Rezension: Opus Band 1 (Manga)

opus-coverVielen ist Satoshi Kon durch Anime-Filmen wie Perfect Blue, Millennium Actress oder Tokyo Godfathers bekannt. Doch bevor er Erfolge als Regisseur und Drehbuchautor feierte, war er als Mangaka tätig. Mit Opus veröffentlichte Carlsen Manga im Februar den ersten von zwei Bänden eines Werkes von Satoshi Kon.

Mangaka = Gott?

Der Mangaka Chikara Nagai hat mit ganz alltäglichen Problemen zu kämpfen. Die Leser verlieren das Interesse an seinem Werk Resonance, sein Redakteur macht Druck, die Suche nach einem neuen Assistenten verläuft nicht gut und die Deadline für die nächste Ausgabe rückt immer näher. Dazu gesellt sich Schlafmangel, dem er schließlich auch die kommenden Geschehnisse zuspricht: Um Resonance wieder interessanter für die Leser zu machen, wollte er den Partner der Heldin Satoko, Rin, sterben lassen. Dank seiner übersinnlichen Fähigkeiten bekommt die Manga-Figur dies allerdings mit und stiehlt kurzer Hand die entsprechende Zeichnung. Chikara fällt dabei selbst in ein Loch und landet in seinem eigenen Werk. Fortan ist er selbst dazu verdammt nur noch als Akteur handeln zu können. Gemeinsam mit Satoko versucht er die Zeichnung zurück zu bekommen, doch auch Die Maske, der Gegenspieler der Polizistin, ist bereits auf der Suche nach Rin.

Realität oder Fiktion?

Wie in seinen Filmen dominiert in Satoshi Kons Manga Opus die flüchtigen Grenzen zwischen Fiktion und Realität. Immer wieder zeigt sich die fadenscheinige Realität, wenn die Akteure durch skizzenhafte, kulissenartige Hintergründe laufen oder auf nicht ausgearbeitete Figuren treffen. Dazu mischt sich die Frage nach dem eigenen Willen und ob ein Schöpfer mit seiner Schöpfung wirklich machen kann, was dieser möchte. Dies wird besonders in der Beziehung des Mangaka Chikara Nagai zu seinen Figuren aufgezeigt. Er agiert mit ihnen und teilt ihr Schicksal, zugleich muss er sich auch für seine Entscheidungen rechtfertigen. Weshalb musste eine bestimmte Person sterben? Wieso passieren so viele schlimmen Dinge? Ebenso gibt Opus einen Einblick in die Arbeit als Mangaka. So muss Chikara sich mit Deadline, Redakteur, Freundin und Zeichenblockade herumschlagen.

In Szene gesetzt wird das Geschehen durch klare, realistische, actionorientierte Zeichnungen, die den Figuren einen hohen Wiedererkennungswert geben. Leider wurde die Geschichte von Opus nie abgeschlossen, da das Magazin Comic Guys, in dem der Manga von 1995 bis 1996 erschien, eingestellt wurde. Auf ganz eigene Weise ein wunderbares Beispiel für die schnelllebige, auf Wirtschaftlichkeit fixierte Mangabranche.

Fazit

Opus ist die Handschrift von Satoshi Kon sofort anzumerken. Das Spiel mit Fiktion und Realität beherrschte der 2010 verstorbene Regisseur bereits bei seinen Filmen, doch auch sein Manga weist genau diese Grundzüge auf und bietet ein Verwirrspiel der Extraklasse. Auch wenn die Geschichte nie beendet wurde, sollte jeder zugreifen, der abgedrehte, komplexe, gute Geschichte mag. Besonders Fans von Mindfuck-Erlebnissen wie Christopher Nolans Inception kommen auf ihre Kosten, genauso wie Anhänger der Filme von Satoshi Kon.

Unbedingt lesen!