Rezension: In This Corner of the World (DVD)

In This Corner of the World erzählt vom fröhlichen, bewegenden und bedrückenden Leben der jungen Suzu zur Zeit des zweiten Weltkriegs in der Hiroshima-Präfektur.

Japan, die Hiroshima-Präfektur im Jahr 1933. Hier lebt die kleine, verträumte Suzu Urano gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem älteren Bruder Yoichi sowie ihrer jüngeren Schwester Sumi. Regelmäßig besucht die Familie die Großmutter der Kinder, die bereits früh beim Algenernten mithelfen. Später heiratet Suzu und zieht nach Kure in das Haus ihres Ehemanns Shusaku Hojo und dessen Eltern. Noch nicht richtig erwachsen und immer wieder ihren Tagträumen nachhängend, versucht Suzu sich in ihrem neuen Alltag und der unbekannten Umgebung zur Zeit des zweiten Weltkriegs zurecht zu finden. Gemeinsam mit ihrer Familie muss sie sich den immer härteren Umständen wie Lebensmittelrationierung und schließlich auch Luftangriffen stellen.

Bewegend-sanftes Drama

Produziert wurde In This Corner of the World vom Studio Mappa. Der auf gleichnamigen Mangas von Fumiyo Kōno basierende Film ist unter der Regie von Sunao Katabuchi entstanden. Die Geschichte folgt dem Leben der jungen Suzu von Kindesbeinen bis hin zum Ende des zweiten Weltkriegs. Damit liegt der Zeitraum, der in den zirka zwei Stunden behandelt wird, bei zwölf Jahren, wodurch gerade zu Beginn relativ häufige Zeitsprünge angewendet werden. Suzus Kindheit und Jugend wird durch exemplarische Szenen behandelt, die dabei helfen, die Protagonistin und ihre Familie besser kennenzulernen. Allerdings können die Sprünge gerade durch die ebenfalls vorhandenen Blicke in die Vergangenheit zeitweise auch für leichte Verwirrung sorgen. Zudem kommen einige Handlungsabschnitte zu kurz. So etwa das Eheleben von Suzu und Shusaku. Es ist nur teilweise nachvollziehbar, wie eng ihre Beziehung wird, bis einige wichtige Momente sehr deutlich darauf hinweisen.

Allgemein ist In This Corner of the World ein Slice-of-Life-Drama, das vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs angesiedelt ist. Die Geschichte konzentriert sich nicht auf das Schicksal von Soldaten oder den Kriegsverlauf, sondern ausschließlich auf das Leben von Suzu und die Menschen, mit denen sie zu tun hat. Im Mittelpunkt steht dabei klar Suzu, die als fröhliche, stets lächelnde Person dargestellt wird und selbst schwierigen Situationen versucht etwas Gutes abzugewinnen. Das sorgt in der ersten Hälfte des Films für eine lockere, teils sogar durch etwas Humor unterlegte Atmosphäre, die zeigt, dass sich trotz teilweise harten Einschränkungen ein gutes Leben führen lässt. Allerdings dient Suzu auch dazu, zu zeigen, wie schwer die Ereignisse des Krieges einen Menschen belasten können. In This Corner of the World nimmt etwa ab der Hälfte etwas an Fahrt auf. Der Krieg greift auf Japan selbst über und Suzu und ihre Familie bekommen die Folgen in Kure durch Luftangriffe und den Marinestützpunkt direkt zu spüren. Eine immer bedrückender Grundstimmung sorgt regelmäßig für ein mulmiges Gefühl im Magen und steigert sich trotz einiger pathetischer und zu erwartender Geschichtsentwicklungen immer weiter. Hat man nicht bereits zuvor mit Suzu mitgefiebert, macht man das spätestens jetzt.

Es sind die Figuren, die In This Corner of the World tragen. Egal ob Suzu, ihr Mann Shusaku, dessen Schwester Keiko, Sumi oder Nachbarn und Freunde der Protagonistin, dem Film gelingt es ihnen allen ein glaubhaftes und realistisch wirkendes Leben zu verleihen. Alle haben ihre eigenen kleinen Schicksale und Beziehungen, die im Verlauf des Films sowohl zum friedlichen Leben als auch zu den Schrecken des Kriges beitragen. Einen maßgeblichen Anteil daran hat die hervorragende deutsche Synchronisation. Angefangen bei Luisa Wietzorek, die Suzu glaubhaft Leben einhaucht und der jungen Protagonistin in jeder Situation genau die richtige Tonlage zu verleihen weiß. Aber auch jede andere Rolle wurde gut besetzt. Das fügt sich in das wunderbare Zusammenspiel aus Bild und Ton mit ein. Der sanfte, bunte Zeichenstil passt mit den schönen Animationen perfekt zur Grundstimmung des Films und wird genau zum richtigen Zeitpunkt düsterer und setzt auf interessante Stilmittel, die sich etwa an Suzus Vorliebe für das Zeichnen orientieren. Selbst vor harten Darstellungen wie Kriegsverletzungen oder Leichen scheut sich der Film nicht, präsentiert diese aber nicht zu plakativ und schafft es im Einklang mit dem schönen Soundtrack, auf den manchmal passend verzichtet wird, audiovisuell zu beeindrucken.

Fazit

Obwohl In This Corner of the World in der Hiroshima-Präfektur zur Zeit des zweiten Weltkriegs spielt, wird der Film nicht von einer düsteren Melancholie bestimmt. Dieser Aspekt gehört in der zweiten Hälfte der zirka zwei Stunden auch dazu, macht aber nicht die Grundstimmung aus. Stattdessen konzentriert sich die Geschichte auf das Leben eines jungen, verträumten Mädchens, das versucht, sich in der damaligen Zeit mit verändernden Umständen zurecht zu finden. Ist es anfangs nur das Älter werden, sind es später die neue Umgebung samt Familie ihres Ehemanns und schließlich die Schrecken des Krieges, die nicht spurlos vorüber gehen. Harte Szenen und Ereignisse wechseln sich mit sanfteren Momenten ab und zeigen, dass trotz schwerer Zeiten noch immer Glück und Freude existieren können, ohne den Krieg oder die Folgen von diesem zu banalisieren oder abzuschwächen. Eher im Gegenteil. Gerade die bedrückenden Momente sind es, die durch die frohe Natur von Suzu bei mir eine noch stärkere Wirkung erzielt haben. Aller höchstens haben mich die Zeitsprünge und die damit verbundenen kleineren Unklarheiten sowie die manchmal etwas seichte Art des Films gestört. Doch angesichts der mitreißenden Ereignisse, fällt das fast nicht auf, zumal ich von Anfang bis Ende mit Suzu mitgefiebert habe. Anfangs, weil sie ein liebenswertes Kind war, später angesichts der neuen Lebensumstände und schließlich aufgrund der Schrecken des Krieges. In This Corner of the World mag nicht so hart sein wie andere Anime-Filme vor ähnlichem Hintergrund, will das aber auch nicht und erzielt bei mir trotzdem die nötige Wirkung. So hatte ich in der zweiten Hälfte und gerade zum Ende hin mehrfach einen Kloß im Hals. Wer sich nicht aufgrund der Thematik vor dem Film scheut, sollte sich In This Corner of the World nicht entgehen lassen. Das Slice-of-Life-Drama ist ein Ausnahmefilm.

Kurzfazit: Bedrückend-fröhliches Slice-of-Life-Drama vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs in der Hiroshima-Präfektur, das sich auf das Schicksal einer jungen Frau und ihres Umfeldes konzentriert. Bewegend, mitreißend, traurig, aber auch sanft-fröhlich. Unbedingt ansehen!

Vielen Dank an Universum Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von In This Corner of the World!

Details
Titel: In This Corner of the World
Originaltitel: Kono Sekai no Katasumi ni
Genre: Drama
Regie: Sunao Katabuchi
Studio: Mappa
Produktionsjahr: 2016
Laufzeit: ca. 125 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Booklet (nur in Erstauflage), Interview mit Regisseur Sunao Katabuchi
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungstermin: 20. Oktober 2017
Herstellerseite: In This Corner of the World bei Universum Anime

Bilder: © Fumiyo Kouno/Futabasha/Konosekai no katasumini Project