Rezension: Ghost in the Shell – Arise: Border 1 + 2

Pünktlich zum Start der US-Kino-Adaption von Ghost in the Shell veröffentlicht Universum Anime Ghost in the Shell: Arise Volume 1.

Die vierteilige Prequel-OVA Ghost in the Shell: Arise stammt aus dem Jahr 2013 und hat 2015 eine erweiterte Serien-Umsetzung erhalten. Zeitlich sind die jeweils etwa einstündigen Episoden kurz nach dem vierten Weltkrieg und vor dem Beitritt von Major Motoko Kusanagi angesiedelt. In eigenständigen, aber durch eine Haupthandlung und die Entwicklung der Hauptfigur miteinander verbunden, erzählt jeder der Kurzfilme einen Auftrag an dem Motoko mit vorwiegend bekannten, aber auch neuen Figuren arbeitet. So ist in der Auftakt-OVA etwa die erste Begegnung von Motoko mit Daisuke Aramaki, dem Chef von Sektion 9, zu sehen. Ghost in the Shell: Arise erscheint in zwei Volumes mit jeweils zwei der als Border bezeichneten Episoden.

Phantomschmerzen

Ghost in the Shell: Arise beginnt mit der OVA „Ghost Pain“. Major Motoko Kusanagi kommt zurück nach Japan und erfährt, dass ihr Vorgesetzer und Mentor Lieutenant Colonel Giichi Mamuro getötet wurde. Obwohl Sektion 9 der öffentlichen Sicherheit unter dem Kommando von Daisuke Aramaki bereits die Ermittlungen übernommen hat, beginnt auch Motoko nachzuforschen, was geschehen ist. Dabei belasten sie nicht nur die scheinbaren Versuche etwas zu vertuschen und die Vorwürfe der Korruption gegen Mamuro, sondern auch Probleme mit ihrem eigenen Körper.

Die Geschichte der ersten Arise-OVA ist spannend und intelligent erzählt und zeigt die aus anderen Ghost-in-the-Shell-Werken bekannte Protagonistin Motoko Kusanagi noch in ihrer Rolle als Major beim Militär. Wie vom Franchise gewohnt, werden Wirklichkeit und virtuelle Realität miteinander vermischt. Philosophische Fragen nach der eigenen Identität und dem Recht auf Selbstbestimmung werden aufgeworfen und gekonnt in die Handlung eingeflochten. Zudem legt Arise die Anfänge von groß angelegter Cyberkriminalität, -spionage und -terrorismus, die eine zentrale Rolle im Franchise spielen. Der Fall rund um die Ermordung von Giichi Mamuro gestaltet sich zusätzlich als interessanter Handlungsbogen, der einen guten Auftakt für die weitere Reihe liefert. Wichtige Elemente, die gemeinsam mit Motokos Entwicklung den roten Faden bilden, werden aufgebaut. Gleichzeitig gelingt es die Ereignisse in das Gesamtbild von Ghost in the Shell einzufügen.

Zumindest zu einem Teil liegt das auch an den gut geschriebenen Charakteren und Dialogen, die gekonnt ins deutsche übertragen wurden und von einer gelungenen Synchronisation getragen werden. Für Kenner des Franchises mag Protagonistin Motoko Kusanagi etwas zu ungestüm und unvorsichtig vorgehen, doch das ist ihrer scheinbaren „Jugend“ anzurechnen und macht deutlich, dass sie noch wesentlich unerfahrener ist als in anderen Filmen und Serien. Wie viel Zeit zwischen Arise und der Serie Ghost in the Shell: Stand Alone Complexe liegt, wird auch durch den noch nicht ganz so brillianten, dafür sichtbar jüngeren und etwas energischeren Sektion-9-Chef Aramaki deutlich. Doch gerade diese feinen Unterschiede bei den Figuren und der dadurch gebotene neue Blick auf sie, macht die OVAs so interessant. Das gilt nicht nur für den Auftakt, sondern auch für die zweite Episode, bei der weitere wichtige Figuren eingeführt werden und sogar etwas mehr Profil als in der Vergangenheit erhalten.

Geistergeflüster

In „Border 2: Ghost Whispers“ soll Kazuya Soga für seine Gräueltaten im Qhardistani-Krieg, für die er zuvor noch einen Orden erhalten hat, hingerichtet werden. Gemeinsam mit ehemaligen Untergebenen, zu denen auch Motokos späterer Partner Batou und der Hacker Ishikawa gehören, versucht Soga durch einen Cyberangriff seine Unschuld zu beweisen. Motoko ermittelt derweil im Auftrag von Sektion 9 in dem Fall, der scheinbar mit einem Hacker-Angriff auf ihren Logicoma-Roboter zusammenhängt. Zudem versucht sie endlich ihr eigenes Team aufzubauen, um weiterhin selbstständig vorgehen zu können.

Ähnlich wie „Border 1: Ghost Pain“ zeigt auch „Ghost Whispers“ klassische Thematiken von Ghost in the Shell und rückt speziell Cyberterrorismus in den Mittelpunkt der Geschichte. Dabei werden Verbindungen zur ersten Arise-OVA hergestellt und die Rahmenhandlung wird gekonnt voran getrieben. Es ist besonders die Suche nach der Wahrheit über die Ereignisse in Qhardistani, die für Spannung sorgen und das Interesse an der Geschichte erhalten. Ansonsten kommt die zweite OVA etwas schneller daher als der Auftakt von Ghost in the Shell: Arise. Das ist auch der Handlung und dem damit verbundenen Zeitdruck unter dem Motoko und die Behörden stehen zu verdanken. Um so erstaunlicher ist es, dass trotz des allgemein etwas höheren Action-Teils, eine grundlegend intelligente und gut erzählte Geschichte nicht außen vor bleibt. „Ghost Whispers“ nimmt sich die nötige Zeit, um Gegebenheiten einzubinden, Fragen aufzuwerfen und neue Figuren vorzustellen, ohne dabei gestreckt zu wirken. Hierbei profitiert die OVA deutlich von der Laufzeit von knapp unter einer Stunde.

Sowohl Border 1 als auch Border 2 zeigen das Können von Production I.G. in technischer Hinsicht. Die überdurchschnittlichen Animationen sind flüssig und CGI-Effekte sind, trotz manchmal sichtbarer Momente, hervorragend eingebunden. Fans des Franchises erkennen sofort das Charakterdesign, das sich stark an den bisherigen Werken orientiert. Lediglich bei Motoko fallen Unterschiede auf, die jedoch beabsichtigt sind und eine optische Darstellung für die Unerfahrenheit der Protagonistin darstellen. Untermalt wird das Geschehen fast immer gekonnt von passender Musik und gelungenen Soundeffekten. Allerdings hätten die Lieder manchmal etwas deutlicher ausfallen dürfen, um den optischen Genuss noch besser zu unterstützen.

Fazit

Ghost in the Shell gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Anime- und Manga-Franchises, das neben den Originalwerken von Mangaka Masamune Shirou, besonders durch den Anime-Film von Mamoru Oshii aus dem Jahr 1995 zu den großen Klassikern zählt. Diesen Status wird Ghost in the Shell: Arise nach den ersten beiden der vier OVAs zwar nicht erreichen, trotzdem haben mich die beiden etwa einstündigen Episoden gefesselt und unterhalten. Die Vergangenheit von Motoko Kusanagi zu erleben, gehört hierbei zu den größten Pluspunkten, könnte aber wegen ihres etwas anderen Charakteres bei Fans auch auf wenig Gegenliebe stoßen. Dennoch sollten sich gerade Anhänger von Ghost in the Shell nicht die Chance entgehen lassen tiefer in die Zeit vor den Filmen oder sogar vor den beiden Stand-Alone-Complexe-Staffeln eintauchen zu können. Dank gut geschriebener Dialoge und intelligenter Geschichte schaffen es die ersten beiden OVAs zu überzeugend und Spannung zu erzeugen. Durch die Nutzung bekannter Thematiken wird zudem eine angenehme Verbindung zu anderen Werken des Franchises erhalten. Lediglich die etwas zu kräftigen Farben und steril wirkende Zukunfts-Welt passen nicht ganz zu Ghost in the Shell. Zusätzliches Interesse wird durch die sich aufbauende Rahmenhandlung erzeugt, die in den kommenden beiden OVAs auf Volume 2 fortgeführt wird. Auch deshalb freue ich mich schon darauf, wenn es endlich mit Ghost in the Shell: Arise weitergeht.

Kurzfazit: Zwei spannende und intelligente Geschichten in einem Kult-Universum, die zwar nicht ganz an vergangene Brillianz anknüpfen können, aber trotzdem überdurchschnittliche Genre-Kost bieten.

Vielen Dank an Universum Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Ghost in the Shell: Arise – Vol. 1!

Details
Titel:  Ghost in the Shell: Arise – Vol. 1
Genre: Science-Fiction, Action
Regie: Masahiko Murata (Border 1), Atsushi Takeuchi (Border 2)
Studio: Production I.G.
Produktionsjahr: 2013
Laufzeit: ca. 110 Minuten (DVD), ca. 114 Minuten (Blu-ray)
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Booklet border:1 Ghost Pain (nur Erstauflage), Booklet border:2 Ghost Whispers (nur Erstauflage), Decode 501 File, Kurzfilme “Logicoma“, Original Trailer und Spots, Surface x Ghost in the Shell ARISE Another Mission, Werbevideo Pacific Racing Team, border:1 Cyberbrain Cast Night, border:1 Cyberbrain I.G Night
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 31. März 2017
Herstellerseite: Ghost in the Shell: Arise – Vol. 1 bei Universum Anime

Bilder: © Shirow Masamune・Production I.G/KODANSHA・GHOST IN THE SHELL ARISE COMMITTEE. All Rights Reserved.