Erster Blick: Star Trek: Discovery

Star Trek ist zurück! Nachdem am Sonntag die ersten beiden Folgen von Star Trek: Discovery in den USA ausgestrahlt wurden, ist der Auftakt des neuen Serien-Projekts seit Montag weltweit auf Netflix verfügbar.

Ursprünglich als Serien-Franchise geboren ist Star Trek seit 2005 und dem Ende von Star Trek: Enterprise aus dem Fernsehen verschwunden. Lediglich die Reboot-Kinofilme von 2009,, 2013 und 2016 haben die große, bekannte und von Fans geliebte Marke erhalten. Eine Serien-Durststrecke von zwölf Jahren. Seit dem Ende der animierten Nachfolge-Serie von Raumschiff Enterprise hatte es keine so große Lücke mehr gegeben. The Next Generation, Deep Space Nine, Voyager und Enterprise haben sich entweder überschnitt oder sind fast nahtlos aufeinander gefolgt. Die Rückkehr von Star Trek in Serienform war längst überfällig und wurde schon seit der Ankündigung von Star Trek: Discovery heiß diskutiert. Kann der Geist von Star Trek eingefangen werden oder wird die neue Serie zu modern? Die Antwort hierauf ist leicht: Beides. Wie alle Serien zuvor, ist Star Trek Discovery dem heutigen Zeitgeist unterworfen, atmet aber trotz einiger Kompromisse und eingefleischte Fans sicherlich störende Elemente die Essenz der Vorgänger und zeigt sich als würdiger Nachfolger der Original-Timeline.

Der Weltraum…ernst, dramatisch

Angesiedelt ist Star Trek: Discovery zwischen der letzten Serie, Star Trek: Enterprise, und der ersten Serie mit Captain Kirk. Näher an den Abenteuern des Raumschiff Enterprise seinen markanten und kultigen Figuren, fällt sofort auf, dass die Optik und das Design von Discovery wenig passen. Viel zu modern und ordentlich wirkt alles. Die Raumschiffe wie etwa die U.S.S. Shenzou, die in den ersten beiden Folgen im Mittelpunkt steht, erinnern eher an die Enterprise-E aus den The-Next-Generation-Kinofilmen als an die Original-Serie der 60er-Jahre. Das mag nicht jedem Fan gefallen, ist aber eine Folge des Zeitgeists. Außerdem sieht Discovery einfach hervorragend aus. Mit wunderschönen Bildern fängt die Science-Fiction-Serie perfekt die Leere des Weltalls ein und setzt zugleich die Charaktere perfekt in Szene. Egal ob an Bord der Schiffe, in den Weiten des Universums oder auf dem anfänglichen Wüstenplaneten, Discovery brauch sich mit einer wunderbaren Optik und erstklassigen Spezial Effekten nicht vor aktuellen Kinoblockbustern zu verstecken. Das zeigt wie hochwertig die Serie produziert wurde.

Wie erwähnt, wird nicht jeder Star-Trek-Fan mit allen Elementen und Entscheidungen etwas anfangen können. Trotzdem legt Discovery einen erstklassigen und Franchise-würdigen Start hin. Angesichts der modernern und damit auch etwas ernsteren, dramatischeren und vielleicht sogar düsteren Ausrichtung, könnte der Eindruck entstehen, die Serie würde sich aktuellen Science-Fiction-Serien der letzten Jahre unterwerfen. Dem ist aber nicht so. Denn trotz allem wird der Star Trek typische Optimismus ausgestrahlt. Die Sternenflottenangehörigen sind Forscher, Entdecker, die das Unbekannte suchen. Dass nicht immer etwas positives auf sie wartet, war schon früher so und auch hier ist Discovery treu: Auch im Angesicht größter Gefahr bewahren die Protagonisten die Hoffnung. Allerdings wirken sie dabei glaubwürdiger, menschlicher als manch eine Figur vergangener Serien. Sie streiten, tragen Konflikte und Meinungsverschiedenheiten aus, zeigen ihre Zuneigung füreinander oder ihre Rivalität. Und doch halten sie zusammen und bilden eine Crew, die eines Sternenflottenschiffs würdig ist.

Der Prolog

Die Hauptrolle hat dieses Mal nicht der Captain inne sondern die erste Offizierin der U.S.S. Shenzou. Commander Michael Burnham wird ausgesprochen gut von Soneque Martin-Green, die Serien-Fans vielleicht aus The Walking Dead kennen, verkörpert. Bereits in den ersten beiden Episoden, die sich wie ein Prolog der folgenden Geschichte anfühlen, darf sie eine ganze Palette an unterschiedlichen Charaktereigenschaften offenbaren. Selbstsicherheit, eine Tendenz zur Arroganz, Pflichtgefühl und eine Verbundenheit zu ihren Kameraden und Freunden. Noch interessanter wird sie durch ihre vulkanische Ausbildung, die in Konflikt mit ihren menschlichen Emotionen steht. Das zeigt sich besonders gut im Zusammenspiel mit ihrer Freundin und Vorgesetzten, Captain Philippa Georgiou, die von Michelle Yeoh gespielt wird. Der Einklang der beiden Charaktere zeigt schnell, welch dynamisches und enges Verhältnis die beiden höchsten Offiziere der U.S.S. Shenzou zueinander haben. Es ist faszinierend in einer Star-Trek-Serie solch tiefgehende Persönlichkeitsmerkmale bereits nach zwei Episoden zu erkennen. Das soll nicht heißen, in früheren Serien wären die Charaktere nur platte Akteure, dem war nicht so. Dennoch waren sie oft bei weitem nicht so ausgearbeitet wie es bei den beiden Hauptfiguren der ersten Doppelfolge von Star Trek: Discovery der Fall ist. Auch Saru, der Wissenschaftsoffizier des Schiffs oder Klingonen-Widersacher T’Kuvma zeigen viel Persönlichkeit und eine ausgearbeitete Vergangenheit. Spätestens hier wird deutlich, wie stark Star Trek: Discovery von modernen Serien und dem heutigen Zeitgeist beeinflusst ist.

Zeitgeist

Dank der erstklassigen Mischung aus ernster Dramatik und hoffnungsvoller Star-Trek-Essenz sticht Discovery aus dem Feld aktueller Science-Fiction-Serien, die gerne eine düstere und trostlose Richtung eingeschlagen haben, hervor. Und das, ohne dass Discovery zu leuchtend hell, friedvoll oder gar pazifistisch wird, wie es zeitweise bei anderen Star-Trek-Serien der Fall war. Die Abkehr einer episodischen Variante hin zu einer Staffel-Geschichte trägt maßgeblich dazu bei, dass Discovery in den ersten beiden Episoden so gut funktioniert. Der Auftakt fesselt vor den Fernseher und weckt bereits nach dem Cliffhanger der ersten Folge den Wunsch weiterzusehen.

Es ist faszinierend wie gut es den Machern gelungen ist Star Trek würdig in die heutige Zeit zu übertragen, zu modernisieren und trotzdem gelungen den Kern der alten Serien zu erhalten. Damit passt Discovery perfekt in die alte Zeitlinie, der sie auch angehört. Das heißt, mit den letzten Kinofilmen hat die Serie keine Berührungspunkte. Zwar gibt es optische Gemeinsamkeiten, doch ein auf Action getrimmtes Popcorn-Erlebnis ist nicht vorherzusehen. Auch Dank der hohen Storylastigkeit. Die spannende Geschichte um einen anschwellenden Krieg zwischen Klingonen und Föderation haben die Autoren erstklassig umgesetzt und dabei ganz Star Trek auch realpolitische Sichtweisen nicht außer Acht gelassen. Es sind die Klingonen, die befürchten, ihre Rasse und Kultur könnte durch die friedliche, auf gemeinsame Existenz ausgerichtete Föderation zerstört werden. Sicherlich ist es kein Zufall, dass T’Kuvma die Vermischung von Menschen, Vulkaniern, Andorianern und anderen Mitgliedern der Föderation kritisiert. Ähnliche Reden sind heutzutage häufig zu hören – von Politikern, Populisten und selbsterklärten Volksvertretern. Auch das gehört zu Star Trek, das Atem des Zeitgeistes.

Abschließende Meinung

Ihr ahnt wahrscheinlich bereits, dass mir Star Trek: Discovery sehr gut gefällt. Die ersten beiden Episoden haben mich gut unterhalten und ich war froh, dass mit einer Doppelfolge gestartet wurde. Dennoch ist nach dem spannenden Cliffhanger die Wartezeit auf Episode drei am kommenden Montag nicht leicht. Wie ich die Serie sehe, habt ihr bereits gelesen. Also nur noch einmal: Ja, Discovery mag nicht in allen Punkten konform gehen mit den alten Serien, ja, die Optik und das Design ist für die angepeilte Zeit zu modern, aber das war bekannt und zu erwarten. Es stört nicht, sondern passt zur heutigen Zeit. Jede Star-Trek-Serie war ein Ergebnis der Jahre, in denen sie produziert wurde. So ist es auch mit Discovery. Star-Trek-Fans sollten Kompromisse akzeptieren und sich auf die Serie einlassen, dann erleben sie eine hervorragende, spannende und packende Geschichte, die des Franchises würdig ist und als Prolog Hoffnungen für die restliche Serie weckt. Bereits jetzt hat Star Trek für mich ein erstklassiges, hochwertiges Serien-Comeback gefeiert.

Details
Titel: Star Trek: Discovery
Genre: Science-Fiction
Regie: David Semel, Adam Kane
Schauspieler: Sonequa Martin-Green, Michelle Yeoh, Doug Jones, Chris Obi, James Frain
Produktionsjahr: 2017
Laufzeit (pro Episode): ca. 39-42 Minuten
Sprachen: Deutsch, Englisch, Englisch (Audiodeskription), Französisch, Russisch, Türkisch
Untertitel: Deutsch, Englisch (CC), Französisch, Russisch, Klingonisch
Herkunftsland: USA
Erscheinungstermin: 25. September 2017

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