Rezension: Overlord – Limited Complete Edition (Blu-ray)

Wie schon bei Tales of Symphonia oder Blood Blockade Battlefront, setzt KSM Anime bei der Veröffentlichung von Overlord am 19. Juni erneut auf eine limitierte Gesamtausgabe mit allen dreizehn Episoden.

Das Jahr 2138. Dive Massively Multiplayer Online Role Playing Games erfreuen sich unter Spielern großer Beliebtheit. Die Online-Rollenspiele ermöglichen ein völliges Eintauchen in die virtuellen Welten. Besonders erfolgreich ist das 2126 gestartete und für seine intensive Immversivität samt umfangreicher Interaktionsmöglichkeiten bekannte Yggdrassil. Nach zwölf Jahren soll der DMMO-RPG-Megahit nun zum Bedauern des langjährigen Intensiv-Spielers Momonga abgeschaltet werden. Einst gehörte seine Gild Ainz Ooal Gown zu den mächtigsten von ganz Yggdrassil, doch seine Kameraden haben das Spiel schon vor längerer Zeit verlassen. Nur Momonga ist geblieben. Und genau das macht er auch in den letzten Momenten von Yggdrassil. Langsam zählt er die Sekunden runter und erwartet ausgeloggt zu werden. Doch dann kommt alles anders. Noch immer befindet er sich in seiner Rolle des mächtigen Skelett-Magiers und Herrschers über die Große Gruft von Nazarick. Zu allem Überfluss hat er keinen Zugriff mehr auf die Kontrollkonsole, über die er sich ausloggen könnte. Als dann auch noch die NPCs anfangen wie lebende Wesen mit ihm zu sprechen und zu interagieren und sich herausstellt, dass die Gruft sich in einer fremden Welt befindet, weiß Momonga, dass etwas nicht stimmt.

Welterkundung

Die grobe Thematik von Overlord erinnert schnell an die wohl bekannteste Serie im Segment der Spieler-bleiben-in-Online-Welt-gefangen-Vertreter: Sword Art Online. Allerdings haben die beiden Serien trotz gewisser Gemeinsamkeiten eine unterschiedliche Ausrichtung. So denkt Hauptfigur Momonga zwar gelegentlich über sein Schicksal und mögliche Wege doch noch auszuloggen nach, doch ein wirkliches Ziel ist das nicht. Der Protagonist sucht nicht zielstrebig nach einem Weg aus seiner Lage. Stattdessen arrangiert er sich überraschend schnell mit seiner Situation und beginnt die Rolle des Herrschers der Großen Gruft von Nazarick auszuüben. Weit mehr als einen Weg zurück in die Realität, scheint Momonga, dessen echter Name nicht verraten wird, an der Erkundung und Eroberung der neuen Welt interessiert zu sein. Diese erinnert an klassische mittelalterliche Fantasy-Welten wie man sie aus Spielen wie Final Fantasy XIV, World of WarCraft oder The Elder Scrolls kennt.

Doch noch bevor die Geschichte durch Momongas neue Ziele und den Beginn der Welterkundung anzieht, schleppt sich diese in den ersten beiden Episoden etwas. Durch teils ellenlangen Dialoge werden die wichtigen Charaktere der Großen Gruft von Nazarick vorgestellt. Das sind neben dem Protagonisten selbst sein Untergebener Sebas Tian, der gemeinsam mit den sechs Pleiaden für Momongas Schutz verantwortlich ist, und Albedo samt den restlichen Wächtern, die über die verschiedenen Ebenen von Nazarick wachen. Hier ist fast alles vertreten, was irgendwie benötigt wird. Von den kindlichen Elfen-Magiern über einen gebildet erscheinenden Dämonen bis hin zur Lolita-Vampirin, den Dienstmägden und der vollbusigen, loyalen Wächterin. Durch Albedo und die Vampirin Shalltear Bloodfallen wird auch ein wenig Fan-Service geboten. Diese begrenzen sich glücklicherweise auf übertrieben starke Gefühle für Momonga und entsprechende Kommentare samt Zickenkrieg um die Gunst des Herrschers. Alleine die große Menge an Figuren die zu Beginn, aber auch im Laufe der dreizehn Episoden von Overlord auftreten, können zeitweise dazu beitragen, dass die Übersicht verloren geht. Besonders wenn Momonga außerhalb der Gruft unterwegs ist und kontaktiert wird, ist nicht immer sicher, welcher seiner Untergebenen ihm neue Informationen zukommen lässt. Zeitweise kann das erschlagend wirken, übt sich aber auf die ansonsten gut funktionierende und durchaus spannende Geschichte nicht negativ aus.

Quest-Struktur

Das ist der klaren Struktur der Serie zu verdanken. Ähnlich wie in Online-Rollenspielen agiert Momonga, der in der Hoffnung andere Yggdrassil-Spieler könnten ihn dadurch finden, recht früh den Namen Ainz Ooal Gown annimmt, quasi auf Quest-basis. So beschützt er etwa ein Dorf vor einfallenden Truppen, unterstützt einen Hauptmann beim Kampf gegen feindliche Soldaten oder geht im Auftrag der Abenteurer-Gilde mit einer Party auf Monster-Jagd. Dabei werden zahlreiche Fachbegriff aufgegriffen. Die Charaktere sprechen vom „craften“, „farmen“ oder von „HP“ und „MP“. Zeitweise wirkt es gar so, dass Momongas Untergebene wissen, dass sie eigentlich einem Spiel entstammen. Interessant ist, dass durch diese Verwendung der Thematik die verschiedenen Figuren in Klassen wie Krieger, Druide oder Magic Caster eingeordnet werden und anhand dessen die Fähigkeiten grob erkennbar sind. Durch das Ausrufen der eingesetzten Skills oder Spells, wirkt das Agieren manchmal etwas übertrieben, allerdings wird der MMORPG-Flair dadurch noch verstärkt, da sich die Kontrahenten auf einen Kampf vorbereiten und Einsatzmöglichkeiten, Abklingzeiten und Items zum Einsatz kommen. Sogar verschiedene Einstufungen wie Magie unterschiedlicher Stufen oder besonders mächtige Items, die auch von NPCs mit Spieler-Begriffen bezeichnet werden, sind vorhanden.

Overlord Staffel eins basiert auf den drei ersten der bislang elf Bände umfassenden gleichnamigen Light-Novel-Reihe von Autor Kugane Maruyama. Dieser Fakt ist der Geschichte anzumerken. So lässt sich die Serie grob in drei Handlungsstränge einordnen. Das fällt durch die klare Verbindung dieser und die fortlaufende Hauptgeschichte keinesfalls negativ auf, sondern sorgt eher dafür, dass sich einzelne Ereignisse nie zu lange ziehen. Während es Momonga also mit einer neuen Welt, feindlichen Soldaten, Untoten oder Monstern zu tun bekommt, schreitet auch die Welt voran. Das wird zwar nur am Rande eingebaut, schafft aber interessante Möglichkeiten. Momonga wird beispielsweise recht früh in den erbitterten Konflikt zwischen dem Kaiserreich Baharuth und dem Königreich Re-Estize, in den sich der Gottesstaat Slane einmischt, hineingezogen und fasst den Plan, eines der Länder auf seine Seite ziehen zu müssen. Leider bleibt es bei entsprechenden Gedankengängen. Auch sonst endet Overlord nach aufreibenden Ereignissen, brachialen und blutigen Kämpfen recht offen. Das Ende stellt einen klassischen Staffelabschluss dar, lässt aber viele Fragen offen, wirft neue auf und treibt die Spannung für die Fortsetzung nach oben. Immerhin wurde passend zum japanischen Kinostart der beiden Overlord-Filmen, die zusammengefasst und leicht erweitert die Geschichte der ersten Staffel wiedergeben, eine zweite Staffel angekündigt. Nähere Informationen zu Inhalt oder einem Starttermin von dieser liegen bisher allerdings nicht vor.

Das für Overlord verantwortliche Studio Madhouse stellt bei Overlord einmal mehr die lange Erfahrung unter Beweis. Flüssige Animationen, erstklassige Charakterdesigns und brachiale Effekte, die bei Zaubern von CGI-Einsätzen begleitet werden, machen die Fantasy-Action-Serie zu einem ansehnlich Erlebnis. Lediglich manche Mimik mag etwas übertrieben sein, ist dann aber genau so beabsichtigt. Etwas anders schneidet Overlord bei Sound und Musik ab. Gerade letzteres hält sich stark im Hintergrund und bleibt abgesehen von Intro und Outro kaum im Gedächtnis haften. Dafür kann die deutsche Synchronisation durchaus überzeugen. Besonders Stefan Kaminski als Momonga aka Ainz Ooal Gown versteht es seine Rolle auszufüllen und spricht die Gedankengänge der Hauptfigur mit seiner normalen Stimme, während er in Dialogen auf einen tief intonierten Klang setzt, um dem dem Auftreten des mächtigen Overlords eine passend kratzig, Ehrfurcht gebietende Stimme zu verleihen. Das mag anfangs ungewohnt sein, stellt sich aber im Verlauf der Serie als überaus gelungen heraus.

Fazit

Overlord ist etwas anders, als ich erwartet habe. Das hat zwei einfache Gründe: Zum einen hätte ich mit einer wesentlich stärkere Konzentration auf Momongas Versuch einen Weg zurück in die Realität zu finden gerechnet; zum anderen hat mich die starke Verwendung von MMORPG-Begrifflichkeiten überrascht. Beides stellt sich jedoch nicht als negativ heraus. Im Gegenteil. Dank der gewählten Ausrichtung, schafft es Overlord eine eigene Identität zu erlangen und vermittelt gleichzeitig das Gefühl, die Welt wäre eigentlich ein Online-Rollenspiel. Dass der Protagonist mehr daran interessiert ist, seine Rolle als mächtiger Herrscher auszuüben und die Welt zu erkunden, mag angesichts seiner Situation nicht immer logisch erscheinen, fällt im Gegenzug aber auch nicht negativ auf. Stattdessen habe ich mich gerne gemeinsam mit Momonga aka Ainz Ooal Gown auf das Abenteuer eingelassen und mit großen Vergnügen dabei zugesehen, wie er sich einen Namen in der fremden Fantasy-Umgebung macht. Auch die große Charakterriege hat mich nur bedingt gestört. Schließlich liegt die Konzentration letztlich nur auf einigen wenigen Untergebenen und dank dem individuellen Charakterdesign und den stark unterschiedlichen Persönlichkeiten erhalten die Figuren genügend Wiedererkennungswert. Das gilt besonders für die engen Untergebenen von Momonga, die als zusätzliche Hauptfiguren auftreten und die Ereignisse sinnvoll unterstützen und ergänzen. Allgemein fügen sich alle Charaktere gut in die Geschichte ein und tragen auf ihre Weise zum Unterhaltungswert bei. Angesichts dessen stören die kleinen Fan-Service-Elemente zwischen den abenteuerlichen Momenten und den brachial-blutigen Kämpfen nicht. Tiefgründig mag Overlord nicht sein, doch Fantasy-Fans sollten sich die Serie, genauso wie Anhänger von Sword Art Online, nicht entgehen lassen.

Kurzfazit: Overlord stellt sich als spannende Fantasy-Action-Serie heraus, die sich der Thematik erfrischend anders annimmt und trotz großer Charakterriege gerade in diesem Bereich überzeugt, während die brachial-blutigen Kämpfe das Gesamtbild abrunden.

Vielen Dank an KSM Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Overlord – Limited Complete Edition!

Details
Titel: Overlord – Limited Complete Edition
Genre: Fantasy, Action
Regie: Naoyuki Itou
Studio: Madhouse
Produktionsjahr: 2015
Laufzeit: ca. 315 Minuten
Sprachen: Deutsch (DTS-HD MA 5.1), Japanisch (DTS-HD MA 5.1)
Untertitel: Deutsch
Extras: 28-seitiges Booklet, 6 Charakter-Postkarten, 1 DIN A4 Miniposter, 1 Aufkleber des Schriftzuges, 8 Bonus-Clips „Ple Ple Pleiades“, Opening- und Ending-Song (Creditless), Trailer, Bildergalerie
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 19. Juni 2017
Herstellerseite: Overlord – Limited Complete Edition bei KSM Anime

Bilder Copyright Madhouse / KSM Anime