltlich unabhängige, Serie. Alle drei Auskopplungen des Franchises stehen bei Netflix zur Verfügung. Die Geschichte dreht sich um Atsuko Kagari, genannt Akko, die seit sie als Kind einen Auftritt der berühmten Hexe Shiny Chariot gesehen hat, selbst die Magie erlernen möchte. Jahre später schafft Akko die Aufnahme an die renommierte Hexenakademie Luna Nova. Dort fällt sie allerdings vorwiegend durch ihre eingeschränkten Zauberei-Kenntnisse und allerlei chaotische Vorfälle, in die sie verwickelt ist, auf. Little Witch Academia: Chamber of Time orientiert sich an der Anime-Serie und erzählt eine Geschichte, die während dieser spielt. Genauer nimmt sich das PS4-Rollenspiel der ersten Sommerferien, die Akko an der Luna Nova erlebt, an.

Zeitschleife

Aufgrund eines Missgeschicks wird Akko damit bestraft, die Bibliothek aufzuräumen. Dabei entdeckt sie, gemeinsam mit ihren Freundinnen Lotte und Sucy, eine versteckte Tür, die in eine geheimnisvolle Kammer führt. Neben einer mysteriösen riesigen Uhr findet sich dort auch ein Portal, das die drei in einen Dungeon führt. Fortan sind die Mädchen in einer Zeitschleife gefangen und der erste Tag der Sommerferien wiederholt sich immer wieder aufs Neue. Lange nimmt Little Witch Academia: Chamber of Time den Spieler an der Hand. Es dauert etwas, bis sich das Spiel öffnet und alle Möglichkeiten und Freiheiten bietet. Bis zu diesem Zeitpunkt vervollständigt sich auch die spielbare Charakterschar. Neben Akko, Lotte und Sucy schließen sich der Gruppe, für Serien-Kenner wenig überraschend, Diana, Amanda, Constanze und Jasminka an. Gemeinsam versuchen sie nun eine Lösung zu finden.

Wer bisher nichts mit Little Witch Academia zu tun hatte, muss angesichts der Geschichte und Charaktere nicht befürchten, vieles nicht zu verstehen. Zwar gibt es Verweise auf vorherige Ereignisse, diese sind aber nicht für das Verständnis erforderlich und richten sich an Fans. Löblich ist zudem, dass direkt nach Spielstart die Möglichkeit besteht, eine kurze Zusammenfassung von Akkos bisherigen Erlebnissen an der Luna Nova anzusehen. Ähnliche Videos bietet das Spiel jedes Mal an, wenn ihr auf einen wichtigen Charakter trefft. Dadurch lernt man die Figuren schnell kennen und kann sich ein Bild der Beziehungen machen. Ein guter Weg um das Spiel sowohl in die Serie einzufügen und gleichzeitig Nicht-Serien-Kennern das nötige Wissen zu vermitteln.

Actionreiches Dungeon-Erkunden

Rein vom Genre ist Little Witch Academia ein recht klares Rollenspiel mit Action-Kämpfen und relativ hohem Adventure-Part. Das Spiel ist dabei in zwei Bereiche geteilt. Zum einen die Dungeons und zum anderen das Erkunden von Luna Nova. Beide Teile sind wichtig und ergänzen sich, können aber je nach Spielfortschritt in den Hintergrund treten. In sieben unterschiedlichen Dungeon-Gebieten gilt es aus der Seitenansicht 3D-Umgebungen zu durchstreifen und Gegner zu bekämpfen. Die Level sind in kleine Bereiche eingeteilt und wie Räume miteinander verbunden. Sind alle Gegner besiegt, könnt ihr weiter gehen. Das erinnert ein wenig an Spiele wie Muramasa: The Demon Blade oder Odin Sphere. Genauso wie in den genannten Spielen gehen optionale Wege ab und führen euch zu versteckten Schätzen. Allerdings bewegt ihr euch in dreidimensionalen Ebenen und müsst deshalb in den Kämpfen darauf achten, auf einer Linie mit den Gegnern zu stehen, um diese auch zu treffen.

Das kann dazu führen, dass Angriffe vorbei gehen, weil ihr nur minimal weiter oben oder unten steht. Neben leichtem, normalem und starkem Angriff, könnt ihr auch noch jeden Charakter mit bis zu sechs Zauber ausrüsten, die dann in den Kämpfen zur Verfügung stehen. Genügend Magiepunkt vorausgesetzt. Während die kleineren Gegner auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade noch recht einfach sind, können die Bossgegner und größeren Monster je nach Charakterlevel und Ausrüstung schwieriger werden. Insgesamt stellt Little Witch Academia: Chamber of Time erfahrene Spieler aber nicht vor eine Herausforderung. Wichtig ist jedoch, dass alle Figuren einzeln leveln und der aktiv gespielte Charakter deutlich profitiert. Die beiden Support-Mitstreiter, die euch in den Dungeons begleiten, erhalten weniger Erfahrungspunkte und nicht eingesetzte Figuren überhaupt keine. Aufgrund abweichender Anführereigenschaften und Attribute kann die Charakterwahl je nach Ziel wichtig sein. Wirklich tiefgründig ist Little Witch Academia: Chamber of Time hierbei allerdings nicht. Weder Kampfsystem noch Charakterwerte bieten große Überraschungen. Dafür dürfen die sieben Hexen-Schülerinnen mit verdienten Attributpunkten individuell angepasst werden. Zudem können auch die Zauber mittels, bei jedem Levelaufstieg verdienten Magnituden-Punkten, verbessert werden.

Adventurelastige Schule

Der zweite Kernteil von Little Witch Academia: Chamber of Time sind eure Abenteuer in der Luna Nova. Die Hexenakademie kann ab einem bestimmten Punkt im Spiel frei erkundet werden. Hier erhaltet ihr Nebenaufgaben, erfüllt Hauptquests, die euch in der Story voranbringen, führt Gespräche mit anderen Schülerinnen und den Professorinnen, kauft oder verkauft im Akademieladen Ausrüstung und speichert euer Spiel. Zu beachten ist, dass mit wenigen Ausnahmen stets die Uhr links oben im Bild tickt. Die Zeit spielt eine wichtige Rolle und hat Einfluss darauf, wen ihr wo antrefft, wodurch wieder bestimmt wird, welche Aufgabe ihr wann erfüllen könnt. Allerdings bewegen sich die einzelnen Personen nicht direkt in der Schule. Zu sieben festgelegten Uhrzeiten wird die Schule kurz neugeladen, um die Platzierungen zu verändern. Das ist gut so, da ihr auf diese Weise planen könnt, wann ihr wo sein müsst, falls ihr zuvor jemanden verpasst habt.

Auch braucht ihr nicht befürchten, dass eine Quest scheitert, nur weil ihr nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort wart. Durch das Wiederholen des immer gleichen Tags, habt ihr unbegrenzt Versuche, um es aufs Neue zu versuchen. Allerdings erfordern einige Aufgaben, dass sie komplett an einem Tag gelöst werden, da ihr sonst wieder von vorne beginnen müsst. Wirklich schwierig fallen die Quests jedoch nicht aus und oft braucht ihr kaum mehr zu machen, als mit den richtigen Personen zu sprechen oder in den Dungeons bestimmte Materialien zu besorgen. Außerdem verfügt ihr über einige Feldzauber, die im Laufe der Zeit mehr werden und euch etwa die Aktivierung der Speicherpunkte oder das Beeinflussen von Essen ermöglichen. Da Akko, ganz der Serie entsprechend, nicht gut im Zauber ist und die anderen Charaktere lediglich in den Dungeons zur Verfügung stehen, haben sich die Entwickler einen guten Kniff überlegt: Mit Hilfe von Tränken, die ihr gegen Zaubersteine im zweiten Akademieladen bekommt, kann Akko trotz ihrer mangelnden Fähigkeiten, die dem Trank zugeordneten Zauber ausführen. Je nach Spielweise erhaltet ihr relativ einfach an Zaubersteine, weshalb der hohe Bedarf bereits nach kurzer Zeit kaum noch auffällt und ihr euren Vorrat an Tränken problemlos auffüllen könnt.

Das wohl größte Problem von Little Witch Academia: Chamber of Time ist, dass es nicht viel mehr bietet als die actionreichen Dungeons und die aufgabenkonzentrierte Akademie. Gerade das Kampfystem und die wenig abwechslungsreich, wenn auch teilweise recht schicken Level, fallen repetitive aus. Schnell habt ihr alles irgendwie schon gesehen und mit großer Abwechslung ist nicht mehr zu rechnen. Glücklicherweise ist die Geschichte interessant genug, um darüber hinwegsehen zu können. Zu verdanken ist das auch den sympathischen Charakteren, die genau wie in der Serie gut funktionieren und mit ihren Eigenheiten einfach liebenswert sind. Dadurch sind einige der auf japanisch vollvertonten Dialoge wirklich amüsant und sorgen für kleine Highlights. Dennoch dürften besonders Fans der Anime-Vorlage, die sich mehr über die Gelegenheit mit Akko und den anderen ein Abenteuer zu erleben, erfreuen, ihren Spaß mit Little Witch Academia: Chamber of Time haben.

Optisch orientiert sich das Rollenspiel stark an der Serie. Die Charaktere sind wunderbar eingefangen und die Luna Nova an vielen Stellen sofort wiederzuerkennen. Allerdings ist die Grafik gerade bei den Umgebungen eher zweckmäßig und bewegt sich im Durchschnitt. Dafür können die Charaktermodelle mit den nötigen Details überzeugen und in den Dungeons lassen sich schicke Effekte bewundern. Besonders die opulent in Szene gesetzten Bosskämpfe wissen hierbei zu gefallen. Schade, dass die Steuerung etwas zu überladen ist, was gerade zu Beginn Probleme mit sich bringen kann. Dafür weiß der Soundtrack, trotz sich stark wiederholender Stücke, zu gefallen. Das große Highlight sind aber die exzellenten Anime-Sequenzen des Anime-Studios Trigger, die immer wieder die Handlung weitererzählen und sich perfekt ins Spiel einfügen.

Fazit

Da ich bereits die Anime-Vorlage gerne gesehen habe, habe ich nach der Ankündigung von Little Witch Academia: Chamber of Time gehofft, dass es das Rollenspiel auch nach Deutschland schafft. Bandai Namcos Veröffentlichungspolitik sei Dank, ist das der Fall – sogar mit deutschen Texten. Sicher, das Fehlen einer physischen Einzelhandelsversion ist schade, aber meiner Meinung nach nicht schlimm. Wie von mir erwartet, ist das erste Spiel zu Little Witch Academia nicht perfekt. Repetitives Gameplay und eine überladene Steuerung können abschrecken, haben mich aber nicht gestört. Sowohl die Kämpfe als auch der Akademie-Adventure-Part machen mir Spaß. Dabei ist es der Geschichte und den sympathischen Charakteren zu verdanken, dass meine Motivation auch kleinere Tiefes überstanden hat. Fans der Vorlage sollten sich das Rollenspiel auf jeden Fall näher ansehen, alle anderen vorher vielleicht Probe spielen.

Kurzfazit: Ordentliches Spiele-Debüt für Little Witch Academia, das unter einem repetitiven Gameplay leidet, aber mit Geschichte und Charakteren punkten. Besonders für Fans geeignet.

Vielen Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Little Witch Academia: Chamber of Time!

Details
Titel: Little Witch Academia: Chamber of Time
Genre: Rollenspiel
Publisher: Bandai Namco
Entwickler: Bandai Namco
Spieler: 1-3
Syteme: PlayStation 4 (getestet), PC
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 15. Mai 2018

© TRIGGER / Yoh Yoshinari / ”Little Witch Academia” Committee
© BANDAI NAMCO Entertainment Inc.