Rezension: The Anthem of the Heart (Blu-ray)

the-anthem-of-the-heart-coverDer Publikumsfavorit des peppermint anime festival 2016 The Anthem of the Heart erzählt eine Coming-of-Age-Geschichte rund um Emotionen und verborgene Worte.

Jun Naruse war als Kind ein fröhliches Mädchen mit einer lebhaften Fantasie das gerne plapperte und redete. Doch durch ihre unbedachten Worte zerstörte sie das Glück ihrer Familie – jedenfalls ist sie dieser Meinung. Als Folge davon erschien ein magisches Ei, das Juns Lippen versiegelte und das aufgeweckte Mädchen zog sich in ihre eigene kleine Welt zurück. Ihre Mutter an den Rand der Verzweiflung bringend und in der Schule ausgegrenzt ist es ihr Klassenkamerad Takumi, der eine Veränderung herbeiführen und den „Fluch“ brechen könnte. Gemeinsam mit Daiki und Natsuki wurden die beiden bestimmt, das Komitee für das Programm zum Lokalaustausch der Klasse zu bilden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wird insbesondere durch Juns Wunsch beschlossen, an einem Musical zu arbeiten.

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Verstummt

Nach AnoHana: Die Blume, die wir an jenem Tag sahen und Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll erzählt das Studio A1-Pictures mit The Anthem of the Heart erneut eine wunderschöne Coming-of-Age-Geschichte. Im Mittelpunkt steht die Oberschülerin Jun, die sich die Schuld an der Trennung ihrer Eltern gibt. In ihren Augen war es ihr Hang zum Reden und Erzählen, der das Glück ihrer Familie zerstörte. Von einem magischen Ei verflucht, kann sie deshalb nicht mehr sprechen. Doch um ein Fantasy-Drama handelt es sich bei The Anthem of the Heart nicht. Viel mehr ist es Jungs ausgeprägte Fantasie, die zu diesem Umgang mit den Ereignissen führt.

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Es überrascht wenig, dass sie durch die vom Lehrer aufgezwungene Aufgabe im Organisationskomitee für den Lokalaustausch ihrer Klasse, langsam beginnt sich zu öffnen. Hierbei spielt die zweite Hauptfigur von The Anthem of the Heart, Takumi, eine wichtige Rolle. Auch er und die anderen beiden Mitglieder des Komitees – Baseball-Ass Daiki und die Klassenbeste Natsuki – haben ihre Probleme und schaffen es nicht ihre Emotionen zu bewältigen. Keiner von ihnen kann seine wahren Gedanken und Gefühle aussprechen, so dass nicht nur Jun schweigt, sondern auch Takumi, Natsuk und Daiki; jedenfalls auf ihre ganz eigene Weise. Letztlich dreht sich die Geschichte um die Worte, die tief im Herzen verborgen sind und die Schwierigkeit diese auszusprechen.

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Musikalische Hilfe

Erneut bringt A-1 Pictures wie schon in Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll Musik als wichtiges Element mit in die Geschichte ein. Trotz anfänglichem Widerstand beschließt das Komitee auf Bestreben und Wunsch von Jun, die sich Takumi langsam öffnet, beim Lokalaustausch ein Musical aufzuführen. Obwohl der Film nur eine Laufzeit von knapp zwei Stunden hat, bleibt genügend Zeit, um die Entwicklung langsam voran zu bringen und den Weg der Hauptfiguren sowie ihrer Klassenkameraden gut darzustellen, ohne bei wirklich jeder Figur zu sehr ins Detail zu gehen. Durch das angestrebte und von der Klasse umgesetzte Musical zeigt sich immer wieder wie gut Musik dabei helfen kann Gefühle auszudrücken und dass Singen und Sprechen unterschiedlich und dennoch miteinander harmonieren.

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Mit Jun als zentrale Hauptfigur und Takumi als wichtigen Antrieb ist es wenig verwunderlich, dass sie es sind, die dafür sorgen, dass die Geschichte vorankommt. Auch das Musical selbst und die dafür nötige Musik wird von ihnen stark geprägt. Zudem sind es Juns Probleme – auch mit ihrer Mutter – die einen wichtigen Aspekt in der Geschichte darstellen und als Personifizierung der Thematik von unausgesprochenen Gedanken dient. Allgemein gelingt es A1-Pictures die vier Hauptfiguren gut darzustellen und auszuarbeiten. Anfängliche Stereotypen werden mit der Zeit aufgebrochen und es zeigt sich, dass Jun, Takumi, Natsuki und Daiki nicht einfach nur die Personen sind, die sie anfangs zu sein scheinen. Ihre Klassenkameraden und andere Charaktere des Films sind zwar nicht so gut ausgearbeitet, doch das stört nicht, da sie trotz festgeschriebener Rollen nicht immer den gängigen Klischees entsprechen und als wichtige Ergänzungen dazu beitragen, dass die Umgebung der Geschichte glaubhaft und lebendig wirkt.

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Stimme des Herzens

The Anthem of the Heart ist ein Pladoyer für wahre Gefühle, die tief im Herzen von Menschen verborgen sind und vermittelt zugleich die Botschaft wie wichtig es ist, genau das auszusprechen, was man denkt. Schnell fängt man sich durch geglaubte Schuld oder aus anderen Gründen in einem eigenen Fluch, der dazu führen kann, dass man sich ausgrenzt oder seinen Mitmenschen ungewollt schadet. Zugleich zeigt der Film deutlich wie leicht Worte verletzten können und wie bedeutsam es ist sich zu überlegen, wie man etwas sagt und was man sagt. Einmal ausgesprochene Worte können nicht wieder zurückgenommen werden. Diese klare Botschaft wird sogar wortwörtlich vermittelt. Doch obwohl The Anthem of the Heart an Gefühle und Gedanken appelliert, kommt der Film nie belehrend mit erhobenem Zeigefinger daher. Im Kern wird einfach eine wunderschöne Coming-of-Age-Drama-Geschichte um vier Teenager mit emotionalen Schwierigkeiten erzählt.

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Angesichts des Musicals ist es logisch, dass die Musik in The Anthem of the Heart ein wichtiges Element ist. So vordergründig wie in Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll wird sie allerdings erst zum Ende des Films. Dann aber um so bewegender. Zuvor sind es kurze Momente, in denen sich die Figuren mit Musik beschäftigen oder singen. Zusätzlich trägt der wundervolle Soundtrack einiges zur schönen, teils bewegenden und teils fröhlichen Atmosphäre bei. Hierbei setzt A1-Pictures für das Musical auf bekannte Lieder wie etwa Over the Rainbow. Auch optisch kann The Anthem of the Heart überzeugen. Die Animationen sind flüssig und das Design der Charaktere bodenständig und trotzdem auffällig. Selbst die kleineren Nebenfiguren und fast ausschließlich im Hintergrund agierenden Klassenkameraden von Jun, Takumi, Natsuki und Daiki haben klare Wiedererkennungsmerkmale, so dass zumindest die wichtigsten von ihnen stets deutlich bleiben. Zudem setzt A1-Pictures bei der Umsetzung von Juns Fantasie auf einen herausstechenden Stil, der an Bilder aus Kinderbüchern und Märchen erinnert. Das passt perfekt zu ihren Vorstellungen und ist deshalb umso gelungener.

Fazit

The Anthem of the Heart hat mich wirklich mitgerissen und begeistert. Die Geschichte von Jun, Takumi, Natsuki und Daiki ist zugleich fantasievoll und bodenständig. Es ist glaubhaft, dass genau so etwas einer Gruppe Schüler passieren könnte, da sämtliche Probleme realistisch bleiben und niemals ins phantastische abgleiten. Dazu gesellen sich die liebevollen und gut geschriebenen Hauptfiguren sowie die zur Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit beitragenden Nebencharaktere. Die etwa zwei Stunden Laufzeit wird gut genutzt, um die Geschichte ruhig und ausgeglichen zu erzählen und zugleich die Figuren eine nachvollziehbare Entwicklung durchmachen zu lassen. Das gilt natürlich insbesondere für Jun, doch auch für die anderen Mitglieder des Komitees. Zudem folgt The Anthem of the Heart zwar teilweise dem Genre-Standards bei den Ereignissen in der zweiten Hälfte, hat es dann aber doch geschafft mich mit einer nicht ganz üblichen Wendung zu überraschen. Der Film zieht allgemein nach etwa einer Stunde noch einmal an, konnte mich aber über die gesamte Laufzeit unterhalten. Das Ende ist jedoch einer der schönsten Momente, was auch maßgeblich an der Musik im Zusammenspiel mit der Geschichte liegt. Es ist nicht verwunderlich, dass The Anthem of the Heart beim peppermint anime festival 2016 den Publikumspreis gewinnen konnte.

Kurzfazit: Wunderschöner Coming-of-Age-Film um eine Gruppe Jugendliche mit emotionalen Problemen und die im Herzen verborgenen Worte und Gefühle.

Details
Titel: The Anthem of the Heart
Genre: Drama, Coming of Age, Slice of Life
Regie: Tatsuyuki Nagai
Studio: A-1 Pictures, Aniplex
Produktionsjahr: 2015
Laufzeit: ca. 120 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch (DTS-HD Master Audio 5.a)
Untertitel: Deutsch
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 6
Erscheinungstermin: 28. Oktober 2016
Herstellerseite: The Anthem of the Heart bei peppermint anime

Bilder Copyright A-1 Pictures, Aniplex. / peppermint anime

Ein Gedanke zu „Rezension: The Anthem of the Heart (Blu-ray)

  • 17. Juli 2017 um 19:26
    Permalink

    Wäre es wirklich so schwer gewesen noch diese Promotional Videos mit 4:34 Minuten Länge als Bonus mit drauf zupacken wie bei der englischen Fassung? Müssen wir Deutsche nicht nur das dämliche FSK Zeichen sondern auch diese abgespeckten Versionen ertragen?

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